Historischer Hintergrund und Rolle von Afroamerikanern bei Gospel Chören

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Meiner Auffassung nach sollte jeder, der Gospel singen möchte, sich unbedingt mit zwei entscheidenden Hintergründen zu dieser Musik beschäftigen. Auch wenn das spezielle Timbre der "schwarzen" Stimmen uns als besonders authentisch erscheint, und auch wenn es charakteristische anatomische Gegebenheiten sein mögen, die für dieses Timbre besonders förderlich sind, so halte ich beides nicht für hinreichend für die Interpretation von Gospel.
Die religiöse Basis sehe ich als einen dieser entscheidenden Hintergründe an - wobei aus Religiösität allein nicht per se eine große Stimme entspringt. Im Grunde hat Religion erst mal gar nichts mit stimmlichen Qualitäten zu tun, wie sollte auch?
Allerdings ist es ein schon sehr alter Gedanke, dass der Gesang dort beginnt, wo das Sprechen aufhört, an seine Grenzen stößt. Der Gesang, die Musik überhöht dann das zu Sagende und erhebt es in eine andere, dem Alltag entrückte Sphäre. Daher liegt es sehr nahe, in der Religionsausübung dem Gesang einen hohen Stellenwert zukommen zu lassen - wie es in allen Religionen und darüber hinaus ja ist.

Als zweiten sehr wesentlichen Hintergrund für Gospel und Spiritual sehe ich die unerträgliche und menschenverachtende Barbarei der Sklaverei. Diese brutale Epoche hat sich tief in das kollektive Gedächtnis der afroamerikanischen Bevölkerung vor allem in den USA eingeprägt, wobei diese nach wie vor nicht wirklich abgeschlossen und überwunden ist, wie nicht zuletzt etliche Übergriffe und Tötungsdelikte noch in jüngerer Zeit durch rassistische Polizisten und rassistische zivile Bürger (nicht nur) in den USA beweisen.

Das Zusammenspiel dieses tiefen Gefühls aus dem historischen Erbe und dem religiösen Dienst im Gospel sehe ich als entscheidend an, um in den Ausdruck dieser Musik zu kommen. Auch wenn der historische Kontext des Leids der Skalverei bei diesen Gedanken im Mittelpunkt steht, sind die vielen fröhlichen Gospel kein Widerspruch, denn es geht beim Gospel auch darum, der Hoffnung und der Freude einen Ausdruck zu geben. Freude, die das Leid überwinden hilft und das Leid überwunden hat, die Freude des Glaubens.

Damit soll nicht gesagt sein, dass nur Menschen Gospel adäquat singen können oder gar nur diese Gospel singen sollten, die diesen historischen Kontext im Hintergrund haben und die dazu auch noch tief religiös sind.
Aber wie ich schon sagte, finde ich, dass jeder, der Gospel singen möchte, sich mit diesen beiden Kontexten beschäftigen sollte um den so wichtigen Respekt und die tiefe Empathie zu entwickeln, die einen beim Singen dem Ausdruck des Gospel näher bringen.
Auf diese Weise ist es absolut möglich, dass auch Menschen unserer Hemisphäre mit ´normalen´ Stimmen Gospel schön und mit stimmigem Ausdruck singen können. Und dabei Inbrunst entwickeln können ohne sie dabei auf schiere Lautstärke zu reduzieren.

Wie tief, beeindruckend und berührend der Ausdruck sein kann, wenn jemand der Inhalt eines Songs selber zutiefst vertraut und sich in diesen tief einfühlen kann, zeigt für mich diese Aufnahme von "Strange Fruit" von Billie Holiday:



So kann es nur jemand singen, dem die Ereignisse - hier die Lynchjustiz an Schwarzen - präsent sind und der selber bis ins Tiefste berührt ist.

Hier noch ein Beispiel von Mahalia Jackson, ein Ausschnitt aus einem Film, der deutlich macht, wie stark Gospel auch Gebet sein kann. Sie singt nicht von Ungefähr von der Kanzel:



Ein Beispiel eines freudigen Gospel hatte ich ja in meinem Post weiter oben verlinkt.


