Erlebte Musikgeschichte - wie habt ihr die Veränderungen in der Musik wahrgenommen?

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PVaults
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Wie habt ihr die Veränderungen in der Musik im Laufe eures Lebens wahrgenommen?

Diese Frage ist eher an die älteren User gerichtet. Mich interessiert euer subjetiver geschichtlicher Blickwinkel. Mich interessiert nicht nur, wie sich die Musik musikalisch verändert hat, es interessiert mich vor allem auch die gesellschaftliche, kulturelle, soziologische Seite und alles, was irgendwie dazugehört.

Vielleicht habt ihr Erinnerungen noch aus den frühesten Kindheitstagen, aus den Zeiten vor und während des Krieges, welchen Einfluß hatte der Wiederaufbau, die revolutionären 60er Jahre, die flippigen 70er usw. - einfach alles, was es braucht, um die Musik dieser Zeit zu erklären.

Ich bitte darum, gerade persönliche Eindrücke zu schildern, auch wenn diese sicher sehr unterschiedlich gewesen sein mögen, was aber sicher einen besonderen Reiz dieses Themas ausmachen würde.

Also: Bitte an die Startrampe, Finger wetzen und los...
 
Eigenschaft
 
Auch wenn ich mich mit meinen einundvierzig Lenzen noch nicht zu den älteren Usern zähle (allenfalls zu den mittelalten) möchte ich mich hier gerne einbringen.

Wenn ich den Erzählungen meiner Mutter glaube, war ich der ganzen Schlagermusik, die meine Eltern in den frühen 70ern hörten, nicht besonders zugetan. Einzig "Die Maschen der Mädchen" von Chris Roberts muss mich fasziniert haben. So plärrte ich im zarten Alter von 4 Jahren:

Die Bluse der Lisa
die war eine Wonne
und dann wenn ich sie sah,
sah ich die Sonne.
Ihr Rock, der war mini,
wie ich darauf stehe,
Doch dann im Bikini
sprach sie von der Ehe.

Durch meine älteren Geschwister wurde ich rasch an andere Musik herangeführt. Mein Bruder hörte Deep Purple, Janis Joplin und Cream, das ganze klassische Rockprogramm, während meine Schwestern amerikanische Country-Musik mochten.

Jedem Tierchen sein Plaisirchen. So drangen also auch Jim Reeves und Hank Williams an mein Ohr. Ich erinnere mich, dass meine Schwestern öfter Streit mit meinem Vater hatten, wenn sie erst spät aus ihrem "seltsamen Cowboy-Club" im nahen Hannover kamen. Ich fand, sie sahen toll aus in ihren stilechten Cowgirl-Kleidern und den halbhohen Stiefeln.

Ich war zu dem Zeitpunkt noch zu klein, um auf die Piste zu gehen, wäre vermutlich aber lieber mit meinem Bruder losgezogen. Der hatte gerade seinen Führerschein gemacht und sein erstes eigenes Auto angeschafft. Einen 57er Olympia-Rekord mit Lenkradschaltung, Bandtacho und Panoramascheiben.
Mir fällt im Nachhinein auf, dass das gute Stück gerade mal 15 Jahre alt war, in meinen Augen aber damals wie ein seltener Oldtimer anmutete. Heute sind 15-jährige Autos nichts Besonderes mehr. Geht das nur mir so?

Der Wagen hatte ein nachgerüstetes Kassetten-Radio von Blaupunkt. Es muss eins der ersten Geräte dieser Art gewesen sein und war damals teurer als der gebrauchte Opel. Ich erinnere mich an meine ersten "Fahrstunden" auf dem Schoß meines großen Bruders. Er gab Gas und bremste, ich drehte an dem riesigen Lenkrad und betätigte die Hupe. Jimi Hendrix spielte dazu Purple Haze. "Excuse me, while I kiss the sky!"

Wenige Jahre später war mein Bruder zuhause ausgezogen, hatte seine eigene Junggesellenbude. Er war leider weiter weggezogen, als ich mit meinem silbernen Bonanza-Fahrrad (mit Drei-Gang-Mittelschaltung!) fahren konnte. Also musste ich als junger Musikfreund wieder die Schlagertöne meiner Eltern ertragen. Meine Haare waren mittlerweile länger als die meiner Schwestern.

Meine ältere Schwester hatte sich kurze Zeit später ebenfalls entschlossen sich eine Wohnung zu suchen und glücklicherweise ihre ganzen Country-and-Western-Platten mitgenommen. So blieb der Jüngeren nur, sich musikalisch umzuorientieren. Sie hatte damals ein paar Schallplatten, die ich heimlich auf ihrem Plattenspieler hörte, wenn sie nicht da war. "Relics" von Pink Floyd und das blaue Beatles-Doppelalbum mit dem Titel "1967-1970".

Ihre Dual-Stereoanlage hatte sie zu Weihnachten bekommen. Ich erinnere mich noch, wie sie sich über das Radio und den vollautomatischen Plattenspieler (beides in weiß) gefreut hatte. Ich "erbte" dieses "HiFi nach Norm DIN 45500", als sie mit ihrem ersten Freund zusammenzog.
Das war Ende der 70er, als "Grease" mit John Travolta und Olivia Newton-John in die deutschen Kinos kam. Meine Schwester schenkte mir den Soundtrack zu Weihnachten. Ich war zehn und wollte diesen Film sehen, denn das Filmauto des Protagonisten, der "Greased Lightnin´", erinnerte mich von der Form an den alten Opel P1 meines Bruders.

Im Radio gab es Anfang der 1980er auf NDR2 "Der Club". Meine Stereoanlage hatte sich um einen Kassetten-Rekorder erweitert, mit dem ich fleißig mitschnitt. Kiss und AC/DC faszinierten mich damals noch nicht in der Form, wie sie es wenig später taten. Ich liebte Pink Floyd, Jean Michele Jarre und Tangerine Dream. Gerade letztere, mit ihren Synthesizer-Klängen, klangen nach Zukunft.

Im Fernsehen lief im Spätprogramm von ARD eine Science-Fiction-Serie. Im Vorspann wurden Bilder des Starts von Apollo11 mit Musik von Jean Michele Jarre unterlegt. Danach war ich auf jeden Film eingestimmt, wenn er nur Raumschiffe, den Mond (wahlweise Mars) und Männer in Raumanzügen zeigte. Der "Omega-Mann" und "2022-Die überleben wollen" offenbahrten eher finstere Visionen. Das dritte Programm bescherte mir eine Serie namens "Mumien, Monstren, Mutationen", wo die Filmklassiker "Krieg der Welten" und "Die Körperfresser kommen" zum Besten gegeben wurden. Ich schlich mich nachts heimlich ins Wohnzimmer und sah sie mir alle an.

