Ich beziehe mich jetzt hier vor allem auf Deine Antwort
Ich mach' mich ja gerne unbeliebt, aber wenn's der Sache vielleicht dient ... und JA, das klang schon diverse Male auch hier im Verlauf durch, ich kann aber dennoch nicht an mich halten: @Sinisterium9591 - wenn du die Zeit, die du allein auf den letzten beiden Seiten hier im Thread mit...
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Für mich sieht es so aus, dass dieser Thread auch weiterhin aktuell bleibt. Der Unterschied zwischen Rhythmus- und Solospiel ist -neben dem Mindset, das man zur Rhythmusgruppe gehört und nicht zum Melodieträger- ganz praktisch, dass die Greifhand im allgemeinen weniger zu tun hat, eher Akkorde oder Intervalle greift, aber die rechte Hand dafür umso mehr zu tun hat.
Mit "rhythmische Verantwortung übernehmen" meine ich nicht, dass Du Dir dessen nicht bewusst bist. Ich wollte damit vielmehr den Fokus darauf legen, dass die Rhythmik, das Timing, die Beherrschung dessen und vor allem auch Dein rhythmisches Verständnis das Allerwichtigste ist. Wichtiger als als die richtige Note zu spielen.
Hierzu vielleicht ein schönes Video von Hal Galper, einem Jazzpianisten, der in der Dizzy Gillespie Band spielte.
View: https://www.youtube.com/watch?v=a2XnB5G6oSc
Wenn er "jazz" sagt, kannst Du das in Gedanken durch "music" ersetzen, ich denke, dass es Allgemeingültigkeit hat.
Er berichtet, Dizzy Gillespie habe gesagt: "I think of the rhythm first and then put a note to it". Diejenigen Musiker, die das von Natur aus machen, sind meiner Erfahrung nach diejenigen Musiker, die uns Gänsehaut bescheren. Mir zumindest. Das sind die Menschen, die ein eingebautes inneres Metronom haben, das ihnen jederzeit sagt, wann der richtige Zeitpunkt für die nächste Note gekommen ist. Man darf nicht vergessen, dass man den Zeitstrahl an sich als eindimensionalen Stream verstehen kann, in dem unendlich viele unendlich kleine Zeiteinheiten vergehen, aber dass keiner dieser Zeitpunkte einen "Haken" hat, der ihn nicht nur als den richtigen Zeitpunkt kennzeichnet, sondern der Dich zudem irgendwie triggert, dann die nächste Note zu spielen. Du kannst grundsätzlich den Zeitpunkt des nächsten Anschlags frei wählen und die Frage ist, wie kommst Du dahin, den richtigen Zeitpunkt zu wählen statt ihn zu versemmeln. Ich gehe weiter unten darauf ein.
Eddie van Halen war eindeutig einer von denen mit einem inneren Metronom. Gestern erst schaute ich nach langer Zeit mal wieder ein Video: Right Now. Höre Dir mal die Rhythmusgitarre an, wie unfassbar groovy EvH das eingespielt hat. Langsames Tempo, 16tel fühlen sich fast wie 8tel an. Aber diese raunchiness, Lebendigkeit und Geschmeidigkeit ist unerreicht.
View: https://www.youtube.com/watch?v=gU7d2EHV_OQ
Auch das Solo ist unfassbar geil, obwohl es eigentlich nur Standardlicks mit Bluesfärbung ist. Aber ihr Timing floort mich jedesmal wieder, wenn ich das höre.
Aber Sammy Hagar kann es viel besser beschreiben
View: https://www.youtube.com/watch?v=HGLcU81H8o4
Und was mir hier auffällt, ist, dass Satch, obwohl er ein wirklich guter Gitarrist ist, den ich für viele Dinge bewundere, in keinster Weise an EvHs Rhythmusgitarre herankommt. Keine Gänsehaut bei mir. Null. Niente. Es ist aber nicht Eddie allein, sondern wie er mit seinem Bruder Alex rhythmisch zu einer Einheit zu verschmelzen vermochte, während es bei Satch eher so wirkt, als versuche er dem Drummer zu folgen.
Auch das Solo ist toll, flasht mich aber nicht.
Das hier fiel mir beim Durchlesen dieses Threads auf:
damit dir kurze Abläufe klar werden und in Fleisch und Blut übergehen. Ja, das ist schon klar, aber abgesehen von Samba Pa Ti habe ich keine Soli angefasst, die wirklich lange waren. Ich meine, klar, auch das lässt sich unterteilen, aber z. B. bei Final Countdown an sich sind mir die Abläufe...
