Okay, Provokation... der Prüfer, dem ich bald wieder gegenüber sitzen werde, hat mir beim Erstantritt gesagt, dass ich eine Frisur wie Justin Bieber habe - damit hat er mich etwas genervt.
Ich LIEBE provokante Texte. Ich liebe Perversion, ich liebe das Abartige, ich liebe es zu entdecken, wie tief die menschlichen Abgründe sein können. Das geht selten einfach so - das sieht man meistens mit Provokation.
Also, provoziere, Chaosrocket! Was lese ich?
"Freche Lieder, harte Provokation, schlagen ein wie Bomben, reine Wortreflektion" - nein, da packt mich nichts, gar nichts. Freche Lieder hat Otto Waalkes mit 11 Jahren geschrieben (der Abspülblues war es wohl), ansonsten leere Worte, nichts dahinter.
"Teufelsmusik wirkt wie ein Gewitter" - ich mag Gewitter, vor allem wenn ich drinnen sitze. Ein Gewitter macht mir keine Angst, nicht einfach so.
"gefährlich wir Terroristen, waffenreife Worte, stiften überall Unruhe, das ist aus uns geworden" - Das mit den Terroristen ist schon mal ein Anfang, das ist tatsächlich etwas Heftiges - stiften Unruhe verbinde ich zwar wieder mit dem jungen Otto Waalkes, aber hey, jetzt passiert was, oder?!
"letzten Rebellen, Meinungskrieg, halten nicht die Schnauze, unser Siegi st Ziel" - das am Ende klingt ein bisschen nach Nazisprech, sonst finde ich nichts viel Provozierendes da. Und Nazisprech ist zumindest für mich eigentlich nur dumm, wenn man es nicht gerade richtig aufbereitet, damit es doch noch einschlägt.
Naja, also, provoziert fühle ich mich nicht. Ich meine, es ist lieb, was da so steht... bisschen austauschbar, naja... okay: wogegen willst du rebellieren? Was willst du provozieren? Das ist alles so Wischiwaschi bei dir, da steckt nichts dahinter, nichts, was uns packt. Dir gelingt es nicht, dieses wilde Feuer in dir, diese WUT, diesen ZORN in deine Texte zu bringen! Das heißt nicht, dass du allgemein unfreundlich sein musst, nein - aber diesen Teil von dir, der HASST, der es NICHT AUSHÄLT was teilweise abgeht, den musst du direkter rauslassen!
Beispiel, weil du Päderasten angesprochen hast:
Wenn du sagst "Scheiß Kinderficker, ihr gehört ins Gefängis und eure Schwänze abgehackt!", wird man eher mit den Schultern zucken - das hört man fast täglich am Stammtisch, und wirkt nicht provozierend, eher oberflächlich. Wenn du dagegen ein bisschen Kontext veränderst:
"Ich sehe dein Gesicht im Fernsehen, ich weiß, sie haben dich verurteilt. Und ich nicke und sage: das hat der Staat gut gemacht! Und in der Nacht nehm ich die Messer, in der Nacht werd ich dich finden, festbinden und zeigen, warum man keine Kinder anfassen soll, du Arsch!" DAS ist effektiver, weil du ein zwiespältiges Gefühl in den Menschen ansprichst: dass man trotz aller Vernunft, dass der Staat es regeln soll, doch lieber die Lynchjust einführen sollte bei manchen. Das ist kontrovers, und provoziert daher!
Natürlich kannst du noch weiter gehen mit den Provokationen - wenn ich es drauf anlege, würde ich wohl ein Lied verfassen, weilches glaubhaft schildert, weshalb Päderasten eigentlich nichts Falsches und den Kindern nur Gutes wollen. Oder von einem Ausländer erzählen, der tatsächlich nur da ist, um den Sozialstaat auszubeuten (wobei das dann tatsächlich realistisch geschildert werden muss, damit es resoniert).
Also, versuch ein bisschen mehr darüber nachzudenken, bevor du etwas schreibst. Stammtischgegröhle ist nur der erste Schritt - willst du wirklich unter die Haut der Leute, musst du das behutsam. Und der Rocker, der aufgestanden ist, um der Großmutter den Platz anzubieten, haut daraufhin dem Normalo eine rein, weil er es nicht gemacht hat, spuckt auf ihn - und verabschiedet sich mit einem höflichen Lächeln von der Großmutter.
(So, wünscht mir alle Glück, um 17 Uhr hab ich meine Prüfung heute!
)