Ich glaube, so richtig verstanden hast du das mit LI noch nicht. Dass man sich manchmal wie jemand/etwas anderes fühlt, wäre ein von vielen Einsatzgebieten für das LI . Wenn ich mich gerade "hundeelend" fühle kann zB eine Geschichte aus der Perspektive eine Hundes erzählen, auch wenn die Geschichte und die Gefühle meine eigenen sind. Der Hund ist dann mein LI.
Ich denke auch.
Das Lyrische Ich ist ein Konstrukt, ein künstliches Gebilde
und zwar immer.
Keine Person mit X Jahren, einer Vielfalt von Gedanken, Gefühlen etc. kann identisch sein - also zusammenfallen - mit einer beschriebenen Person, und selbst wenn es der umfangreichste Roman wäre.
Das Lyrische Ich ist in Bezug auf die Vielfalt einer lebendigen Person
immer eine Reduktion, eine Verkürzung.
Insofern war mein Satz
Wieviel das Ich, das ein Autor oder eine Autorin in seinem/ihrem Gedicht verwendet, mit ihm/ihr zu tun hat, entscheidet jeweils der Autor/die Autorin. Es ist ein Sonderfall, wenn das zusammen fällt.
eigentlich auch schon nicht richtig, weil das einfach nicht zusammen fallen kann in dem Sinne, dass das eine (Lyrisches Ich = die Ich-Person in einem Gedicht, einem Roman, einem songtext) gleich dem anderen (einer realen Person, dem Autor oder der Autorin) wäre. Das geht einfach nicht.
Es ist noch nicht mal ein Sonderfall, es geht einfach nicht.
Was Du wahrscheinlich meinst, ist, dass das Lyrische Ich als Konstrukt die gleichen Überzeugungen, Gefühle, Haltungen haben kann wie eine reale Person, und dies kann auch der Autor sein. Aber das gilt eben nur in Bezug auf die in einem Roman, einem Gedicht oder einem Songtext geschilderten Situationen, Begegnungen, Kontexte etc.
Offensichtlich scheint Dich auch die Frage zu beschäftigen, ob ein Autor sich versteckt, wenn er ein Lyrisches Ich beschreibt, das nicht seine Gefühle, Überzeugungen, Haltungen etc. hat.
Vielleicht offenbart er sich ja auch. Vielleicht geht es ja auch um etwas völlig anderes.
Ich bin mir allerdings unsicher, welchen Stellenwert diese Frage an dieser Stelle hat.
Generell bzw. in Bezug auf den Text eher wenig. Vom Bauchgefühl her eine ganze Menge.
Denn ich habe die Vermutung, dass künstlerische Freiheit für Dich so etwas wie Lüge oder Verstellung bedeutet. Und dass es beim Schreiben darauf ankommt, dass man etwas genau so beschreibt, wie es für einen selbst war.
Das muss nicht so sein. Ich kann einen Songtext über eine Person schreiben, die ich kennen gelernt habe und die von mir höchst verschieden ist und deren Welt ich trotzdem aus den Augen dieser Person beschreibe = diese Person ist das Lyrische Ich.
Aber selbst wenn es so wäre - wenn es also darum ginge, zu beschreiben, wie es dem Autor geht: dann muss man eben mit sprachlichen und erzählerischen Mitteln arbeiten. Und zwar denen, die ein anderer versteht, der nicht der Autor ist.
Denn ansonsten hättest Du mit dem logischen Problem zu kämpfen, dass niemand den Autor versteht außer dem Autor selbst.
Und ich glaube, dass Du Dich da selbst beschränkst als Autor.
x-Riff