Hi zusammen,
Eure Diskussion ist schon eine Weile her, hab aber gerad erst nach üblichen Gagen im Internet gesucht, bin auf Euch gestoßen, hab mich registriert und nun hab ich ein Bündel von Meinungen gelesen und hier ist mein Senf:
Grundsätzlich: Musik (Live- oder in welcher Form auch immer) ist ein Produkt, dass einen Markt und speziell Kunden hat und die sind so vielschichtig, wie in jedem anderen Markt auch. Er ist von Trends abhängig und lässt sich beeinflussen, er ist abhängig von der aktuellen Wirtschaftskraft aber er ist heutzutage auch eins: als Teil des Entertainmarktes auf dem steigenden Ast, denn wir leben in einer "Freizeitgesellschaft". Das ist keine Kritik! So ist das eben. Die Gestaltung der Freizeit ist in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend zum Lebensmittelpunkt der breiten Bevölkerung geworden.
Als Musiker, Entertainer - wie auch immer - ist das eine Chance. Natürlich kommt - wie auf allen Märkten - auch das Billigangebot auf den "Ladentisch". Damit müssen WIR - die Beackerer dieses Marktes - klarkommen.
In allen anderen Märkten sagen wir uns: "das ist gesunder Konkurrenzkampf", "Qualität wird sich durchsetzen"... Trotzdem jammert man gerne mal.
Der eine oder andere wird sagen, dass die technischen Anforderungen enorm hochgegangen sind. Beispielsweise erwarten alle Besucher einer Live-Mugge CD-Qualität, was einem ausgerechnet in der Abmischung mitunter misslingt...
Es war allerdings auch noch nie so einfach, sich gutes Equipment zu besorgen. Ich sehe das so: es sollen nicht die evtl. mangelnden Qualitäten des Musikers ersetzen werden, sondern das Equipment ihn befähigen, seine Qualitäten optimal an die Luft zu bringen.
Ein Beispiel: noch vor einigen Jahren musste man mehrere huntert bis gute tausend € auf den Tisch legen, um eine bespielbare, rein klingende Akustik-Git. zu kaufen, die noch dazu einen elektrischen Abnehmer hatte. Heute bekommt man wirklich leichtgängige Instrumente mit schon super Klangeingenschaften und Fishman-Technik für 500€. Da wird manche Spieltechnik überhaupt erst möglich und man ärgert sich nicht bei jedem Gig darüber, dass die beiden hohen Saiten fast gar nicht zu hören sind.
... das steht auf unserer Habenseite!
Dann müssen wir alle mit uns ins Gericht gehen: gehören wir zu den "Global Players"? Sind wir die Schicht gleich darunter, befriedigen wir als die "Local Heros" den breiten Massenmarkt in der Umgebung oder suchen wir Nischen? - Von Newcomers und alten Hasen will ich gar nicht erst anfangen. Frischer Wind kann so manchem Alten das Wasser abgraben.
Es ist doch immer so: gibt es 1000 Spielangebote für 10 Locations, muss man entweder gnadenlos Qualität liefern (und klingeln!) oder ins "Billigsegment" gehen. Was anderes ist es, wenn man Nischen sucht oder quasi neue Segmente aufmacht - hey... das ist Management!
Zu den Tatsachen: Ich bin Amateur, Ende des Monats 49-jährig. Was heißt das schon? Seit ich 11 bin, hab ich mich mit Musik beschäftigt und habe meine erste Wandergitarre traktiert. Es folgten unzählige Stationen (inkl. 2 Jahre Konservatorium). Heute spiele ich in einer kleinen Band, die sich in den letzten 6 Jahren einige Male umbesetzt hat. Seit anderthalb Jahren ist besetzungstechnische Ruhe eingekehrt und wir spielen als Trio. Unsere Hauptinstrumente sind Geige, Bass und Gitarre und wir haben bluesiges, rockiges im Repertoire, geben dem Ganzen aber zunehmend eine eigene Note, manchmal Richtung Country, manchmal latino, manchmal irisch.
Es ist eine Entwicklung, die mich individuell viel Mühe gekostet hat. Die Musik war immer in mir, obwohl ich meine Brötchen mit was anderem verdienen konnte. - INSOFERN will ich in puncto Qualität Amateure nicht grundsätzlich von Profis unterscheiden. Natürlich MÜSSEN letztere davon leben können.
Grund für diese Story ist: Ich finde, die Gelegenheit zu einer Mugge und deren Bezahlung liegt in der gebotenen Qualität und(!) Eurer Außenwirkung. Natürlich müsst Ihr auch Reputationen haben, man muss Euch wahrnehmen.
Ich sehe mich selbst und unsere Band auch erst am Anfang, obwohl wir schon einige Jahre auch bezahlte Gigs haben (die unbezahlten in internen Kreisen). Was ich deutlich merke ist, dass der Wille zur Zahlung mit der wahrgenommenen Qualität und der Bedeutung der Auftrittsgelegenheiten wächst. Natürlich gehört auch dazu, dass man "jemanden kennt". ("Vitamin B" hieß das früher...). Aber das braucht auch Geduld! In der Zwischenzeit sollte jeder daran feilen, dass er mit seinem Angebot einmalig und wiedererkennbar wird. - Letztendlich nützt das allen in der Branche.
Da ich uns zwar für ernstzunehmen aber auch noch ganz am Anfang des öffentlichen Wirkens stehen sehe, veranschlagen wir für Kurzauftritte (4..5 Titel z.B. auf einer Feierlichkeit) 150€. Für ein kleines Konzert, einen Abend 300€ (für alle 3 Musiker zusammen).
Benefizkonzerte konnten wir bisher immerhin für 50€-Aufwandsentschädigung abwickeln (da stand unser Wille und natürlich unser Image im Vordergrund) und es gab auch einen (Abend-)Gig für 150€ pro Nase.
...warum beschäftigt sich ein Amateur so sehr mit diesem Metier? Ja, ich spiele mit dem Gedanken, irgendwann meine Arbeitnehmerrolle an den Nagel zu hängen und (u.a.!) mit Musik meinen Unterhalt zu verdienen.
Wenn das der eine oder andere ulkig findet
, selbstmörderisch
oder zumindest merkwürdig
... Kontakte sind erwünscht!
Gruß, Stefan.