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Der Abschnitt, in dem Du beschreibst, wie Du bei bestimmten Stellen den Rhythmus verlierst, wenn das Tempo anzieht. Ich kenne das. Es ist ein komplexes Problem, das mehrere Ursachen hat, die man Stück für Stück angehen muss. In Foren wie diesem hier wird es oft nirgendwo behandelt, vielleicht, weil dazu eine Akribie gehört, die nicht gerade besonders sexy ist und keine hohe Außenwirkung erzielt.
Also, ich glaube, Du hast bisher kein wirklich sicheres rhythmisches Vokabular aufgebaut. Und Du wirst es auch nicht, wenn Du es nicht aktiv und bewusst angehst. Wenn Du Musik machst, dann legst Du gleichzeitig mehrere Layer übereinander und koordinierst sie. Ein Layer ist der Pitch, also die Tonhöhe, ein anderer die Harmonik, in der der Pitch eingebettet ist. Weitere Layer sind der Sound, die Dynamik, aber auch der Ausdruck, also die Artikulation. Vielleicht auch das Microtiming, also bist Du vor, hinter oder genau auf dem Beat. Das Timing selbst hat ebenfalls mehrere Layer, zum Beispiel die Form des Songs, die Zählzeit und damit verbunden die rhythmische Deutung und Bedeutung einer Note. Und das ganze in einem Stream von einzelnen Noten, Intervallen oder Akkorden untergebracht. Es ist schon erstaunlich, wieviele Informationen wir in der Musik nebenher dekodieren können.
Ich habe Deine anderen Threads nach diesem auch gelesen. Ich finde aber, dass sie nur Abzweigungen Deines Kernproblems sind, zumindest, wie ich es verstehe. Und wie ich es aus meiner eigenen Erfahrung auch kenne. Du hast zwar besondere Voraussetzungen, aber Dein Problem ist, glaube ich, allgemeiner Natur. Du beschreibst es nur besonders spezifisch. Ich bin ebenfalls immer gern autodidaktisch unterwegs gewesen, auch wenn ich einen Gitarrenlehrer hatte. Dieser Lehrer war didaktisch eher suboptimal, auch wenn er selbst einfach begabt war, er gewann Jugend jazzt, was damals ein richtig großes Ding war, und hat und mittlerweile Millionen als Produzent verdient, als ich ihn das letzte Mal sah (und er mir selbstironisch sagte, dass ich ja alles richtig mache, obwohl ich bei ihm Unterricht hatte... was mich nach all den Jahren natürlich besonders freute). Aber er hatte einen großen Anteil an meiner Lernkurve, weil er mir die richtigen Fragen stellte, die richtigen Dinge korrigierte und mir damit eine Perspektive gab, an der ich mich autodidaktisch abarbeiten konnte.
Du bist von Sologitarre weg und in Richtung Rhythmusgitarre gegangen. Das ist gut. Schließlich besteht 98% dessen, was man als Gitarrist abliefern muss, aus Rhythmusgitarre. Aber dein Problem, so wie ich es verstehe, verlagert sich, und zwar in Richtung Deines Hauptproblems. Trotzdem ist es meiner Meinung nach der richtige Schritt von Dir, wie Du sagst liegt einerseits das Repititive mehr, was nichts Besonderes ist. Das wird jedem so gehen. Ich glaube aber, Dein Hauptproblem liegt meiner Meinung nach im Internalisieren des Rhythmus. Und möglicherweise im Prozess des Internalisierens selbst, also dem Moment, in dem das Bewusste unbewusst werden muss, weil das Bewusstsein nicht so schnell ist wie das Unbewusste. Das würde ich aber fast jedem attestieren, es ist einfach das Problem Nr.1 unter uns Gitarristen im Spzeillen wie auch Musikern im Alllgemeinen. Wäre es nicht so, dann wäre Cory Wong nicht so eine Sensation. Oder EvH, oder SRV. Oder auch Albert King, BB King und viele andere der alten Recken. Oder Chris Buck, um mal einen der neueren aufzuzählen.
