Funktionsanalyse Bird Blues

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Liebe Leute,

wie sind die Takte 6 bis 9 des sog. Bird Blues zu analysieren?

Gruuuß,
Heiner

Nachtrag:
Inzwischen habe ich bei Wikipedia :) eine Erklärung zu den Bird Changes gefunden:

"This can be viewed as a cycle of ii-V progressions leading to the IV chord (F7 in the key of C major), and the tritone substitution of the dominant chords leading by half-step to the V chord (G7 again in C)."

Mir war nicht klar, dass es so überhaupt funktionieren kann - d.h. die Subdominanten zögern die Dominantwirkung der SubV-Akkorde jeweils einen halben Takt hinaus, oder? Sagt man das so?

BirdBlues-Analyse.jpg


 
Eigenschaft
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

Em7 ist diatonisch und nimmt Phrygisch (dadurch, dass es in einer IIm7 V7 Sequenz eingebettet ist kann es auch Doruisch nehmen.
A7 ist V7/IIm und nimmt HM5
Ebm7 ist die rel. IIm7 von subV7/V7 und nimmt dorisch.
Ab7 ist subV7/V7 und nimmt MM4 (halbtonweise Auflösung nach unten)
Dm7 ist diatonisch und nimmt dorisch.

parkerblues 001.jpg
 
Hallo,

es gibt wohl etwas verschiedene Perspektiven, die Akkordfolge zu erklären. Meine wäre diese, ohne den Post von Cudo oder die Ergänzung von haiiner berücksichtigt zu haben:

Bei der Akkordfolge der Takte 6 bis 9 handelt es sich um Quintfälle. Auch in den Takten 2 bis 5 treten Quintfälle auf, wie auch in den Takten 6 bis 11 und 11 (2. Hälfte) bis 12.

In den hier diskutierten Takten 6 bis 9 treten folgende verminderte Quintfälle auf:
Bb7 -> E-7
A7 -> Eb-7
Ab7 -> D-7

Dadurch weicht man in andere Tonarten aus. Bliebe man in einer Tonart, so würde nur ein einziger verminderter Quintfall auftreten.
Man kann die Akkordfolge der Takte 6 bis 9 ...

F-7 : f ab c eb
Bb7 : bb d f ab
E-7 : e g b d
A7 : a c# e g
Eb-7: eb gb bb db
Ab7 : ab c eb gb

...zerlegen in drei IIm7-V7-Imaj7-Kadenzen, wobei jeweils die Imaj7 durch bIIm7 ersetzt wird: Grundton und Quint werden um einen Halbton erhöht, die Terz und die Septim bleiben in der Tonhöhe gleich und werden enharmonisch verwechselt. Die in der Tonhöhe gleich klingende Terz und Septim sind das "harmonische Band" welches in der Akkordfolge für Zusammenhalt sorgt.

F-7 : f ab c eb; Tonleiter: eb f g ab bb c d
Bb7 : bb d f ab
(Ebmaj7: eb g bb d) ersetzt durch E-7

E-7 : e g b d; Tonleiter: d e f# g a b c#
A7 : a c# e g
(Dmaj7 : d f# a c#) ersetzt durch Eb-7

Eb-7 : eb gb bb db; Tonleiter: db eb f gb ab bb c
Ab7 : ab c eb gb
(Dbmaj7: db f ab c) ersetzt durch D-7

D-7 : d f a c

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
@Cudo: Ah, Du analysierst Em7 A7 als (IIm7 V7) zum Dm7 - anders als der in Wikipedia zitierte Noah Baerman, der Em7 A7 als (SubII SubV) zum Ab7 deutet - würdest Du sagen, dass sich das ausschließt oder - in dieser Abfolge - beides zugleich gilt, also A7 zugleich als V7/IIm7 zum Dm7 und als SubV7/bVI zum Ab7 wirkt?

Und das Fm7 Bb7 deutet Baerman ja ebenfalls als (SubII SubV) zum nachfolgenden Dominantseptakkord, dem A7 - wie siehst Du das?

