Kann man den Hall eines Konzertsaals "killen"?

  • Ersteller Pettersson
  • Erstellt am
P
Pettersson
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
31.05.12
Registriert
01.09.09
Beiträge
37
Kekse
14
Hallo,

ich habe schon häufiger die Aussage von Tonleuten gehört, dass man den natürlichen Hall in sehr reflektionsfreudigen Auftrittsräumen durch Lautstärke "killen" könnte.

Ähnliches wurde auch im Thread über die Akustik einer Kirche geäußert.

Ist das Quatsch?

Habe selbst schon grauenhafte Erlebnisse gehabt, z.B. in Treppenhäusern etc.
Bald hab ich wieder einen Job in einer Kirche, wäre froh über Tipps.

Danke und Grüße, Pettersson
 
Eigenschaft
 
ich habe schon häufiger die Aussage von Tonleuten gehört, dass man den natürlichen Hall in sehr reflektionsfreudigen Auftrittsräumen durch Lautstärke "killen" könnte.

Man sagt gerne mal "gegen Hall hilft (nur) Pegel". In gewisser Hinsicht stimmt das, weil man dazu normalerweise größere Hornsysteme á la GAE Director verwendet, die wiederum relativ stark gerichtet abstrahlen und so Hall vermeiden helfen.
Der Trick an der Sache ist relativ einfach: Den Direktschallbereich durch höhere Pegel vergrößern.
Das kann man allerdings, gerade bei Kirchenbeschallungen, viel eleganter durch viele kleine Schallquellen machen.
Ein Kollege, der häufig in dem Bereich unterwegs ist, wirft z.B. einen großen Haufen Control 1 auf kleinen Stativen in Kirchen und bekommt damit eine wunderbare Sprachberständlichkeit.
Gleichzeitig werden Reflektionen (und damit Hall) durch die vielen Schallquellen mit relativ wenig Pegel weitestgehend vermieden.
 
Moinsen!

Ja man kann, der Raumklang hat es schon beschrieben wie es funktioniert und wie man es machen kann. Aber man muß nicht unbedingt mit Kanonen auf Spatzen schießen, wenn es nicht sein muß. Gerade in alten Kirchengebäuden ist es so, das gewisse Beschallungen auch durchaus fast ohne technische Hilfsmittel auskommen, so man weiß was man tut!:)

Worum handelt es sich? Um eine Vorstellung bei einem Gottesdienst oder ähnlicher Veranstalltung? Ist es ein Chor der in einer Kirche auftritt oder eine Band mit allen bekannten Instrumenten (Schlagzeug/ E-Gitte, E-Bass, usw)?

Bei einem Chor auch mit Solisten kann man auch andersweitig sehr gute Ergebnisse erzielen. Bei einer Band wird es etwas komplizierter.

Wenn Du uns evtl. verätst um was es sich handelt, dann könnten wir Dir hier auch gezieltere Tipps geben. Bevor Du mit einem riesigen Hornsystem auffährst und womöglich noch einige Omas dadurch ins Jenseits beförderst!;)

Greets Wolle

PA TREFFEN 2009, IN 7 TAGEN GEHT`S LOS!!!!!
 
Hallöchen,

hm, ihr habt ja beide Recht mit dem was ihr sagt, aber schon allein aus "pädagogischen" Gründen möchte ich die Grundthese keinesfalls so stehen lassen.

Nein, man kann den Hall keinesfalls durch mehr Lautstärke killen!
Man kann durch gezielte und gerichtete Beschallung, so wie bei den Vorrednern angedeutet, die Raumanregung minimieren - das ist aber erstmal völlig unabhängig von der Lautstärke.
Natürlich benötigt man, so wie bei jeder Beschallung, erstmal einen gewissen Grundpegel um das Nutzsignal über die Umgebungsgeräusche zu heben. In einer Kirche oder einer sehr halligen Location kann dieser Störgrundpegel natürlich durchaus höher sein, dann muß auch der Beschallungs-Pegel entsprechend angepasst sein, klar. Aber grundsätzlich geht es bei der Beschallung solcher Räume eben um die Vermeidung jeglicher unnötiger Energieabgabe in den Raum, um nichts anderes.

