Hallo,
Ich wollte eigentlich noch ein wenig Finetuning betreiben und meine Eindrücke zusammengefasst schildern, habe mich nun aber dazu entschieden, den Bericht "häppchenweise" abzuliefern...
anbei Teil 2 - Praxiseinsatz und Fazit:
Wie weiter oben erwähnt, hatte ich das Pult bei einer zweitägigen Veranstaltung "OpenAir" im Einsatz - kein Rock'n'Roll, sondern eher Sprachbeschallung und kleinere Akustik-Besetzungen sowie eine Blaskapelle. Bei letzterer waren max. 16 Kanäle gleichzeitig gefordert, so dass ich das Pult nicht ausreizen musste. Schön war allerdings, dass ich die restlichen Programmpunkte, die vorher auf der Bühne standen, komplett über den ersten Kanal-Layer (1-16) gefahren habe, die Kanäle 17-32 schon vorprogrammieren konnte und dann einfach umgeschaltet habe, anstatt dafür den Kapellen-eigenen Submischer einzuschleifen
.
Bezüglich des "Greifens" der Potis (EQ etc.) bin ich den direkten Charakter der Allen&Heath-Pulte gewöhnt (mein WZ3 16:2 wäre bei Havarie-Fällen als Notbehelf griffbereit gewesen
). Beim X32 muss man ein wenig weiter drehen, um ein Ergebnis zu hören, was aber gleichzeitig den Vorteil hat, dass Eingriffe dosierter/genauer vorgenommen werden können. Und wie weit man drehen muss, spielt bei Endlos-Potis ja ohnehin keine Rolle... Gut gefallen haben mir die roten Skalen um die Potis zur Verdeutlichung der Stellung zusätzlich zu den detaillierten Kurven im Display.
Ein wenig ungewohnt für mich war die von humi im Startbeitrag erwähnte "Heißfahrfähigkeit". Ich mag ja eigentlich keine rot blinkenden Clip-LEDs, aber beim X32 kann man so, wenn gefordert, noch ein wenig Gain herauskitzeln, ohne direkt ins akustische Clipping zu kommen
.
Bei der Gängigkeit der Kanalfader musste ich mich hinsichtlich A&H nicht umstellen - sie sind in der Handhabung sehr ähnlich. Die Motor-Fader haben sehr schnell und präzise reagiert, was insbesondere bei den Wechseln zwischen "Sends on Fader" und den Kanal-Layern wichtig ist.
Effekt- und Dynamik-Sektion habe ich nicht eingehend getestet - was der Art des Einsatzes geschuldet war. Eine einfache Komprimierung und ein einfacher Hall, die gefordert waren, haben klaglos funktioniert. Vermutlich wird der nächste Tester Rockopa dazu mehr berichten können...?
Was mich ein wenig enttäuscht hat, waren die LCD-Beschriftungsfelder, auf die ich mich eigentlich gefreut hatte. Ich hatte den FOH-Platz zwar in einem Pavillon und somit nicht im direkten Sonnenschein, allerdings ist die Ablesbarkeit der Felder in nicht dunkler Umgebung doch sehr begrenzt, so dass ich fast versucht war, die Beschriftung der Kanäle in Old-School-Manier per Klebeband vorzunehmen. Diese Probleme gab es zum Glück beim großen leuchtstarken und nicht-spiegelnden LCD-Display nicht
.
Auch nicht so toll fand ich die Kopfhörer-Buchsen in den Griffmulden. Hier muss man seitlich ein wenig "Luft" einkalkulieren. Wohl Geschmacksache - hier würde ich Buchsen an der Vorderkante bevorzugen.
Insgesamt ließ sich das X32 sehr gut bedienen, auch ohne umfangreiches Handbuch. Das Konzept ist, wenn man die digitale Arbeitsweise verinnerlicht hat, einfach und durchdacht. Dies war an den beiden Veranstaltungstagen in den Momenten von Vorteil, in denen ich selbst auf der Bühne stand (als Moderator und Musiker bei 2 Gruppen). Hier überließ ich das X32 nach kurzer Einweisung der Obhut meiner charmanten Assistentin, die zwar selbst aktive Musikerin ist, aber vorher noch an keinem Mischpult gestanden hat. Womöglich kommen komplette Einsteiger mit Digi-Pulten am Anfang problemloser (da vorurteilsfreier) zurecht als Umsteiger? Ungeübt hatte ich den Eindruck, auf einem analogen Pult etwas schneller reagieren zu können, aber das ist vermutlich Gewohnheitssache...
Vielleicht noch ein Punkt zur Verarbeitung des Gehäuses: Trotz viel Kunststoff hat die "Kiste" einen hochwertigen Eindruck hinterlassen - kein Klappern, keine Ungenauigkeiten o. ä. Insbesondere das nicht sehr hohe Gewicht machen es gut transportierbar. Ohne Case ist es tatsächlich von einer einzelnen Person tragbar - wohlgemerkt: 32 Eingangs- und 16- Ausgangskanäle! Allerdings hatte ich den Eindruck, dass das X32 ein ziemlicher Staubmagnet ist
...
Mit einen weinenden Auge musste ich da Pult natürlich irgendwann wieder abgeben. Vielen Dank an diejenigen, die diese coole Aktion ermöglicht haben
.
Im Moment steht das X32 beim Mod-Kollegen Rockopa, der es vermutlich wieder bei ganz anderen Gelegenheiten testen und andere Gesichtspunkte in den Vordergrund stellen wird.
Insgesamt bekommt man mit dem Behringer X32 meiner Meinung nach sehr viel Pult fürs Geld, und insbesondere die optionalen Erweiterungen wie das digitale Multicore sowie das Monitoring-System machen es zu einem wirklich interessanten Werkzeug.
Ob ich mir's selbst kaufen würde? Schwer zu sagen. Für 90% meiner Einsätze reicht mir tatsächlich mein kleiner analoger A&H WZ3 16:2, und für den Rest ist die Investition trotz des Kampfpreises doch relativ hoch. Aber wer weiß, vielleicht werde ich doch irgendwann schwach
?
Falls noch Fragen sein sollten, kann ich versuchen, sie anhand meiner Eindrücke zu beantworten.
Ansonsten gibt's jetzt noch ein wenig "Gear-Porn"
: