kompositionsregeln

  • Ersteller möchtegernbach
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Wie kann Kunst künstlerisch sein, wenn sie Regeln einhalten muss?
Tja. schau und höre Chöre von Jürgen Golle und man merkt, dass das geht.

Das Beispiel Golle zeigt, daß diese schöne Musik auch Gesetzen gehorcht. Sie ist natürlich nicht, z.B. rein zufallsbedingt. Übrigens kann auch zufallsbedingte Musik Gesetzen gehorchen, nämlich den Gesetzen des Hörers, wie Beispiele von John Cage zeigen (1). Sozusagen eine Projektionsfläche, ähnlich dem Kaffesatz, den Formen des Bleigießens, dem Rohrschach-Test. Selbst in unstrukturiertem Material sehen wir Strukturen, zumindest sind wir bestrebt danach, welche zu finden.

Hörenswerte Musik gehorcht m.E. immer bestimmten Gesetzen. Die Komponisten strukturieren das musikalische Material, sie messen den einzelnen Komponenten Bedeutung bei. Der Hörer kann diese Bedeutung erkennen, denn jeder Mensch hat einen Sinn für Melodik, Rhythmik, Harmonik, der allerdings ganz verschieden ausgeprägt bzw. ausgebildet ist. Je nach dem, kann er die Strukturen mehr oder weniger differenziert erkennen und Gefallen daran finden.

Die Art der strukturellen Gesetzmäßigkeiten kann völlig unterschiedlich sein. Die europäische Kultur zeichnet sich insbesondere dadurch aus, die Mehrstimmigkeit zur Entfaltung gebracht zu haben. Im Entwicklungsprozess der Mehrstimmigkeit stellten sich bestimmte Gesetze heraus, die beachtet werden sollten, wenn die einzelnen Stimmen als eigenständig wahrgenommen werden wollen (z.B. keine Oktav- oder Quintparallelen). Gleichzeitig sollten bestimmte Vorstellungen von Harmonik erfüllt werden. Zur Perfektion hat dies Bach gebracht. Obwohl zu Lebzeiten wenig als Komponist bekannt, zeigte er später einen riesigen Einfluss.

Mozart und Bethoven kannten seine Musik nur wenig, ahnten aber sein Größe. Er inspirierte Romantiker, Antiromantiker, Gläubige und Atheisten, Zwölftöner, Jazz-Musiker und zeigt bis heute eine unvergleichliche Präsenz. Kein Wunder, daß diese bestimmte Art der Perfektion auch heute noch an Musikhochschulen gelehrt wird.

Hörer aus anderen Kulturen schütteln hingegen häufig den Kopf: "Schöne Melodien, doch warum alles gleichzeitig?" Ihre Musik folgt primär melodischen oder rhythmischen Gesetzen.

Innovative Künstler schaffen Musik, die nach neuen Gesetzmäßigkeiten strukturiert ist. Die Rezeption von innovativer Musik hängt einerseits von den Hörgewohnheiten de Publikums ab, andererseits auch von Naturgesetzmäßigkeiten. Die menschlichen Sinne haben nur eine begrenzte Kapazität musikalische Information zu verarbeiten. Limitiert sind u.a. das Gedächtnis, das Differzierungsvermögen für Intervalle und Rhythmik. Strömen viele Reize auf den Menschen ein, kann u.U. nicht mehr alles verarbeit werden, es kommt z.B. zu Verdeckungen. Innovative Musik kann dann erfolgreich sein, wenn die durch die Natur vorgegebenen Gesetze berücksichtigt und doch neue Strukturierungsmöglichkeiten gefunden werden. Denn bei der übermäßigen Kultivierung von Musik aus vergangenen Zeiten kann auch Langeweile eintreten, auch das ein Naturgesetz.


(1)
Ich erinnere mich hier sehr lebhaft, wie ich als Jugendlicher zum ersten mal "Roaratorio: An Irish Circus on Finnegans Wake" von John Cage hörte und fassungslos war, als ich danach erfahren habe, dass das Stück komplett nach einem überaus witzigen aleatorischen, also zufallsgeleitetem Prinzip gebildet worden war. Ich hatte doch Strukturen jeder beliebigen Größe und Ideen von verschiedener Komplexität auf allen Ebenen der Musik gehört …
(Peter Holtz (2005) Dissertation: "Was ist Musik? Subjektive Theorien Musik schaffender Künstler", S. 69)


Viele Grüße
Klaus
 
Ja, erstens tendieren wir dazu, selbst Strukturen zu hören welche eigentlich gar nicht existieren/geplant sind; wir setzen automatisch Klangereignisse in Verbindung mit dem was davor und danach kommt, was Cage selbst auch als prinzipielles Dilemma erlebte, denn er wünschte sich eigentlich, Klänge ganz für sich, als Phänomene ausserhalb eines bestimmten Kontextes zu hören.