So langsam versuche ich zum Punkt zu kommen:
Wenn ich mir jetzt einmal einen herausgreife, um meinen Lösungsansatz exemplarisch darzustellen, dann wohl am ehesten Stevie Ray Vaughan. Ich meine damit nicht, dass ich Dich zum Blueser konvertieren will. Ich möchte das Konzept illustrieren, das gerade SRV in seiner Rhythmusarbeit verfolgt und darauf Dein Augenmerk legen. Irgendwann habe ich mich mit einem Bekannten unterhalten, einem anderen Jazzer, mit dem ich manchmal Musik gemacht habe, der wiederum einen Bekannten hat, der unfassbar begabt ist, seinen Worten nach. Konnte das Eruption-Solo nach einem Tag spielen, erzählte er mal. Und das irgendwann 1980, als es nichtmal Transkriptionen davon gab. Er erzählte, dass dieser Bekannte später dann auch diesen unglaublich groovigen Swag der SRV-Nummer Cold Shot eins zu eins hinbekam
View: https://www.youtube.com/watch?v=-CixtG_bF28 , ebenfalls ohne Transkription, direkt von LP abgehört. Und er machte es so: Sein Anschlag verlief im Kreis. Wenn Du Dir das live Video anschaust, dann sieht man, wir unfassbar locker SRVs rechte Hand läuft und bei den Ghost Notes unter dem Gesang sieht man ansatzweise auch diese Kreisbewegung.
Worauf ich hinaus will:
Der Groove, oder der Rhythmus ist eine Eigenschaft der Bewegungen, die Du Dir antrainierst und nicht umgekehrt. Und hierbei sollte nicht das Metronom als externe Instanz bestimmend sein und Du Dich an ihm orientieren, sondern umgekehrt: das Metronom (oder der Song, der Drumcomputer, das Backing oder Deine Mitmusiker) sollte sich in Deiner Wahrnehmung wie durch Dich gespielt anfühlen. Das klingt paradox, bedeutet aber, dass Dein inneres, subjektives Timingempfinden mit dem externen Timing in Übereinstimmung gebracht wird. Du musst also dahin kommen, dass Du den externen Reiz des Metronoms oder der Musik, zu der Du beiträgst, internalisierst.
Das ist aber nur ein Teil. Ein anderer Teil ist es, Deinen realen Bewegungen vor allem der Anschlagshand zu einer Lockerheit zu verhelfen, so dass sie von allein macht, was sie soll, ohne dass Du korrigierend eingreifen musst. Deshalb bin ich ein Freund des Alternate Pickings geworden mit den Jahren.
Das ist nicht einfach. Dazu muss man sich eine Entspanntheit erarbeitet haben, in der Du nicht mit der Technik kämpfst, sondern alles, was Du spielen willst, auch wirklich tiefenentspannt spielen kannst. Das ist viel Arbeit. Nicht nur die Anschlagshand sollte entspannt laufen, sondern Dein kompletter Körper sollte tiefenenspannt sein. Das kann, je nach Situation, eine echte Herausforderung sein. Und außerdem musst Du konzentriert sein und am besten in einem Flow-Zustand, was wiederum ein Thema für sich ist und ebenfalls nichts, was man per Beschluss einfach so mal eben herbeizwingen kann und zudem Dir besondere Schwierigkeiten machen könnte.
Und es bedeutet auch, dass Du immer eine klare Vorstellung von den Zählzeiten und auch von Subdivisionen haben musst. Dass Du letzteres nicht hast, zeigt sich daran, Dir bestimmte rhythmische Figuren schwer fallen. Ich wette, es sind Figuren, in denen die Zählzeiten fehlen oder die sonstwie synkopiert sind.
Jain.
Bis zu etwa 50, 55, 60 % (tagesformabhängig), da bin ich dann im Takt, hier ist lediglich bei erster Zwischenpassage ein Avoid drin, meistens beim zweiten Bending und beim darauffolgenden Pull-off, weil ich manchmal versehentlich die eine oder andere Saite mit meinem Finger erwische.
Ab 65 % habe ich auf jeden Fall Schwierigkeiten mit dem Tempo.
...
Ja, großteils habe ich die Wiederholungen drin, am ehesten hauen mich die ein oder anderen Übergänge raus, weil sie die Zählzeiten für meinen Geschmack etwas eigenwillig besetzen.
Hier geht es ja um Samba Pa Ti. Ich nehme an, mit "Avoid" meinst Du etwas, das Du Dich zu vermeiden genötigt siehst und das Dich dann raushaut? Avoid hat eigentlich eine andere Bedeutung, wird vor allem im Jazzumfeld verwendet, wenn es darum geht, bestimmte Skalentöne in harmonischen Kontexten nicht auf schwere Zählzeiten zu legen.