Noch eine Anmerkung zur Genetik:
Alle Menschen teilen zu 99,5% ihr Erbgut. Die Unterschiede sind also extrem marginal, auch wenn die Unterschiede in der Physiognomie zwischen verschiedenen Ethnien uns groß erscheinen. Wobei 0,5% bei der großen Anzahl an Genen schon viel ausmachen.
Mit dem Schweine-Genom sind wir zu 90% identisch und mit der Banane immerhin noch zu 50%, wer hätte das gedacht.
https://www.fluter.de/du-bist-doch-banane
https://www.morgenpost.de/kultur/be...t-der-Mensch-ist-zur-Haelfte-eine-Banane.html
 
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Hi @LoboMix
Entschuldige bitte, wenn ich Dir da widerspreche, aber Ausdruck und Empathie in der Stimme und im Gesang haben absolut nichts mit Genetik, dafür aber mit Persönlichkeit, Erziehung und Lebenserfahrung zu tun. Der temperamentvolle, überschäumende Mensch wird immer anders rüber kommen als der distinguierte, zurückhaltende - eine Frage der Menthalität und nicht der Genetik. Deshalb wird es ein europäischer Chor kaum hinbekommen, Gospel so mitreißend rüberzubringen - es fehlt einfach die überschäumende Emotionalität, und es wird versucht, dies durch verkopfte Gesangstechnik wettzumachen, was man dann deutlich hört. Das ist übrigens nicht nur im Gospel so sondern ein prinzipielles Problem in unserem Landstrich - behaupte ich. Und jeder Sänger sollte sich bei dem, was er singt - sei es Gospel oder Klassik oder was auch immer - in den Inhalt vertiefen und reinfühlen, bevor er den Mund aufmacht. Das ist nur vielen nicht bewusst, oder es fehlt der Mut, seine Emotionen so offenzulegen ...
 
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Auch Likes sind doch eine Reaktion, oder? Und mir ging's nur um eine andere Sichtweise und nicht um Widerspruch per se ...
@nasi_goreng Wie stehst Du zur Idee des Einflusses der Genetik auf die Stimme?
 
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Hallo,
,... wenn ich Dir da widerspreche, aber Ausdruck und Empathie in der Stimme und im Gesang haben absolut nichts mit Genetik, dafür aber mit Persönlichkeit, Erziehung und Lebenserfahrung zu tun.
...ä-hemm... das behauptet er doch gar nicht :gruebel: - siehe unten ;)
so halte ich beides nicht für hinreichend für die Interpretation von Gospel.
Im Aspekt "wissen, was man da eigentlich singt/ Empathie " seid ihr euch doch einig ;)

Viele Grüße
Klaus
 
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... Auch wenn das spezielle Timbre der "schwarzen" Stimmen uns als besonders authentisch erscheint, und auch wenn es charakteristische anatomische Gegebenheiten sein mögen, die für dieses Timbre besonders förderlich sind, ...
Auf diese Weise ist es absolut möglich, dass auch Menschen unserer Hemisphäre mit ´normalen´ Stimmen Gospel schön und mit stimmigem Ausdruck singen können.
Noch eine Anmerkung zur Genetik:
Alle Menschen teilen zu 99,5% ihr Erbgut. Die Unterschiede sind also extrem marginal, auch wenn die Unterschiede in der Physiognomie zwischen verschiedenen Ethnien uns groß erscheinen. Wobei 0,5% bei der großen Anzahl an Genen schon viel ausmachen.
@Basselch Dann hab ich das falsch verstanden ...? Siehe oben

Im Aspekt "wissen, was man da eigentlich singt/ Empathie " seid ihr euch doch einig ;)

Viele Grüße
Klaus
Da hast Du völlig Recht, nur stört mich der rassenspezifische Beiklang des Beitrags. Den halte ich für diskussionswürdig :unsure:
 
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@nasi_goreng Wie stehst Du zur Idee des Einflusses der Genetik auf die Stimme?
Ist das jetzt eine Impulsfrage ? :engel:
Kann ich nichts dazu beitragen, denn ich kenne mich da absolut nicht aus.
Meine obige Bemerkung hat sich darauf bezogen, dass du etwas widersprichst was so überhaupt nicht behauptet wurde.
 