Zweitens aber sollte man sich klar machen, dass es eine völlig offene Zufallskomposition nicht gibt. Jede Entscheidung für ein bestimmtes aleatorisches Prinzip ist bereits eine strukturelle Entscheidung, welche das Stück in eine ganz bestimmte, hörbare Bahn lenkt. Wenn ich z.B. ein Stück für Streichquartett schreibe, bei welchem ich mit einem Würfel jeweils bestimme, welche von 6 möglichen Noten ein Instrument zu einer bestimmten Zeit spielt, dabei Rhythmus/Dynamik/Artikulation/etc. auf ein Minimum reduziere (z.B. nur Achtelnoten im mezzoforte), dann erhalte ich ein ganz bestimmtes Klangbild, von dem ich nur bestimmte Details nicht kenne. Aber gerade diese Details werden dann auch meist am wenigsten herausstechen, gegenüber denjenigen Entscheidungen die ganz bewusst betroffen wurden (die Auswahl der Instrumente, der 6 möglichen Töne, der Tondauern, etc.), da letztere viel uniformer und daher klarer erfassbar sind. Bereits eine Entscheidung wie "Zufallszahlen bestimmen meine Tonhöhen" impliziert bereits, dass das Stück aus verschiedenen Tonhöhen besteht, und schliesst daher sehr viele Möglichkeiten aus. Und dies ist bei jeder solchen Entscheidung der Fall.

Ich kann jedem wärmstens empfehlen zu versuchen ein aleatorisches Stück zu schreiben - wenn man das nämlich ernsthaft angeht, wird man so am schnellsten erfahren, wie viele Entscheidungen eine solche Arbeit eigentlich braucht. Aber es reicht hier bereits, ein aleatorisches Stück nur aufzuführen. Ich habe einige Cage-Stücke zur Aufführung gebracht, und war zuerst erstaunt darüber, dass dies oft viel mehr Aufwand und Einarbeitung in ein Stück benötigt, als ein Stück von traditionellen Noten zu spielen. Zufall kommt halt oft nicht einfach nur so. Er muss oft auch erst gesucht werden, so paradox dies auch klingen mag.

Es ist im Übrigen auch interessant, wie viele Komponisten, die vorgeben ausserhalb jeglicher Normen zu komponieren, ins platteste Imitieren verfallen, da sie sich die verinnerlichten Normen, welchen wir alle ausgesetzt sind, einfach nicht bewusst machen, und daher nicht kritisch mit ihnen umgehen können. Kulturelle Normen, welche sich über Jahrhunderte gebildet haben sind nicht so einfach abzulegen, und oft bedarf es eine gewisse Kenntnis dieser Normen und eines bewussten Umgangs mit ihnen, um hier etwas wirklich Anderes zu schaffen. Dies ist nicht zuletzt ein wichtiger Grund, sich noch heute mit der Affektenlehre, dem Renaissance-Kontrapunkt, der Sonatenhauptsatzform, etc. zu beschäftigen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Meinst Du vielleicht die Stelle im vorletzten Takt?

Ich habe mir mal die Noten angeschaut und gesehen, dass bei der Textstelle "...Ge---sicht" auf der ersten Silbe zwischen Alt und Tenor die Fortschreitung e - h , dann fis - c erfolgt.
Bach führt den Alt, der das "fis" , was ja der Leitton in G-Dur ist, auch nicht im letzten Takt auf den Grundton zurück, sondern läßt ihn eine Terz nach unten auf "d" springen.
Aber solche Stimmführungsdinge kommen häufig vor.

Wie schon gesagt: Rein vermindert, schreib ungehindert und von Quarte zu Tritonus gibt es auch keine Parallelen.

Das abspringen des Leittons um einen vollständigen Schlussakkord am Ende eines Stückes zu erhalten, ist erlaubt, aber nur dort.
 
