MetalRöhre schrieb:
Warum soll schnelles Spiel einfacher sein als einen guten Tone zu entwickeln?
Das kommt ja immer darauf an, was und wie man schnell spielt. Was mich an Shreddern oft stört, ist die Linearität. Es werden hauptsächlich Skalen, Arpeggios, Sequenzen unheimlich schnell gespielt, die aber ansich nicht viel Substanz haben, sondern für mich eher einen Fingerübungscharakter haben.
Also es wird zuwenig Wert auf einzelne Töne gelegt. Wie wirken einzelne Töne im Zusammenhang mit den Harmonien ?
Das funktioniert natürlich nicht mehr bei zu hohen Geschwindigkeiten, weil je höher das Tempo ist, desto weniger Wert haben die einzelnen Töne. Ich habe manchmal den Eindruck, dass manche Leute Angst haben einen falschen oder nicht so gut passenden Ton zu spielen und somit möglichst viele spielen, weil so kann man ja nichts falsch machen. Irgendeiner klingt schon gut.
Dann kommt noch der Groove hinzu. Bewusst im Time phrasieren. Das fehlt mir ebenfalls. Oft wird einfach bei 1 angefangen und bei 1 wieder aufgehört und das mit einem immer gleich bleibenden Rythmik. Statische 16tel, zB. Selten wird innerhalb eines schnellen Laufs auch mal die Rythmik verändert. Oder einen schnellen Lauf durch geschickte phrasierung auflockern.
Schnell ist nicht automatisch gleich gut. Das wissen wir mitlerweile.
Ich mag zB sehr gerne Greg Howe, weil der ein sehr gutes Time hat und aus dem Ei spielen kann. Der kann grooven, der kann sau gut mit Rythmik umgehen. Der spielt zwar hier und da auch mal seine Linearen Angeberlicks, aber oft setzt er seine Technik auch sehr intelligent, musikalisch ein. Toller Typ.
Oder ein Typ wie der deutsche Michael Brettner. Der ist net nur höllenschnell, der hat auch Sound.
Statische Sachen, wie Tonleiter hoch und runter oder Seuqnezen, Aprs hoch und runter, sind nicht schwierig zu erlernen. Man muss nur Disziplin und Geduld haben. Das macht noch lange keine guten Musiker.
Wenn man schnell ist, ist man auch nicht unbedingt flexibel, wie Manuel behauptet. Es kommt halt immer darauf an, WAS man WIE schnell übt. Wenn man den ganzen Tag die Petrucci Übung macht, trainiert man weder das TIme, noch die Phrasierung, noch die Ideen etc. . Und Flexibilität bedeutet ja mit vielen Musikrichtungen etwas anfangen zu können. D.h., wird man für einen Bluesgig angerufen, sollte man wissen wie man jetzt ordentlich Blues spielt. Wird man für einen Funkgig angerufen, sollte man wissen, wie man ordentlich Funk spielt.
Es interessiert im Endeffekt keine Sau, ob und wie schnell man spielen kann. Es interessiert wie gut man in einer Bandsituation funktioniert.
Es sei denn, man spezialisiert sich auf bestimmte Dinge. ZB auf Shred. Um da aber etwas reissen zu können, muss man höllengut sein, weil die Konkurrenz ist gross.
Ein gute Technik zu haben, hat ja auch nicht unbedingt etwas mit schnell spielen zu tun. Das wird oft verwechselt. Man hat eine gute Technik, wenn man in der Lage ist, die Dinge, die man sich vorstellt, gut spielen kann.
Und ich denke, da sind die meisten hier noch weit von entfernt.
Man wird auch niemals eine perfekte Technik erreichen, weil es immer Dinge gibt, die verbessert werden können. Ich spreche jetzt nicht von so 2dimenionalen Dingen wie Sauberkeit. Sondern einfach die Aussagekraft der Musik, die man so spielt.
Aber ich weiss aus eigener Erfahrung, dass man in jungen Jahren auf sowas keinen Wert legt, bzw. es nicht versteht. Da sind andere Dinge wichtig, was ja auch OK ist. Bestimmte Phasen gehören zur Entwicklung dazu. Man darf nur nicht in so einer Phase stecken bleiben.
Gutes Gitarrespiel ist viel komplizierter, als das man es auf Geschwindigkeit oder sowas reduzieren könnte. Alleine die Tatsache, dass es Leute gibt, die mit 2 Licks, 5 min lang eine geschichte erzählen können und andere keine 10 Sekunden mit 200 Licks, sollte einem schon zu denken geben. Und der wichtigste Schritt weiterzukommen ist, sich Gedanken zu machen.
Die Klischees aussen vor lassen. Merken, dass es auf der Welt tausende sehr guter Gitarristen gibt. Mit Sicherheit auch Leute, die besser spielen, als die Grossen, die wir bewundern. Vielleicht ist sogar der kleine Junge von nebenan der neue Malmsteen. Wer weiss ?