Soso :unsure:
Na dann hab ich wohl etwas falsch verstanden
 
Na dann hab ich wohl etwas falsch verstanden
Das kann ich bestätigen!
In jedem Fall kann ich mit Überzeugung sagen, dass mir rassistische Anwandlungen fremd sind, und wenn mir rassistischen Gedankengut oder solche Handlungen begegnen, schreite ich wenn möglich dagegen ein.
In der Wissenschaft wurde der Begriff "Rasse" in Bezug auf den Menschen schon lange und zurecht ad acta gelegt, denn die ja tatsächlich vorhandenen Variabilitäten bei den Ethnien rechtfertigen derartige trennende Begriffe nicht - sie sind eben nur sehr geringfügige Varianten, von den minimalen genetischen Unterschieden erst gar nicht zu reden.
Tatsächlich habe ich mir bei der Formulierung des zitierten Posts gut überlegt, wie ich das schreiben soll, um eben Missverständnissen vorzubeugen.
Wie man sieht, hat das offensichtlich nicht zuverlässig genug geklappt.

Dabei sollte doch gerade der abschließende Absatz
Noch eine Anmerkung zur Genetik:
Alle Menschen teilen zu 99,5% ihr Erbgut. Die Unterschiede sind also extrem marginal, auch wenn die Unterschiede in der Physiognomie zwischen verschiedenen Ethnien uns groß erscheinen. Wobei 0,5% bei der großen Anzahl an Genen schon viel ausmachen.
Mit dem Schweine-Genom sind wir zu 90% identisch und mit der Banane immerhin noch zu 50%, wer hätte das gedacht.
https://www.fluter.de/du-bist-doch-banane
https://www.morgenpost.de/kultur/be...t-der-Mensch-ist-zur-Haelfte-eine-Banane.html
den mehrfach angesprochenen Aspekt der Genetik in Bezug auf die Stimme deutlich relativieren, mit dem Verweis auf die Banane eigentlich schon ins Komische wenden.

Ein Beispiel eines freudigen Gospel hatte ich ja in meinem Post weiter oben verlinkt.
Beim erneuten Lesen fiel mir auf, dass dieser Satz in diesem Thread ziemlich unsinnig ist, da der gemeinte Post mit dem Link ja in einem anderen Thread steht.
Daher an dieser Stelle nochmal dieses Beispiel eines freudigen Gospels. Inwieweit diese mitreißende Performance vor allem der Lead-Sängerin jemand aus unserer abendländischen Hemisphäre ebenfalls drauf hat, darüber will ich nicht weiter spekulieren. Das mag jeder für sich entscheiden.
Aber warum sollte es grundsätzlich nicht möglich sein? Vielleicht kann es ja in den afroamerikanischen Kreisen auch nicht jede(r).

 
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Ok, lässt man diese missverständlichen Passagen mal weg ...

Gospel mag seinen Ursprung zwar in der afroamerikanischen Bevölkerung gehabt haben, ist aber inzwischen so populär, dass sich auch Chöre und Sänger europäischer Herkunft darum bemühen.

Wenn ich das richtig verstehe, verbindest Du mit dem Gospelgesang je nach Stück das Gefühl von Verzweiflung/Wut aufgrund von Sklavrei und Gewalt zum einen und tiefem Glauben/Vertrauen in eine göttliche Macht zum anderen und vertrittst die These, dass man beide Themen verinnerlichen sollte, um Authentizität beim Vortrag zu erlangen.
Ja, beides, aber auch vieles mehr sollte beim Interpretieren dieses Kulturgutes unabhängig von der Herkunft des Sängers zum Ausdruck kommen. Nur muss man sich dazu meine ich weder mit Religiosität noch mit Skalverei und rassistisch motivierten Übergriffen beschäftigt haben. Denn auch Atheisten können Vertrauen in die Zukunft und Hoffnung, Liebe, Freude ... tief empfinden und sich in Verzweiflung und Wut, wie sie z.B. durch Mobbing und Schicksalsschläge entstehen, hineinfühlen. Was ich sagen wollte, bevor diese Dikussion so entgleist ist, war, dass mir Dein Rahmen zu eng gesteckt ist und den falschen Blickwinkel zu haben scheint. Jeder tief empfundene Emotion gehört gleichberechtigt dazu und nicht nur diese zwei Themen, die Du hervorgehoben hast @LoboMix. Dass aber die europäische Mentalität solche öffentliche Gefühlsdarstellung zumindest sehr erschwert und den meisten Europäern sogar erziehungsbedingt unmöglich ist, hast Du dabei nicht betrachtet. In dieser Grundeinstellung und nicht im Fehlen des geschichtlichen Hintergrunds sehe ich im Gegensatz zu Dir die Ursache für mangelnde Authentizität beim Vortrag.
Dieses Fehlen der zur Schau gestellten Emotionalität europäischer Chöre habe ich dann letztendlich in allen Genres und nicht nur im Gospel verortet.
 
