Hallo zusammen,
abgesehen von den Zahlen wurde auch die Diskussion mit der Zeit ziemlich irrational...
Deshalb mal ein Versuch der geforderten "Beweise", sonst steht hier nur Behautpung gegen Behauptung.
Zu dem Text im Patent: da sieht man wieder mal, wie geduldig Papier sein kann. Da steht doch tatsächlich, daß ein Zahnradgetriebe "nur ganzzahlige Übersetzungsverhältnisse gestattet".
Das ist doch auch völlig korrekt:
- Ein Zahnrad hat eine gannzahlige Anzahl von Zähnen.
- Bei einer vollen Umdrehung des Zahnrads mit n Zähnen kommen genau n Zähne an einer gegebenen Stelle vorbei.
- An der Berührungsstelle zweier Zahnräder kommen immer gleich viele Zähne vorbei, denn sie sind schließlich verzahnt (genau das ist der Witz!) und es gibt keinen Schlupf.
- Daraus folgt zwingend, daß sich das Übersetzungsverhältnis (d. h. auch das Verhältnis der beiden Umdrehungsgeschwindigkeiten) als Verhältnis der beiden Zahnzahlen ausdrücken läßt: Bei zwei Zahnrädern mit n und m Zähnen ergibt sich das Übersetzungsverhältnis n/m.
Ein Übersetzungsverhältnis von
n/
m ist per Definition rational, denn die Zahnzahlen
n und
m sind ganze Zahlen.
Das ist mit dem "ganzzahligen Verhältnis" im Patent-Text gemeint (eben das Verhältnis ganzer Zahlen).
So gesehen ist es doch richtig, was das Patent schreibt, oder?
Man kann real kein irrationales Zahlenverhältnis realisieren. Es ist immer ein rationales Zahlenverhältnis. Auch die Durchmesser von Riemenscheiben kann man nur in Form eines endlichen Dezimalbruchs angeben. Hinzu kommt dann auch noch die Ungenauigkeit durch Schlupf usw.
Hier liegt die Wurzel des Übels: die Vermischung von mathematischen Konstrukten und deren praktischer mechanischer Umsetzung.
Es werden also quasi Äpfel mit Birnen verglichen, denn unter dem Aspekt der Fertigungs- und Meßgenauigkeit ist es völlig sinnlos, darüber zu diskutieren, ob ein hergestellter oder gemessener Durchmesser rational oder irrational ist, das läßt die Meßgenauigkeit prinzipiell nicht zu.
Anders gesehen würde ich sogar ganz böse
behaupten, jede von Menschenhand hergestellte Riemenscheibe hat einen irrationalen Durchmesser und Umfang, denn es ist schlicht und ergreifend nicht möglich, so genau zu fertigen, daß die tatsächliche Länge irgendwann nach dem Komma abbricht. Deshalb sind im Grunde alle von Menschenhand hergestellten Abmessungen irrational.
Auf die Riemenscheiben übertragen bedeutet das:
- Zwei über Riemen oder Anpressen verbundene Scheiben mit Durchmessern von a und b drehen sich mit einem Übersetzungsverhältnis von a/b.
- Weil a und b im Gegensatz zu immer ganzzahligen Zahnzahlen jede beliebige Länge annehmen können (und in der Praxis auch immer irrationale Längen haben werden), lassen sich theoretisch alle beliebigen Umdrehungsverhältnisse realisieren.
Böhmorgler;6961233 schrieb:
Die Wellen werden durch Riemenscheiben angetrieben, wodurch sich auch irrationale Überstzungsverhältnisse herstellen lassen, die dann 12. Wurzel 2 entsprechen.
... und genau hier haben die Streithähne (als Repräsentanten der Parteien seien mal Don und Böhmorgler herausgegriffen) begonnen, Äpfel und Birnen (bzw. Theorie und Praxis) in einen Topf zu schmeißen und aneinander vorbeizudiskutieren.
Im Grunde ist also alles klar:
- Don: Überstzungsverhältnisse, die der 12. Wurzel aus 2 entsprechen, lassen sich in der Praxis nicht exakt herstellen.
- Böhmorgler: Überstzungsverhältnisse, die der 12. Wurzel aus 2 entsprechen, lassen sich theoretisch mit Riemenscheiben verwirklichen.
Tja, was soll man sagen: beide haben mit ihren Grundaussagen recht! - wo war doch gleich das Problem?
Die Herausforderung des Ingenieurs bestand also darin, die praxistauglichste Maschine zu konstruieren.
Auch irrationale Zahlen wie pi oder Wurzel 2 usw. lassen sich erstaunlich gut durch ganzzahlige Brüche approximieren, jedenfalls so gut, daß im Rahmen der Fertigungsgenauigkeit eine Riemenscheibe kaum besser sein kann, auf jeden Fall weniger verläßlich.
Zahnräder bieten den unbestrittenen Vorteil, daß die Übersetzungsverhältnisse immer
exakt festgelegt sind, weil eine gewünschte Anzahl von Zähnen genau produziert werden kann. Ein Druchmesser hingegen ist Fertigungsungenauigkeiten/-schwankungen und eventuell sogar Abnutzung unterworfen.
Die Zahnradlösung bietet also ein absolut verläßliches und stabiles Ergebnis.
Nicht umsonst werden Uhrwerke mit Zahnrädern gebaut.
Viele Grüße
Torsten
PS: Ansonsten kann man eine Riemenscheibe als Grenzfall eines Zahnrads mit unendlich vielen Zähnen betrachten.