Neben meiner Vorliebe für Horrorfilme bediente das öffentlich-rechtliche Fernsehen aber mit dem "Rockpalast" auch meine Leidenschaft für Musik. The Who, Genesis (noch mit Peter Gabriel) und Rory Gallagher rockten hier ab. Aber auch deutsche Künstler fanden dort statt. Ich erinnere mich an die "Spliff-Radio-Show" und etwas später an "Ideal".

Die Neue Deutsche Welle war angekommen. Im Gepäck hatte sie mal mehr und mal weniger großartige deutschsprachige Bands. Viele mochten Nena, ich konnte mit ihrer Musik nicht so viel anfangen, fand sie aber immernoch besser als Hubert Kah, Ixi oder Fräulein Menke. Der etwas rockigere Sound von Extrabreit, Abwärts, Grauzone, Ideal und Interzone sprach mich eher an. Ihnen hörte man an, dass sie zum Teil aus ehemaligen Punkbands hervorgegangen waren.

Ich begann mich für ungefilterte, echte Live-Musik zu begeistern. 1981 besuchte ich mit einem Freund mein erstes Rockkonzert. Marius "Stinker" Müller-Westernhagen, damals noch im Unterhemd statt im Armani-Anzug, sang: "Und wenn ich auch nur Müller heiß, so bin ich doch am Leben!" Seine Fans riefen: "Marius" und gröhlten mit. Die Musik war deutschsprachiger, von Rhythm´n´Blues inspirierter Rock ala Rolling Stones. Wir waren vierzehn. Und wir betranken uns "Das erste Mal" richtig. Endlich waren wir erwachsen!

P.S. Ich hoffe ich habe jetzt nicht das Thema verfehlt.
 
Mich interessiert euer subjetiver geschichtlicher Blickwinkel. Mich interessiert nicht nur, wie sich die Musik musikalisch verändert hat, es interessiert mich vor allem auch die gesellschaftliche, kulturelle, soziologische Seite und alles, was irgendwie dazugehört

Ich bin Bj. 1966 und mein völlig subjektiver Blickwinkel mit meiner ganz persönlichen soziologischen und kulturellen Seite und die Wahrnehmung meiner eigenen Veränderung:

Ende der 80er hab ich aufgehört Radio zu hören.
 
...... ich schreib dann mal ab 1981 weiter (bin auch 41)

im Wesentlichen verlief es bei mir bis dahin ähnlich wie bei Cosmodog.
Nachdem ich meine ersten Musikerfahrungen mit AC/DC und Kiss gesammelt hatte, teilweise auch noch ELO gehört habe, begann diese Pubertäre Phase und alles was "Mainstream" (den Ausdruck gabs damals noch nicht) war wurde zu langweilig und war für die Spiesser.

Ich lernte dann eine Menge Leute kennen die sich die Haare bunt färbten, gestreifte Hosen trugen und so schnelle Musik hörten, dagegen war Kiss ein Knabenchor. Tja, so befand ich mich mitten im Punk. Die Sex Pistols wurden zu meinen absoluten Favouriten und "never mind the bolocks" wurde rauf und runter gedudelt. Dann entdeckte man Bands wie Dead Kennedys die mich ob ihrer Texte absolut faszinierten. So ging es dann weiter über The Clash, Iggy Pop usw.
Wichtig war nicht nur die Musik, sondern auch das man "anders" als die anderen war und das durch etwas aufälligere Kleidung zeigen konnte.

Ich kann mich nicht mehr an das Jahr erinnern, aber es war in Mülheim a.R auf einem Konzert der Dead Kennedys; als Vorgruppe waren so Typen mit Kontrabass und Hollow Body Gitarren und spielten einen Rock 'n roll der mit dem Zeug was man von seinen Eltern kannte nicht mehr zu tun hatte. Es waren die Stray Cats (Brian Setzer). Wow....der oberhammer.

Nun gut, Stary Cats waren geil, aber auf Dauer dann doch etwas zu lahm. Automatisch stösst man dann auf Gruppen wie Cramps, Richochets und wie sie alle hiessen. Es war eine schwierige Zeit, da es kaum Läden gab wo sowas lief. Aber egal, dann fuhr man halt zum Baggerloch und hat da die Party steigen lassen. Oder aber es waren die verruchten Kneipen wo man als Normalo einen Riesenbogen drum gemacht hätte.

Mittlerweile bin ich Ende der 80er angekommen. Das "rebellische" hatte sich etwas rausgewachsen und die karierten Hosen waren nur noch normale Jeans. Auch der Musikgeschmack wurde etwas ruhiger und fortan hörte ich Bands wie Killing Joke, Stranglers,The Smith, Cure, und Sisters of Merci........

Die 90er mach ich vielleicht später (ich muss los)
 
P.S. Ich hoffe ich habe jetzt nicht das Thema verfehlt.
Sicher nicht... hast du schön beschrieben, Szenen im Theater des Lebens, wie ich sie auch zum Teil kenne...
Die Schilderungen aus deiner Kindheit finde ich überaus interessant!

@foxytom: Naja, Radio allein ist nicht die Gesellschaft. Vielleicht schreibst du mal was, wie du eine Veränderung der Gesellschaft wahrgenommen hast, z.B. Gleichberechtigung der Frauen, sexuelle Revolution, Freiheitsdenken, Anti-Kriegs-Bewegung, vielleicht später die Öko-Bewegung, Frankfurt Startbahn West (Wenn du dabei warst: Welche Musik wurde dort gehört...? - hat mich schon immer interessiert...) - ach, so vieles - auch was die Entwicklung der Kunst betrifft.

Vielleicht hat jemand noch eigene Erfahrung mit Happenings aus den 60ern und kann da was berichten.

@zündapp: Ist der Ausdruck Mainstream so jung...? :screwy:
Hast du dich einer Gruppierung zugehörig gefühlt? Wie hast du die Veränderung wahrgenommen?

Ich für meinen Teil habe Erinnerungen an Oscar Peterson. Der lief bei uns daheim immer Sonntagmittags im Radio zwischen irgendwelchen Berichten. Ich habe natürlich musikalisch nichts davon verstanden, fand aber immer, daß der Kerl sauschnell war und nie eine Pause machte. Oscar war für mich ein Zeichen der Kultur.

Die 70er Jahre empfinde ich noch heute trotz der Buntheit der Klamotten durchweg als GRAU. Die Kriegsschäden waren teilweise noch nicht beseitigt, es roch immer noch nach Bomben. In alten Häuserruinen kletterten wir herum, sprangen von der Stadtmauer, ohne daß uns irgendjemand als verhaltensgestört bezeichnet hat, wie das heute wohl der Fall wäre, wenn Kinder auf einer fünf Meter hohen Ruinenmauer entlangspazieren und in dem Misthaufen springen.