Als erstes muß also immer in so einem Raum eine Analyse der zu beschallenden Flächen erfolgen und dann ein dazu passendes Beschallungskonzept entwickelt werden.

Hat man im wesentlichen eine einheitliche Fläche ohne störenden oder reflektierenden Baukörper eignet sich am ehesten eine zentrale, vom Nutzwinkel her der Fläche angepassten Beschallung - also ein klassisches Frontsystem.
Je nach Form und Ausdehnung der Fläche kann das dazu passsende Frontsystem aber komplett verschieden ausfallen - ein Hornsystem wie das genannte 60x40 GAE-Director kann genausogut mal zu eng oder zu breit für so eine Anwendung abstrahlen, optimal passen oder auch horizontal passsen, aber vertikal zu weit aufmachen... Stark nach unten gewinkelte 90°-Tops, die das Publikum als Absorber nutzen, können genauso gerechtfertigt sein, wie ein Linienstrahler mit sehr enger vertikaler Abstrahlung - es kann da kein Patentrezept geben.

Hat man keine einheitliche Fläche, sondern mehrere oder zerklüftete Flächen, z.b. durch Säulen, Stufen, Galerien, whatever, eignen sich dezentrale Systeme aus mehreren kleinen Systemen, die jeweils eine Teilfläche gezielt und abgegrenzt beschallen deutlich besser. Hierfür ist allerdings der technische Aufwand auch sehr viel höher, die Systeme müssen erstmal gestellt, gehängt oder geflogen und verkabelt werden können ohne die einschlägigen Sicherheitsvorschriften zu verletzen und die Ansteuerung mit angepassten Delayzeiten und angepassten Pegeln erfordert einiges an Material und viel Erfahrung.
Aber auch hier gilt wieder, je weniger ungenutzte Schallenergie abgegeben wird, desto besser - die Richtcharakteristik muß der jeweiligen Beschallungssituation möglichst optimal angepasst sein. Im Übrigen machen die immer noch verwendeten traditionellen Bauformen von Linienstrahlern und ihre modernen verbesserten "Nachfahren" gerade in typischen Kirchenarchitekturen nach wie vor sehr viel Sinn.

Grundsätzlich gilt aber auch: die beste Beschallung ist in solchen Fällen die, die man erst gar nicht braucht! (Und sowas von mir als Tonmann... :D ) Also, je weniger Quellen übertragen werden müssen, je mehr Quellen akustisch ausreichend tragen, desto besser.
Und damit sind wir beim extrem wichtigen Punkt der richtigen Positionierung der Quellen gerade in Kirchen u.ä.
Kirchenschiffe haben gezielt Positionen, die eine gute akustische Übertragung an alle benötigten Flächen gewährleisten, das muß zwingend berücksichtigt werden.
Steht an so einer Stelle beispielsweise ausgerechnet das Schlagzeug (z.b. mittig im vorderen Bereich einer Chorapsis), dann kann man alle anderen Quellen schon gleich zuhause lassen, wird man eh nicht hören... :D
Steht an so einer Stelle aber eine sehr leise Quelle (z.B. Laute, Mandoline, Flöte), die ansonsten mit hohem Aufwand und unter entsprechender Feedbackgefährdung verstärkt werden müsste, kommt man mit verhältnismässig geringer Stützung oder möglicherweise sogar ganz ohne Verstärkung aus.
Daher mein Rat, in solchen Situationen nie einfach nach Schema F verfahren und aufbauen, wie sonst eben auch immer, sondern die Lage prüfen und dann entsprechend die Quellen positionieren. (Nicht nur die Quellen, auch die Lautsprecher und insbesondere die Bässe, falls nötig...)