... das kommt davon, wenn Posts aus dem Ursprungsthread verschoben werden ... Missverständnisse und Missinterpretationen sind dann mitunter Tür und Tor geöffnet.

Im Ursprungsthread [https://www.musiker-board.de/threads/der-chor-singt-sehr-laut.735902/] hatte ich den Aspekt des religiösen Hintergrunds von Gospel mit einer eher nebensächlichen Anmerkung am Ende eines Posts angestoßen:
Und noch etwas: Gospel ist eigentlich Gottesdienst, Gottesdienst in Musik.
Auf einige Reaktionen darauf im Thread bin ich dann mit dem im Folgenden zitierten Post eingegangen:
Mit meiner Anmerkung wollte ich nur zum Nachdenken anregen, ich hatte nicht damit sagen wollen, dass man gläubig sein muss, um Gospel adäquat zu singen und zu interpretieren. Man sollte nur den Background kennen und respektieren.
Den Menschen, die in der Gospeltradition aufwachsen und gläubig sind, fällt es im Allgemeinen einfach leicht, in den richtigen Ausdruck zu kommen (die stimmliche Eignung und Begabung immer vorausgesetzt), da es ihnen mehr oder wenige einfach so zufließt und einem natürlichen inneren Gefühl entspringt.

Mit der Kenntnis, dass es um eine tiefere Spiritualität geht, kann es auch dem engagierten und entsprechend stimmlich potenten Sänger auf jeden Fall gelingen, auch wenn er gar nicht gläubig ist.
Es geht dann darum in den Ausdruck von Spiritualität zu kommen, sich darin ein zu fühlen.
Das muss jeder Lied- und Opernsänger ständig so machen. Z.B. bei einer Arie, in der es um tiefe Trauer oder großes Glück geht, muss der Sänger/die Sängerin in diesem Moment nicht traurig oder glücklich sein (das wäre sogar fatal!), sondern in den Ausdruck von Trauer oder Glück kommen.

Wie du siehst, @Chor-Junkie, habe ich nie behauptet, dass jemand selber religiös sein muss um Gospel zu singen.
Man kann auch als Atheist das Weihnachtsoratorium singen, es ist ja alles tolle Musik die auch jedem zugänglich sein sollte. Aber bei Gospel - und dem Weihnachtsoratorium - geht es ja um etwas. Um was es geht, ist nicht schwer heraus zu finden, die Texte teilen es ja ausdrücklich mit.
Bei Spiritual und Gospel kommt der historische und traumatische Hintergrund der Sklaverei hinzu - und Rassismus, der nach wie vor anhält.
Diese Hintergründe sind klar und nicht von mir "eng gesteckt".
Aber auch im Zusammenhang mit Skalverei und Rassismus habe ich nicht behauptet und würde auch nicht behaupten, dass dies jemand selber erfahren haben muss, um in den adäqaten Ausdruck dieser Musik zu kommen. Aber wer diese Musik singt, sollte um diese Kontexte wissen. Mit der nötigen Empathie - und sicher auch in vielen Fällen aus eigener Erfahrung ähnlich gelagerten Leids - wird man tiefer in die Emotionaltät solcher Musik eintauchen können, und besser den adäquaten Ausdruck finden.

Nächste Woche am 9. November werde ich eine Gedenkfeier zur Reichsprogromnacht musikalisch gestalten. Es ist absolut klar und für mich eine selbstverständliche Verpflichtung, genau zu wissen, worum es dabei geht. Die Musik, die ich dazu spiele muss inhaltlich und vom Ausdruck her zur Situation und zum Inhalt der Feier her passen und muss von mir adäquat interpretiert werden. Das ist meine Verantwortung.
 
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Da hast Du völlig Recht, nur stört mich der rassenspezifische Beiklang des Beitrags. Den halte ich für diskussionswürdig
Irgendwie finde ich es äußerst öde, wenn Genetik mit Rassismus gleichgesetzt wird.

