Wolkensprung
Registrierter Benutzer
Genau so ging's mir gestern auch wieder mal.Je mehr ich weiß, um so mehr erkenne ich, was mir fehlt.
In unserer Stadt spielte Janne Valkeajoki, finnischer Akkordeonvirtuose, auf Einladung von Joanne Baratta, meiner gelegentlichen Akkordeonlehrerin. Ich kannte ihn nicht bis gestern - ist er jemandem sonst ein Begriff? Gemäss Laudatio scheint er wirklich eine Kapazität zu sein. Und sympathisch ist er obendrein
Ich nahm das Konzert als wirklich exquisites Stück Akkordeonkunst wahr: Die gespielten Kompositionen, die Darbietung, der gesamte musikalische Ausdruck - meiner bescheidenen Meinung nach absolute Spitzenklasse!
Zuerst drei Stücke von Magnus Lindberg, "Accordeon Jubilees I, II, III": Ich habe teilweise starke Mühe mit Zeitgenossen, wenn sie mir eher "beliebig" vorkommen. Das ging mir bei Lindberg auch andere Male schon so, ich konnte auch gestern meinen Eindruck nicht korrigieren. Meine Frau fand's aber "ausdrucksstark" - wird wohl gut gewesen sein, ich kann's nicht beurteilen.
Als nächstes stand das Präludium und die Fuge in a-Moll (BWV 543) für Orgel von Altmeister Bach auf dem Programm, in einer eigenen "Version", wie er sagte, obwohl er nicht sicher sei, "ob es eine Version ist, wenn man einfach alle Töne spielt". Die Interpretation dieser "Töne" war aber fulminant, variantenreich und stimmig. Sehr toll gespielt, auch das Zusammenspiel der drei (simulierten) Manuale!
Die nächste Darbietung war eine Uraufführung der Sonate Nr. 3 von Kalevi Aho, auch Finne und sogar anwesend. Auch dieses Stück war "zeitgenössisch", allerdings haben mich die Stimmungen und Variationen von Themen sehr berührt. So wie Janne das Werk gespielt hat, war auch das absolut stimmig und in sich abgerundet. Ich weiss nicht, was die zwei sich beim Applaus zugeflüstert haben, ich kann kein finnisch Lippen lesen, die Zufriedenheit sowohl bei Komponist als auch beim Interpreten war aber deutlich zu sehen und zu spüren.
Nach der Pause ging es weiter mit J.-P. Rameau, dem "französischen Bach", wie er auch schon tituliert wurde. Auch hier eine eindrückliche Darbietung der Suite in a (RCT 5), sehr virtuos und die einzelnen Teile differenziert und mit einer guten Portion Schalk gespielt - eine wahre Freude, ihm zuzuschauen und zuzuhören.
Als letzter Programmpunkt kam noch Präludium und Fuge in d-Moll von Schostakovitsch zur Aufführung - witzig: Gestern ist das Werk im Radio gelaufen, von einem Orchester gespielt. Mich hat die Akkordeon-Version von Janne aber deutlich mehr beeindruckt.
Der berechtigte grosse Applaus verleitete Janne noch zu einer Rameau-Zugabe, ich weiss aber nicht mehr was genau. Rameau scheint mir aber wirklich gut passend für klassisches Akkordeon, ich werde mich wohl mal verstärkt mit dem Herrn auseinandersetzen - vielleicht gibt es ja auch etwas für mein bescheidenes Niveau.
Was mich besonders berührt hat, war Jannes Ausdruck. Er vermittelte das Gefühl, ein ganz intimes Stück seiner selbst mit seiner Musik erleben zu dürfen. Er war wirklich voll dabei, mit dem ganzen Körper inkl. gelegentlich hörbaren Schnaufern und viel Schweiss. Wirklich eine sehr lebendige und innige Perfomance!
Kurz und gut: Ein toller Abend, der mich wieder sehr motiviert hat zum Üben!