Nochmal zum Thema "unnötige Energieabstrahlung vermeiden": klar muß sein, daß es immer am schwersten sein wird, im Bassbereich gerichtete Abstrahlung zu erzielen und daß solche Locations auf die Raumanregung im Bass besonders unfreundlich reagieren. Mittlerweile gibt es zwar sehr viele geeignete Techniken um die Bassabstrahlung zu formen bis hin zu aktiven Absorbern, diese Techniken sind aber alle mit soviel technischem Aufwand verbunden, daß sie für die meisten Anwender hier wohl nicht in Frage kommen.
Daher ist es immer sinnvoll in solchen Beschallungsituationen auf ein Übermaß an Bass einfach zu verzichten! Wo immer möglich, ist es sinnvoll die basslastigen Quellen akustisch zu fahren oder wo nötig eben ohne jede unnötige Bassforcierung zu übertragen. Den Rest macht dann eh der Raum...

Gleiches gilt natürlich auch für jegliches Monitoring und Amping - jegliche unnötige Energieabgabe vermeiden...

Soviel an grundsätzlichem, gezielt beraten kann man den Petterson ohnehin nur bei Kenntnis der Details.

ciao, Deschek
 
Mein Vorschlag wäre gewesen, die Wände, die am stärksten den Hall produzieren, mit etwas Moloton abzuhängen. Ich mache das in meiner Schule auch immer so und die reflektiert sehr, sehr stark. Danch nicht mehr....
 
Hallöchen, Phil,

natürlich hilft die Einbringung absorbierender Materialien - nur ist das gerade in Kirchen (auch in aufgelassenen) praktisch weder erwünscht (z.b. Erhalt des Raumcharakters) noch praktikabel (Publikumseinschränkungen, Sicherheitsvorschriften).
In solchen Architekturen kommen die Hauptprobleme sowieso sehr oft von der Decke (namentlich in allen Gewölbestrukturen), da hilft eben nur jegliche unnötige Energieabgabe in diese Richtung zu verhindern.
Was ich gar nicht erst in den Raum an Lärm einbringe, muß ich auch nicht erst umständlich wieder absorbieren...

Gerade der von dir angesprochene Molton wirkt zusätzlich sehr selektiv mit stark nachlassender Wirkung je tiefer die Frequenzen werden.
Selbst bei auf möglichst homogene breitbandige Absorption ausgerichtete Hängung mit mindestens "Dreifachfaltung" (also Wandlänge x 3 = Mindest-Stofflänge, also mind. 3m laufender Molton auf einen Meter Wand raumhoch) zeigt bei praktikablem freien Wandabstand (mindestens 10-20cm) im echten Basss praktisch null Wirkung.
Der Nutzen liegt eben in der Reduzierung (und Absorption) von Erstreflektionen im Mittelhochton und speziell im Hochton und in der Reduzierung der Eigenresonanzschwingung dahinterliegender Flächen (z.b. Glasflächen).
Also, selbst wenn in einer Kirche mal Molton mit den benötigten Riesenflächen gehängt werden könnte und dürfte, würde dies die Probleme vor allem im Bassbereich nicht verhindern, unter Umständen könnte zu starke Mittelhochtonabsorption und damit einhergehender sehr inhomogener (dumpfer) Raumklang die Situation sogar weiter erschweren (z.B. Einschränkung der Sprachverständlichkeit).

Praktikabel ist unter diesen Umständen aber die quellennahe Einbringung absorbierender Materialien - beispielsweise einen eventuellen Drummer oder ähnliche "Lärmquellen" dreiseitig u-förmig mit Molton oder noch besser transportablen breitbandigen Stellwandabsorbern zu umbauen kann durchaus sehr hilfreich sein.

ciao, Deschek

PS: Die meisten in diesem Thread angeführten Punkte gelten natürlich nicht nur für "Kirchenbeschallung", sondern sind allgemeingültig für jegliche Beschallung - natürlich mit sehr unterschiedlicher Gewichtung.

PPS: Noch ein Tip: sinnvolle Eingrenzung der Publikumsflächen! Ein homogen dicht sitzender Publikumsblock absorbiert viel besser als ein paar locker verteilte Leutchen, gleichzeitig werden die zu beschallenden Flächen deutlich kleiner und einheitlicher, dadurch können eventuell vorbereitete Nebenflächenbeschallungen deaktiviert bleiben, also beispielsweise die Beschallung einer Galerie eingespart werden. Daher wo immer möglich erst die Hauptpublikumsfläche gut befüllen, bevor weitere Publikumsflächen geöffnet werden...
 
