mir ist aufgefallen, daß ich mich beim spielen mit akkorden oft nur in einer lage bewege und mich da oft nicht "raustraue", weil da schnell die orientierung weg ist, bzw ich erst (lange) überlegen muß wo der nächste akkord/akkordumkehrung liegt. bei einzelnen tönen geht das besser, wobei ich mir da z.b. auf der d, g und b saite nur schlecht die tonnamen in den einzelnen lagen (mal abgesehen von 5., 7. und 12.er lage) merken kann. vielleicht liegt das auch daran, daß ich viel in intervallen denke. daher die frage:
welche übungen haben euch bei der (globalen) visualisierung und freien bewegung des griffbrett weitergebracht?
Tach.
Hm.. neben der Frage, WELCHE Töne in Frage kommen, stellt sich mir die Frage, ob es da vielleicht noch einen weiteren, regelmäßig total unterschätzten Aspekt gibt. Nämlich den, WANN der nächste Ton gespielt werden kann.
Kannst Du eindeutig sagen, dass Du weißt, WANN Du den nächsten Ton spielen möchtest?
Außerdem, was spricht eigentlich dagegen, den gleichen Ton, oder die gleiche Tonfolge zu wiederholen?
Natürlich ist es schön zu wissen, welche Skalen, Arpeggios, Intervalle, Optionstöne, klangliche Optionen es so gibt. Für mich fällt das aber eindeutig unter Technik. Das sind Dinge, die man sich mit Fleiß und Neugierde erarbeiten kann. Kann man lesen, im Forum nachfragen, sich klarmachen und dann erarbeiten.
Darüberhinaus solltest Du nicht vergessen, dass das WANN die wichtigste Frage in der Musik ist. Es ist wirklich so. Mach doch mal den "Hänschen Klein"-Test: Spiel Deiner Freundin/Mama/Oma/Opa die Töne von "Hänschen Klein" in der richtigen Reihenfolge, aber total anderem Rhythmus vor. Dann spiel nur den originalen Rhythmus, aber total andere Töne. Du wirst fest stellen, dass die meisten es erkennen, wenn der Rhythmus stimmt. Die richtigen Töne hingegen führen nicht so schnell auf die richtige Spur.
Normalerweise bekomme ich im hier im Musikerboard ziemlich dämliche Responses, nach dem Motto, dass man ja schon nach Metronom übe, oder dass das ja ganz besonders öde sei. Oder man habe ja Rhythmusgefühl, Mitmusiker, Freundin, bester Kumpel, Mama, Papa, Oma, Opa und der Hamster würden das bestätigen. Und es sind schon User geflogen, die besonders hartleibig darauf hingewiesen haben, wie wichtig das Timing ist. Oder sie tun sich die Diskussionen hier gar nicht erst an. Ich höre dann normalerweise auch auf zu argumentieren, weil es keinen Sinn hat, und jede Diskussion eh überflüssig ist.
Zu den Skalen:
-Lerne die Pentatoniken in allen Tonarten und allen Lagen. Kannst Du immer gebrauchen.
-Dann die modalen Skalen. Ebenfalls in allen Tonarten und Lagen, mit den verschiedenen Fingersatzvarianten.
-Dann löse die modalen Skalen mit Hilfe von Terzschichtungen in Dreiklänge auf. Dabei lernst Du alle Arpeggiomuster auf dem Griffbrett kennen. Spiele sie in allen Lagen und Tonarten, über alle Saiten. Du wirst es brauchen.
-Dann machst Du dasselbe mit Vierklängen (Du nimmst jeweils die Septimen hinzu). Gleiches Spiel, alle Tonarten und Lagen.
-Anschließend Fünfklänge (nimmst die None hinzu), gleiches Spiel
-Dann lernst Du am besten Harmonisch Moll. Und wieder gleiches Spiel, alle Tonarten usw.
-Auflösungen in Terzen, zuerst Dreiklänge, dann Vierklänge und abschließend Fünfklänge, alle Tonarten usw.
-danach würde ich zu melodisch Moll raten, wieder wie oben
-dann die symmetrischen Skalen, Halb/Ganzton (Diminished), anschließend Ganzton (Augmented)
Lerne alle Skalen in unterscheidlichen Fingersätzen, die eher lagentreuen klassischen Jazzfingersätze (3nps und 2nps gemischt) genau wie die reinen 3nps und auch exotischere, gitarrentypischen Fingersätze mit String Skipping und so'n Zeug. Das ist gut, um die Finger weichzuklopfen und den Kopf flexibel zu halten.
Wenn Du all diese Skalen gelernt hast, wirst Du feststellen, dass Deine Eingangs-Frage noch immer nicht beantwortet ist, nämlich welchen Ton Du als nächsten spielen sollst. Du wirst feststellen, dass das WANN eine entscheidende Rolle spielt. Und der harmonische Kontext, in dem die Skalen, Arpeggions, Intervalle usw. eingesetzt werden.
Und dann sprechen wir uns wieder
Grüße Thomas