Haiku

Die alte Schule
kalt und starr im Sonnenschein
die Schüler schwänzen
 
Unsichtbar
Dein Schatten in der Nacht
Fehlt er, erwache ich.
 
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Die alte Schule
kalt und starr im Sonnenschein
die Schüler schwänzen
Wird hier ein einziger Moment der äußeren Welt eingefangen? Ich meine: Nein! Warum nicht? Weil kein Beobachter mit einem einzigen Augenblick feststellen kann, dass mehrere Schüler schwänzen! So gesehen ist der 3-teilige Gebilde ein Vor-Urteil!
Quallenrot
tödlichzarter Faden schwebt
in Meeresglimmern
Quallenrot scheint eine Farbe zu sein? Wovon? Von einem giftigen Faden…?- Das ist für mich innerliches Wissen. Angenommen, eine tödlich wirkende Qualle sei quallenrot:

Blauer Himmel
unter mir im Wasser tanzt
Ein Quallenrot

Das zeigt mir wohl eher das bedrohliche Bild eines nahenden Todes…

Bäume wachsen hoch
Sie winken mit den Blättern
Liebe ist endlich
Bereits die Zeile „Bäume wachsen hoch“ beschreibt mehr als einen Moment

Wie wäre es mit stattdessen mit sowas wie:

Erwachsene Bäume
einige Blättern winken
den Geliebten nach

Das wäre allerdings ein Augenblick. Aber es geht vermutlicher noch schöner!

Ich gespannt über Widerrede oder Zustimmung. Eine Diskussion hilft uns auf alle Fälle, das Haiku besser abzugrenzen von sonstigen Kurzgedichten.
 
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Unsichtbar
Dein Schatten in der Nacht
Fehlt er, erwache ich.
Kein in der Form eines Haiku gezeichneter Moment. Eher ein Tanka, welches besonders der Darstellung von Gefühlen dienen soll. Das Haiku eben wiederum der Darstellung der Welt außerhalb des Menschen!
 
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Du nörgelst zu viel
Das ist doch alles nur Spaß
Chill doch mal, Keule​
 
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Wird hier ein einziger Moment der äußeren Welt eingefangen? Ich meine: Nein! Warum nicht? Weil kein Beobachter mit einem einzigen Augenblick feststellen kann, dass mehrere Schüler schwänzen! So gesehen ist der 3-teilige Gebilde ein Vor-Urteil!

Erst einmal danke, dass du dir die Mühe machst, über meine ungelenken Dichtversuche nachzudenken! :) Wie wäre es damit:

Die alte Schule
kalt und starr im Sonnenschein
kein Schüler weit und breit
 
Leer trotz Unterricht. '

Ich will den Haiku gar nicht zu sehr einengen auf eine konkrete Situation, die möglicherweise die Inspiration gewesen sein mag. Diese leeren Schulen gibt es tatsächlich auf dem Land. Die Jungen ziehen weg und mangels Nachwuchs werden die Schulen zusammengelegt, übrig bleiben diese alten Gemäuer.
 
Quallenrot scheint eine Farbe zu sein? Wovon? Von einem giftigen Faden…?
Grundlage für das Haiku war folgendes Bild
Feuerqualle komp.jpg

Quallenrot über Meeresglimmern, der tödliche Faden(für Meeresgetier) durchsichtig zart - bedrohlich ist das nur mit dem Wissen um die Gefahr. Sonst überwiegt die Faszination.
Blauer Himmel
unter mir im Wasser tanzt
Ein Quallenrot
Die beiden letzten Zeilen passen gut, aber die erste Zeile gar nicht. :nix:
 
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Wellen wiegen sanft
unter mir im Wasser tanzt
zart ein Quallenrot
 
Grundlage für das Haiku war folgendes Bild
ich fänd das sehr spannend, von einem Bild ausgehend, Haikus zu schreiben.
Ein Bild ist per se im Moment angesiedelt und erst mal ohne innere Emotionen ausgestattet.

