Ein interessantes und - wie man sieht - auch vielschichtiges Thema, das ich bisher jetzt passiv mitgelesen habe ...
Die Sache mit dem "Richtig oder Falsch" ist so komplex wie alles im Leben ... und der Spruch hilft jetzt natürlich auch erst einmal nicht weiter.
Ich denke jeder hat im Privat- und Berufsleben seine eigenen Erlebniswelten hinsichtlich "Schwarz/Weiß"- bzw. "Grauschattierungs"-Lösungen gemacht.
Meine Erfahrung ist, dass sich die Antworten dabei selten in einfachen, mono-kausalen Richtig/Falsch-Extremen abspielt als vielmehr irgendwo dazwischen. Der "Schieberegler" zwischen den Extremen Schwarz und Weiß ist groß und je nach Situation und persönlichem Erfahrungshintergrund kann sich die Antwort auf diesem "Schieberegler" im Zeitverlauf unterschiedlich einfinden.
Sowohl Anfänger als auch manche Experten neigen jedoch gerne zu Richtig/Falsch-Lösungen. Das ist menschlich und nachvollziehbar.
Der Anfänger deshalb, weil er eine möglichst klare Antwort erhofft, um Sicherheit und Orientierung zu finden. In einem solchen Falle finde ich es RICHTIG, eine klare (undifferenzierte) Antwort zu geben, wohl wissend, dass diese Antwort aus Sicht einer erweiterten Erfahrungswelt FALSCH ist, weil es in dem speziellen Kontext unterschiedliche und funktionierende Vorgehensweise gibt. Bei der Orientierungsgebung, der Fokussierung zum jeweiligen Zeitpunkt der Lernkurve auf die richtigen Schwerpunkte findet ein Forum, wegen seiner mitunter grauslich dissonanten Vielstimmigkeit, seine klaren Grenzen. Da ist der persönliche Lehrer oder die Erfahrungen in einer Band mit anderen Musikern deutlich effektiver.
Der Experte, mit seinen ganzen Erfahrungen, hat für sich eine gut funktionierende Lösung gefunden und kann diese auch noch - je nach musikalischem Kontext - differenziert erklären und selbst umsetzen. Seine Überzeugungen haben ihn da hin gebraucht, wo er heute ist. Warum also die anderen Vorgehensweisen, die man für sich selbst verworfen hat, nun unkommentiert neben der eigenen stehen lassen? Es ist dann mitunter nicht immer einfach sich da selbst ein Stück weit zurück zu nehmen und nicht auf jeden "Quatsch" (den es natürlich auch gibt) los zu poltern.
Ich kann da beide Positionen sehr gut verstehen und sie haben in einem MB-Forum auch ihre Berechtigung.
Anfängern rate ich persönlich, sich dieser, dem Medium eigenen, Vielstimmigkeit in den Antworten bewusst zu sein. Das ist nun einmal das Medium. Mit Vehemenz vorgetragene User-Meinungen, die dann in einem Schlagabtausch persönlicher Eitelkeiten münden, würde ich grundsätzlich sehr misstrauisch begegnen.
Hilfreich kann da auch sein, ob derjenige der antwortet, auch das Endprodukt "Musik machen" (und nicht nur schlau darüber reden) tatsächlich KANN.
Ein Blick in die jeweiligen Unterforen-Hörproben oder auch außerhalb (YouTube, etc.) kann da hilfreich sein.
Zur weiteren Verdeutlichung noch ein konkretes Beispiel aus dem praktischen Gitarristenleben:
Ein Anfänger fragt: "Sind für Funk-Musik dünne oder dicke Plektren besser?"
Einem solchen Anfänger würde ich immer empfehlen, das Plektrum zu nehmen, was für ihn am meisten Sicherheit beim Spiel bringt bzw. bei dem er sich am wohlsten fühlt. Warum? Diesem Anfänger hilft eine differenzierte Diskussion über Plektren in einem bestimmten Genre herzlich wenig. Obwohl die Antwort aus einer erweiterten Erfahrungsperspektive falsch ist.
Wenn er dann einmal eine Weile seine eigenen Erfahrungen gesammelt hat, wird er sich wohl auf die Feststellung von
@hack_meck zu bewegen:
Zwischen schwarz und weiß, gibt es ganz viel grau ...
... und vermutlich feststellen, dass es bei Akkorden oder Triads (bei denen einzelnen Note nicht zu sehr hervorstechen sollten) im Funk besser ist, ein dünneres Plektrum zu verwenden, wohingegen bei Single Note Riffs (bei denen es auf den Attack der einzelnen Noten ankommt) eine dickeres Plektrum mehr Sinn macht.
Und wenn ich nun einmal konkret über die vielen alternativen Gitarristenwege zu unterschiedlichen Themen, "die nach Rom führen", nachdenke, wie:
- Einfluß von dicken versus dünnen Saiten auf den Sound,
- die unterschiedlichsten Schlaghand-/Plektrumhaltungen großer Gitarristen,
- die vielfältigen Bending- / Vibratotechniken großer Gitarristen,
- etc.
dann tendiere ich auch dazu, den "Grauschattierungen" mehr Lösungskraft für den Einzelnen beizumessen als Schwarz/Weiß-Lösungen, insbesondere dann, wenn sie auch noch fulminant und mit viel Verbalakrobatik vorgetragen werden. Anfänger sollte man aber nicht gleich in den komplexen Wald hineinführen, in dem sie sich verirren.
Eine der wenigen RICHTIG/FALSCH-Kriterien, mit annähernd hoher Objektivität, sind in der Musik für mich das Timing und die Intonation. Bei den meisten anderen Themen führen aus meiner Sicht "viele Wege nach Rom" bzw. bewegen sich in "Grautönen", wo jeder Einzelne seinen eigenen Weg finden muss.
Zur MB-Forumskultur im Sinne der Threadfragestellung:
Ich finde es im Großen und Ganzen ein klasse Forum! Es wird gut moderiert. Die Themen sind vielfältig und es finden viele Instrumenten hier einen konstruktiven Platz zum gegenseitigen Austausch. Dass das so bleibt oder gar noch besser wird, trägt der differenzierte Meinungsaustausch in diesem Thread auch bei.
Grüße aus Franken - wolbai