also ich fühlte mich in keiner weise angegriffen!
hab mir auch grade mal die videos angeguckt die akquarius verlinkt hat.
die sind übrigens sehr interessant für jeden ambitionierten gitarristen, ich war mir aber 90% der dinge die er erzählt durchaus bewusst und habe auch einige kritik, bzw sehe einige dinge anders, deren er sich vllt nicht bewusst war.
zunächst: das absolut wichtigste sagt er gaaanz am anfang. da wo er erzählt, dass jede stimmung ein kompromiss ist. da erwähnt er, dass auch das runterdrücken der saiten einen einfluss hat. das ist ein punkt, dem er im weiteren verlauf mMn viel zuwenig beachtung schenkt: die saiten sind alle unterschiedlich dick (und von saitenart zu saitenart verschieden!), der ton jeder saite beim runterdrücken ändert sich also auch unterschiedlich. zwar nur minimal, aber auch da geht stimmung flöten.
dann kommt dieser schreckliche part wo er nach der 5.-bund-methode stimmt. und das ist nun wirklich stümperhaft aufgeführt. ganz ehrlich. er macht sich da drüber lustig, dass man ja die hand von der saite wegnehmen muss um umzustimmen. das ist völlig korrekt, aber was hindert mich denn daran beide saiten gleichzeitig anzuschlagen, zu vergleichen, DANN umzustimmen und das ganz sooft zu wiederholen bis es wirklich stimmt?
also ich traue jedem! gitarristen zu mit ein wenig konzentration einen ton innerlich mitzusummen.
und sein größter kritikpunkt bei 5.bund und flageolett-methode ist ja die fehlerverschleppung (gauß lässt grüßen). auch das ist natürlich korrekt, lässt sich aber leicht umgehen, indem man einfach mal zwischendurch andere intervalle miteinbezieht.
beispiel: ich stimme die a-saite (7.bund flageolett) nach der e-saite (5.bund flageolett), dann die d-saite (7.bund flageolett) nach der a-saite (5.bund flageolett) und zur kontrolle nehm ich das flageolett-e im 12-bund der e-saite und vergleiche es mit dem gegriffenen e auf der d-saite im 2. bund.
ich empfinde es als vorteil, auch gegriffene saiten mit einzubeziehen, weil ich ja eben bei spielen auch nahezu IMMER irgendwelche saiten greife. was hab ich davon, wenn meine leersaiten alle stimmen, aber dafür jeder gegriffene ton daneben liegt??
der ultimative test ist dann natürlich, wenn man nach dem stimmen die beiden "flageolett-e"s der beiden e-saiten vergleicht. wenn die beiden stimmen, kann man sich ziemlich sicher sein, dass man das halbwegs hinbekommen hat.
ein weiterer punkt den ich kritikwürdig empfinde ist seine behauptung über den flageolett im 4 bund mit dem man die h-saite dann stimmt. davon mal abgesehen, dass man auf ner klassischen gitarren den flageolett erstmal laut genug kriegen muss, liegt sein fehler einfach darin anzunehmen, dass der flageolett über dem bundstäbchen liegt. tut er nämlich nicht! hier mal spaßeshalber genaue werte in cm gemessen vom sattel aus:
länge der saite: 64,8 cm
1/2 (1. oktave) : 32,4 cm (das trifft exakt den mittelpunkt des 12 bundstäbchens)
1/4 (2. oktave) : 16,2 cm (das trifft eher den linken rand des 5 bundstäbchens)
1/3 (quinte) : 21,6 cm (das trifft eher den rechten rand des 7. bundstäbchens)
1/5 (große terz): 12, 96 cm (das liegt grob nen halben cm links NEBEN dem 4. bundstäbchen!!)
deswegen funktioniert das auch nicht, wenn man den finger über das 4. bundstäbchen hält!
kann jeder ausprobieren indem er mit dem finger am sattel startet und flageoletts erzeugt. man wird feststellen, dass der flageolett im 4 bund quasi mitten im bund liegt, und nicht über dem stäbchen.
zum abschluss noch das sahnehäbchen obendrauf:
es ist mir VÖLLIG egal, ob meine saite mathematisch korrekt temperiert gestimmt ist oder nicht, für mich zählt das was rauskommt!
was bringt es mir, wenn meine gitarre super genau per stimmgerät gestimmt ist, wenn meine saiten ab dem 12 bund so hoch liegen, dass durch das runterdrücken (jetzt übertrieben) der ton nen halbton zu hoch ist?
wäre es da nicht besser den für mich besten kompromiss zu finden, abhängig davon WO auf der gitarre ich bevorzugt spiele, was meine gitarre an grundlagen mitbringt (vllt klingt sie viel besser, wenn ich alles nen viertelton runterstimme, weil die resonanzen dann viel besser zum vorschein kommen?), den einfluss der saiten zu berücksichtigen, ebenso wie die saitenlage, meine kraft mit der ich drücke (was er übrigen ja auch in den videos erwähnt, aber ihm dann wohl für das stimmen völlig egal ist..???) berücksichtige.
all das kann ich machen, wenn ich nach einem referenzton (z.B. stimmgabel) eine saite exakt stimme, und die anderen dann relativ dazu. ich kann es nicht, wenn ich nach absoluten mathematischen zahlen stimme.
klar hat ein stimmgerät vorteile: geht schnell, wenn man mit mehreren musikern spielt haben alle den gleichen ton etc. aber für einen solo gitarristen...
(nebenbei bemerkt, haben auch stimmgeräte teils schreckliche toleranzgrenzen.. wir haben mal nen musical gemacht und da gitarren, bass und flöten nach verschiedenen stimmgeräten gestimmt: ergebnis war erschreckend. dann haben wir alle stimmgeräte an eine gitarre gehängt und geguckt was die anzeigen: die abweichungen waren mehr als nur gut zu sehen)
also ich bleib jedenfalls bei meiner stimmgabel und meinem gehör zum stimmen der gitarre. für mich ist musik mehr das was ich fühle, als das, was sich irgendwer schöngerechnet hat ;-)