... wir setzen automatisch Klangereignisse in Verbindung mit dem was davor und danach kommt, was Cage selbst auch als prinzipielles Dilemma erlebte, denn er wünschte sich eigentlich, Klänge ganz für sich, als Phänomene ausserhalb eines bestimmten Kontextes zu hören.
...
Kulturelle Normen, welche sich über Jahrhunderte gebildet haben sind nicht so einfach abzulegen, und oft bedarf es eine gewisse Kenntnis dieser Normen und eines bewussten Umgangs mit ihnen, um hier etwas wirklich Anderes zu schaffen. Dies ist nicht zuletzt ein wichtiger Grund, sich noch heute mit der Affektenlehre, dem Renaissance-Kontrapunkt, der Sonatenhauptsatzform, etc. zu beschäftigen.

Ich stelle diesen Aussagen einmal folgende Zitate gegenüber:

"Die Einzigartigkeit des Kunstwerks ist identisch mit seinem Eingebettetsein in den Zusammenhang der Tradition." - Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt a. Main 1966, S. 16

"Entsteht nicht ein Kunstwerk nur in dem Moment, wann ich deutlich einen Zusammenhang mit dem Universum vernehme?" - Philipp Otto Runge, Nachgelassene Schriften

"Ich bin der Meinung, daß ein Kunstwerk nur nach seinen eigenen Gesetzen beurteilt werden kann. Ob es in sich geschlossen ist oder nicht, das ist die Frage." - Thomas Griffiths Wainewright, zit. nach "Feder, Pinsel und Gift" von Oscar Wilde

Quelle: Wikipedia
Klänge ganz für sich, ausserhalb eines bestimmten Kontextes zu sehen, ist in unserer Kultur ein Ding der Unmöglichkeit. So etwas ist vielleicht für abgekoppelte, vereinsamte Menschen in Ansätzen möglich.

Warum sollten wir kulturelle Normen, quasi gewaltsam, ablegen? Ist das die Folge eines Fortschrittsglaubens? Ich denke, wenn ein Künstler, einen neuen, bisher ungesehenen Zusammenhang "mit dem Universum" sieht (würde man heute anders ausdrücken), dann wird sich der Ausdruck dessen Bahn brechen und zwar in neuen Strukturen, die dem, was zu sagen ist besser gerecht werden. So etwas ist aber recht selten und kann u.U. Epochen einläuten. Vielleicht hat der Freiheitswillen des Bürgertums u.a. zur Folge gehabt, daß Beethoven in der Musik etwas zu sagen hatte, das die Klassik zu einem kraftvollen Höhepunkt brachte? In der Literatur brachten 20-30jährige Dichter, mit Goethe an der Spitze, das neue Lebensgefühl zum Ausdruck. Das Büchlein "Die Leiden des jungen Werther" traf den Nagel für ganz Europa auf den Kopf. Unter Jugendlichen trat ein "Werther-Fieber" auf, eine "Lesesucht" wurde ausgelöst und als Napoleon später Deutschland eroberte, ließ er Goethe zu sich kommen, um mit ihm über das Büchlein zu sprechen.

Die "Neue Musik" ist in einer ganz anderen Situation. Zeigt sich hier seit der Romantik ein Trend zur Vereinsamung? Weg vom Naturalismus, hin zur Lyrismus, zur Selbstbezogenheit, Rückzug auf das "Ich", Kunst als Selbstzweck, Selbstausdruck des Künstlers? Schönbergs Liederabende und Konzerte brachten immer größere Skandale hervor. Zunehmende Auflösung der Harmonik, Abkoppelung zwischen Publikum und Komponist. Schönberg nimmt auf dieses, weil inkompetent, keine Rücksicht, seine Musik erklingt im "Verein für musikalische Privataufführungen". Schönberg entwickelt die Zwölftonmusik, von der er glaubte, daß mit dieser Technik die Überlegenheit der deutschen Musik für die nächsten 100 Jahre gesichert ist (Brief an seinen Schüler Josef Rufer) und offenbar daß seine Musik in 50 Jahren auf der Straße gepfiffen wird.

Obwohl Schönbergs Reihentechnik zur seriellen, dann zur elektronischen Musik führte, so blieb die Einsamkeit der "Neuen Musik" als Problem erhalten.
Auch der Schönberg-Schüler Cage (zwei Jahre kostenloser Privatunterricht) löste das Problem nicht, ja er verschärfte sogar seine persönliche Vereinsamung durch ein Werk wie 4'33" und die Verwendung von Zufallsverfahren.

