Wer kann mir bestätigen, dass Mozart, Bach Beethoven oder Händel oder die sonstigen Pioniere in der Komposition nicht auf primitive Rechenmaschinen zurückgegriffen haben? Gewiss ist, dass es die heutigen Computer damals noch nicht gab. Gut, aber die primitiven Rechenmaschinen von damals konnten schon multiplizieren, addieren und subtrahieren.
Mir ist nichts dergleichen bekannt und nie etwas in diese Richtung deutendes zu Ohren gekommen. Das einzige mechanische Hilfsgerät, dass schon in der Vergangenheit in Gebrauch kam, war das Metronom, das Johann Nepomuk Mälzel 1815 patentieren ließ. Aber das hat ebensowenig mit Komposition zu tun wie die damals ebenfalls recht beliebten mechanischen Spieluhren und Musikautomaten.
Zu was hätten die einfachen Rechenmaschinen auch nütze sein sollen? Die rhythmischen Strukturen in der Musik sind beileibe mathematisch nicht so kompliziert, als dass man dazu eine Rechner-Hilfe brauchen würde. Und serielle Musik, in der es mathematisch konstruierte und entsprechend sehr komplizierte Strukturen gibt, gab es damals noch nicht.
Zur Threadfrage: Die Frage muss angesichts der Fülle an existierenden Produktionen mit ja beantwortet werden.
Sicher, es müssen ja auch weltweit quasi am Fließband jährlich tausende Stunden Musik generiert werden, sei es für Daily Soaps, für Gema-freies Hintergrund-Gedudel usw. Da können Computer nach den vorgegebenen Algorithmen schnell Unmengen passender Töne abliefern und gleich noch selber spielen mit guten Soundbibliotheken.
Was aber davon geht über mehr als tonsetzerisch-handwerklich (mehr oder weniger) korrekt zusammen gesetztes Klang-Allerlei hinaus? Was davon gelangte in die Charts? Gab es schon Oskars oder wenigstens eine Oskar-Nominierung für rein Computer-generierte Filmmusik? Gab es überhaupt etwas darunter, was neugierig machte und dich
aufhorchen ließ?
@Zelo01, in deiner Argumentation weiter oben sehe ich einen Widerspruch:
Denn die Menschen die dem Rechner die Likes vergeben, haben irgendwann die Schnauze voll, wenn der Computer immer das Gleiche komponiert. Dann kriegt er eben keine Likes mehr, und er muss sich neu orientieren.
Da wird er keine Likes bekommen. Er kann also nicht einfach die Erfolge eines anderen Rechners kopieren, weil er eine andere Fangemeinde hat, der Techno nicht sehr zusagt. Ich glaub das wäre ganz ähnlich wie unser Musikbuissness wie wir es heute kennen.
Zum einen muss er sich neu orientieren, zum anderen kann er es aber nicht einfach so, auch wenn er keine Likes mehr bekommt.
Das zeigt das Dilemma der "Like"-Strukturen auf, das dasselbe ist wie bei den Algorithmen, die den Suchern im Internet Vorschläge aufgrund ihres analysierten Suchverhaltens machen. Es wird immer mehr vom
gleichen angeboten, es gibt keine echten Alternativen, kein Umdenken, keine Konfrontation und schon gar keine Provokation, kein Ausbrechen aus dem Bekannten.
So ist es beim "Liken" auch. Es dominiert die Masse, die Mehrheit gibt die Richtung vor, die Dislikes einiger weniger gehen im Mainstream unter. Und wenn die Mehrheit lieber Musik à la Helene Fischer hört, dann wird die Minderheit, die lieber Schubert-Lieber hören möchte in diesem System keinen Einfluss ausüben können. Das hätte zwar Ähnlichkeiten mit dem heutigen Musikbusiness, es würde aber überspitzt zu Ende gedacht, jede heute immer noch existierende Vielfalt zunichte machen, wenn nur noch das reine Mehrheitsprinzip - computergeneriert-algorithmisch ´optimiert´ - bestimmend wäre.
Um den Computer über das Like-System konsequent in eine andere Richtung zu leiten, wenn ihnen dessen Konstrukte beispielsweise zu banal und simpel vorkämen, müsste es das Gros der Hörer ja eigentlich
besser wissen als der Computer. Aber dann bräuchten sie ihn nicht.
Musikgeschichte wird meiner Meinung von den Erfolgen/Publikum geschrieben, nicht vom Interpreten direkt. Wenn jemand erfolgreich sein will, geht das nicht ohne Fans/Werbung, die seine Musik bekannt machen.
Ja und Nein.
@McCoy hat dazu schon einiges wichtiges geschrieben. Die von ihm genannten L. van Beethoven und Miles Davis sind gut Beispiele dafür. Viele der Spätwerke Beethovens, hier insbesondere seine späten Streichquartette, kamen beim Publikum nicht gut an und Miles Davis hat sich musikalisch immer wieder neu orientiert hin zu vielen sehr verschiedenen Stilrichtungen. Das haben ihm viele seiner Anhänger der jeweils vorigen "Epochen" übel genommen. Da wären viele Daumen nach unten gegangen. J.S. Bach ist beim breiten Publikum recht bald nach seinem Tod in Vergessenheit geraten, da seine Musik nicht mehr gespielt wurde. Zumindest die bedeutenderen Komponisten nach ihm (z.B. Mozart, Haydn, Beethoven) haben sich mehr oder weniger intensiv weiter mit seiner Musik beschäftigt, aber nur selten bis nie aufgeführt, es ging dabei eher um Musik- und Kompositionstheoretische Studien und Anregungen für das eigene Schaffen. Erst 1829 begann mit der ersten Wiederaufführung der Matthäus-Passion durch F.M. Bartholdy eine Art Bach-Renaissance, die Bach wieder zurück in das Konzertleben holte.
Albert Mangelsdorff spielte in seinen jungen Jahren Swing auf seiner Posaune. Er hat danach bekanntlich ganz andere und sehr avantgardistische Wege beschritten. Die Fans seiner frühen Jahre haben ihm das verübelt und ihn danach abgelehnt. Ich weiß das aus einer Begegnung mit einem längst verstorbenen und zum Zeitpunkt als ich ihn traf schon alten "Jazz"-Fan, der aber eigentlich "Swing"-Fan war und zeitlebens blieb und der mir seine Abneigung Mangelsdorff gegenüber recht drastisch ausdrückte.
Ich kann also nur bestätigen, was
@McCoy schrieb: "Ein Computer kann keine Musikgeschichte generieren."
Dazu müsste er an den entscheidenden Wendepunkten seiner eigenen musikalischen "Entwicklung" seinen "Likern" gegenüber "Nein" sagen können. "Nein, eure Meinung interessiert mich jetzt nicht, kann und darf mich nicht interessieren. Denn meine Inspiration (!) und mein persönliches Empfinden (!) sagen mir, dass ich stehen bleibe, wenn ich mich jetzt nicht Neuem zuwende. Ich werde euch enttäuschen, aber ich kann nicht anders, ich muss diesen Schritt tun. Meine Intuition (!) sagt mir, dass meine neuen Ideen wichtig sind und ich sie formulieren muss."