Aber auch bei den "Großserienherstellern" zählen Mesa, Diezel oder Soldano für mich zu den absoluten Boutique Buden. Ebenfalls alles ausgetüftelt und sehr haltbar.
Wobei Diezel (sind das wirklich nur vier Leute insgesamt?) von der Größe her klar zu den "Boutique"-Herstellern zählt, auch wenn die Amps vorrangig standardisiert, also "in Serie" gefertigt werden. Mesa ist für mich dagegen eindeutig ein großer Serienhersteller, gehört da aber sicher zu den "Qualitätsführern".
Was ich schon krass finde: Wie viele ansonsten durchaus informierte Gitarristen in dem Glauben leben, dass NUR die großen Hersteller gutes Equipment bauen können. Die denken offenbar, da sitzen 10-15 Ingenieure in der "Research"-Abteilung und feilen an neuen Schaltungsdesigns ;-) Kann doch nicht sein, dass da so'ne 2-3-Mann-Bude kommt und das besser beherrscht... Wenn die dann mal einen guten "Custom"-Amp hören, gerät das ganze Weltbild ins Wanken, haha.
Bei Gitarren finde ich es fast noch extremer: Jeder gelernte Gitarrenbauer "um die Ecke" kann Dir was besseres bauen, als die großen Massenhersteller, trotzdem rümpfen da viele die Nase, aus Unkenntnis und vermutlich, weil das Image fehlt...
Zum Thema "Boutique"-Amp muss ich unbedingt mal aus einem Interview mit Ingo Hampf zitieren, Gitarrist (ein ziemlich beeindruckender übrigens) von SUBWAY TO SALLY. Das stand in der Gitarre&Bass 6/2009 zu lesen:
G&B: "Dein Equipment ist nicht alltäglich. Du verlässt Dich offenbar nicht auf die Dinge, die man im Laden bekommt."
Ingo Hampf: "Würde ich ja gerne, wenn es funktionieren würde. Früher habe ich Rack-Zeugs mit Röhrenendstufen gespielt. Wir waren viel unterwegs, haben 130 Gigs im Jahr gespielt und alle drei, vier Monate war was kaputt. Irgendwann hab ich den Michael Bender kenngelernt, der baut und repariert Gitarrenverstärker in Berlin. Das war dann eine Offenbarung. Der hat aufgeschraubt und gesagt: "Hier, guck mal, das ist Mumpitz, das ist China, alles Scheiße!" Der hat mir dann ein Topteil gebaut und das spiel ich heute noch. Seit vierzehn Jahren läuft das nun schon, ohne dass es kaputtgegangen ist. Da wurden zwei oder drei Mal die Endstufenröhren gewechselt, aber nur weil ich irgendwie das Bedürfnis hatte. Da hat er die mir aber gezeigt auf dem Oszilloskop: Nee, guck, die sind noch gut. Und damit war das Thema Equipment dann für mich erledigt ... Der Verstärker ist frei verdrahtet, wie sich das gehört, hat zwei Kanäle, clean und verzerrt. Der Clean-Kanal ist aber inzwischen stumm geschaltet, weil ich den gemutet nur zum Stimmen nehme."
G&B: "Spielst Du denn keine Clean-Sounds?"
Ingo Hampf: "Doch, schon - das kannst du aber ganz gut über das runtergedrehte Poti machen, das klingt besser als manch anderer Clean-Sound.
G&B: "Hast Du denn etwa keinen Reserve-Amp dabei auf Tour?"
Ingo Hampf: "Nö. Da sagt schon mal ein Backliner: Aber wenn da jetzt mal was kaputt geht? Ich sag: Der geht aber nicht kaputt, wenn Du kein Bier reinkippst und ihn nicht runterwirfst!"
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Gut, das beschreibt auch nur einen Erfahrungswert, aber ich denke, es trifft ganz gut eine der Motivationen, die manchen Gitarristen irgendwann mal grübeln lässt, wo das Geld dauerhaft besser angelegt ist.