Ich war vorhin mal wieder in einem Musikgeschäft zum Anspielen einiger Synths. Vor allem den Korg Minilogue, der zumindest dort wieder auf Lager ist. Anderswo sieht die Verfügbarkeit ja recht mau aus, bei einigen Onlineshops wird erst mit November gerechnet. Versucht man hier, mit extra knappem Angebot einen Kultsynthesizer zu schaffen? Oder ist er einfach nur so schnell ausverkauft gewesen? Sehr merkwürdig…
Jedenfalls bin ich so durch die Presets gezappt und muss sagen, dass er mir klanglich ziemlich zugesagt hat. Nichts, was man in ähnlicher Form nicht schon gehört hat, aber da ist durchaus einiges dabei, das mich schnell zum Jammen inspiriert hat, wie ich es sonst nur selten bei Synthesizern erlebt habe. Ein paar der Presets wirken auf den ersten Blick ziemlich verwirrend, aber die dazugehörigen, ebenfalls vorgespeicherten Sequenzen lassen sich schnell abspielen und bieten einen Überblick, was der ungefähre Einsatzzweck dafür wäre. Dazu klingen sie nicht einfach nach uninspirierten Riffs aus einem EDM-Baukasten, sondern sind erfreulich kreativ zusammengestellt. Mal Akkordprogressionen, mal Arpeggios, mal synkopierte Bassriffs, mal leicht kitschiger 80er Jahre Poly-Synth-Funk, mal Soundeffekte, mal Texturen, dann aber auch mal wieder einfache kleine Melodien, die man sich auch in 70er Jahre Progressive Rock vorstellen könnte. Alles in allem recht variabel, ohne dabei aber all zu stark in technisch eindrucksvolle, aber musikalisch unbrauchbare Gefilde abzudriften.
Gerade die Möglichkeit, zusätzlich zu den Noten auch Synth-Parameter aufzuzeichnen, wird teilweise recht schön demonstriert. Dadurch lassen sich taktsynchrone Verläufe aufzeichnen und wiedergeben, was gewiss keine Neuigkeit ist, aber es schafft, die selten wirklich ausgereizten Möglichkeiten von DAW-Automation mit der Eingängigkeit von simplen Hardware-Sequenzern zu kombinieren. Ganz ohne mit der Maus irgendwelche Linien einzuzeichnen, Fader von externer Hardware zuzuweisen und das Ganze dann zu loopen, kommt man hier zu eingängigen, aber gleichermaßen belebten Sequenzen. Für elektronische Live-Musik sehe ich da sehr großes Potential, gerade weil das alles an einem Gerät und ohne großes Abtauchen in die Menüs passiert.
Der Klang selbst ist wie erwähnt recht schnörkellos, aber nicht von schlechten Eltern. Demos dazu gibt es ja bereits zu genüge, daher werde ich dazu nicht all zu viel Worte verlieren. Der Minilogue ist sicherlich nicht mit einem Synth der Preisklasse Prophet-6 zu vergleichen, aber die meisten typischen Analogsounds deckt er relativ gut ab, ohne dass ich ihm da wirklich etwas anzukreiden hätte. Sein "Sweet Spot" ist ziemlich groß, wirklich schlecht kann man ihn kaum klingen lassen (gut, bei der Crossmodulation ist das möglich, aber das liegt nicht am Minilogue selbst).
In einem Testbericht wurde er als eher schwach in den Bässen beschrieben, was ich so nicht nachvollziehen kann, ganz im Gegenteil macht er meiner Bass Station 2 durchaus Konkurrenz…
Zu zwei Kritikpunkten will ich aber noch etwas sagen.
Einerseits wäre da das berüchtigte "Klicken". Bei Linksanschag des Hüllkurven-Attacks ist es kaum zu überhören, aber ab etwa 9 Uhr lässt es sich größtenteils ausmerzen, ohne dass der Sound dafür träge wirkt. Bei vielen Sounds lässt sich das Problem damit wirklich nahezu beheben, egal, ob es nun monophone Leads, polyphoner Brass oder irgendwelche Flächen sind. Bei anderen Sounds, denen das Klicken wirklich keinen Gefallen tut, habe ich das aber nicht geschafft. "002 PWM Strings" o.s.ä. ist so ein Fall. Wie der Name schon andeutet, sind es Strings, die eher weich klingen sollen. Aber egal, wie ich mit der Hüllkurve rumgespielt habe, es wollte einfach nicht verschwinden. Beim Spielen von Akkordwechseln war das leider schon ziemlich offensichtlich und hat bei mir den Eindruck erzeugt, dass solche Sounds mit dem Minilogue eher nicht drin sind. Und das, obwohl die Vierstimmigkeit ansonsten eher weniger störte. Vielleicht ließe sich das mit tiefergehender Programmierung noch beheben, aber mir ist es zumindest nicht gelungen. Womöglich wurde das mit einem Firmware-Update auch schon verbessert und das Ausstellungsstück war einfach nicht auf dem neusten Stand.
Andererseits wäre da das Delay. Anders als der restliche Minilogue erzeugt es ein ziemlich aufdringliches Rauschen, das ich zumindest über Kopfhörer als ziemlich störend empfand. Ich mag Delay-Spielereien, aber bei mehr als ein, zwei Wiederholungen legt sich über den Sound schon ein recht starker Rauschteppich, der das Delay für mich komplett uninteressant macht. Es ist nur eine Draufgabe und lässt sich auch ausschalten, insofern kann man es natürlich auch komplett ignorieren, aber ich frage mich, warum man da nicht ein rauschärmeres Delay genommen hat. Selbst von den günstigsten analogen Delay-Pedalen bin ich Besseres gewohnt.