Mir ist auch noch der Tonfall im Ohr. Wenn jemand eine Rede hielt, hörte ich immer noch dieses Schnarren...

Man merkte, daß die damalige Jugend eine neue (Denk-)Kultur verbreitete. Bilder aus der Kommune Eins hiegen im Zimmer des großen Nachbarjungen, er hörte lautstark Rockmusikm hatte lange Haare und fuhr ein Moped, was jeder Jugendliche damals gerne haben wollte.

Die RAF habe ich voll mitbekommen, wie sie das Land in Angst und Schrecken versetzte. Was sie wollte, kam allerdings nicht mehr bei mir an.

Schrecklich war für mich allerdings auch die Schlagermusik, die Klamotten, wie sich die Menschen bewegten...

Eine Sache, die mir bis heute auffällt:
Jede Zeit hat ihre Bewegung, und damit meine ich nicht nur die ideologische, sondern auch die körperliche. So habe ich bis heute den Eindruck, daß die Menschen anders gelaufen sind.

Und ganz wichtig: Mein subjektiver Eindruck war/ist, daß die Musik viel mehr als heute ein Identitätsmerkmal war, also eine Zugehörigkeit zu einer Gruppe darstellen sollte.

So war das auch, als ich anfang der 80er die ersten Rapsongs hörte. Das war ein Skandal. Was sollte das mit Musik zu tun haben, was da aus dem Ghettoblaster schrie, der so groß war wie ein Zementsack und mindestens genauso schwer...?

Musikalisch trat ein Bruch ein, als die ersten Drumcomputer aufkamen. Alle waren geil darauf, weil sie so "genau" waren. Die Sounds konnte man nur als Hipp bezeichnen. Vor allem war der Unterschied gewaltig, wenn man noch den Schlagzeugsound der Beatles, diverser amerikanischer Soul- und Schmusebands oder den Protestsongsound der 60er Jahre im Ohr hatte. Da kamen diese Klänge wie von einer anderen Welt. Rock ´n´ Roll fand ich damals gräßlich, war es nur ein Zeichen einer vergangenen Jugendkultur, mehr verband ich damals nicht.

Und irgendwie war alles hipp, was aus den Staaten kam, die Musik, die Klamotten - achhhh - die Art, wie sich Frauen schminkten - die war auch völlig anders.

In den 80ern kam dann die Pornographie so richtig auf, der Pornobalken im Gesicht des Mannes, die Frisuren und Kleider bei den Frauen...und alles war irgendwie synthetischer. Die bezaubernde "Erotik" der 60er war vorbei, es ging immer mehr um´s Ganze.

Da kam dann ja auch das Musikfernsehen auf. Die schnellen Bilderwechsel, härtere Musik, nakte Frauen als Werbemittel für die Videos. Ganz allgemein trat eine Videorisierung ein. Wer IN sein wollte, hatte einen Videorecorder und einen Fernseher in seinem Zimmer. Bei uns daheim gab es allerdings nicht mal einen Fernseher, ich fand dieses ganze Szenario nicht gut, weil es mir (teilweise bis heute) schleierhaft war, was Musik denn mit einem Videofilm zu tun hat.

AHH - das Telefon. Das hat sich auch völlig verändert. War es in den 70ern noch nicht üblich, einen Telefonanschluß zu haben, wurde es in den 80ern völlig normal und jeder hatte eins - noch mit Wählscheibe, erst später kamen diese grünen Dinger mit den Tasten, die man einen halben Kilometer eindrücken konnte. Die alten Telefone konnte man noch mit einem Filzüberzug selbst designen, so wie das zu den Gardinen am besten paßte.

Ja, und dann noch die Frisuren. Anhand derer konnte man schon erkennen, wer welche Musik hört und welche Denkweise er vertritt. Diesen Gedanken mag jemand gerne weiter ausführen...
 
Interessantes Thema, wenn auch für mich irgendwie schwer zu beantworten.

Wie habt ihr die Veränderungen in der Musik im Laufe eures Lebens wahrgenommen?

Ich habe 1977 (mit 12 Jahren) angefangen bewußt Musik zu hören, als meine Mum mir eine Stereoanlage schenkte. Kennt ihr noch diese flachen Kompaktanlagen von früher? So eine ähnliche hatte ich.

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Diese Dinger waren für Otto Normalverbraucher schon echtes High End :D.
Nun, ich kaufte mir Platten von AC/DC, den Scorpions, Sweet, Deep Purple, und vor allem Queen. Letztere sind mir bis heute erhalten beblieben. Mit 15-16 bin ich ein wenig in den Pop Bereich abgewandert. Auch die NDW habe ich voll mitgenommen. Fehlfarben, Extrabreit, Ideal usw. Aber nach heutiger Sicht hat mich diese Musik nicht wirklich in irgendeiner Form beeinflußt.

Anfang der 80er habe ich dann die Vorteile von Live Konzerten wahrgenommen. Ich habe den Hals nicht vollbekommen, und habe sehr schnell wieder die etwas rockigere Schiene eingeschlagen. Live hatte das einfach mehr Herz, und ich bin nicht nur als Besucher zu Konzerten gefahren, sondern habe auch irgendwann in Clubs gearbeitet, in denen Konzerte gespielt wurden. Daher kann ich auf einige hundert Konzerte zurück blicken.
Ich bin mit den Jungs von "Die Ärzte", "Echo and the Bunnymen", "The Alarm", "Sisters of Mercy" uva. nach den Gigs durch die Clubs in unserer Stadt gezogen. Erfahrungen auf die ich immer wieder gerne zurück blicke.

Etwa 1983-84 habe ich dann ein Konzert im Rahmen des Rockpalast im TV gesehen. Prince - Live at Syracuse NY. Das hat mich derart umgehauen, dass ich ihm bis heute absolut treu geblieben bin. Es gibt für mich keinen besseren und vielseitigeren Live Performer. Seine verschiedenen Musikstile, wie Funk, Blues, Rock, Jazz und Pop haben mir dann wieder die Augen für andere Musiker aus diesen verschiedenen Richtungen geöffnet. Weshalb ich heute auch alle möglichen Stile höre. Von Gospel bis Metal ist bei mir alles Willkommen (Britney und Co. solltet ihr da nicht reininterpretieren)

Um die 90er rum bin ich einige Jahre als Roadie unterwegs gewesen. Habe viele Musiker kennengelernt, und eine stressige, aber wunderbare Zeit gehabt.
Fragt mich jetzt aber bitte nicht, warum ich nicht eher mit dem Gitarre spielen begonnen habe, wo ich doch ständig mit Musikern zu tun hatte.

Kommen wir zur Eingangsfrage. Wie sich die Musik für mich im Laufe der Jahre verändert hat?

