So hier mal mein erster Eindruck des Kemper Kabinet:
Schon als UPS es ablieferte dachte ich schon „Verdammt, ist dieser Karton klein und leicht“ und nach dem Auspacken wieder – „Verdammt, so klein und leicht“
Die Box ist nur unwesentlich höher und einiges leichter als meine KMT CS 212, die ich bisher als (passive) Wedge zur Abhöre benutzt habe.
Herstellerangabe ist hier 11.3 kg bei BxHxT 51x42x23 cm.
Zum Vergleich bringt meine KMT Box 14 kg auf die Waage.
Die Box ist nur ganz leicht angewinkelt und bei der geringen Höhe frage ich mich ob sie mir da im Livebetrieb auf dem Boden eher die Waden als die Ohren anbläst. Aber hier hat sich Kemper scheinbar was einfallen lassen, dazu später gleich mehr.
Der Lautsprecher hat 4 Ohm. Ein zweites Kemper Kabinet kann über das rückseitige Anschlussfeld angeschlossen werden, durch die serielle Schaltung ergiben sich dann bei 2 Boxen 8 Ohm.
Mit der FW Version 7.2 des Kempers findet sich die Kone-Steuerung im Output Menü.
Das bedeutet auch dass sich die Auswahl des Speaker-Imprints auf ALLE Rigs bezieht.
Eine Zuordnung des Speaker-Imprints per Rig ist also nicht möglich.
Das ist schade, denn eigentlich hatte ich es mir so vorgestellt dass ich bei einem Marshall Profil das Greenback Imprint wählen kann, bei Fender ähnlichen Profiles einen Jensen und bei AC-30 artigen Amps z.B. einen Blue Bulldog.
Aber scheinbar ist das für ein künftiges Release geplant, wie ich gestern im Kemper Forum erfahren konnte.
Hier möchte ich noch erwähnen, dass sich der Kone und sämtliche dazugehörigen Settings natürlich nur auf den Monitor-Out und Speaker Out von Power-Head/Power-Rack Kempern auswirkt. Was dann tatsächlich am FOH oder in der DAW landet kann also u.U. komplett unterschiedlich klingen.
Also jetzt, Output Menu und entweder am Kemper auf Seite 7 vorgeblättert oder im Editor etwas heruntergescrollt um die neuen Kone-Settings vornehmen zu können:
Erstmal mit der ersten Checkbox dem System mitteilen dass wir einen Kone benutzen.
Ohne weitere Einstellung (also „Cabinet Off“ deaktiviert) funktioniert das Kabinet bzw. der Kone in etwa wie eine FRFR Box. Also somit vergleichbar zu meiner bisherigen Abhöre.
Hier gibt es die Möglichkeit über „Sweetening“ Bässe und Höhen anzuheben, was meistens etwas angenehmer als „wirklich Flat“ klingt. Habe ich jetzt aber noch gar nicht benutzt.
Auch gibt es einen „Bass Boost“. Laut Manual zur Soundoptimierung gedacht falls die Box nicht auf dem Boden steht. Hab es mal kurz aktiviert (Box steht auf dem Boden..) und es ist mir zu viel Bass – also gleich wieder deaktiviert…
Im direkten Vergleich zu meiner KMT Box klingt das Kabinet drahtiger, schlanker, etwas höhenlastiger. Ich habe zum Vergleich den Output EQ neutral belassen und mich auch nicht damit beschäftigt zu versuchen ein gleiches Klangbild zu bekommen.
Für sich alleine gespielt klingt meine KMT etwas „gefälliger“ – also wärmer und weicher, aber ich verwette ein halbes Gummibärchen darauf dass genau DIESER Unterschied in Livesituationen dazu führen wird dass sich das Kabinet besser im Bandgefüge durchsetzt.
Auch muss man hier berücksichtigen, dass man für die KMT mehr als das doppelte an Euroscheinchen auf den Ladentisch legt.
Aber das ist jetzt wirklich nur der direkte Vergleich. Nach ein paar Minuten spielen über das Kabinet gefiel mir der Klang ausgesprochen gut.
Aktiviert man nun in den Einstellungen „Cabinet Off“ werden die Cabinet Sections der Profile deaktiviert und man kann die Speaker Imprints auswählen. Zusätzlich kann man jetzt noch „Directivity“ einstellen und „Sweetening“ wird deaktiviert.
Laut Manual kann man mit „Directivity“ den Speaker-Beam beinflussen. Bei Einstellung 0 (mehr habe ich noch nicht ausprobiert) soll das einem herkömmlichen Gitarrenspeaker entsprechen. Je weiter man „Directivity“ hochdreht, desto weiter wird das Abstrahlverhalten. Ich vermute mal dass man es so erreichen kann, dass einem das Kabinet mehr ins Ohr als an die Knie bläst. Aufgrund der Corona-Situation kann ich das momentan im Bandgefüge leider nicht ausprobieren….
