Zu allen Zeiten haben sich die Menschen Götter und Engel imaginiert, um in solchen Krisen ein Gegenüber zu haben, dem sie vertrauen können und das ihnen Halt gibt.
Und funktioniert hat es, wenn dann nur in sehr kleinem Rahmen. „Geholfen“ haben dann eher Pastoren und Co., nicht die zusammenphilosophierten Götter und dergleichen.
Meiner Ansicht nach unterscheiden sich Gespräche mit imaginierten Göttern und Engeln von Gesprächen mit realen Protagonisten, seien dies Pastoren & Co oder KI (oder auch ein Anruf bei der Telefonseelsorge oder therapeutischen Gesprächen).
Gespräche mit imaginierten Göttern und Engeln zeichnen sich dadurch aus, dass sie rein im Kopf selbst stattfinden. Es ist also ein "innerer" Dialog. Der trotzdem klärend bzw. hilfreich sein kann. Im Grunde werden, wie bei einem Traum, andere und gleichwohl vorhandene Aspekte der eigenen Person aktiviert, die oft Trost, Klärung, andere Perspektiven und Wege etc. aufzeigen.
Dies dockt im Grunde an die Selbstheilungskräfte an, über die alle Lebewesen verfügen. Schon Kinder (oder: gerade sie) besitzen die Fähigkeit, in Selbstgesprächen, inszenierten Spielen, Dialogen mit imaginären Gefährten (das berühmte Lieblingsspielzeug) eigene Kräfte zu aktivieren, die ihnen helfen, Krisen durchzustehen und zu überwinden. Auch bei Witwen ist es ja eine bekannte Tatsache, dass sie sich mit ihren verstorbenen Ehepartnern unterhalten - mit durchaus positiven Wirkungen.
Die Rolle von KI sehe ich in diesem Bereich ambivaltent:
Ich glaube beispielsweise, dass sie eine Reihe von positiven Aspekten hat. Ähnlich wie beim Placebo-Effekt hat schon das Gefühl oder der Eindruck, dass jemand - und sei es eine KI - einen wahrnimmt, sich für einen interessiert etc. positive Auswirkungen - verglichen mit jemandem, der dies nicht hat oder verglichen mit jemandem, bei dem Menschen dafür nicht zur Verfügung stehen. Zudem sollte es möglich sein, einer KI grundsätzlich eine wertschätzende Haltung mit dem entsprechenden Wortschatz und hilfreichen Dialogen beizubringen - und eine KI wird eben nicht unduldsam, gereizt, ungehalten oder übergriffig, wenn es beispielsweise dementen Menschen in einer Stunde zum achten Mal sagen muss, wer sie ist oder wer der andere ist oder wo dies liegt oder jenes ...
In dem Sinne halte ich beispielsweise den Einsatz von KI bei älteren Menschen durchaus für sinnvoll und hilfreich.
Wie ich allerdings die weitere Entwicklung im Pflegebereich einschätze, wird dies nicht zusätzlich erfolgen (oder nur für eine überschaubare Zeit): sobald sich das einigermaßen etabliert hat, werden dann KI menschliches Personal ersetzen, und sei es "nur" aus Kostengründen. Zudem ist es leider so, dass Gespräche bei kranken Menschen, obwohl deren Nutzen zweifelsfall erwiesen ist, im ganzen Heil- und Pflegebereich bei weitem schon jetzt nicht den Raum einnehmen, der sinnvoll und medizinisch vertretbar bzw. angezeigt wäre: Ob also KI bei sowas eingesetzt werden oder ob sie doch nur im Bereich Hygiene, Sauberkeit, Ordnung und Essen/Trinken bringen, eingesetzt werden, bleibt abzuwarten - ich bin da eher skeptisch. Es sind eher Kulturen wie Japan oder China, die da offen für sind, meinem Eindruck nach.
Offen bleibt auch, ab wann ein gewisser Abnutzungseffekt eintritt. Ich gehe davon aus, dass man irgendwann merkt, dass die Sprüche einer KI ein begrenztes Reservoir haben oder dass Dialoge in immer gleichen Bahnen verlaufen - kurz: dass man es doch nicht mit Menschen zu tun hat, die ja durchaus zu überraschenden Reaktionen in der Lage sind. Man unterhält sich ja auch nicht mit einem Kaffeeautomaten über seine Probleme, auch wenn der in der Lage ist: "Bitte schön - hier ist ihr Kaffee und ich wünsche einen schönen Tag!" zu sagen. DAS ist natürlich satirisch überspitzt - eine KI wird da sehr viel variantenreicher sein. Ich wollte nur anhand des drastischen Beispiels deutlich machen, dass sich die Begeisterung nach einer Einführungszeit auch durchaus legen kann.
Noch kurz ein drittes: die Ersetzung von menschlichem Personal findet ja im Heil- und Pflegebereich schon länger statt - da allerdings in der Form, dass eine Krankenschwester eben nicht mehr für Hygiene oder Essen/Trinken zur Verfügung steht, da sie dafür als "überqualifiziert" eingestuft wird, mit der Folge, dass medizinisch ungeschultes Personal dafür herangezogen wird. Das hat aber zur Folge, dass gewisse Anzeichen ernsthafterer Erkrankungen etc., die bei solchen Kontakten zu Tage treten können, nicht wahrgenommen wird, weil die Personen, die diesen Kontakt haben (und das ist der überwiegende Kontakt in einem Krankenhaus oder Pflegeheim) eben nur über begrenztes Wissen verfügen. Das kann bei KI auch der Fall sein - dann nämlich, wenn nach dem Motto "dafür reicht es ja" - KI einsetzt, die eben nur putzen, Essen geben oder abräumen, die Fenster öffnen etc. können.
just my thoughts about it
x-Riff