Aber davon abgesehen bin ich von dem Minilogue doch ziemlich beeindruckt. Für gerade einmal 599€ bekommt man schon einen ziemlich stattlichen Poly-Synth mit wenigen Minuspunkten, die ich ihm aber einigermaßen verzeihe. Er ist nicht nur analog, sondern klingt auch gut und bietet reichlich Direktzugriff so wie einen äußerst brauchbaren Sequenzer. Gerade als Einstieg in die (analoge) Synthesizer-Welt würde ich ihn durchaus empfehlen und insbesondere den Leuten ans Herz legen, die mit einer Bass Station 2 oder einem Minibrute liebäugeln, aber für Polyphonie, Sequenzer und Drei-Oktaven-Tastatur durchaus noch etwas mehr Geld drauflegen würden. Oder auch denjenigen, die einen kompakten und günstigen analogen Poly-Synth suchen, aber seit der Einstellung des DSI Tetr4 nichts mehr im mittleren dreistelligen Bereich finden.
Danach ging es noch kurz an die Roland Boutique-Geräte, genauer gesagt JU-06 und JP-08. Der JX-3P war leider nicht angeschlossen, sein Netzteil war auch nicht sichtbar und die Verkäufer hätten mich wohl komisch angesehen, wenn ich die Synth-Ecke umverkabelt hätte.
Von der Bedienung her war ich nicht sonderlich begeistert. Die Knöpfe und Fader sind wirklich recht klein, wobei ich mit meinen nicht unbedingt filigranen Fingern durchaus noch den Eindruck hatte, dass ich einigermaßen präzise damit umgehen konnte. Ich möchte mir aber nicht vorstellen, wie das nach längerer Zeit intensiver Nutzung aussieht, all zu langlebig wirkten sie nämlich nicht. Das ansteckbare K-25m-Keyboard hat mir wirklich gar nicht gefallen, zum Präsentieren (oder auf der Bahnfahrt spielen) mag das ganz nett wirken, aber Sequencer und/oder MIDI-Keyboard wären zum wirklichen Spielen für mich unumgänglich.
Zu den Modellen selbst:
Den JU-06 fand ich klanglich durchaus nicht schlecht. Er ist ein Allrounder ohne all zu starken Eigencharakter, ähnlich wie sein Vorbild. Weder sticht er irgendwo sonderlich hervor, noch klingt er in irgendeiner Einstellung wirklich schlecht. Daher steht und fällt eine Kaufempfehlung wohl damit, ob man danach sucht. Als kleinen Spaß-Synthesizer zur Ergänzung sehe ich ihn durchaus geeignet, für eine Prise authentischer, aber leicht generischer 80er Jahre-Musik auch. Aber wenn man nicht wirklich danach sucht und ohnehin schon mit einem guten VA- oder Software-Synth ausgestattet ist, fällt es mir schwer, einen wirklich überzeugenden Grund zum Kauf zu nennen.
Den JP-08 fand ich hingegen irgendwie recht enttäuschend. Die Preset-Anwahl hat mich zunächst verwirrt: statt wie beim JU-06 jeweils ein nummeriertes Tastenfeld für Bank (links) und Sound (rechts) zu haben, wählt man mit zwei Tastendrücken auf dem linken Zahlenfeld direkt die Programmnummer. Das rechte Zahlenfeld hingegen dient der sofortigen Auswahl von Kombinationen dieser Sounds. Damit kann man sicherlich auch zurechtkommen, aber direkt nach dem JU-06 war das wie erwähnt eher verwirrend.
Die Patches an sich fand ich recht speziell. Einerseits erzeugen sie durchaus Aufmerksamkeit, andererseits fand ich es irgendwie schwer, mir eine Situation vorzustellen, in der ich sie verwenden würde. Quasi das genaue Gegenteil zu meiner Minilogue-Erfahrung ein paar Minuten vorher. Irgendwie ist der Funke nicht so recht übergesprungen. Selbst mit etwas Soundprogrammierung kam ich zu keinem wirklich befriedigenden Ergebnis. Kann natürlich auch am Vorbild liegen, das mir in YouTube-Demos doch recht ähnlich aufdringlich, aber wenig songdienlich vorkommt.
Die Kombinations-Sounds erzeugen zudem ein sehr starkes und nicht regelbares Panning der zwei Parts, was irgendwie nicht so richtig homogen wirkte. Ähnliches lässt sich auch beim ebenfalls vierstimmigen DSI Tetr4 und Mopho x4 einstellen, aber da wirkt das Ergebnis trotzdem deutlich stimmiger als beim JP-08.
Naja, mal abwarten, ob Roland da noch mehr liefert. So einen Über-Modelling-Synth, der JP-08, JU-06, SH-101-Plugout und Konsorten vereint, mehr Stimmen und vor allem bessere Bedienbarkeit bietet und zudem noch einigermaßen bezahlbar ist, würde ich ihnen schon zutrauen. Die Boutiques und Plugouts sind da sicherlich noch nicht das Ende des Wiederauflebens der Firmengeschichte.