@Klaus: Ordnest Du die verminderten Quintfälle auch funktionsharmonisch den Quintfällen zu - im Sinne einer ähnlichen Schlusswirkung? Oder ist es eher eine Möglichkeit der Ausweichung mit dem beschriebenen "harmonischen Band"?
 
@Cudo: Ah, Du analysierst Em7 A7 als (IIm7 V7) zum Dm7 - anders als der in Wikipedia zitierte Noah Baerman, der Em7 A7 als (SubII SubV) zum Ab7 deutet
Natürlich kann man Em7 A7 als SubII SubV von Ab7 deuten, aber hören tut man das bestenfalls im Nachhinein.
Em7 wird auf jeden Fall zunächst tonisch gehört. Drum soll es auch Phrygisch nehmen.


Die Folge | FMA7 | Bb7 | im 5. und 6. Takt des Parker-Blues ist eine ganz normale SDM Kadenz. Die kommt an dieser Stelle öfters im Blues oder in den Rhythm Changes vor.
Fm7 | Bb7 | , so wie Du es schreibst, ist nicht typisch für den Parker Blues. (siehe Freight Trane oder Blues For Alice).
Das Bb7 bildet die bVII7 (SDM Akkord) und löst sich trugschlußmäßig auf in den Tonika-Stellvertreter Em7.

Das Ganze von Takt 5 bis 9 sieht aus wie eine Dominantkette, muss aber auf jeden Fall sehr differenziert gesehen und vor allem auch differenziert gespielt werden. D.H. nicht jeder m7 ist Dorisch und nicht jede Dominante ist Mixo.


- würdest Du sagen, dass sich das ausschließt oder - in dieser Abfolge - beides zugleich gilt, also A7 zugleich als V7/IIm7 zum Dm7 und als SubV7/bVI zum Ab7 wirkt?
Probiere es aus. Spiele A7 als subV7/subV7/V7, also mit MM4 und danach mit HM5 als V7/IIm7.
Um den Kontext zu wahren wird man sich für letzteres entscheiden.

Und das Fm7 Bb7 deutet Baerman ja ebenfalls als (SubII SubV) zum nachfolgenden Dominantseptakkord, dem A7
Ich höre und analysiere dementsprechend. Wie willst Du in besagtem Kontext
Fm7 Bb7 als subIIm7 und subV7 von A7 hören?
Den 5. allentscheidenden Takt im Blues willst Du als subIIm7 von V7/II hören?
Im 5. Takt steht die Subdominante im Blues - und zwar wie ein Fels in der Brandung.
Dieser Akkord kann nur subdominantisch gehört werden. Und dementsprechend der 7. Takt mit der Tonika.
Du musst in so einem Fall immer vom Grundgerüst ausgehen.
Parker macht z.B. von Takt 1 bis 4 eine sequenzartige Vorbereitung zur Subdominante im 5. Takt.
Das muss man so hören und auch sehen. Wie sonst erklärst Du Dir die VIIm7(b5) im 1. Takt?

Also, immer den Überblick bewahren!
 
Ich will Euch keinesfalls den Spaß an der Analyse verderben oder dieses Anliegen infrage stellen. Ich mag hier nur meine ganz persönliche (!) Ansicht dieses Sachverhaltes geben, und die lautet wie folgt:

Es gibt (musikalische) Dinge, die werden nicht besser und auch nicht klarer dadurch, daß man sie (harmonisch) zu Tode analysiert. Der ParkerBlues ist eines dieser Dinge.

Der Blues hat bestimmte harmonische Eckpfeiler, die einfach sein MÜSSEN, damit es als Blues (an-)erkannnt wird. Und das sind Takt 1 als I, Takt 5 als IV, und Takt (9)/10 als (II) V. Alles andere KANN mehr oder minder sein, wie es mag.

Und ich empfinde die Takte 6 - 9 des ParkerBlues lediglich als eine besonders raffinierte (damals) neue Möglichkeit, um in möglichst vielen harmonischen Kleinschritten (II-V-Verbindungen) von IV nach II zu gelangen. Chromatisch verschobene II-V-Verbindungen hat Parker ja öfter mal wo eingestreut, um zusätzliche harmonsche Bewegung zu erzeugen, und um so kurz aus dem diatonischen Klangbild auszubrechen.
Das ist es. Viel mehr gibt´s da (für mich) nicht zu analysieren.