Tja, ich kann es nicht wirklich beantworten. Ich warte immer noch auf neue Bands, die wirklich Musikgeschichte schreiben. Früher gab es da mehr von. Heute vermisse ich das irgendwie. Es ist vieles zu schnelllebig geworden.

Gruss
Klaus
 
Diese Frage ist eher an die älteren User gerichtet. Mich interessiert euer subjetiver geschichtlicher Blickwinkel. Mich interessiert nicht nur, wie sich die Musik musikalisch verändert hat, es interessiert mich vor allem auch die gesellschaftliche, kulturelle, soziologische Seite und alles, was irgendwie dazugehört.

Das Thema geht auch Jungen Menschen an, insbesondere deshalb, weil die Musik seit den 50ern bis heute immer kurzlebiger wird und sich ständig verändert. Auch junge Menschen haben eine bezaubernde Musikkultur, die auch mit fortschrittlichen Gedankengut bestückt ist und sich einfach nicht verstecken muss! Davon zu hören und Details zu erfahren, das muss doch „Alte Säcke“ aufhören lassen. Mich zu mindestens, ich bin Jahrgang 1952!

In meiner Kindheit war ein Radio absolute Mangelware. Als ich das erste entdeckte war ich ungefähr 6 oder 7 Jahre. War sicherlich nicht das Mittelmaß aber wie glücklich schätzte ich mich endlich eins in die Finger bekommen zu haben. Über Mittelwelle konnte ich eine Handvoll Radiosender in düsterer Qualität empfangen.

Anfang der 60er hatte ich dann ein Radio zur Hand, welches sogar über UKW ausstrahlte, da war die Tonqualität deutlich besser. Ich bin mir nicht sicher ob da schon in Stereo-Qualität ausgestrahlt wurde. Samstags stand die deutsche Hitparade auf dem Plan, die zog ich mir rein. Da waren meine Lieblinge, die an der Spitze standen. Das war Gitte und Rex Gildo und später waren es halt die Stone's und die Beatles, so wie auch Wencke Myhre. Dann folgte Flower Power, meine Zeit, die mich bis heute bis in meine innersten Eingeweihte geprägt hat!

Weiteres folgt im Part II .... :D:D:D
 
Die ersten Erinnerungen an Musik habe ich an mein Elternhaus, Vater spielte Geige, Mutter hat oft gesungen und ich lernte(wie fast alle in der Zeit, ich bin 1952 geboren)) Blockflöte spielen. Zu Hause wurde ohnehin gesungen, vor allem abends. Es fanden sich häufig Nachbarn und Bekannte ein, die sich trafen, unterhielten und natürlich sangen - Volkslieder
natürlich. Hin und wieder brachte jemand noch ein Instrument mit und begleitete (Akkordeon, Mandoline). Das war in unserer Kleinstadt derzeit, da man noch keinen Fernseher besaß, durchaus üblich.
Als ich 12 Jahre alt war, erlebte ich hinsichtlich meiner Musikerfahrung einen Schock.
Ein Nachbarjunge(3 Jahre älter) besaß einen Plattenspieler und eine Platte von den Beatles, die er mir vorspielte und das war dann schon ein Schlüsselerlebnis. Ich hatte mit zehn Jahren Klavierunterricht bekommen, den meine Tante finanziert hatte, und natürlich dort klassischen Unterricht bekommen und nun erklang plötzlich eine ganz andere Musik, die mich faszinierte. Der Versuch mit einigen anderen diese Musik nachzuspielen musste natürlich mit den damals sehr bescheidenen technischen Mitteln(E-Gitarre an den Radiolautsprecher angeschlossen, Schlagzeug bunt zusammen gesucht aus Trommeln und Becken an der Schule) fehlschlagen. Immerhin fühlten wir uns (halb-)stark und wichtig und hatten vor allem viel Spaß, denn das andere Geschlecht war mit solcher Musik beizeiten durchaus zu beeindrucken;) .
Die Zeit der späten 60er hat mich musikalisch sehr fasziniert, es war eine bunte, vielfältige Zeit, als der Jazzrock entstand und Bands wie Blood, Sweat& Tears haben mich stark beeindruckt.
Immer aber hat die klassische Musik mich begleitet, nicht nur dadurch, dass ich weiterhin Klavierunterricht hatte, sondern auch durch den Besuch von Konzerten. Damals wurde mir klar, dass ein Live-Erlebnis durch nichts zu ersetzen ist. Leider hatte ich während des Studiums dann nicht immer das nötige Geld, um das entsprechend umzusetzen.
Mit Beginn meiner Berufslaufbahn (1978) und einer Einstellung in den Schuldienst konnte ich mir endlich häufiger solche Konzertbesuche leisten. Es gäbe darüber eine Menge zu berichten, was aber nicht unbedingt in diesen Thread gehört.
Ein Erlebnis allerdings war so gigantisch für mich, dass ich es kurz schildern will: Es war im Jahre des Mauerfalls, als wir gerade Verwandte in Berlin besuchten und mein Schwager hatte als Überraschung Karten für die Philharmonie besorgt. Bruckners 4.Sinfonie wurde von den Berliner Philharmonikern unter Leitung von Daniel Barenboim gespielt. Bruckners Sinfonien waren mir bis dato nur zu einem geringenTeil bekannt. Die Folge dieses Konzertes war, dass ich nun alle Bruckner-Sinfonien auf CD gekauft und mich auch mit der Biografie des Komponisten beschäftigt habe(Die Frage, wie ein Mensch, der so gelebt hat, so gewaltige Musik komponieren konnte, ist mir bis heute ein Geheimnis.)
Lange Beschäftigung, die bis heute andauert, mit den Werken von Franz Schubert führten dazu, dass es mein Lieblingskomponist ist.

Später noch mehr dazu.
 
Ein Erlebnis allerdings war so gigantisch für mich, dass ich es kurz schildern will: Es war im Jahre des Mauerfalls, als wir gerade Verwandte in Berlin besuchten und mein Schwager hatte als Überraschung Karten für die Philharmonie besorgt. Bruckners 4.Sinfonie wurde von den Berliner Philharmonikern unter Leitung von Daniel Barenboim gespielt.

Hing das vielleicht miteinander zusammen, also der Mauerfall, der ja eine ganz eigenartige Athmosphäre in Deutschland bewirkte, und das Konzert?
 
Das besagte Konzert war im Januar `89, es besteht also kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Fall der Mauer. Was allerdings sehr sehr augenscheinlich war, als wir bei diesem Besuch auch einen Tag in Ostberlin(immerhin Hauptstadt der DDR) verbrachten, war, dass viele Geschäfte geschlossen waren und es z.B. schwierig war, ein Restaurant zu finden, das geöffnet und zu Mittag nicht überfüllt war. Insofern waren die "Vorboten" des Mauerfalls schon zu erahnen und vielleicht hat es mein Empfinden beim Konzert, das zwei Tage später stattfand, unbewusst beeinflusst, das mag sein.
 