Die zunächst aufgeschlossene Presse ignorierte ihn und er verlor viele wertvolle Freunde und Verbindungen.

Bis heute ist der tiefe Graben der zwischen der Neuen Musik und dem Publikum existiert, etwas, worüber man sich lustig machen kann, und zwar über Publikum und Komponisten.

In bestimmten Richtungen der modernen Musik, wie zum Beispiel der Zwölftonmusik findet offenbar eine bewusste Abkehr von der Affektenlehre statt. Der Grund für das Musikhören ist aber für die meisten Mensche gerade das emotionelle Erlebnis.

Bereits für die Griechen war die innige Verbindung zwischen Musik und Emotion klar. In der Barockzeit versuchte man diese mit der Affektenlehre zu ergründen. Der emotionelle Gehalt von Musik aus Klassik und Romantik ist evident und ein Faktor, der bis heute zur Popularisierung führt.

In den letzten Jahrzehnten entwickelten sich neue naturwissenschaftliche Methoden, welche es erlauben, die Wirkung von Musik auf uns intensiver zu studieren. Trends unter jungen Komponisten lassen vermuten, daß man das Konzept der Abkoppelung von Musik und Emotion immer mehr aufgibt. Man darf hoffen, daß sich der Graben zwischen "Neuer Musik" und Hörer nicht weiter vertieft und er wieder geringer werden könnte.

***

Kurz zu Regeln in der Musik, zu denen es noch viel zu sagen gäbe:

Vielleicht stellen gerade die (neuen) Regeln, nach denen man das musikalische Material organisiert, den eigentlich schöpferischen Kraftakt dar. Mit der Folge, daß riesige Felder entstehen, die erst nach Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten erschöpft sind. Es ist zu vermuten, daß die Regeln einer neuen Musik nicht rational gefunden werden, sondern intuitiv. Die Künstler, welche dies schaffen, sind sich dessen wohl so wenig bewußt, wie sich Goethe bewußt war, daß sein o.g. Büchlein eine so gewaltige Durchschlagskraft haben sollte.

Viele Grüße
Klaus
 
Meinst Du vielleicht die Stelle im vorletzten Takt?

Wie gesagt, kann ich im Moment nicht sagen, weil ich die Noten nicht bei der Hand habe. Aber sobald ich wieder "Zugriff" auf sie habe, werde ich dem nachgehen, und das "Ergebnis" hier deponieren ... kann aber noch ein paar Tage dauern ...

LG, Thomas
 
Was ich dem Thread nochmal hinzufügen wollte:

das mit dem ganzen Regelwerk war früher (also nicht in Bachs Zeit sondern im Mittelalter) noch um einiges krasser:

-keine Dissonanzen (bis auf wenige Ausnahmen), Tritonus wurde auf biegen und brechen verhindert, es wurden z.t. sogar extra Töne alteriert nur damit kein Tritonus entsteht
-paralele Primen,Oktaven und Quinten verboten.

etc.

Wie man sich denken kann wurde das ganze dann später immer lockerer. Waren im Barrock Dissonanzen schon ein fester Bestandteil wurden diese nachher sogar ausschlaggebend für den Charakter von bestimmten Stilrichtungen (den Tritonus z.b. findet man häufig im Jazz oder in der Gipsy musik).

Heute wird natürlich in vielen Stilrichtungen auf jegliches Regelwerk komplett geschissen...(bzw. nur in Anlehnung an die alten Regeln komponiert)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie geil. 2 Seiten Diskussionen und Mutmaßungen, obwohl sich der Threadsteller in 3 Wochen nach seiner Frage nicht mehr hat blicken lassen.
 
Was ich dem Thread nochmal hinzufügen wollte:

das mit dem ganzen Regelwerk war früher (also nicht in Bachs Zeit sondern im Mittelalter) noch um einiges krasser:

-keine Dissonanzen (bis auf wenige Ausnahmen), Tritonus wurde auf biegen und brechen verhindert, es wurden z.t. sogar extra Töne alteriert nur damit kein Tritonus entsteht
-paralele Primen,Oktaven und Quinten verboten.

etc.