Den Takt 8 (Ebm7 - Ab7) jetzt zu zerlegen und sich darüber den Kopf zu zerbrechen, als was jeder der beiden Akkorde funktionsharmonisch interpretiert werden kann, geht meiner Meinung nach am Problem vorbei, bzw. wird nicht der Tatsache gerecht, daß hier der "Bauplan" (II-V- Verbindungen so lange nach unten chromatisch verschieben, bis man an einem der Eckpfeiler ankommt) die wichtigere Rolle spielt, als die Funktion der einzelnen Akkorde selbst.

Nur meine Meinung ...

LG
Thomas
 
Hi Turko,

im Prinzip stimmen wir überein. Nur, eine Analyse hat noch nie jemandem geschadet und gerade beim Parker Blues verlieren manche den Überblick (-> Wiki).
Es ging mir vor allem darum, das man die IIm7 V7 Kette vom 5. zum 10. Takt nicht einfach runter leiert, als hätten alle IIm7 V7 die gleiche Gewichtung.

Übrigens - Der einzig wirklich ewige Eckpfeiler (ich sprach davon) im Blues ist nur die Subdominante im 5. Takt.
Auch der 1. Takt kann ersetzt werden (siehe Parker-Blues).
 
Also, immer den Überblick bewahren!

Leicht gesagt! Die VIIm7(b5) habe ich hier in Takt 2 als II-7/VI-7 - wobei ich diese Akkordfolge sowohl als "Bird Blues" als auch als "Blues for Alice" vorliegen habe. Haben wir wieder unterschiedliche Noten?

Die Folge | FMA7 | Bb7 | im 5. und 6. Takt des Parker-Blues ist eine ganz normale SDM Kadenz. Die kommt an dieser Stelle öfters im Blues oder in den Rhythm Changes vor.
Fm7 | Bb7 | , so wie Du es schreibst, ist nicht typisch für den Parker Blues. (siehe Freight Trane oder Blues For Alice).
Das Bb7 bildet die bVII7 (SDM Akkord) und löst sich trugschlußmäßig auf in den Tonika-Stellvertreter Em7.

Im 5. und 6. Takt habe ich nicht FMA7 Fm7 sondern F7 Fm7. Ist es dennoch eher die SDM-KAdenz?

Fm7 Bb7 als subIIm7 und subV7 von A7 hören?
Den 5. allentscheidenden Takt im Blues willst Du als subIIm7 von V7/II hören?

Nein, Baermann nennt doch Takt 6, Fm7, als II-7/V7/II-7 - s.o.

Probiere es aus. Spiele A7 als subV7/subV7/V7, also mit MM4 und danach mit HM5 als V7/IIm7.
Um den Kontext zu wahren wird man sich für letzteres entscheiden.

Eindeutig.

Das Ganze von Takt 5 bis 9 sieht aus wie eine Dominantkette, muss aber auf jeden Fall sehr differenziert gesehen und vor allem auch differenziert gespielt werden. D.H. nicht jeder m7 ist Dorisch und nicht jede Dominante ist Mixo. [...] Es ging mir vor allem darum, das man die IIm7 V7 Kette vom 5. zum 10. Takt nicht einfach runter leiert, als hätten alle IIm7 V7 die gleiche Gewichtung.

Ist auch schöner so. Insofern finde ich die Deine These, Turko, dass hier nur II-V-Verbindungen verschoben wurden, auch nicht weiterführend - selbst wenn Parker es vielleicht so gemacht hat.



BirdBlues - Scales.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Ordnest Du die verminderten Quintfälle auch funktionsharmonisch den Quintfällen zu - im Sinne einer ähnlichen Schlusswirkung? Oder ist es eher eine Möglichkeit der Ausweichung mit dem beschriebenen "harmonischen Band"?