Wenn es die Stelle ist, die ich meine, dann ist das zweite Bending synkopiert und dieser Hammering-Pulloff-Figur fehlt am Anfang eine Note auf der Viertel-Zählzeit. Schon lustig, Samba Pa Ti war die erste Nummer, die ich gelernt habe, als ich anfing in 1980/81. Ich analysiere hier aus dem Gedächtnis, aber hoffe, dass ich trotzdem richtig liege. Das zweite Bending folgt ja dem ersten und beide gemeinsam sind eine rhythmische Standardfigur, die Du einfach pauken kannst/musst. Wenn Du es geübt hast, dann hast Du ein Beispiel dafür, was ich mit rhythmischem Vokabular meine. Übe es zunächst ohne die linke Hand, erst den Anschlag und danach erst mit Tonhöhen. Vielleicht erstmal vereinfacht ohne Bendings, und dann Bendings und zum Schluss als Unison Bendings (ich glaube, es sind Unison Bendings). Für die braucht man ja Kraft. Wenn Deine Gedanken auf bloß-die-Note-treffen oder hoffentlich-rutsche-ich-nicht-ab gelenkt werden, läuft die Anschlagshand aus dem ryhthmischen Ruder und die anschließende tricky Figur wird von Dir todsicher versemmelt. Was diese Figur und ähnliche Figuren angeht: ersetze die erste Note durch ein "hm". Den Trick habe ich von meinem Musiklehrer in der 7. Klasse gelernt und nie angewendet, weil ich ihn ja von meinem Musiklehrer in der 7. Klasse gelernt habe... Ich musste erst viel älter werden, um zu kapieren, dass das uncoole Bild, das ich von meinem damaligen Lehrer hatte nun wirklich nichts daran ändert, dass es ein wertvoller, fundamental wichtiger Punkt ist, um solche Rhythmen zu verstehen.
Um es zu illustrieren:
statt 1-2-3-4
"hm"-2-3-4
Statt 1-und-2-und-3-und-4-und
"hm"-und-2-und-3-und-4-und
oder statt Ta-ka-de-mi-Ta-ka-de-mi-
"hm"-ka-de-mi-Ta-ka-de-mi-
oder statt 1-e-und-te-2-e-und-te
"hm"-e-und-te-2-e-und-te
Ich denke, Du weißt jetzt, worauf es hinausläuft... das Prinzip ist zum Spotten simpel, aber die Ausführung in allen Tempi und Subdivisionen hingegen hat Übematerial für möglicherweise Jahre. Und es ist ein super Werkzeug, um Forward Motion zu kreieren. Das ist ein Konzept, über das Hal Galper ein Buch geschrieben hat und das er auf seiner Website verkauft. Ist jedem zu empfehlen, der sich ernsthaft mit Musik beschäftigt. Ich weiß jedenfalls, seit ich es gelesen habe, warum mich einige Stücke flashen und andere dagegen einfach nur kalt lassen. Und warum JS Bach swingt.
https://halgalper.com/forward-motion/
Jetzt ein Sprung zur Rhythmusgitarre
Es ist Deinem musikalischem Verständnis vollkommen egal, ob Du Rhythmus- oder Sologitarre spielst. Du musst immer Deine Noten im gewünschten rhythmischen Muster in den musikalischen Puls platzieren. Die Bewegungen der Anschlagshand sind für Akkorde oder alles, was über mehrere Saiten geht, ausladender. Aber am Prinzip ändert sich nichts: Du musst Saiten anschlagen, damit man etwas hören kann.
Wenn man so will, ist einfache Lagerfeuergitarre mit Auf- und Abschlag und zwischendurch Luftschlägen für die Pausen das A und O. Nichts anderes machen Cory Wong oder Nile Rodgers mit ihren unfassbaren Funksachen. Und nichts anderes machen John McLaughlin oder Robben Ford in ihren Soli, nur wenden die das Konzept auf Sololinien an, mit entsprechend viel kleineren Pendelbewegungen. Oder auch dieser recht unbekannte bulgarische Gitarrist in diesem Jam.