Mit den Imprints geht so richtig die Sonne auf. Ich benutze zu 90% Michael Britts‘ „Bog Sheba“ Profile (also was Marshall-Artiges), eine Performance mit einem MBritt 65 Deluxe Reverb Profile und eine Performance mit ToneJunkies „Match Avenge“ Profilen.
Auch 2 nette Features der Firmware:
- Ist bei einem Profil kein Cabinet hinterlegt (z.B. Akustikgitarre o.ä., wird dieses Profil unabhängig von den Einstellungen in der Output Section im FRFR Mode wiedergegeben. Richtig geil wird das dann wenn Kemper den Acoustic-Simulator released
- Spielt man irgendein Playback über Alternative In/Return ein wird dieses im FRFR Mode wiedergegeben - während der Gitarrensound weiterhin über das Speaker-Imprint läuft!
Ausprobiert habe ich beides noch nicht, aber ich finde da haben sich die Kemper Jungs und Mädels richtig was dabei gedacht
So jetzt finde mal aus 19 Imprints die eierlegende Wollmilchsau die auf alle Profile passt J
Bei Cleansounds passen die meisten Imprints zu meinen 3 Haupt-Profilen, meine Favoriten sind hier der G12M Greenback für die Bogner (resp. Marshall) Sounds, der Celestion G12 Blue für die Avenger Profiles und der Jensen Vintage P10R für die Fender Sounds.
Aber keiner klingt mit den anderen Clean-Profilen richtig schrecklich und für mich ist da der Greenback der Beste Kompromiss.
Bei Crunch- und Distortion Sounds kommt es aber wirklich auf die Abstimmung zwischen Amp-Profile und Speaker-Imprint an. Passt das nicht zusammen, kann man richtig Matsch erzeugen. Auch hier wieder ist für mich persönich der Greenback der beste Kompromiss.
Muss hier aber auch dazu sagen, dass ich „im echten Leben“ total auf die Greenbacks stehe und z.B. mit V30 so überhaupt nix anfangen kann.
So, jetzt die Frage, wie klingt’s generell mit Imprint?
Wahsninnig geil muss ich sagen. Mit Imprints klingt der Kemper nicht mehr nach „weichgespülter Studioproduktion“ sondern zeigt richtig Ecken und Kanten. Gerade was hier im oberen Mittenspektrum und in den Höhen rausgehauen wird kommt einem „echten Amp“ sehr nahe (ohne jetzt direkt einen Vergleich gemacht zu haben) – „Amp in the Room Sound“ halt.
Fazit / tldnr:
So alles in allem bin ich vom ersten Eindruck begeistert. Wo ich momentan noch skeptisch bin ist die durchsetzungsfähigkeit im Livebetrieb/Bandgefügte – und durch die derzeitige Corona-Situation wird sich hierzu wohl nicht so schnell die Möglichkeit ergeben.
Mit aktivierten Speaker-Imprints muss man derzeit noch Kompromisse eingehen, da man das Imprint nicht pro Rig auswählen kann. Benutzer, die viele unterschiedliche Amp Profile benutzen, haben da evtl. ein Problem den passenden Kompromiss zu finden. Wie gesagt, ich benutze nur 3 Profile und der Greenback klingt da amtlich für mich.
Aber wie erwähnt, arbeitet hier Kemper scheinbar schon dran um Imprints auf Rig Basis zu ermöglichen.
Eine Kleinigkeit ist mir noch aufgefallen: Die Gummifüsse sind wirklich fest. Versucht man das Kabinet zu verschieben, kippt es eher als dass es sich bewegt. Steht da jetzt noch ein Kemper drauf kann es u.U. mal passieren dass der runterfällt.
Ich denke ich werde da noch kleine Filzflicken dran kleben, da ich gerade Live sehr oft den Amp auf diese Art hin- und herschiebe bis ich den perfekten Sound an meiner Bühnenposition habe.
So... Soundfiles habe ich jetzt leider keine. Ist denke ich auch schwierig hier etwas objektives einzufangen. Kemper betont dass sich der Kone aufgrund seiner Konstruktion nicht zum Close-Miking eignet. Falls nicht jemand anders vor mir um die Ecke kommt, kann ich in den nächsten Tagen mal versuchen Vergleichsaufnahmen zwischen Kabinet und KMT Wedge als Raumaufnahme mit Großmembran einzufangen…