Gleichwohl könnten sehr unterschiedliche Haikus entstehen.

x-Riff
 
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funktioniert auch mit der dreisilbigen Schlusszeile
mit gefällt der "klassiche" 5-7-5-Aufbau etwas besser - und das Wort zart passt so schön vom Klang zu sanft und tanzt :)
 
und das Wort zart passt so schön vom Klang zu sanft und tanzt :)
...fehlt nur noch "tödlich". Klingt doch gut - tanzt sanft und tödlich.
Tödlich sanft tanzt
unter mir im Wasser
ein Quallenrot
Aber ob das noch den Ansprüchen eines Haiku entspricht?
 
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Als offene Frage: Man sieht nicht, dass die Qualle tödlich ist. Das ist etwas, das man weiß.
Es gibt allerdings Farben, die intuitiv mit Gefahr verbunden werden - gelb ist eine Warnfarbe, rot ebenfalls. Zählt das noch zur Wahrnehmung oder ist dies schon Wissen oder ist per se alles, was sich nicht beobachten läßt, zum Inneren gehörig?

Die Beschränkung auf die rein sinnliche Wahrnehmung wäre allerdings eine Herausforderung - ist dies mit dem Haiku gemeint?
Wobei ich merke, dass ich sinnlich präzisieren muss: das, was man unmittelbar durch die Sinne erfährt: was man hört, sieht, riecht, schmeckt und fühlt im Bereich unmittelbaren Fühlens: kalt, warm, rauh, glatt etc.
unter Ausschluss der Gefühle, welche durch die sinnliche Wahrnehmung ausgelöst werden - also das, was wir als Gefühle bezeichnen ... weil dies zu unserer Innenwelt gehört.
Ist das mit der "Welt des Haiku" gemeint?

Das Haiku eben wiederum der Darstellung der Welt außerhalb des Menschen!
(Im Gegensatz zum, wie im vorhergehenden Satz vom jongleur beschriebenen Tanka, welches besonders der Darstellung von Gefühlen dienen soll.)

x-Riff
 
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Erst einmal danke, dass du dir die Mühe machst, über meine ungelenken Dichtversuche nachzudenken! :) Wie wäre es damit:

Die alte Schule
kalt und starr im Sonnenschein
kein Schüler weit und breit
Spontan fällt mir dazu ein:

Krasser Sonnensturm
Ausgestorben die Schule
Mitten im August

——-

Kalter Dorfmorgen
Ausgestorben die Schule
wo sind die Schwänzer?

——-

Nicht alles vorkauen! Kunstgenuss lebt von der Freude am Entschlüsseln!
Quallenrot über Meeresglimmern, der tödliche Faden(für Meeresgetier) durchsichtig zart - bedrohlich ist das nur mit dem Wissen um die Gefahr. Sonst überwiegt die Faszination.
Es geht allerdings beim Haiku gar nicht um die gängige „Faszination“!. Aus meiner Sicht verspottet es sogar übertrieben„Faszination“. Es wirbt um eine nüchterne Betrachtung der Außenwelt. „Ich springe in die Sterne“ betont im Grunde die Fähigkeit der Sprache zur Manipulation. Das Haiku hinterfragt möglichst witzig unterhaltsam den Unsinn unserer alltäglichen Sprache.

Wenn mein Haiku oben sagt: „deine Worte im Zug rasen schneller an mir mir vorbei als die Wälder im Fenster“ betone ich die Ironie des besagten Momentes. Das Rasen der Wälder und das Rasen ihrer Worte betonen beide das Getriebene des Menschen. Während wiederum das „Plopp“ des in den Teich springenden Frosches amüsant auf unserer Taubheit im Rahmen unserer Wahrnehmungen verweist!

Ich liebe am Haiku den ironisch scharfen Gebrauch unserer Sprache! In einem anderen modernen Haiku erhob sich an einem Wintertag im Garten plötzlich ein kleiner weißer Berg und lief davon. Gemeint war ein zugeschneiter Hund.

