Hallo, taurui,
...na, dann wollen wir mal sehen, ob wir das auseinanderwickeln können.
- Beim Setup "SC450 + ECM8000" sprichst Du von "Direktschall über das SC450 und Raum über das ECM8000". Mit dem Direktschall wirst Du auflaufen. Grund: Direktschall an einer großen Kirchenorgel - vor welche Pfeifen willst Du das Mic denn setzen
- Direktschall bedeutet eigentlich "ohne Raum". Also das Mic unmittelbar ans Instrument. Geht bei einer Kirchenorgel nicht... Du hast immer Raum mit drauf.
Wenn Du mit Direktschall den Schall meinst, den die Nierencharakteristik des Mics einfängt, also nur von vorne (...und hinten ist die Niere ja nicht empfindlich), dann ist das auch die falsche Wortwahl. Um die GANZE Orgel zu recorden, muß das Mic im Raum stehen... womit es kein Direktschall ist.
Das ECM8000 hat eine Kugelcharakteristik und würde sich durchaus als Raum-Mic eignen, wenn man einen guten Raum hat (Kirchen sind das oft) und man nicht gerade ein rauschendes Exemplar erwischt hat.
Dann hättest Du aber immer noch zwei völlig unterschiedliche Mics. Ob da ein Mischen der beiden Spuren etwas bringen wird, wage ich vorsichtig zu bezweifeln.
Vielleicht allenfalls, wenn die Kirche wirklich gut klingt, mal eine Mono-Spur mit dem Behringer probieren, vielleicht schafft auch das schon ein wenig Raumillusion...
- Im Idealfall benötigst Du für eine gute Raumabbildung zwei Mikrofone in einer bestimmten Anordnung. Dann wird von den Mikrofonen aufgrund von Lautstärke- bzw. Laufzeitdifferenzen zwischen dem rechten und linken die Raumabbildung eingefangen. Es gibt sehr, sehr viele unterschiedliche Mikrofonanordnungen, die von mir oben genannte mit den zwei guten Kleinmembran-Kondensatoren ist eine AB-Anordnung (...und zwar eine Groß-AB). Es gibt noch viel mehr: XY, EBS, DIN, NOS, Blumlein, Faulkner und und und... Das nicht zur Abschreckung, sondern als Anregung, wonach Du mal schauen kannst, um noch besser zu verstehen.
- Und jetzt konkret: Du hast zwei identische Mics zur Hand, nämlich die SM57. Für eine Stereoaufnahme sollen beide Mics gleich sein (ACHTUNG: Ausnahmen wie die M/S-Technik bestätigen die Regel!). Die SM57 sind dynamische Mikrofone, auch Kleinmembraner. Kennst Du Dich mit Mikrofonbauarten aus? "Dynamisch" heißt, die Membran bewegt eine Spule durch ein Magnetfeld und erzeugt so Signalspannung. Das ist eine lang bewährte, robuste Technik.
Kleinmembran-Kondensatormikrofone haben einen anderen "Antrieb": Da ist die Membran Teil eines Kondensators, und wenn sie sich bewegt (im Verhältnis zur Gegenelektrode), bewirkt dies auch eine Spannungsänderung. Kondensatormics, ob mit großer oder kleiner Membran, benötigen eine Kondensatorspannung, um zu funktionieren. Ohne groß ins Detail zu gehen: Das ist die mysteriöse Phantomspeisung. Seit langem sind übrigens auch Kondensatormikrofone sehr robust.
Kleinmembran-Kondensator-Mikrofone haben gegenüber ihren dynamischen Kollegen nominell den Vorteil, daß ihre Membran viel leichter ist - es hängt ja keine Spule dran. Folglicherweise können sie dem Schall schneller folgen und bilden gleichmäßiger und deutlich präziser ab. Auch hier wieder: Keine Regel ohne Ausnahmen...
Kleinmembran-Kondensatormics, sofern nicht ausdrücklich für die Bühne bestimmt, sind üblicherweise eher auf neutralen Frequenzgang getrimmt. Im Vergleich einer Orgelaufnahme mit 2 SM57 gegen zwei Neumann KM184 wirst Du auch mit ungeübtem Ohr durchaus klare Unterschiede hören.
Eine Faustregel besagt, daß man für gute Instrumentalaufnahmen üblicherweise Kleinmembran- kondensatormikrofone nimmt (weil die präziser abbilden), für Gesangsaufnahmen Großmembran-Kondensatormikrofone. Letztere können aufgrund ihrer großen Membran, nomen est omen, halt nicht so schnell und akkurat dem Schall folgen wie eine kleine Membran. Dies gleichen sie jedoch dadurch aus, daß die möglichen Partialschwingungen der Membran zu durchaus gewollten Klangverfärbungen führen, die bei Gesangsaufnahmen im allgemeinen erwünscht sind. ACHTUNG: Auch dies ist wieder eine sehr allgemein gehaltene Aussage - im Klassik-Bereich nimmt man für Vokalaufnahmen üblicherweise Kleinmembrankondensatoren (Neumann, Schoeps uvm.). Es handelt sich, wie gesagt, um eine Faustregel.
So, jetzt habe ich wohl genug Verwirrung gestiftet
Viele Grüße
Klaus