Um es vorwegzunehmen: Ich hab nur 2 Workshops von 5 besucht, und nur 2 Konzerte von 7. Ich kann also nur auszugsweise berichten. Ein anderer hat vielleicht ganz andere Eindrücke bekommen.
Also, dann mal. Ich bin aus Bochum angereist (3h pro Weg insgesamt). Ohne Bass, was sich als richtige Entscheidung rausgestellt hat. Angekommen bin ich kurz nach 12, und bin dann ziemlich zügig zu Markus' Workshop, der ganz klar an Anfänger gerichtet war. Markus ist live wesentlich entspannter als in seinen Video Tutorials, und etwas weniger albern, aber durchweg gut gelaunt und humorvoll, und sehr nett. Er hat alle, mit oder ohne Instrument, in seinen Workshop eingebunden, und die Stimmung war sehr gut. Er hat sinnvolle fundamentale Übungen ausgewählt, die man sofort im Workshop nachvollziehen kann, an denen man aber auch zu Hause eigentlich sein ganzes Bassistenleben arbeiten kann. Inhalt und Präsentation waren wirklich sehr gut, hat mich sehr beeindruckt. Für Anfänger auf jeden Fall empfehlenswert, und für Profis eine gute Gelegenheit, ihre Übungspraxis auf Lücken abzuklopfen. Nach dem Workshop hatte man die Gelegenheit, direkten Kontakt aufzunehmen, da die Workshops stündlich angesetzt waren, aber zwischen zwei Räumen hin- und herwechselten.
Danach war ich bei Zeca de Oliveira's Workshop "Improvisation/Harmonielehre". Beides zusammen in einer Stunde? Wie soll das gehen? Gar nicht, aber es gab Appetitanreger. So lief das ab: Der Meister hat zwei längere Solo-Stücke (improvisiert?) auf seinem 7-Saiter vorgetragen. In diesen Stücken kamen viele verschiedene rhythmische, harmonische und skalenbezogene Versatzstücke vor, die ich mal in die Rubrik "Impro-Material" einordne. Wer Ohren hatte zum hören, wurde hier gut bedient. Die anderen konnten sich einfach nur berieseln lassen durch den Klang dieses besonderen Instruments (Tiefe H Saite, zum B verlängert, zwei hohe Saiten in Gitarrenstimmung, h/e). Danach ging es um Harmonielehre. Es wurden melodisch Moll, Pentatonik, Blues-Tonleiter, und einige moegliche Substitutionen vorgestellt (C melodisch moll über E melodisch moll). Es ist natürlich eine Herkules-Aufgabe, in einer Stunde diese Thematik überhaupt nur anzureissen, und ein Anfänger konnte hier sicherlich nur wenig mit nach Hause nehmen ausser eine ganze Menge Arbeit
Für Profis gab es einen interessanten Einblick in de Oliveira's Zugang zur Harmonik, und auch hier hat sich der Meister nach dem Workshop ordentlich Zeit gelassen, um einige Details unter wenigen Augenpaaren zu klären.
Beide Workshops waren gerammelt voll (alle Stühle und Stehplätze besetzt) und gingen eine Stunde. Das man unter solchen Bedingungen nicht viel machen kann, liegt auf der Hand. Ich konnte bei beiden Workshops die eine oder andere frische Idee mit nach Hause nehmen, und mehr kann man m. E. hier nicht erwarten.
Von den Konzerten habe ich nicht viel mitbekommen. Am meisten noch von Markus' Trio, was mich musikalisch nicht so angesprochen hat, aber es ist auch nicht meine stilistische Heimat, daher will ich das gar nicht kritisieren. Immerhin hat Markus am Bass einige technische Tricks im praktischen Zusammenhang vorgestellt, was in so einem Rahmen ja durchaus erlaubt sein sollte. Auch haben die Musiker im Trio miteinander kommuniziert, und gute Laune verbreitet.
Die Aussteller waren vorwiegend Edelbass-Hersteller (Ritter, Marleaux) und hochwertige Verstärker/Boxen (MarkBass, EBS, Eden, Hartke). Tja, so schwer mir der Anblick eines einzelnen Ritter-Basses fällt, umso mehr kann ich auf nen ganzen Haufen davon gerne verzichten, auch wenn sie eine gewisse magnetische Anziehungskraft haben. Ich hätte mich gefreut, Ibanez mit dem SR Prestige und der Promethean Line zu sehen, und generell mehr Spielzeug in der Geldbörsefreundlichen Preisklasse. Auch das Koyabu symmetric board "tiny" hat mich kalt gelassen. Statt exotischer Aussenseiter hätte ich mir lieber mehr akustische Bässe und warum nicht auch Kontrabässe gewünscht, zum Beispiel portable Kontrabässe (z.B. Eminence). Dennoch, ich will hier keinen Verschrecken, die Aussteller tragen sicher mit zum Erfolg eines solchen Tages bei, und gucken kost ja nix. Edelbässe zum Satt-sehen waren jedenfalls vorhanden.
Eine kleine Entdeckung von mir ist der
Bass-Mute des niederländischen Bass-Bauers Ellio Martina. Einfach zu installierendes und bedienendes Konzept, mit zwei Mute-Stufen plus Bypass für 100-120 EUR. Da könnt ich schon schwach werden... Ellio selber war anwesend und hat meine Fragen beantwortet, und ausserdem noch aus seinen Anfängen in den 60er Jahren erzählt (Pickup-wickeln auf dem Schallplattenspieler etc).