Das Haiku will unterhalten mit der alltäglichen Unschärfe unserer Sprache, mit wir MOMENTE beschreiben. Alle benutzen wir dieses pausenlose Mischmasch von Wahrheit und Irrtum. Diese Unschärfe, die wir einerseits versehentlich und trollig von uns geben… oder eben andererseits auch gewollt, die unsere Schwachstellen zu verschleiern..,. Immer wenn ich eine meiner Haiku-Phasen habe, schüttle ich pausenlos den Kopf, wenn ich Nachrichten hören.

Die Beschränkung auf die rein sinnliche Wahrnehmung wäre allerdings eine Herausforderung - ist dies mit dem Haiku gemeint?
Ja, das Haiku spielt mit den Grenzen und der Darstellung menschlichen Wahrnehmungen! Wenn es nachts im Schlafzimmer knistert, kann das eine Maus sein, oder zusammengeknülles Papier, das sich endlich entspannt. Und hier wird klar, warum sich das Haiku auf winzige Momente konzentriert und beschränkt! Je größer die Zeiträumen, umso größer die Zahl der Unklarheiten!

Als offene Frage: Man sieht nicht, dass die Qualle tödlich ist. Das ist etwas, das man weiß.
Es gibt allerdings Farben, die intuitiv mit Gefahr verbunden werden - gelb ist eine Warnfarbe, rot ebenfalls. Zählt das noch zur Wahrnehmung oder ist dies schon Wissen oder ist per se alles, was sich nicht beobachten läßt, zum Inneren gehörig?
Ja, das ist die zentrale Frage beim Haiku!!! Ich liebe ungewöhnliche Momentaufnahme! Entsprechende Fotografen müssen sehr konzentriert durch ihren Alltag gehen. Aber entsprechende Autoren eben auch! Ganz besonderes wohl die Dichter! ;)
 
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Tödlich sanft tanzt
unter mir im Wasser
ein Quallenrot
Aber ob das noch den Ansprüchen eines Haiku entspricht?
Naja, es ist wohl grenzwertig. Ich würde das Wissen um das „tödliche“ Gift weglassen.

Vielleicht so

Sonnenuntergang
Unter mir im klaren Wasser
Ein Quallenrot

Oder (vielleicht noch besser)

Ein Quallenrot
Unter mir im klaren Wasser
Sonnenuntergang

Dieses Haiku-Material finde ich richtig interessant und faszinierend. Sage ich nun sehr gern außerhalb des Haikus. 😂
 
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Erst einmal danke, dass du dir die Mühe machst, über meine ungelenken Dichtversuche nachzudenken! :) Wie wäre es damit:

Die alte Schule
kalt und starr im Sonnenschein
kein Schüler weit und breit
Danke für deinen freundlichen Dank. Ich habe selber lange gebraucht, bis ich den Sinn und die Grenzen eines Haiku verstand. Eure zahlreichen Fragen bestätigen die interessanten Schwierigkeiten, die hier im Detail stecken!

Stille des Dorfes
Ausgestorben die Schule
Wo sind die Schwänzer

Eine Frage übersteigt mE nicht den Zeitrahmen eines Momentes.
Quallenrot über Meeresglimmern, der tödliche Faden(für Meeresgetier) durchsichtig zart - bedrohlich ist das nur mit dem Wissen um die Gefahr. Sonst überwiegt die Faszination.
Es geht allerdings beim Haiku gar nicht um „Faszination“!
Du nörgelst zu viel
Das ist doch alles nur Spaß
Chill doch mal, Keule
Als Reaktion akzeptabel.
Als Haiku fehlt mir die Beschränkung auf den speziellen Moment! ;)
Beitrag automatisch zusammengefügt:

und das Wort zart passt so schön vom Klang zu sanft und tanzt :)
Allerdings sollten formale Maßstäbe wie Klang oder Reim keine oder nur eine zufällige Rolle spielen!
 
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Die alte Schule
kalt und starr im Sonnenschein
die Schüler schwänzen

Ich bleibe jetzt doch bei der ersten Version, die ist ganz meins - auch wenn der Beobachter über Vorwissen verfügt. Vielleicht ist er ja am See vorbei gekommen und hat die Jungs gesehen ....
 

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