Wie man sich denken kann wurde das ganze dann später immer lockerer. Waren im Barrock Dissonanzen schon ein fester Bestandteil wurden diese nachher sogar ausschlaggebend für den Charakter von bestimmten Stilrichtungen (den Tritonus z.b. findet man häufig im Jazz oder in der Gipsy musik).

Heute wird natürlich in vielen Stilrichtungen auf jegliches Regelwerk komplett geschissen...(bzw. nur in Anlehnung an die alten Regeln komponiert)

Dieser Beitrag strotzt ja nur so vor Unwahrheiten und Irreführungen. Ich finde das sehr fahrlässig, solche Äußerungen in ein ernstgemeintes Forum einzustellen. Regelwerke sind immer auf Grundlage bestehender Musik geschrieben worden und daran konnte man sich orientieren. Tatsache ist, das jedes Werk seine im zu Grunde liegenden Regeln zu beginn formuliert und dann mit ihnen umgeht, sie bricht, verfremdet, erweitert, einhält und damit zur Stilkopie wird... oder auch nicht...
Das im MA parallelen verboten waren ist mir ganz neu. Die gesamte alte Musica enchiriadis baut auf der Dopplung in Quint und Oktav auf. Und in den Organa beispielsweise eines Perotin gibt es Dissonanzen, die du dich nicht einmal in deinen tollsten Tagträumen traust. Auch wenn sie niemals als Dissonanzen angesehen worden sind, sondern lediglich Mittel der horizontalen und vertikalen Tropierung von Choraltönen waren.
Im Barock herrscht zudem auch überhaupt keine Akzeptanz des Tritonus... als könnte man ihn so stehen lassen. Das ist unwahr. Noch bei Beethoven haben sich die Menschen aufgeregt (ja es war ein absoluter Skandal... sowas hatte es noch nciht gegebenn, so eine Frechheit...) denn er beginnt seine erste Symphonie mit einem Dominantseptakkord (Tritonus zwischen Terz und Septe).
 
Dieser Beitrag strotzt ja nur so vor Unwahrheiten und Irreführungen. Ich finde das sehr fahrlässig, solche Äußerungen in ein ernstgemeintes Forum einzustellen. Regelwerke sind immer auf Grundlage bestehender Musik geschrieben worden und daran konnte man sich orientieren. Tatsache ist, das jedes Werk seine im zu Grunde liegenden Regeln zu beginn formuliert und dann mit ihnen umgeht, sie bricht, verfremdet, erweitert, einhält und damit zur Stilkopie wird... oder auch nicht...
Das im MA parallelen verboten waren ist mir ganz neu. Die gesamte alte Musica enchiriadis baut auf der Dopplung in Quint und Oktav auf. Und in den Organa beispielsweise eines Perotin gibt es Dissonanzen, die du dich nicht einmal in deinen tollsten Tagträumen traust. Auch wenn sie niemals als Dissonanzen angesehen worden sind, sondern lediglich Mittel der horizontalen und vertikalen Tropierung von Choraltönen waren.
Im Barock herrscht zudem auch überhaupt keine Akzeptanz des Tritonus... als könnte man ihn so stehen lassen. Das ist unwahr. Noch bei Beethoven haben sich die Menschen aufgeregt (ja es war ein absoluter Skandal... sowas hatte es noch nciht gegebenn, so eine Frechheit...) denn er beginnt seine erste Symphonie mit einem Dominantseptakkord (Tritonus zwischen Terz und Septe).

Du bist ja ein Held, knuffig :)

Wo habe ich geschrieben das im Barrock der Tritonus akzeptiert wurde?

Und das es Ausnahmen gibt sollte eh klar sein, das Thema hatten wir schon auf der letzte Seite.
 
das mit dem ganzen Regelwerk war früher (also nicht in Bachs Zeit sondern im Mittelalter) noch um einiges krasser:

Eigentlich war die Musik des Mittelalters wesentlich weniger stark reglementiert als die folgende... zumindest nach meinem Kenntnisstand. Darf man fragen, woher du dein Wissen nimmst?
 
Habe ich so gelernt, woher nimmst du denn dein Wissen? Falls ich scheiße labere lasse ich mich gerne berichtigen.

Und mein Gott wieso nehmt ihr alles immer so extrem ernst? Allein den Begriff "fahrlässig" in dem obigen Zusammenhang zu verwenden ist schon geil.
 