M.E. ist die Quintfallsequenz nicht wirklich funktionsharmonisch zu erklären. Sie ist eben eine Sequenz und keine Variante einer Kadenz. Einer Sequenz wohnt das Bestreben inne, immer weiter zu machen und nie aufzuhören. Das Gegenteil trifft auf die Kadenz zu. Sie möchte Schluß machen und das möglichst überzeugend.

Die verminderten Quintfälle im o.g. Beispiel unterscheiden sich vom verminderten Quintfall in der Diatonik. Der letztere wird ja mit einer b5 realisiert. Dieses Intervall taucht aber in keinem Akkord der diskutierten Takte 6 bis 9 auf.

Ich sehe das in diesen Takten drei Mal analog angewandte Verfahren als eine gute Möglichkeit, in andere Tonarten auszuweichen. Durch das erwähnte "harmonische Band" je zweier gleichklingender Akkordtöne verschafft der jeweiligen Akkordfolge eine Plausibilität. So wird erreicht, daß die eigentliche Fremdheit der neuen Tonarten akzeptiert wird.

Ein interessanter Trick um in entfernte Tonarten zu gelangen bzw. um die Musik harmonisch reichhaltig zu gestalten.

Es gibt (musikalische) Dinge, die werden nicht besser und auch nicht klarer dadurch, daß man sie (harmonisch) zu Tode analysiert.

Meine Meinung ist, daß erst dann etwas "zu Tode" analysiert ist, wenn es nichts sinnvolles mehr zu analysieren gibt. Das trifft auf das diskutierte Beispiel nicht zu. Wir sind ja hier im UF "Harmonielehre, Analyse". Also zerlegen wir doch, was das Zeug hält!

Die Anatomen haben durch die Sektion ungeheuer viel über den Aufbau des menschlichen Organismus gelernt. Analog können wir viel darüber lernen, wie Stücke interessanter Komponisten aufgebaut sind. Das schadet nicht, sondern es kann sehr dabei helfen, neue Kompositionen zu erstellen. Da können die erkannten Bauprinzipien nämlich u.U. gut angewandt werden.

Diese Kenntnisse allein machen allerdings noch keine gute Komposition aus, denn dazu bedarf es noch den Sinn für das Ganze. Ein überzeugendes Ganzes (bzw. Gestalt) ist immer mehr als die Summe seiner Teile.
Doch ohne, zumindest die intuitive Kenntnis wichtiger Teile wird man auch keine überzeugende Gestaltung einer Komposition hinbekommen.

In der gesamten Akkordfolge sehe ich folgende Prinzipien verwirklicht:

Cmaj7 - B-7(b5): Stufenbewegung unter Beibehaltung der Diatonik.
B-7(b5) - E7: Quintfall, allerdings ausgehend vom Halbverminderten. Das "harmonische Band" zweier Töne unterstützt die Plausibilität der Akkordfolge.
Es folgen Quintfälle, teilweise findet die Variante (Moll<->Dur) Verwendung - von Takt 5 auf 6 sogar hintereinander.
Bis Beginn von Takt 11 hatte ich oben schon analysiert.
Takt 11: Cmaj7 - A7: Ansatz einer chromatischen Modulation (c -> c#). (Wieder "harmonisches Band" aus zwei Tönen.)
Es folgen abermals Quintfälle, bis der Ausgangsakkord wieder erreicht werden kann.

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Moin Klaus,

die Sequenz-Kadenz-Unterscheidung leuchtet mir ein. Wenn Du nun die Abfolge von Fm7 Bb7 Em7 A7 Ebm7 Ab7 Dm7 als Sequenz deutest, dann leitest Du die Chordscales vermutlich anders als oben über die kadenzielle Funktion her, oder - ?

Gruuuß,
Heiner
 
Die VIIm7(b5) habe ich hier in Takt 2 als II-7/VI-7 - wobei ich diese Akkordfolge sowohl als "Bird Blues" als auch als "Blues for Alice" vorliegen habe. Haben wir wieder unterschiedliche Noten?
Diatonische Akkorde werden als solche angegeben. Falls Sie diatonisch sind und in einen IIm7 V7 Pattern verwickelt sind haben sie Dualfunktion.
Der 2.Takt heißt also: | VIIm7(b5) V7/VIm7. Den IIm7 V7 Pattern macht man mit darunter liegenden Brackets deutlich (siehe meine Analyse).



