Kann ein gutbetuchtes Lehrerkind denn kein Punk werden, oder darf es nur Mozart hören? ...
Es gibt halt Musik, die so ein Authentizitätsmythos bedient, im Rap "Street-Credibility". Dass heißt, ihre Echtheit wird zum Qualitätsmerkmal. Blind Guardian müssen keine Ritter sein und Lordi keine Weltraummonster, und Rednex wohl auch keine Rednecks
. Aber Rage Against The Machine müssen (weil die Authentizität zum Konzept gehört, vgl. Grunge) politische Aktivisten sein und, so könnte man meinen, Gangsterrapper eben auch rappende Gangster. Ebenso wirkt sich das dann auf das Publikum aus. Eine Gruppe ist halt umso stärker, als das "außen" und das "innen" klar abgegrenzt ist.
Witzigerweise wird dieses Authentizitätsideal nicht nur in der Szene selbst vertreten, sondern auch als Kriterium von außen an sie herangetragen, so dass auf einmal Metaller Bushido kritisieren, weil er vorgibt etwas zu sein, was er in deren Interpretation nicht ist - nämlich Gangster. Für mich ist Bushido authentisch genug, auch wenn ich ihn nicht mag.
Auch in der Punk-Szene kann man so etwas beobachten, deswegen heiße ich das nicht gut. Aber das gibt es in jeder Szene, die vorgibt real, conscious, Strasse, nah am Bürger oder sonstwas zu sein. Das gutbetuchte Lehrerkind wird dann eben schon mit skeptischen Blicken beäugt.
Ich finde daher es immer verdächtig, wenn man einen gewissen Status hat, sich immer noch als wer weiß wie authentisch zu geben. Die Ärzte haben eine sehr coole Art, damit umzugehen. Sie geben zu, dass sie keine Punks mehr sind, zeigen aber durch Gesten, dass sie der Szene sich verbunden fühlen. Da sollten die Herren Rapper sich mal eine Scheibe der Reflexion und Ehrlichkeit abschneiden.