Es gab ein Gewinnspiel, bei dem man ein Bassmodell und die Marke blind ertasten musste, und warum nicht? Ein kurzweiliger Zeitvertreib zwischen den Workshops oder Konzerten. Ich hab natürlich nix gewonnen, aber ein 10-jähriges Kind hat "Bass" geraten und sich so einen Sonderpreis ergattert (ein Jahres-Abo des Bass Professors), der ihm auch nicht aberkannt wurde, nachdem er zugegeben hat, E-Gitarre zu spielen
Victor Wooten's Auftritt war natürlich der krönende Abschluss. Die Schlagzeugerin aus Spanien (hat jemand den Namen behalten?) sah nicht nur gut aus, sondern hat auch tight gespielt und ordentlich Dampf gemacht. Ich wünschte mir, dass sie sich ein bischen mehr zugetraut hätte. Die ersten beiden Stücke hat sie sich ein bischen hinter Victor versteckt. Erst beim dritten Stück, als Victor einfach aufgehört hat zu spielen
, hat sie sich als Solistin gezeigt. Das Publikum hat es ihr gedankt, und auch Victor hat ihre musikalischen Ideen aufgenommen und dann auf dem Bass umgesetzt. Die Kommunikation zwischen den beiden klappte gut. Es handelte sich um Improvisationen (sie hatten Jahre zuvor das letzte mal miteinander gespielt). Victor hat alle seine Tricks mal eingesetzt und gezeigt (zumindest ist mir nichts aufgefallen, das gefehlt hätte). Von der Double-Thumb-Technik zum Bending Flageolett zum chorusartigen stehenden Ton durch stetiges Bending, und vieles mehr. Dann wurden Fragen beantwortet, wobei die meisten Antworten auch in seinem Buch, seiner Groove Workshop DVD und seinem ganzen anderen Material zu finden sind. Zum Schluss wurde anhand von Amazing Grace die Wichtigkeit von Pausen und Dynamik verdeutlicht, und der Abend hörte für mich um 20.00 Uhr auf, nicht aber für Victor, der sicherlich noch ne ganze Weile Autogramme gegeben hat und für Fotos geposed hat.
Es wurde bereits bekannt gegeben, dass nächstes Jahr ein zweites Feel The Bass stattfindet, wieder an der Popakademie, dann aber mit mehr Räumlichkeiten. Die Veranstalter und Organisatoren waren von dem Erfolg sichtlich begeistert. Die grösseren Räumlichkeiten sind auch bitter notwendig, denn die Rahmenbedingungen waren teilweise durchaus schwierig bis geradezu erbärmlich. Das darf man ruhig sagen, denn nächstes mal soll es ja besser werden, und es handelt sich hier um nix, was man nicht auf recht einfache Art und Weise besser machen könnte: Die Workshopräume waren schlichtweg zu klein und brauchen bessere Belüftung. Es sollte zeitlich möglich sein, direkt aufeinanderfolgende Workshops zu besuchen (was durch selbstverschliessende Türen verhindert wurde, die zudem für ein sauerstofffreies Raumklima gesorgt haben
). Die "Mainstage" war ein Witz: Ein kleines Podest in einem Bistro im 5.ten Stock eines anderen Gebäudes, 50m von der Popakademie entfernt. Die Akustik war nicht gut, und es gab eigentlich gar keinen Platz für Publikum, dass sich irgendwo zwischen Ledersesseln, Tischen, Theke, Bühne und Essen-balancierenden Kellnern aufhalten musste. Und hier sollte Victor Wooten auftreten? Tatsächlich tat er dies nicht, denn es gab noch eine gut getarnte Bühne im Aussteller-Raum, die kurz vor seinem Auftritt für ihn freigeräumt wurde, aber das wurde erst im letzten Moment kommuniziert. Als Wooten also seinen Soundcheck hatte, kam erst dann auf der "Mainstage" im Bistro die Nachricht an, dass er ganz woanders spielt. Das muss besser gehen!
Darüberhinaus war mir alles irgendwie zu laut. Für die schlechte Akustik im Bistro konnte Markus' Trio nichts, aber wenn die Snare und die Bass Drum des Schlagzeugs von den Glockenklangboxen der Bassanlage mitgespielt wird, muss man halt reagieren und Dämpfen, was das Zeugs hält. Bei Victor Wooten's Auftritt war das Schlagzeug genau richtig, aber der Bass zu laut, zumindest wenn er gelooped wurde. Dann gaben die Boxen der PA einfach auf und machten hier und da nur noch krtscht. In dem winzigen Raum war es einfach unsinnig, das letzte aus den Boxen rauszukitzeln.
Ich kenn mich mit musikalischen Events dieser Art sonst nicht so aus, daher kann ich nicht vergleichen. Ich kenn mich allerdings mit Konferenzen/Workshops aus anderen Bereichen aus. Wem das Angebot hier nicht zugesagt hat (nullchecker, ich guck dich jetzt nicht direkt an, aber in deine Richtung
), dem kann man ja eigentlich nur nahelegen, sich selbst zu engagieren. Wäre es undenkbar, einen Raum zu bekommen für einen Musiker-Board Workshop/Jam-Session in Eigeninitiative? Das könnte ein Gegengift zu den überfüllten Workshops der Profis sein, von denen man nie im Leben genug engagieren könnte, um alle Level gleichermassen zu befriedigen. Mit einem etwas anspruchsvolleren Workshop Programm und besseren Auftrittsbedingungen für die Bands könnte der nächste Feel the Bass Tag zum echten Knüller werden.