Im 5. und 6. Takt habe ich nicht FMA7 Fm7 sondern F7 Fm7. Ist es dennoch eher die SDM-KAdenz?
Ja. Wichtig ist, dass es Dur ist.



Nein, Baermann nennt doch Takt 6, Fm7, als II-7/V7/II-7 - s.o.
Beide Akkorde in Takt 6 haben SDM Qualität und werden daher auch in der Analyse als solche bezeichnet. Also IVm7 und bVII7.



Hallo Klaus,

Du schreibst: "M.E. ist die Quintfallsequenz nicht wirklich funktionsharmonisch zu erklären. "

Diese besagte Quintfallsequenz ist durch und durch harmonisch zu erklären.
Hier ihre Entstehungsgeschichte:


Ur-Blues Schema:
12-Bar Blues1.jpg




Aus 2 Takten Subdominante wird eine Subdominantmoll Kadenz (Takt 5 und 6)
Aus 2 Takten Dominante wird eine IIm7 V7 Verbindung. Dominante wird subdominantisch vorbereitet.(Takt 9 und 10)

12-Bar Blues2.jpg







In Takt 6 wird ein zusätzlicher SDM Akkord hinzugefügt. Beide Akkorde im Takt 6 haben die gleich SDM Funktion.
In Takt 7 wird die Tonika durch ihren diatonischen Stellvertreter ersetzt. Dieser IIIm7 Stufe folgt eine Sekundärdominante die sich nach IIm7 auflöst. Dadurch wird IIIm7 zum Dual Function Chord. Es entsteht in den Takten 7 und 8 die vormals tonisch waren (I7) ein weiteres IIm7 V7 Pattern.

12-Bar Blues3.jpg




Das 2-taktige IIm7 V7 Pattern in Takt 7 und 8 wird auf Takt 7 komprimiert. Im nun freien Takt 8 kommt die Doppeldominante, bzw. deren Tritonus-Substitut, das sich erst verzögert im Takt 10 auflöst. Der IIm7 Akkord in Takt 9 gilt nun als interpoliert.
Das Tritonus-Substitut in Takt 8 wird durch seine rel.IIm7 vorbereitet.

12-Bar Blues4.jpg




Das war's
 
Korrigierte Fassung nach Cudos Beitrag #15:
BirdBlues - Scales.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
die Sequenz-Kadenz-Unterscheidung leuchtet mir ein. Wenn Du nun die Abfolge von Fm7 Bb7 Em7 A7 Ebm7 Ab7 Dm7 als Sequenz deutest, dann leitest Du die Chordscales vermutlich anders als oben über die kadenzielle Funktion her, oder - ?

Normalerweise schon, dann würde ich auf die entsprechenden dorisch/mixolydisch-Skalen kommen. Doch ich habe oben nur einen Ausschnitt betrachtet und das interessante Muster erkannt. Wenn man die Akkordfolge jedoch insgesamt anschaut und den Bezug zur Ausgangstonart sieht, so trifft wohl das zu, was Cudo schreibt. E-7 in Takt 7 würde man tonisch hören und so gesehen wäre phrygisch plausibel.
Unter dem Aspekt der Gesamtbetrachtung hätten nicht alle IIm7 V7 die gleiche Gewichtung, wie Cudo anmerkte.

Du schreibst: "M.E. ist die Quintfallsequenz nicht wirklich funktionsharmonisch zu erklären. "

Das war primär auf den allgemeine Fall bezogen, der hier aber weniger eine Rolle spielt.

Ich erläutere trotzdem meinen ursprünglichen Gedanken, weil er in anderen Fällen eine größere Rolle spielen kann:

Ganz krass wäre es, wenn man die reale Quintfallsequenz funktionstheoretisch deuten wollte:
C F Bb Eb Ab Db Gb/F# B E A D G C

Da müsste man Dominanten bzw. Subdominanten x-ten Grades bemühen. Manchem wir ja schon bei der Tripeldominante ganz schlecht. :weird: Die viel einfachere Erklärung wäre, in der Akkordfolge das Muster einer Sequenz (von Quintfällen) zu erkennen.