Schon mal daran gedacht, dass es Leute gibt, die jede Information wie einen Schwamm aufsaugen, ohne ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen?
Ach, was red ich da... So macht das fast jeder.
 
deshalb ist das internet für musiker ganz besonders gefährlich
 
Ich will da jetzt auch nicht weiter drauf herumhacken. Das Tehema ist erledigt. Ic habe meinen Anspruch klargemacht.
Ich finde nur, dass man etwas vorsichtiger sein sollte mit so verallgemeinernden Darstellungen, besonders, wenn man nur gefährliches Halbwissen besitzt. Das Forum soll ja nach Möglichkeit konkrete Hilfstellungen liefern und das geht natürlich nicht, wenn mit absoluten Unwahrheiten gehandelt wird. Fahrlässig ist es nur dann - in meinen Augen - wenn man "keine" Ahnung hat, aber zu allem eine Meinung!
 
Da hier im Thread anscheinend Stille herrscht, erlaube ich mir mal, ihn zu "entführen". ;)

Kann mir jemand vernünftige Online-Quellen zur mittelalterlichen (plus evtl. Renaissance) "Harmonielehre" nennen? Die Oberflächlichkeit des Internets macht mich mal wieder wahnsinnig. Überall finde ich nur die üblichen Schlagwörter: Gregorianik, Organum, Kirchentonarten, etc.

Das meiste davon war mir schon grundsätzlich bekannt. Ich habe bisher nichts gefunden, was tiefer geht und z.B. konkret die Entwicklung der Polyphonie beschreibt und anhand von Beispielen erklärt, nur musikwissenschaftliches Blabla, ohne Bezug auf die Praxis.

Danke!
 
Das standardwerk Den "Gradus ad Parnassum" findet du hier https://fedora.phaidra.univie.ac.at/fedora/get/o:26834/bdef:Asset/view
im originaldruck, schwierig zu lesen.

Eine anschaffung fürs leben: "Der musikalische satz", ein handbuch zum lernen und lehren, 14.-20.jh. rhythmik, harmonik, kontrapunkt, klangkomposition, jazzarrangement, minmalmusik

Herausgeber Walter Salmen und Norbert Schneider, Helbling-verlag 1987 Innsbruck ISBN 3-900590-03-6

Knapp, aber informativ, praxisbezogen, mit aufgaben und beispielen. Motto: wissen - spielen - schreiben.
 
Danke Günter!

Für alle Interessierten, hier ein Link zum "Gradus ad Parnassum":

http://blakkout.110mb.com/

Da gibt's eine moderne englische Übersetzung vom zweiten Buch (des "Gradus ad Parnassum"), die sicher leichter zu handhaben ist. Dazu hat sich auf der Seite noch jemand die Arbeit gemacht, alle Notenbeispiele in Sibelius-Dateien zu übertragen! :great:

Auch noch einige Sachen zu Perotin, u.a. für ein MP3 mit einer interessanten Darbietung auf afrikanischem Fingerklavier. :D

Eine freie Transkription der alten deutschen Übersetzung habe ich nicht gefunden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Gradus ist der Klassiker, ganz klar, hat aber auch einige entscheidende Mängel: Zum ersten wird nur der Stil von Palestrina behandelt, zum zweiten der Stoff in Gattungen (1:1, 2:1, 4:1, Synkope und alles zusammen) eingeteilt, die didaktisch Sinn machen, aber den Lernenden dazu bringen... nun ja, in Gattungen zu komponieren. Mein Lieblingsbuch aus diesem Bereich ist das Kontrapunktbuch von De La Motte, da ist mit Perotin wenigstens ein Komponist des Mittelalters vertreten und mehr oder minder die wichtigsten Renaissance-Komponisten (Dufay, Ockeghem, Josquin, Palestrina). Wenn man unbedingt den Ansatz des Gradus möchte, würde ich zum Buch von Jeppesen greifen, der im Prinzip den gleichen Stoff deutlich umfassender und fundierter vermittelt.
 
Hallo,
Ich habe eine kleine Frage. Ist es ungeeignet, in den Bass Quinten zu nehmen? Also z.B. die Melodie geht: h-a-g... Wenn ich nun zum h-Schlag in den Bass einen Begleitakkord schreiben will, was eignet sich besser: f+d oder g+d (im 1. Fall ist der Grundton nicht im Bass sondern die Quinte f und die Terz)? Gibt es da Regeln, auf die man achten muss?
 

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