Entschuldige bitte, wenn ich Dir da widerspreche, aber Ausdruck und Empathie in der Stimme und im Gesang haben absolut nichts mit Genetik, dafür aber mit Persönlichkeit, Erziehung und Lebenserfahrung zu tun.
Wenn ich das richtig verstehe, müssten innerhalb einer Familie, die darf auch gerne "europäisch-weiß" sein, die Mitglieder alle so ziemlich mit dem selben Ausdruck singen. Oder überhaupt die gleiche Fähigkeit haben, zu singen, also gleichermaßen musikalisch sein. Und das haut m.E. nicht hin. Ich sehe zwar die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass bestimmte äußere Merkmale einhergehen mit bestimmten Eigenschaften z.B. der Stimme, aber das heißt nicht, dass es zu 100% immer gleich sein muss. Warum? Wegen der 0,5% Unterschied.

Die Empathie in der Stimme kriege ich nicht eingeordnet; kannst Du mir bitte erklären, wie eine Stimme Einfühlungsvermögen haben kann? Das ist doch eher eine Eigenschaft von Wesen, nicht von Dingen (und Stimme ist für mich ein Ding und kein eigenständiges Wesen, wie z.B. ein Mensch oder Tier).

Wenn nun die Gene so gar keinen Einfluß haben, wie erklärst Du mir dann, dass es in einer Familie, in der die Kinder ja weitgehend gleich sozialisiert werden, sehr unterschiedliche Persönlichkeiten geben kann, schon angefangen bei äußeren Merkmalen wie Augenfarbe und Haarfarbe und dann eben charakterliche Eigenschaften wie Introvertiertheit/Extrovertiertheit etc.?

Genetik ist äußerst kompliziert; wenn sie es nicht wäre, hätten Züchter, die - innerhalb einer Rasse(!), um dieses Thema mal draußen zu halten - bestimmte Eigenschaften züchten wollen, es wesentlich einfacher.
 
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Auch wenn das etwas off topic ist:
Genetik ist äußerst kompliziert ...
Menschliche „Rasse“ ist ein erfundenes Konstrukt, und genetische Vielfalt ist viel zu komplex für das Ordnungssystem „Rasse“.

Etwas ausführlicher: man kann genetische Unterschiede nicht sehen, und verschieden Ethnien haben andererseits keine ausreichend grossen Unterschiede in den genetischen Besonderheiten / Unterschieden, um so etwas wie die Stimmfarbe erklären zu können.

Mit anderen Worten: Genetik ist kein brauchbares Instrument, um ethnische Einflüsse auf die Stimme zu begründen.
 
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Bitte ihr lieben, können wir das jetzt beenden? Die Missverständnisse beim Lesen und Interpretieren der Beiträge werden immer größer und erdrückender, schaukeln sich hoch und führen zu nichts Gutem und Konstruktivem mehr. Ansonsten vielleicht besser per PN weiter diskutieren, wer darauf besteht?
 
Menschliche „Rasse“ ist ein erfundenes Konstrukt, und genetische Vielfalt ist viel zu komplex für das Ordnungssystem „Rasse“.
Letzter Versuch, extra für Dich: Ethnie ist ungleich Rasse ist ungleich Genetik. Bitte! Ich spreche nicht von Rasse, ich spreche nicht von Ethnie. Eigentlich hatte ich gedacht, das klar genug gemacht zu haben. Da dies aber scheinbar unmöglich ist, steige ich wohl lieber aus.
 
Genug bitte jetzt, Wortklaubereien bitte per PN klären, es geht hier immer noch um Gospelchöre! BTT!
 
Um alles etwas zu relativieren möchte ich von einem ähnlich hitzigen Thread berichten, der im englischsprachigen Forum für die Concertina, CNet, gelaufen ist.
Bei der Concertina geht es oft um irische traditionelle Musik - von den Amis gern auf ITM abgekürzt - weil die wechseltönige Concertina im Westen Irlands weit verbreitet ist.

In diesem Zusammenhang bemerkte ein englisches Forenmitglied, dass in "ITM sessions" immer mit sehr hohem Tempo gespielt werde. Andere englische Mitglieder fanden das auch, woraufhin ein irisches Mitglied YouTube-Beiträge von echt irischen Musikern verlinkte, die Jigs und Reels wohl leicht und locker, aber durchaus in tanzbarem Tempo spielten. Es wurde klar, dass übertriebenes Tempo kein Merkmal der irischen Tanzmusik an sich, wohl aber ein Merkmal der sog. "Irish sessions" in England (und wohl auch in USA) ist.
Als Erklärungsversuch warf einer ein, dass irische Jigs und Reels traditionell überwiegend von jungen Mädchen auf der Stelle getanzt werden, wogegen bei englischen Morris Dances große Sprünge von gestandenen Mannsbildern ausgeführt werden. Dies bedingt, dass irische Tanzmusik schneller erscheint, als englische - und da kommt ein Engländer schnell auf den (irrigen) Gedanken, dass hohes Tempo das Schlüsselmerkmal der ITM sei.
Die Lautstärke eines deutschen Gospelchores findet also ihre Entsprechung im Tempo einer englischen ITM-Session!