Auch bei der tonalen Quintfallsequenz, z.B.
Am Dm G C F bv E Am könnte man die bekannten Funktionen zur Erklärung heranziehen (z.B. t, D, s, tP, sP, Dominante ohne Grundton). Auch hier ist für die Erklärung das einfache Muster des tonalen Quintfalls zu sehen, mit zwei Abweichungen: Einführung eines Leittons zur Tonika und den Fall um eine verminderte Quinte, was die Kette auf sieben Akkorde begrenzt.


Danke für die Herleitung der Akkordfolge und Deine Erklärungen, für die einiges spricht und denen ich im Kontext Jazz/Blues/Parker vertraue.
Ein bisschen kompliziert ist die Erklärung ja schon, aber geht bei komplexeren Akkordfolgen eben nicht anders und sie liefert offensichtlich auch die richtigen Chordscales.

Jedenfalls eine interessante Akkordfolge, bei deren Analyse man maches mitnehmen kann. :)

Viele Grüße
Klaus
 
Ok, Funktionen und Chordscales fasse ich jetzt so im Schema zusammen - bVII7 nimmt hier MM4, oder?

Anhang anzeigen 417978

Fehler:

2. Takt: VIIm7(b5) und nicht IIm7 da diatonisch!
V7/VIm7 bekommt Pfeil hin zur Auflösung

3.Takt: D7 = (V7/V7) in Klammer da V7 nicht wirklich kommt.
(V7/V7) bekommt trotzdem Pfeil da quintweise Auflösung.

4.Takt: Gm7 bekommt keine röm. Ziffer da nicht-diatonisch. Es wird nur durch die Klammer mit C7 verbunden und dadurch erklärt.
V7/IV bekommt Pfeil hin zur Auflösung

7.Takt: A7 bekommt durchgezogener Pfeil hin zur Auflösung (= D7)

8.Takt: Ebm7 bekommt keine röm. Ziffer da nicht-diatonisch. Es wird nur durch die Klammer mit Ab7 verbunden und dadurch erklärt.

9. zum 10. Takt Brackets

11. Takt: A7 = V7/IIm7 bekommt Pfeil hin zur Auflösung.

12.Takt: G7 = V7/I bekommt Pfeil hin zur Auflösung
Dm7 G7 bekommt Bracket.

Die Bracket nicht so kurz sondern so wie in meiner Grafik weiter oben.


Allgemein:

gestrichelter Pfeil = halbtonweise Auflösung nach unten
durchgezogener Pfeil = ganztonweise Auflösung nach unten

gestrichelte Brackets = Sekundfall
durchgezogene Brackets = Quintfall
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für Deine Geduld, Cudo... korrigierte Fassung siehe oben #13.

Gruuuß,
Heiner
 
Mag die Harmonik kompliziert sein, es klingt saugut ^^

Bin auch der Meinung, dass der Song wunderbar (funktions-)harmonisch erklärt und gehört werden kann.
Eine Frage zur Akkordstellung - Voicing: Die verminderten Quintfälle ab Takt 6 B(b) => E, A => Eb usw. klingen doch mit Grundton ausgespielt nicht so toll, oder? Welche Akkordstellungen wählt man in da am besten? Z.B. vom Ebm7 auf Ab7 hätte man bei Oktavlage und Terz im Bass doch einen gemeinsamen Ton , eb, als harmonisches Band. Also, welche Akkordstellungen wählt man am besten?
 
Jetzt sitmmt's Heiner.

RMACD, bei Quint- und Quartfortschreitungen (auch vermindert) gilt Folgendes:

Stimmfuehrungsregeln.jpg

Gebräuchlich sind Oktav- (None) und Quintlage (Tredezime).

 
Gebräuchlich sind Oktav- (None) und Quintlage (Tredezime).