View: https://www.youtube.com/watch?v=2nzSs1ZQEfc Irgendwie hat er die Audiospur tontechnisch versemmelt, aber mir fiel damals die Kinnlade herunter wegen seiner Timingpräzision und seines Swags, die vielleicht unspektakulär erscheint, aber in Wirklichkeit ein besiegter Endgegner ist. Er kann auch Malmsteen. Achte mal auf seine rechte Hand vor der ersten Note der zweiten Phrase. Ich weiß von ihm, dass er klassischer Violinist ist, der erst mit 16 Jahren zur E-Gitarre wechselte und als Profi sein Geld mit Musik verdient. Seine Rechte schwingt vorher kurz im Achtelgroove, als wenn er Fahrt im Tempo aufnimmt und es sieht sehr locker aus. Probiere es selbst und beobachte, was das mit Dir macht. Außerdem ist mir an seinem Phrasing aufgefallen, dass er oft ein Sechzehntel vor der schweren Zählzeit beginnt. Also einen Auftakt spielt, der sich auch wie ein Auftakt anhört und anfühlt. Das exakt hinzubekommen zu üben und im Fluss spielen zu können lohnt sich.
Auch wenn das Video ein improvisiertes Solo zeigt, gilt das alles auch für Rhythmusspiel. Der Backingtrack hat übrigens auch viele Synkopen auf 16tel-Basis. Leider ist er nicht mehr frei verfügbar.
Die kontrollierte, lockere und vor allem richtige Bewegung der rechten Hand ist der Schlüssel zu einem guten Timing, das Du dann, wenn Du es wirklich draufhast, instinktiv nutzen wirst ohne kleinteiliges Zählen. Über die musikalische Form wirst Du zwar immer noch nachdenken müssen, aber nicht über jedes 8tel, 32tel oder jede 16tel Triole. Und Du wirst dann auch synkopieren können, ohne den Groove zu verlieren. Und es ist auch der Schlüssel zu musikalischen Verstehen an sich. Denn wenn jede Note dort sitzt, wo sie hingehört, ist es, als würde sich eine Sprachwelt auftun, während das reine Wiederholen von Noten aus x-belibigen Tabs sich zunächst eher anfühlt, als würde man zusammenhanglose Buchstaben aufsagen. Es ist, als würde sich das Raster des Pulses der Musik genau mit Deinem inneren Raster des Pulses decken. Und das bedeutet, dass Du -wie die Amerikaner es so schön ausdrücken- "in the pocket" bist.
Ich kann leider nicht sagen, dass ich selbst jederzeit in der Lage bin, dieses Konzept auch selbst jederzeit vollkommen frei anzuwenden. Es gibt Tage, an denen es aus verschiedensten Gründen nicht so einfach läuft. Manchmal ist es ein Haltungsproblem, eine unbewusste Entspannung, manchmal auch eine mentale Sache. Aber es funktioniert auf jeden Fall bei allen Stücken, die ich intensiv geübt habe. Auch längere Spielpausen sind ein Problem. Ich muss mich dann erst wieder kalibrieren, Lockerheit gewinnen und so.
Das Pendeln der rechten Hand ist übrigens trickier als es zunächst aussieht. Der Abschlag folgt der Schwerkraft, der Aufschlag arbeitet dagegen. Kleines Detail, aber mit riesigen Auswirkungen auf das Empfinden. Ich gehe damit so um, dass ich mir vorstelle, dass meine Anschlagsbewegung wie auf einer mechanischen Feder sitzend von allein läuft. Und dann noch ein anderer Aspekt: Entscheidend für das Timingempfinden ist meiner Erfahrung nach, dass man sich bewusst ist, dass nicht die Drehpunkte, also die Richtungswechsel die Zeitpunkte sind, an denen eine Note klingt, sondern der Zeitpunkt der höchsten Geschwindigkeit. Oder mathematisch gesagt: Der Nulldurchgang. Oder das Maximum der ersten Ableitung. Und die Strfing Crossing Punkte sind natürliche Hürden. Das kriegt man am besten in den Griff, in dem man alle Varianten permutiert und übt. Also auch wieder viel Stoff zum Üben...
Ein anderer Aspekt ist, dass es, wie oben angesprochen, beim Musikmachen nicht die singuläre Lösung gibt. Es ist eher wie einen Sack Flöhe hüten. Viele Dinge müssen gleichzeitig kontrolliert werden oder beherrscht werden. Wenn Du Dich zu stark auf einen Aspekt konzentrierst, dann fallen andere Aspekte hintenüber und gleiten Dir aus der Hand. Das ist nicht nur bei Dir so.
Ich las mal eine gute Analogie in einem Buch: Ein Instrument zu erlernen war darin beschrieben, als würde man aus einem Negativ ein Foto entwickeln. Man startet den Prozess, und Stück für Stück reagiert die Chemikalie mit dem Papier, so dass langsam, aber eher inselartig das endgültige Bild sichtbar wird. Ich glaube, das beschreibt den Lernprozess ganz gut.
So das war's erstmal.
Grüße Thomas