Part II

Ohne Frage, ich muss Taten folgen lassen und endlich meine subjektiv erlebte Musikgeschichte fortsetzen. Das Radio diente als Medium. Um eine Vorstellung von den Radiogeräten zu bekommen, lasse ich ein paar Bilder folgen. Ich stelle einen Fernseher und Plattenspieler noch dazu. Danach folgt ein Zitat von mir, welches im Part I eine zentrale Aussage beinhaltete, die ich etwas ausführlicher erläutern möchte.

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Dann folgte Flower Power, meine Zeit, die mich bis heute bis in meine innersten Eingeweihte geprägt hat!

Es klingt vulgär was ich da von mir gegeben habe, aber im gewissen Sinne ist es für meine bis dahin verlaufende Lebensentwicklung treffend formuliert. Ich konnte mich mit den idealen dieser Zeit sehr gut identifizieren und habe die Werte wie Friede sofort, Stoppt den Krieg, ich lebe mein Leben heute und nicht morgen, befreiende Sexualität, neue Lebensformen erleben, Gefühle akzeptieren, die Gestaltung einer besseren Welt, ein gerechtes Leben für Alle, soziale Gerechtigkeit, Liebe geben und spüren, wir sind alle Aus-Länder, im Grunde alles Werte, die die Politik aufzunehmen und zur Kenntnis zu nehmen hat. Meine politische Einstellung ist stark aus dieser Zeit geprägt.

Wer meine Lebensgeschichte halbwegs verstehen will, dem empfehle ich hier einmal nachzulesen. Die ersten Stationen meines Lebens verbrachte ich in Heimen. Ich habe mich in den 68ern mit den Heimrevolten auseinander gesetzt. Hier ein Buchtipp, der veranschaulicht, was für ein Scherbenhaufen mein emotionales Befinden zu bieten hatte. Ich erlebte mich als ein absolutes Nichts. Anders formuliert, ich hatte kein gesundes Selbstvertrauen entwickelt. Ich war zu einem Fall der Psychiatrie geworden. Somit setzte ich mich mit der Antipsychiatrie auseinander. Die Reformpsychiatrie bzw. Demokratische Psychiatrie in Italien (Basaglia) hatte es mir schwer angetan. Ich nahm Kenntnis von den Studentenunruhen. Marx und die Geschichte der Arbeiterbewegung fingen mich an zu interessieren. Mir wurde klar, dass ich ohne Bildung ein nichts bleiben werde. Durch das Radio wurden Nachrichten zu einem muss in meinem Tagesablauf. Im Heim hatte ich das Glück, dass meine Bezugserzieherin mich in meiner Vorliebe für politische Themen unterstützte. Mit 12 Jahren bekam ich eine Gitarre geschenkt. Sie ermöglichte mir den Zugang zur Gesellschaft.

„Flower Power“ beeinflusst bedeutet auch mit Suchtstoffen und mit spirituellen Themen in Kontakt gekommen zu sein. Mir halfen Drogen nicht in meiner Selbstfindung, spirituelle Themen dagegen weitaus mehr.

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Ravi Shankar, Jesus People, eine christliche Bewegung entstanden aus der Hippiebewegung, Osho, Meditation, Tantra, Heilkunst, Massage und Buddhismus sind Beispiele mit deren Thematik ich mich in Theorie und Praxis auseinander setzte. Im Buddhismus ist Gott im Gegensatz zum Christentum nicht außerhalb von Dir, sondern in Dir. Das ist eine Erkenntnis, die ich als einen sehr gesunden Ansatz betrachte. :great:

Abschließend möchte ich ausdrücklich betonen, dass ich durch die Musikvielfalt der 68er stark beeinflusst worden bin, aber ebenso den Blues Liebe :great:, immer ein offenes Ohr für „gute“ Country-Musik :great: habe, auch immer wieder aktuelle Musiktitel bestaunen kann :great:, klassische Musik gerne höre :great:, im Grunde alles anhöre, was gute Töne von sich gibt. :great: Ich bin keiner der von morgens bis abends Oldies hören muss. :screwy: Es gibt ja heutzutage Radiosender, die sich darauf spezialisiert haben.

Für heute soll es das mal gewesen sein, ich hoffe es ist lesbar und kann nachvollzogen werden. Weitere Taten werden noch folgen. :) Es gibt ja zum Thema noch so viel zu sagen!


@ Ravi Shankar: Aus dem oben gesagten wird nicht deutlich was mich mit RS verbindet. Er ist ein ausgezeichneter Sitarspieler, der von einer Tabla begleitet wird. Er ist mit George Harrison aufgetreten. Ich hatte ca. 9 Monate Gelegenheit mit einem Tablaspieler ca. 4 - 6 Stunden täglich Musik zu machen. Norah Jones ist RS's Tochter. Ich finde sie Spitze!
 
Ravi Shankar, christliche Bewegung entstanden aus der Hippiebewegung, Meditation, Heilkunst, Massage und Buddhismus sind Beispiele mit deren Thematik ich mich in Theorie und Praxis auseinander setzte. Im Buddhismus ist Gott im Gegensatz zum Christentum nicht außerhalb von Dir, sondern in Dir. Das ist eine Erkenntnis, die ich als einen sehr gesunden Ansatz betrachte. :great:

IN NOMINE PATRIS ET FILII ET SPIRITUS SANCTI. AMEN.


Mir halfen Drogen nicht in meiner Selbstfindung, spirituelle Themen dagegen weitaus mehr.

Waren wohl die falschen Drogen, und die richtigen spirituellen Themen, hätte ja auch umgekehrt sein können. Ich hab zum Glück von Anfang an von Beidem das Richtige erwischt.

:)
 
Waren wohl die falschen Drogen, und die richtigen spirituellen Themen, hätte ja auch umgekehrt sein können. Ich hab zum Glück von Anfang an von Beidem das Richtige erwischt.

Da kannst Du Dich glücklich schätzen, hat allerdings wenig mit dem Thema zu tun. Zur Erinnerung hier der Leitgedanke:

Wie habt ihr die Veränderungen in der Musik im Laufe eures Lebens wahrgenommen?

Es geht um deine Geschichte(n) mit deinen erlebten Veränderungen unterschiedlicher Musikrichtungen. Wie hat dich z.B. deine Musikvorliebe in deinem Handeln beeinflusst? Es geht um Deine, Meine und noch Andere individuelle Musikerfahrungsgeschichten, die hier einzigartig zum Ausdruck gebracht werden können.

