Insofern haben wir da Trends, die den Künstlerïnnen eigentlich keinen "Spaß" machen können, weil sie auf ihren Rücken und zu ihrem Schaden ablaufen. Musik für eine Show mit Avataren zu machen, ist, wenn man das durchdenkt, das musikalische Äquivalent zum Arbeiter, der den Roboter baut, der ihn später ersetzen soll.
Vielleicht geht es nicht um Spaß?
Ist es nicht eher vergleichbar mit Bühenstück und Film? Beim Bühnenstück brauche ich für jede Aufführung Schauspieler, Kostüme, Bühne, Musik etc. Beim Film mache ich das einmal und kann es immer wieder abspielen.
Ich denke, es ist ein weiterer Schritt in eine Kunst, die sich von menschlichen Darbietenden loslöst. Und sich damit flexibler, häufiger, planmäßiger und auch parallel an vielen Orten einsetzen läßt - auch ein Aspekt, der bei der Schnelllebigkeit verschiedener Kunstformen von Vorteil ist - vor allem von den Vermarktern. Künstler*innenn werden weiterhin gebraucht: für die Schaffung und Darstellung der künstlerischen Produkte, die dann veratavatiert werden (falls man so sagen kann). Insofern gibt es weiter einen künstlerischen Prozess sowie Menschen, die daran beteiligt sind. Nur das Produkt selbst kommt dann (weitgehend) ohne die Kunstschaffenden und Darbietenden aus.
Niemand würde von einem Film erwarten, dass er zur Spontanität fähig wäre wie es etwa bei einem Bühnenstück der Fall ist. Aber wie groß ist der Anteil der Spontanität bei einem üblichen Bühnenstück - bis auf die Verbeugungen am Schluss? Ich sehe die Spontanität bei Musikaufführungen eher in kleinen und mittleren Settings - ab Stadiongröße ist das doch alles inszeniert, eingeübt etc. - und genau da sehe ich auch ABBA angesiedelt. Für mich also konkret kein großer Unterschied.
Sicher wurden die Potenziale der Avatarisierung und der digitalen Welt bei ABBA nicht ausgeschöpft oder meinethalben gerade mal erst angekratzt. Aber das ist doch bei allen Innovationen so: bis auf Nischenexperimente setzen sich Innovationen erst langsam durch und oft als eine Art Kopie des Bestehenden. Die Eigenständigkeit und die vollen Möglichkeiten des Neuen werden erst langsam erobert und schaffen dann möglicherweise ganz neue Kunstformen.
Ich vermute, es war der Plan, ein stark erprobtes Konzept wie einen großen und durchinszenierten ABBA-Auftritt durch neue Technik darbieten und vermarkten zu können, ohne die Künstler*innen selbst zu beanspruchen. Das scheint doch gelungen zu sein. Damit hat ABBA die Welt nicht revolutioniert, aber ein neues Kapitel aufgeschlagen - und das war doch der erklärte Wille. Warum sollte man also mehr davon erwarten? Mal unabhängig davon, dass ich die von
@dubbel geposteten Bauhaus-Sachen deutlich innovativer fand. Aber das ist halt auch Bauhaus.
Das alles erinnert mich doch sehr stark an die Entwicklung animierter Filme, die mittlerweile technisch so weit sind, Filmen mit Schauspieler*innen das Wasser reichen zu können und weit über das lange Zeit übliche und mögliche von Tom & Jerry und anderen Comix hinausgehen. Auch da findet eine Etablierung und das Aufstoßen neuer Tore nach und nach statt und zunächst erobert man sich den Boden nur langsam bzw. auf dem Terrain bereits etablierter Formen.
Dies schrieb ihnen der bot
x-Riff