Der "Sidewinder" ist wahrscheinlich das beste Konzept. Der wurde in den 50-
er Jahren von Seth Lover erfunden und später von vielen anderen kopiert.
Aber sechs Stabmagnete zwischen zwei Luftspulen werden eine klägliche
Lautstärke ergeben. Für eine bessere Idee halte ich es, zusätzlich in jede
Spule einen Alnico-Balkenmagneten zu setzen. Dann wird das Magnetfeld
sehr viel breiter und durchfließt die Spulen besser. Teile aus
weichmagnetischem Stahl würde ich nicht in die Spulen stecken, denn
dadurch wird die Resonanzüberhöhung bedämpft, und der charakteristische
Sound kommt nicht. Die Überhöhung ist beim Jazzmaster-Pickup so hoch wie
bei sonst keinem anderen, ich habe im Leerlauf 7-fach gemessen. Bei
ohmscher Belastung durch Potis und Verstärker-Eingangswiderstand geht die
dann natürlich runter. Alnico in der Spule dämpft nur sehr wenig, weil es
einen sehr viel größeren spezifischen Widerstand hat als die üblichen
weichmagnetischen Stähle.
Wichtig ist, dass die Induktivität in die richtige Größenordnung kommt. Die hat
beim Jazzmaster-Pickup sehr starke Exemplarstreuungen. Die Verteilung ist
(mindestens) zwischen 3,0 bis 4,5 Henry, dahört man deutliche Unterschiede.
Was jetzt "der" Jazzmaster-Sound ist, das lässt sich deshalb nicht genau
definieren. Die Schankungen dürften mit der ungewöhnlichen Bauform
zusammenhängen. Sehr flache, breite Spulen sind offenbar besonders
empfindlich für unterschiedliche Wickelweisen. Sauber Draht neben Draht mit
dichter Packung ergibt eine hohe Induktivität, "scatterwound" mit vielen
Überkreuzungen und viel Luft zwischen den Drähten ergibt bei gleicher
Windungszahl und gleichem Widerstand kleinere Induktivität. Ich würde hier
etwa 3 bis 3,5 Henry empfehlen, aber nicht mehr. Die dafür nötige
Windungszahl muss man durch Probieren herausfinden. Weil die reversible
Permeabilität von Alnico deutlich größer als 1 ist, wird man mit weniger
Windungen auskommen als bei entsprechenden Luftspulen. Das spart Arbeit
beim Wickeln sowie auch Platz.
Also noch mal: Der Gleichstromwiderstand ist eine absolut unbrauchbare
Größe, um die klanglichen Eigenschaften eines Pickups zu beschreiben. Aber
es ist mit ihm wie mit dem Weihnachtsmann. Jeder weiß, dass es ihn nicht
gibt, trotzdem sind zwei Monate im Jahr alle Schaufenster voll damit.
Wer Pickups selber wickelt, der sollte sich unbedingt ein
Induktivitätsmessgerät zulegen, sonst bleibt das eine ewige Nebelstocherei.
Sehr gut brauchbar ist das "Peaktech 2165":
https://www.buerklin.com/default.asp?event=ShowArtikel%2822K950%29&co
ntext=subset:0;sel:SE;searcheaktech%202165;se_name:vt;patchid:;tags:;p
agecount:100&l=d&jump=ArtNr_22K950&ch=52928
Es misst bei 120 Hz und bei 1 kHz. Der 120-Hz-Wert ist zuverlässig. Der 1-
kHz-Wert ist bereits durch die Wirbelströme verfälscht, ist aber als Hinweis
doch noch nützlich. Wenn er deutlich niedriger ist (z. B. 10 bis 20 %), dann ist
die Resonanzüberhöhung schwach oder gar nicht ausgeprägt, der Sound
ohne Biss. Wenn er genauso hoch oder noch etwas höher ist als der 120-Hz-
Wert, dann ist die Überhöhung stark, der Sound charakteristisch.
Der Gibson P90 hat 6,5 Henry (auch mit gewissen Streuungen), trotz sehr
ähnlichem Gleichstromwiderstand wie der Jazzmaster. Das liegt am
weichmagnetischen Stahl in der Spule (die 6 Schrauben). Entsprechend
niedriger ist die Resonanzfrequenz mit üblichen Kabeln. Außerdem bringt er
eine höhere Lautstärke. Daher der fettere Sound. Wenn man den ohne
kapazitive Belastung betreibt, d. h. mit hochomigem Vorverstärker direkt in
der Gitarre, dann klingt der total Fender-mäßig.
Ich habe mal bei einer Jazzmaster das Ton-Poti gegen einen C-Switch
ausgetauscht. Das ergibt eine Reihe von schönen sahnigen Sounds, zwar
eigentlich nicht stilecht, aber die machen auch viel Spaß.
Die relative Lautstärke von Pickups messe ich mit Hilfe einer exzentrisch
rotierenden Stahlachse, über der ein kleiner Tisch montiert ist, damit ich
immer einen reproduzierbaren Abstand bekomme.
Zuletzt noch ein paar Wort zum Thema "Dummy Coil". Die Dimensionierung
erfordert unbedingt Sachverstand. Man muss die erzeugte Brummspannung
genau ausmessen und mit der des Pickups vergleichen. Dazu habe ich mir
eine Vorrichtung gebaut, die ich "Brummtopf" nenne. Ein zylindrischer
Blumentopf aus Kunststoff, Durchmesser und Höhe etwa 15 cm, außen mit
ein paar hundert Windungen 0,5 mm Kupferlackdraht bewickelt, die von
einem Netztrafo mit ein paar Volt gespeist werden. So habe ich im Inneren
ein sauber reproduzierbares magnetisches 50-Hz-Wechselfeld. Die von der
Dummy Coil abgegebene Spannung muss genauso hoch sein wie die vom
Pickup. Wenn sie nur halb so groß ist, dann ist die verbleibende
Brummspannung halbiert, das bringt nicht viel. Wenn sie doppelt so groß ist,
dann ist das Brummen genauso stark wie vorher. Bei 10 % Abweichung ist
das Brummen auf 10 % reduziert (-20 dB), das ist schon mal recht brauchbar.
Ein noch genauerer Abgleich macht dann mehr Arbeit. Bei Serienschaltung
mit dem Pickup geht fast keine Signalspannung verloren, dafür steigt die
Gesamtinduktivität, der Ton wird wärmer. Auch Parallelschaltung ist möglich,
dann sinkt die Signalspannung deutlich, und die Gesamtinduktivität wird
kleiner, der Ton leiser und heller.
Viel Erfolg beim Experimentieren wünscht
Helmuth Lemme
Gitarrenelektronik vom Profi
www.gitarrenelektronik.de