Es ist völlig in Ordnung und ein unumgänglicher Prozess, dass man sich in der einen oder anderen Geschichte wieder erkennt und auch angesprochen fühlt. Ich gehe davon aus, dass meine Geschichte so einen Prozess in dir ausgelöst hat. Ob es nun in meiner Geschichte die richtigen oder falschen Drogen für spirituelle Erfahrungen waren, ist doch Nebensache und vordergründig meine Angelegenheit, wie ich zu dieser Erfahrung stehe. Darüber muss hier nicht diskutiert werden.

Wenn du deine Geschichte einbringen willst, gib dir einen Ruck und mach das doch bitte, es hält dich keiner davon ab. Mich jedenfalls würde deine Geschichte interessieren, weil ich über dich was erfahren möchte, was dich einzigartig macht. Das wird auch deine Geschichte zu bieten haben! :great:
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Was zum lesen ...​
 
Wie habt ihr die Veränderungen in der Musik im Laufe eures Lebens wahrgenommen?

Diese Frage ist eher an die älteren User gerichtet. Mich interessiert euer subjetiver geschichtlicher Blickwinkel. Mich interessiert nicht nur, wie sich die Musik musikalisch verändert hat, es interessiert mich vor allem auch die gesellschaftliche, kulturelle, soziologische Seite und alles, was irgendwie dazugehört.

Vielleicht habt ihr Erinnerungen noch aus den frühesten Kindheitstagen, aus den Zeiten vor und während des Krieges, welchen Einfluß hatte der Wiederaufbau, die revolutionären 60er Jahre, die flippigen 70er usw. - einfach alles, was es braucht, um die Musik dieser Zeit zu erklären.

Ich bitte darum, gerade persönliche Eindrücke zu schildern, auch wenn diese sicher sehr unterschiedlich gewesen sein mögen, was aber sicher einen besonderen Reiz dieses Themas ausmachen würde.

Also: Bitte an die Startrampe, Finger wetzen und los...

Gute Fragen, und interessantes Thema.

Aber leider bin ich erst geboren nachdem der Frieden ausbrach. Eines kann ich vielleicht noch sagen, mich gäbe es wahrscheinlich nicht wenn der Krieg anders ausgegangen wäre, dass weil mein Vater dem deutschen Botschafter einmal die Fresse poliert hat weil dieser jeden Tag die Naziflagge in seine Vorgarten aufgezogen hat.
 
Hmm, ich bin noch nicht so alt (27) hab aber auch schon einige Veränderungen hinsichtlich der Wahrnehmung von Musik und vor allem meines eigenen Musikgeschmacks durchgemacht.

Angefangen hat eigentlich alles mit der EAV, die mein Bruder heimlich in den Osten auf Kassette überspielt bekam. Ich war damals vielleicht 5 oder 6 Jahre alt und konnte damit nichts weiter anfangen, fand aber die Motive die diese Jungs besangen wie den "Märchenprinz" und den "Banküberfall". Die "Fata Morgana" hingegen konnt ich überhaupt nicht ausstehen. Ich vermute, das lag an den Anklängen der arabischen Tonleitern, die ich damals für mich zu melancholisch empfand. Ich mochte lieber fröhliche Musik. So gefiel mir auch "Sing mei Sachse sing" und "auf die Bäume ihr Affen, der Wald wird gefegt" von Hauff und Henkler sehr gut, die mein Vater an manchem Abend auf den Plattenteller legte. Mit 8 oder 9 begann ich mit dem Klavierspiel. Mein Klavierlehrer mochte sehr die Stücke von Beethoven, Johann Strauß und auf Noten, was mich nicht störte, allerdings auch nicht tangierte. Mein eigenes Interesse für Musik war damals überhaupt nicht ausgeprägt. Die Anfänge dessen kamen etwa mit 11 - 12 als mein damals bester Freund ein Mix-Tape von REM, Greenday und ähnlicher Musik hatte. Die Musik gefiel mir sehr gut, jedoch hatte ich keine eigenen Ambitionen mich damit weiter zu beschäftigen, sein Sega-Mastersystem war für mich weitaus interessanter. Später entdeckte ich bei ihm Kraftwerk und die Prinzen, K2, Stefan Raab (ein Bett im Kornfeld), und dann eine Musik, die ich bis heute noch nicht mag und zwar Rave und Hardcoretechno. Er besorgte sich eine Thunderdome-CD nach der anderen. Das war glaub ich auch die Zeit in der unsere Freundschaft erste Risse bekam.

Ich konzentrierte mich lieber auf die Musik, die aus dem Fernseher kam. Ich liebte E-Rotic, die Fun Factory und Rednex. Ich versuchte auch den Titel "I wanna be with you" auf dem Klavier nachzuspielen, gab aber mangels Erfolgs und Selbstvertrauens bald wieder auf. Naja, da stand ich nun, konnte zwar ziemlich gut nach Noten spielen nach 4 - 5 Jahren Klavierunterricht, aber hatte keine Ahnung, meine eigenen Ideen auf dem Klavier umzusetzen geschweige denn von ner eigenen Begleitung, was sich auch noch bis 1997/98 so beibehalten sollte. Mein Bruder war mittlerweile auf dem Punk-Trip gelandet, eine damals für mich abartige Musik. Tote Hosen, Dritte Wahl, Skeptiker... damit konnte ich überhaupt nichts anfangen. Und die Ärzte, die waren kein Punk, die waren ja lustig. So verging die Zeit und ebenso die Schule, eine neue Situation mußte bewältigt werden, die Lehre. Hier sah ich nun auch endlich die Gelegenheit gekommen, mich meines Klavier- und mittlerweile auch Akkordionlehrers (Ich kann auch heut noch Herbert Roth und einige Seemannslieder nach Noten) zu entledigen, den ich schon seit 2-3 Jahren ziemlich satt hatte. Aber meine Oma köderte mich immer mit einem Taschengeld. Naja, wenn ich heut so darüber nachdenke, hätt ich ihm gesagt, dass ich gerne eher was modernes spielen möchte wär er vielleicht auch drauf eingegangen, wieso ich's nicht gemacht hab, darauf muß ich leider eine Antwort schuldig bleiben. Ich weiß es selber nicht.