Zuletzt bearbeitet:
deschek
  • Gelöscht von Wil_Riker
  • Grund: Doppelpost
Hallo,

vielen Dank für Eure Tipps, das hilft mir schon sehr viel weiter.

Bei der Band, die ich in der Kirche mischen soll, handelt es sich (gottseidank) um eine Folkgruppe ohne Drums, die im Prinzip auch rein akustisch spielen könnte, bis auf den E-Bass. Veranstaltung im Low-Budget-Bereich, also aufwändige Lösungen (Delay Line) leider unmöglich.

Aus Euren Hinweisen würde ich für mich jetzt kurzgefasst folgendes ziehen:

Auf Verstärkung eventuell ganz verzichten.

Wenn doch Verstärkung (also Gesangsanlage), dann sehr leise fahren und Boxen so direkt wie möglich auf die Zuhörerschaft richten, um möglichst viel Absorbtion und wenig Reflektion zu erreichen.

Auf kritische Positionen hinsichtlich der Kirchenakustik achten.

Konkrete Fragen wären noch:

Was tun mit dem E-Bass?

Ist eine Monitoranlage nicht trotz allem sinnvoll, damit die Musiker sich in dem halligen Raumsound besser orten können?

Danke und viele Grüße, Pettersson
 
Moinsen!

Deine Zusammenfassung ist schon einmal nicht schlecht und wirklich ratsam!:great:

Nun zu den Fragen:

Was tun mit dem E-Bass?

Versuche den Bass Amp so zu aufzustellen, das er die Musiker aber auch das Publikum erreichen kann. Das Instrument muß dann aber so ausgeregelt werden, das man eben im Publikum dieses nicht überproportional hören kann. Also wenn der rest ohne Verstärkung auskommen sollte, dann muß dieser Bass auch so an die Lautstärke angepasst werden. Das könnte u.a. schwierig werden!

Handelt es sich dabei um ein altes Kirchenschiff, oder ein neueres oder sogar um einen Gemiendesaal?

Bei ersterem würde ich sagen, platziert die Band im vorderen Seitenbereich oder wenn denn da, im der Chorabsis!

Im vorderen Seitenbereich stellst Du den Bass Amp im hinteren Bereich der Band so, das er den gesamten Kirchenbereich fast beschallen kann, dann sollte es funktionieren!

In der Chorabsis, stellst Du den Bass links oder rechts ca. 1 Meter von der Wand entfernt mit den Lautsprechern schräg in die Kirche (ca. 45 Grad) dann solltest Du bei einer mittelalterlichen Kirch sehr gute Klangergebnisse errreichen, denn dort wird der Bass durch die vorhandene Raumakustik schon so verstärkt als hättst Du eine PA!

Stelle die Sänger an die vordere Kante des Chores und evtl Gitarren dahinter - Du wirst überrrascht sein welches Ergenis du erzielen kannst!:great:

Solltet ih5r Monitoring einsetzen, dann immer schön dezent und so leise wie möglich fahren. Das heißt dann auch, viel Disziplin für die Musiker!

Ich wünsche euch gutes Gelingen und einen guten Erfolg!

Greets Wolle

PA TREFFEN 2009, MORGEN GEHTS LOS!!!!! (ab 13:00 Uhr, 25.09.)
 
Ich hab schon häufig mit dem E-Bass in der Kirche gespielt.
Meist entweder mit meinem kleinen 30W Roland Basscube oder manchmal auch mit meinem etwas größeren DB500-Combo.
Das war noch nie ein wirkliches Problem.

Das Schlagzeug macht immer den größten Ärger und ohne Rods gehts eigentlich nicht. Ansonsten wird alles zusammengedroschen. Aber diese Frage stellt sich ja bei euch nicht.

Die Hall-Effekte so gut wie rausdrehen und keinesfalls irgendwo die Höhen boosten - eher wegnehmen.
Dann klappt das schon.
 
Hallo,

ja, danke nochmal für Eure Tipps! Werde sie mir zu Herzen nehmen und hoffe damit auf das Beste.

Viele Grüße, Pettersson
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben