ich glaube, die Suche nach dem "Original" ist eine Erscheinung, die erst in diesem Jahrtausend aufgekommen ist.
Nee, das ging so in den 1970ern, dann 1980ern los. Pre-CBS-7ender, Paulas aus den 1950ern, alte Martins (noch gar nicht mal Pre-war).
Die Gründe dafür sehe ich - mal eben auf die Schnelle - in:
- der Ikonisierung der Rockmusik, die irgendwann nicht mehr die jeweils aktuelle war, sondern deren "Stars" und Stücke sich auf einmal etablierten. (Meine Güte, heute füllen die 75+jährigen immer noch die Bühnen und die Sender, das gab es vor 150 Jahren nicht so wirklich als Massenphänomen.) Damit rückte auch der "originale Klang", der im "Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit" (Walter Benjamin) auf einmal "konserviert" werden konnte, in den Vordergrund. (So etwas war früher einfach technisch nicht möglich.)
- dem dadurch mitverursachten Gitarrenboom, der die Produktionszahlen bei den etablierten Herstellern schneller steigen ließ, als die Qualitätssicherung mithalten konnte
- den steigenden finanziellen Mitteln der Amateure (die wenigsten Reissues oder gar Originale dürften sich in der Hand von professionellen "Working Musicians" befinden, die "Dilettanten" - im Sinn der Frühklassik - werden hier in der Überhand sein)
- die verbesserte Studio- und Abspieltechnik: Bei Grammophon oder Detektorradio muss ich nicht über den Unterschied zwischen Hals- und Mittel-PU einer Strat diskutieren. Auch nicht über Gibson oder Fender. Erst durch Tonträger und deren Abhörmöglichkeit in guter Qualität werden Klangunterschiede überhaupt erfahrbar ("erhörbar") und gleichzeitig so verteilbar, dass ich darüber in einer Community sprechen kann.
Früher war eine Fender etwas, das so aussah, wie eine Strat oder Tele, Dann war das etwas, bei dem Fender auf dem Headstock stand. Heute reden wir über die Klangunterschiede zwischen verschiedenen Kondensatoren, Griffbrettdicken etc. - über Dinge, die sich in der Bauzeit der Instrumente ständig verändert haben und es immer noch tun.