Ich fiel nun in ein musikalisches Loch, dass ich damit zu stopfen begann, die Musiksammlung meines Bruders zu durchwühlen. Da waren sie auf einmal Dritte Wahl und die Skeptiker. Die Schreckensmusik von einst, die Lieblingsmusik von jetzt. Auch Juliane Werding, für die sich mein Bruder interessierte kam mit in die Anlage, leider nur solang mein Bruder nicht da war, doch das war so gut wie jedes Wochenende. Ich versuchte diese Wende in meinem Leben erst zu verhüllen, wollte nicht zugeben, dass ich mich veränderte, doch Schritt für Schritt begann ich es mehr zu zeigen. Ich folgte meinem Bruder nicht nur in diesem Belang, sondern auch in unseren örtlichen Jugendclub, wo ich die Bekanntschaft eines Mannes machte, der mein Leben in jeder Hinsicht gewaltig veränderte und auch einen neuen musikalischen Bruch bewirkte. Durch ihn, der in mir langsam meine Eigenständigkeit weckte und förderte begann ich mich für 77-er Punk und Ska zu interessieren. Die Deutsch-Punk-Zeit war ruckartig abgeschlossen. Außerdem zog ich von zu hause aus.
Ich begann mit ihm den Plan zu entwickeln eine Ska-Band aufzubauen, die bis zu ihrem Ende um 2000 meist nur aus 2 Leuten bestand, ihm und mir (Keyboard/Gesang und Gitarre/Gesang)). Ich lernte endlich ohne Noten zu spielen (wenn auch nur einfache Rhythmen) und hatte ein neues Ziel. Mit dieser Formation hatten wir sogar 2 Auftritte, für die extra jemand aus Hamburg angereist kam. Ein 40-jähriger aber geistig jung gebliebener Sänger und Gitarrist. Aber nachdem er nach Dresden zog ging auch für mich die Zeit des Ska und 77er Punk zu Ende.
In der Zeit, die ich mit ihm verbrachte, lebte ich in einem alternativen Haus. Dort kam ich in Kontakt mit Hardcore, Emo-Core und Screamo. Ende der 90er schien für mich die gesamte Punk-Szene nur noch aus diesem zu bestehen, wogegen ich doch auch andere Erfahrungen machte. Viel später erst begriff ich, dass es einen gewaltigen Unterschied zwischen der Punker-Szene und der, mir fällt jetzt kein Begriff dafür außer "alternativen Linken" dafür ein. Ich konnte mich an die Musik dieser Szene überhaupt nicht begeistern, wurde aber ständig damit konfrontiert bis zu meinem Auszug 2001 in meine erste eigene Wohnung damit konfrontiert.
Doch weiter zu meiner eigenen Entwicklung. Schon einige Zeit bevor mein Freund ankündigte wegzugehen hatte ich im Kaufland eine Do-CD entdeckt, die einen nachdenklichen schwarzen Trompeter zeigte. Auf der Packung stand "Miles Davis - From his last Concert in Avignon". Die Cds waren günstig und so nahm ich sie mit. Als ich sie zum ersten Mal anhörte wurde ich einfach nur abgestoßen. Das war für mich der reinste Katzenjammer, niemals konnte ich mir vorstellen, dass solch ein Mensch eine dermassen verstörende Musik machen könnte. Die CD verließ mein CD-Laufwerk wieder und Schluß. Durch Zufall erhielt ich aber die "Ava Adore" von den Smashing Pumpkins, die meine Jagd auf deren Stücke einleitete und Moby und Herbert Grönemeyer, die mich auch sehr begeisterten.
Etwa zur gleichen Zeit begann eine Bekannte von mir in der Nähe zu studieren, was mich alldienstäglich in den dortigen Studentenkeller lenkte. Dies war meine erste Erfahrung mit einer Disko, da ich bisher nur das Konzertleben kennengelernt hatte. Um 2000 - 2002 liefen dort die Hits auf 5 - 6 Musikrichtungen jede Woche aufs neue (ebenso nach diesen Musikrichtungen aufgeteilt). Das waren Hippiemusik, Wave, Pop, Punk-Hits, deutsche Musik und andere. Mit großer Regelmäßigkeit aber die gleichen Sachen, weshalb ich einige dieser Stücke auch heute noch mitsingen kann.
So wurde es nun 2002 und ich ging auch hin und ich hatte mir eine CD von Duke Ellington und Louis Armstrong besorgt. Insbesondere die Virtuosität Ellingtons beeindruckte mich und so lenkte ich fortan meinen Blick auf den Jazz, der mich ungefähr die nächsten 2 - 3 Jahre begleitete. Ich folgte in diesem Jahr meinem Bekannten nach Dresden, hinterließ meiner Heimatstadt noch ein Abgeschiedsgeschenk um unsere Ska-Band zu retten, wohl aber im Inneren wissend, dass dies nur als Vorwand diente um etwas neues zu beginnen und stürzte mich dort in eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger. Meinen Bekannten hab ich in Dresden noch ca. 2 - 3 mal gesehen. Als Abschied an meine Heimatstadt hinterließ ich noch den Auftritt eines kleinen Projekts, dass Klassik und Punk kombinierte. (Das Ergebnis von 3 - 4 Proben)
In Dresden empfing mich dann zum ersten Mal eine Fülle an Musik, in meiner Schule entwickelte sich gerade ein Chor mit Schulband, an dem ich auch teilnahm. Dort befand sich ein sehr guter Funk und Pop-Pianist, an dem ich mich von da an orierentierte. Für mich war das aber zu dieser Zeit auch Jazz, den Unterschied begriff ich erst später, was in mir zu Konfusion führte. Die Musikszene der Stadt blühte, ich hatte noch nie so viele Weggehmöglichkeiten auf eine Haufen erlebt und begann mich zunächst in Schulprojekten am Klavier in Richtung Rock weiterzuentwickeln.
2003 zog ich mit einer ehemaligen Klassenkameradin zusammen, die mich ins Marracesh in Dresden zog, wo ich das erste Mal als Zuschauer einer Session beiwohnte. Ich hätte mich niemals getraut mit diesen "Profi"-Musikern dort zusammenzuspielen, war aber total fasziniert vom Entstehen und Werden der Songs und begann dort regelmäßig vorbeizuschauen. Meine Faszination für improvisierte Musik löste dies aus.
Außerdem begann ich immer noch meiner vermeintlichen Profession zum Jazz folgend Unterricht bei einem Professor der ansässigen Musik-Hochschule zu nehmen, um dort die Aufnahmeprüfung zu schaffen. Ich lernte in dieser Zeit viel über Jazz, erreichte aber nie den Status, da tatsächlich an einer Prüfung teilzunehmen, zumal zu einer Profession auch ein unbändiger Wille zählt, den ich aber nicht vorzuweisen hatte.
Ich spielte dann zwischenzeitlich in einer Gothic-Rock und in einer Ska-Band mit bevor mich der Sänger dieser Band (den ich schon aus Chorzeiten kannte und selbst in die Band geholt hatte) ansprach ob ich nicht Lust hätte mit ihm eine eigene Band zu gründen. So entstand "jamBlock". Wir repräsentierten eine Mischung aus vielen Musikrichtungen, die meist vom Gitarristen beeinflußt wurden, so machten wir zunächst eher Funk-lastige Musik während wir nach einem Gitarristenwechsel ziemlich Reggae-Rock lastige Musik präsentierten. Immer gewürzt mit einer Soul-Rock-Stimme. Ich glaub diese Zeit hat mich in meiner musikalischen Entwicklung extrem gefördert, da ich das schwächste Glied in der Reihe war, aber genug Ehrgeiz um besser zu werden und mit den Musikern in eine Reihe aufzuschließen. Gelungen ist mir das nie, jedoch hab ich angefangen nun auch auf den Sessions mitzuspielen, da die Liedentwicklung innerhalb der Band auch dem Session-Schema glich fiel mir das jetzt leichter.
Mein persönlicher Musikgeschmack wandelte sich während dieser Periode hin zu Funk- und Soul-Sachen. 2007 mußten wir jedoch nach über 50 Konzerten unsere Auflösung bekanntgeben. Seitdem bin ich eigentlich nur noch auf Sessions und habe mich an kleinen kurzfristigen Projekten beteiligt. Mein Musikgeschmack hat sich weiter gewandelt hin zu modernem Rock (Franz Ferdinand, dEUs, Hamburger Schule) Aber auch die Smashing Pumpkins hab ich wieder entdeckt.
Ich glaub auch, dass ich mittlerweile ein Schema dahinter feststellen, was mich wirklich interessiert. Das ist Musik, die bis tief in die Seele eindringt. Egal welcher Art denn von all diesen Bands auch, vor allem, die die ich über lange Zeit gehört habe hinterlassen auch heute noch eine Gänsehaut bei mir.

