Aus meiner Erfahrung: Les Pauls der Neuzeit unter 3,8 oder 3,7 kg klingen unten herum zu mager, auch die teuren Custom Shop Modelle.
Das ist mein rein subjektiver Eindruck.
Hatte auch schon die eine oder andere alte originale aus den End-50ern in der Hand, die waren allerdings zwischen 4,2 und 4,6kg; Eine leichte alte originale hatte ich bisher nicht in der Hand, deswegen kann ich darüber nicht urteilen.
Wenn ich mal überschlage, was die original Bursts aus dem Buch "The Beauty of the Burst" wiegen, komme ich auf einen Mittelwert von etwa 3,9 kg.
28 Gitarren sind mit Gewicht gelistet, 14 davon unter 4 kg, 14 über 4 kg. Das ist jetzt aber sicherlich nicht repräsentativ.
Der Ton einer Burst ist eher mittig-nasal, früher wurde in der deutschen Gitarrenpresse der Begriff "kehlig" inflationär verwendet. Der beschreibts aber recht gut.
Bass-Ausprägung und -Definition ist ja generell und mensurbedingt nicht das Metier einer Les Paul, da ist man sogar bei einer Strat besser aufgehoben.
Das ist irgendwie ein klassisches Beispiel für meinen idealen Burst-Sound:
Ich habe oftmals den Eindruck, dass viele (nicht auf Dich bezogen, sondern vielmehr allgemein gehalten) den Les Paul Sound mit Slash und Guns'n'Roses assoziieren. Sozusagen das moderne Gedächtnis einer Les Paul. Das ist sicherlich legitim, schließlich hat er die Gitarre ja gewissermaßen wiederbelebt. Slash's Les Paul-Sound ist aber schon deutlich angedickter und lässt sich meiner Meinung nach mit den Standard Les Pauls tatsächlich leichter "nachbauen" als mit den aktuellen Reissues oder den original Bursts.
Ausreichend mittig-fett klingen aber meiner Ansicht nach alle Les Pauls, auch beim Sustain fehlt es in der Regel keiner, egal ob schwer oder leicht. Die Spreu vom Weizen trennt sich in der Schnelligkeit der Ansprache und in der Saitenauflösung, besonders am Hals-PU.
Ich hatte eine 99er Standard Plus mit 4,3 kg, hab dann 2006 eine R9 mit 3,8 kg gekauft und die Standard Plus nach einem Jahr verkauft, weil da einfach Welten in oben genannten Punkten dazwischen waren. Ich würde jetzt aber nicht sagen, das lag per se am reinen Gewicht. Es sind halt ausgewähltere Hölzer gewesen.
Jetzt hab ich eine 2019er R9 dazubekommen, die 3,6 kg wiegt, konstruktiv natürlich ein paar Änderungen gegenüber der 2006er R9 hat und wiederum das Ganze klanglich noch mal auf ein anderes Level gehoben hat. Wiederum ist es die Summe aus mehreren Faktoren. Ich könnte jetzt auch nicht behaupten, dass die Hölzer bei Gibson schlechter geworden sind.
Ich hab aber auch für mich festgestellt, dass ich leichte Gitarren bevorzuge, habe nie Druck und Fatness dadurch eingebüßt. Ein Aspekt des Ganzen ist, dass man sich mehr zutraut und anders in die Gitarre greift, wenn man sich wohl dabei fühlt. Das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor und erklärt vielleicht, warum Du den Schweren mehr abgewinnen kannst und ich den Leichten. Da muss leider jeder für sich selbst herausfinden, was das Richtige ist.
Um noch was unmittelbar zum Thema beizutragen:
Wie schon gesagt wurde, ist das besondere und bessere Holz der 80er ein Mythos. Wo soll denn das tolle Holzlager der 80er hergekommen sein, wenn man in den 70ern alles mögliche verbaut hat (Mahagoni-Ahorn-Mahagoni-Sandwich, grabsteinschwere Bodies), weils einem egal war?
In den 90ern, 2000ern waren die Standard-Gitarren schon in Ordnung, Gibson probierte viel über die Jahre aus, hatte aber teils drastische Qualitätsschwankungen, aber auch voll überzeugende Exemplare. Blindkauf würde ich da aber nie empfehlen.
Am Sichersten sehe ich tatsächlich die Zeit seit der Übernahme durch das neue Management. Ich hatte Gibson vorher schon aufgegeben. Bei den 2020er Modellen würde ich jetzt sagen, dass man mit der größten Wahrscheinlichkeit seit vielen Jahren auch bei den Standardmodellen eine durchwegs gute Les Paul erwischen kann. Es bleibt zu hoffen, dass die Firma diesen wieder entdeckten Qualitätsanspruch möglichst lange halten kann.