Meine Meinung dazu: Die Tanzmusik des irischen Westens ist schöne, hörenswerte Musik. Genauso die sakrale Chormusik der schwarzen Amerikaner. Ich höre beide gern. Muss ich aber versuchen, den Stil zu übernehmen? Früher musste man im Urlaub "dorthin" fahren, um solche Musiken zu hören, oder daruf warten, dass eine entsprechende Gruppe auf Tournee in der Nähe gastiert. Heute hat man YouTube!

Ich will nicht exklusiv sein. Wenn ich selbst bei meiner deutschen Sozialisierung (mit Mitte 20) nicht im Rheinland bzw. bald danach in Schwaben gelandet wäre, sondern in Bayern, bin ich ganz sicher, dass ich mich irgendwann in die "Stubnmusi" integriert hätte. Gitarre spielte ich ja, und ich konnte sogar ansaztzweise und ausbaufähig mit der Konzertzither umgehen. Aber mir wäre klar gewesen: Stubnmusi ist eine bayrische Musik und wird so gespielt, wie die Bayern sie spielen. Ich hätte z.B. solange mit dem Singen gewartet, bis ich einen überzeugend bayrischen Akzent erworben hätte. Und ob meine weiche, irische Stimme vergleichbar geworden wäre mit jenen bayrischen Stimmen, die scheinbar immer an der Grenze zum Jodeln entlang streifen, ist wohn fraglich.
Und so sehr ich die Stubnmusi hören mag; wenn ich wieder in Irland wäre, würde ich bestimmt nicht das Zitherspiel wieder aufnehmen und ein paar irische Kumpels ermunterrn, eine Stubnmusi-Session zu gründen. (Soweit ich weiß, hat es auch noch keiner versucht - was nicht heißen soll, dass Stubnmusi minderwertig wäre; es ist einfach international etwas im Schatten geblieben. Fälschung lohnt sich nicht!) Ich behalte die Musik lieber so in Erinnerung, wie ich sie auf Festen eines Fränkischen Vetters meiner Frau gehört habe!

Was ich damit sagen will: die Probleme mit einer "importierten" Musikrichtung haben nicht notwendigerweise mit Hautfarbe zu tun. Engländer, Iren und Bayern sind alle etwa gleich "weiß" und können auf Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte zurückblicken, in denen sie mal Freunde, mal Feinde waren, aber immer Nachbarn. Fast jeder Europäer kann sich - als Individuum - fast überall in Europa integrieren, wenn er will. Politisch, aber vor allem auch kulturell; sprich: auch musikalisch. Und doch ist die ethnische Musik - die Volksmusik - jeder Region von so vielen Faktoren abhängig: Sprache, Wirtschaft, Siedlungsdichte, Herrschaftsstrukturen, Klima, Topographie, Handelbeziehungen, Glaube, Geschichte - da braucht man keine Hautfarbe, um die Nuancen zu erklären!

Cheers,
Jed
 
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Vorab !!! :

beim (völlig unrassistischen) spontanen Versuch, zu diesem hochinteressanten Thema meine subjektive Meinung aus knapp 40 Jahren als Musikdienstleister, sowohl als Sideman on stage, als auch als Studiobetreiber bei Aufnahmen, zu schreiben, ertappte ich mich dabei, dass plötzlich die sog. "Schere-im-Kopf" auftauchte, um meine Aussagen zu "relativieren".

Im selben Moment hat mich das allerdings derart ange-🤮 , dass ich dazu entweder NICHTS schreibe, oder "meine Wahrheit" - besser MEINUNG = ohne Eigenzensur !

Der Thread hat ohnehin das brisante Potential überzukochen & ganz schnell beendet zu werden (was ich für grundfalsch halten würde !), da das Thema zwangsläufig politisch werden muß, on verra...

Abgezweigt aus https://www.musiker-board.de/threads/der-chor-singt-sehr-laut.735902/page-4#post-9419981

Meiner Auffassung nach sollte jeder, der Gospel singen möchte, sich unbedingt mit *** entscheidenden Hintergründen zu dieser Musik beschäftigen.
in der Form folge ich deiner These...