Noch eine kleine Anmerkung zur "linken alternativen Szene" auch dort hab ich weitere Einblicke bekommen, diese hat sich meines Erachtens von HC, Screamo, und Emo-Core weg hin in Richtung Hard-Tek und Drum'n'Base gewandelt, was ich auch sehr faszinierend fand, weil die Leute, die zu meiner Zeit diese Szene darstellten, ausgerechnet mit dieser Musik überhaupt nichts anfangen konnten.

So, bin mal gespannt, ob das einer bis zu Ende liest, ist doch sehr lang geworden ;)

LG

Johannes
 
AUFRUF!

Löschen von Beiträgen ist wie Kontaktentzug! :mad:
Es schadet der Seele!
:screwy::screwy::screwy:

Ich finde es absolut blöd, dass hier Beiträge gelöscht werden. :mad: Zu gerne hätte ich ausgebildeten Musikern Rede und Antwort über ihre fundierten Ansichten gestanden. Ich habe viele, sehr viele Fragen zur klassischen Musik. :D Sie war immer Bestandteil meines Lebens, auch als ich Gitarre spielen begann. Ich kann Klassik leider nicht spielen, habe sie nicht zu spielen gelernt, aber doch nur aus Unwissenheit, ohne zu Wissen, was sie hergeben kann. :rolleyes: Ich finde sie großartig und höre sie sehr, sehr gerne. :great: Mir ist absolut klar, dass sie weitaus mehr als kommerzielle Musik zu bieten hat. :great: Es waren Musiker der Klassik, die immer wieder in Kontakt zur Pop, Rock, und anderweitiger kommerzialisierter Musik in Kontakt traten. Es gibt unendlich viele kommerzielle Titel, die in Klassik umgeschrieben wurden. Das fand ich toll. :great: In der Klassik wird der Raum, der in jeder Musik präsent ist, hörbar, was ich in der Kommerz-Musik vermisse! Das kann auch kein "Gitarrengeschrabbel ala Paule" kompensieren. Ich verstehe nicht, warum ihr Euch zurückgezogen habt. Absoluter Mist. :mad: Ich ziehe die rote Karte gegen Euren Rückzug. :mad: Kommt bitte zurück mit Euren Beiträgen. :) Ich will diese Auseinandersetzung und finde sie auch absolut notwendig in der heutigen Zeit! :great:
 
Mein Fehler :redface:
Hab vergessen den Hinweis und entsprechenden Link hier zu setzen...
 
Zwei episoden, die meine (verlagerten) bemerkungen unterstreichen:
1. Nach dem krieg meinten die sieger, es wäre angebracht, die deutschen ex-soldaten noch ein paar jahre für sie arbeiten zu lassen. Ich fing in Neapel als transportarbeiter an, sprachkenntnisse verschafften mir einen posten im KFZ-ersatzteillager, dann bekamen wir musikinstrumente und mauserten uns zu einer big-band. Wer es nicht weiß: wer überleben sollte im totalen krieg, den schickte man nach Italien, und so wimmelte es dort von miserablen soldaten, aber musikern, schauspielern, dozenten aller wissensgebiete.
Wir spielten in allen clubs der umgebung, aber GIs oder gar offiziere durften nicht mit uns "fraternisieren", woran die Afro-Amerikaner, damals noch streng getrennt, sich nicht hielten. So hatte ich gelegenheit, tief-schwarze musik an der quelle kennenzulernen.
Die jungs kannten keine noten und keinerlei theorie, gingen aber vital und espressiv mit ihren instrumenten um, mit eiserner rhythmik, und sie unterhielten sich gern mit mir. Eine neue welt ging mir auf, aber auch die erkenntnis: "So kannst du das nie!"
In einer big-band hat man es gut am klavier, man ist "rhythmusgruppe", tappt bässe und akkorde, und wenn alles erwartungsvoll zu einem herüberschaut, hat man ein solo, alles schön arrangiert von Duke Ellington und vielen anderen, aber das wie der swing dieser zeit war "weiße" musik.
Eine herausforderung war jedes mal die begleitung des ständig wechselnden varietés: mindestens ein halbes dutzend sänger/innen, tänzerinnen und artisten stürzten sich vor der vorstellung auf den armen pianisten, schwenkten kaum leserliche notenblätter, erklärten in babylonischem sprachgewirr, dass hier eine wiederholung sei, wo eine stehe, würde sie aber nicht gemacht, hier eine pause, da nicht.
Eine zirkuskapelle macht das hundert mal und richtet sich nach den pferden, ich musste versuchen, die noten zu entziffern und konnte kaum einen blick auf das geschehen auf der bühne werfen. Ich will mich nicht rühmen: ich tat das mögliche, und später konnte mich kein theatertrubel aus der fassung bringen.

2.Ich hatte jahre später eine künstlerische gymnastik von anfang an musikalisch betreut bis zur aufführung in einer Berliner sporthalle. Weitere sollten erfolgen in der provinz, aber über meine mäßige honorarforderung lachte der veranstalter, für das geld würden seine musiker stundenlang spielen. Er kam bald bedeppert zurück, sein pianist konnte das weder lesen noch spielen!

Nein, ein notenmuffel und darauf auch noch stolz zu sein, konnte ich mir selbst vor meinem studium nicht leisten.
 

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