Wie wird der Grundton platziert? (Vierklänge mal angenommen)

Wenn grundstellig und Oktavlage: der Grundton müsste ja oktaviert verdoppelt werden

Ich übersetze das Bild wie folgt: Grundton bleibt im Quintfall liegen und wird Quinte, also Quinte im Bass und evtl. neuer Grundton oktaviert?
=> Kollidiert aber dann mit der Terz des Vorgängers (bei Major-Akkord), da dann Terz bzw. neue Septime im Halbtonabstand zusammenliegen.

Quartfall: Die Terz des (Dur)Vorgängers wird einen Halbton nach oben in die Septime geführt: Richtig?
(Bei sus4 bleibt der Ton einfach liegen)

Was ist mit der 6 in Klammern? Alternativ also die Terz als Sexte liegen lassen und nicht in die Septime führen? Also Folgeakkord Sextakkord?

Im kleinen Bild ganz oben: T9 bleibt liegen und wird zu T13? (Quintfall)
und bei Quartfall: T1 bleibt liegen und wird T11? Was ist dann mit der Terz? suspendiert?
 
Wie wird der Grundton platziert? (Vierklänge mal angenommen)
Der Grundton kann natürlich in jeder der 4 Stimmen vorkommen.

Die kleine Grafik sagt übrigens weiterhin aus:

Grundton wird ersetzt durch None
Terz wird ersetzt durch sus4
Quinte wird ersetzt durch Undezime und Tredezime
Sept wird ersetzt durch Sexte




Wenn grundstellig und Oktavlage: der Grundton müsste ja oktaviert verdoppelt werden
Bei Vierstimmigkeit (3 5 7 1) ist er dann nur im Diskant. Ein MA7 Akkord in Oktavlage ist nicht möglich wegen der kleinen Sekunde zwisch 1. und 2. Stimme!
Oft (bei Piano Voicing) ist der Grundton aber im Bass verdoppelt.

Ich übersetze das Bild wie folgt: Grundton bleibt im Quintfall liegen und wird Quinte, also Quinte im Bass und evtl. neuer Grundton oktaviert?
Bei Quart/Quint-Fortschreitung geht derGrundton zur Quinte oder zur Tredezime oder zur Undezime und umgekehrt.

=> Kollidiert aber dann mit der Terz des Vorgängers (bei Major-Akkord), da dann Terz bzw. neue Septime im Halbtonabstand zusammenliegen.
Halbtöne zwischen den Stimmen sind nur zwischen 1. und 2. Stimme nicht gut. In so einem Fall würde man die Septime durch die Sexte ersetzen.

Quartfall: Die Terz des (Dur)Vorgängers wird einen Halbton nach oben in die Septime geführt: Richtig?
(Bei sus4 bleibt der Ton einfach liegen)
Richtig

Was ist mit der 6 in Klammern? Alternativ also die Terz als Sexte liegen lassen und nicht in die Septime führen? Also Folgeakkord Sextakkord?
Richtig. Aber nicht Sextakkord sondern Sixte Ajoutee.


Im kleinen Bild ganz oben: T9 bleibt liegen und wird zu T13? (Quintfall)
und bei Quartfall: T1 bleibt liegen und wird T11? Was ist dann mit der Terz? suspendiert?
Richtig.
Das "T" steht für Tension. T1 gibt es nicht.
bei Quartfall: Grundton bleibt liegen und wird T11
Die Sept geht zur Terz oder zur sus4.



Zur Graphik:

Gebräuchliche Comping-Form für Klavier.
Der Basston folgt nicht den Regeln sondern bildet immer den Grundton.
Der A7 ist deswegen nach oben gelegt, damit er sich "richtig" in's Dm7 auflöst (Wiederholungszeichen)

A-Form und B-Form sind Begriffe aus einem der ersten Jazz-Theorie Büchern. John Mehegan, der Autor, prägte diese Begriffe, die nichts anderes aussagen als dass die Kadenz in Quint- bzw. Oktav-Lage anfängt.
Bei strikter Einhaltung der Regeln wechseln sich bei Quint/Quart-Fortschreitung die Lagen immer ab.
drop2ab.jpg
 
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