*** Die religiöse Basis sehe ich als einen dieser entscheidenden Hintergründe an - wobei aus Religiösität allein nicht per se eine große Stimme entspringt. Im Grunde hat Religion erst mal gar nichts mit stimmlichen Qualitäten zu tun, wie sollte auch?
auch hier, kein Einwand...

*** Der Gesang, die Musik überhöht dann das zu Sagende und erhebt es in eine andere, dem Alltag entrückte Sphäre. ***
ist so...

Daher liegt es sehr nahe, in der Religionsausübung dem Gesang einen hohen Stellenwert zukommen zu lassen - wie es in allen Religionen und darüber hinaus ja ist.
kein Einwand...

Als zweiten sehr wesentlichen Hintergrund für Gospel und Spiritual sehe ich die unerträgliche und menschenverachtende Barbarei der Sklaverei. Diese brutale Epoche hat sich tief in das kollektive Gedächtnis der afroamerikanischen Bevölkerung vor allem in den USA eingeprägt, wobei diese nach wie vor nicht wirklich abgeschlossen und überwunden ist, wie nicht zuletzt etliche Übergriffe und Tötungsdelikte noch in jüngerer Zeit durch rassistische Polizisten und rassistische zivile Bürger (nicht nur) in den USA beweisen.
def. ist das im Jahr 2022 immer noch der unerträgliche "Alltag" auf unserem Planeten und so auch insbesondere in den USA...

*** Das Zusammenspiel dieses tiefen Gefühls aus dem historischen Erbe und dem religiösen Dienst im Gospel sehe ich als entscheidend an, um in den Ausdruck dieser Musik zu kommen.
Und hier kann ich dir nicht mehr folgen...
Denn mit dieser These unterstellst du quasi allen schwarzen und unreligiösen Künstlern automatisch eine geringere Qualität ihrer Darstellungskunst, was schlicht nicht stimmt !
(von allen anderen nicht-schwarzen unreligiösen Künstlern ganz abgesehn...)

Auch wenn der historische Kontext des Leids der Skalverei bei diesen Gedanken im Mittelpunkt steht, sind die vielen fröhlichen Gospel kein Widerspruch, denn es geht beim Gospel auch darum, der Hoffnung und der Freude einen Ausdruck zu geben. Freude, die das Leid überwinden hilft und das Leid überwunden hat, die Freude des Glaubens.

Damit soll nicht gesagt sein, dass nur Menschen Gospel adäquat singen können oder gar nur diese Gospel singen sollten, die diesen historischen Kontext im Hintergrund haben und die dazu auch noch tief religiös sind. ***
Doch, nach meiner Erfahrung prägen genau diese negativen Alltagserfahrung (u.a. in den USA) die Ausdruckskraft eines Künstlers (hier Sänger...).

Und dabei spielt es überhaupt keine Rolle, aus welcher ethnischen Gruppe der Künstler entstammt, ansonsten gäbe es nicht auch soviele weisse Künstler, die z.B. den Blues / Soul / Funk / Jazz großartig darbieten können oder konnten.

Dazu gibt es auch das schwarze Pendant in der E-Musik, die "man" ja schnell mal -in hoher Qualität- exklusiv den Euröpäern zuordnet...

und die dazu auch noch tief religiös sind. ***

Auf diese Weise ist es absolut möglich, dass auch Menschen unserer Hemisphäre mit ´normalen´ Stimmen Gospel schön und mit stimmigem Ausdruck singen können.
bei allem Respekt und mir möglicher Toleranz gegenüber allen Religionen (die ich persönlich als jahrhunderte alte Unruhe- und Gewaltstifter zutiefst ablehne) kann ich dir hier nicht mehr folgen...

Denn es gibt einfach zuviele tief religiöse Menschen, die einfach keinen graden Ton singen können und erschreckend unmusikalisch sind.

Gleichzeitig impliziert deine These, dass ein hochmusikalischer und begabter Mensch (Sänger, Musiker etc.) eine noch höhere Qualität darbieten kann, wenn er plötzlich religiös wird.

Dem ist einfach nicht so, These hin oder her...

DAS wußte ich nicht, sehr abgefahren...


Zusammenfassend meine Gegenthese lieber @LoboMix :

zur künstlerischen Hochbegabung (jeder Art), bedarf es keiner Religiösität (irgendeiner Art).

Gruß
RJJC
 
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