ein spannender A/B-Vergleich - Digitalpiano gegen Konzertflügel

  • Ersteller Martin Hofmann
  • Erstellt am
Was meistens auch nicht berücksichtigt wird, sind die mechanischen Eigenheiten der Tastatur. Das ist ja eine ganze Menge Physik am Werk, bevor der Hammer auf die Saite trifft und ein Ton erzeugt wird. Der Ton erklingt beim Klavier mit einer minimalen Zeitverzögerung, die auch noch Variablen hat.
Ein Detail, jedoch wesentlich für das Spielgefühl. Das ist sicherlich auch ein Grund, warum Pianisten irgendetwas fehlt, wenn sie zum ersten Mal auf einer Digitalpiano Tastatur spielen. Gewichtung, Druckpunkt, alles da...und doch etwas fehlt ;)

Wir haben versucht, uns der Sache mal anzunähern, mit einem Feature, das sich ""Hammer Response"" nennt:

http://www.casio-europe.com/de/emi/airspecial/tastatur/

Das spezifische Spielgefühl an einem Klavier entsteht auch durch den zeitlichen Versatz zwischen Tastenanschlag und dem Erklingen der Saite. Das Gewicht bzw. die Größe des Hammers und die Geschwindigkeit, abhängig von Tonhöhe und Anschlagsintensität, sind hier die maßgeblichen Faktoren. Diese mechanische Eigenheit eines akustischen Instrumentes wird durch die "Hammer-Response" Technik von CASIO detailliert nachgebildet.
Genau das haben wir neulich hier schon mal versucht, zu berechnen:
https://www.musiker-board.de/fragen...04338-latenz-bei-echtem-klavier-wie-lang.html

...wenn ihr euch jetzt noch traut, statt einer "relativ" üblichen Kompakt-Hammermechanik und künstlicher Anschlagsverzögerung eine mehrteilige Mechanik einzubauen, die nicht an der Taste misst, sondern am Hammer - und die im Anschlags- und Auslöseverhalten einem Flügel nachempfunden ist, dann wird es richtig gut...
Das habe ich nie verstanden, daß man eine Hammermechanik simuliert und dann an der Taste mißt. Wenn der Hammer doch schon mal da ist? Wenn ich am normalen Klavier eine Taste mit dem linken Daumen von vorne festhalte und mit der rechten Hand einen kräftigen Impuls auf die Taste gebe, fliegt aufgrund des Impulserhaltungssatzes der Hammer geen die Saite und erzeugt einen Ton, ohne das die Taste heruntergeht. Wenn an der Taste gemessen wird, funktioniert das in der Regel nicht. Oder kann man das inzwischen berechnen?

Das verstehe ich z.B. auch bei der Rhodes-Midifizierung nciht, daß man nicht einfach an den Hämmern mißt.

Viele Grüße,
McCoy
 
Das habe ich nie verstanden, daß man eine Hammermechanik simuliert und dann an der Taste mißt. Wenn der Hammer doch schon mal da ist?
Zum einen ist es wohl etwas einfacher, an der Taste zu messen, und erlaubt eben auch - wenn man die Velocity nicht braucht - Dinge wie einen "shallow trigger". Zum anderen verhalten sich die Hämmer in Keyboard-Hammermechaniken nicht wirklich wie Klavierhämmer - die dienen ja primär dem Erzeugen einer passenden Haptik. Viele sind ja sogar direkt gekoppelt und fliegen nichtmal frei. Ich vermute, wenn man die Hämmer messen würde, gäbe es bei den üblichen Konstruktionen Probleme mit Doppeltriggern, Linearität der Velocitykurve etc.

Das verstehe ich z.B. auch bei der Rhodes-Midifizierung nciht, daß man nicht einfach an den Hämmern mißt.
Wenn das Instrument auch noch akustisch spielen soll, ist das wahrscheinlich einfach ein Platzproblem. Irgendwo muss der Sensor ja hin, und zwar idealerweise dort, wo sonst die Saite / der Tine ist...
 
...der letzt genannte punkt ist genau das was ich mich seit ewigkeiten frage..
kompakte mechanik innerhalb von transportablen bühneninstrumenten - keine frage
aber
warum baut man nicht einfach eine stinknormale "renner-mechanik" ein und ersetzt die saiten durch die fühler?
hier und da noch ein paar wietere fühler, um die saitenresonanz zu triggern..
und man erhält letztendlich das realistischste spielgefühl, das möglich ist..
inklusive stummem herunterdrücken, repetiton etc

am preis kann es doch nicht liegen
ich meine immerhin werden da dp für viele tausend euronen verkauft
am gewicht auch nicht ->dp für den einsatz @ home

oder gibt es das und ich weiß es einfach nicht?
 
Die Fühler für die Saitenresonanz - das wird schwierig, wenn da keine Saiten sind. Saitenresonanz würde man wohl doch eher rein rechnerisch lösen - dafür muss man nur wissen, bei welchen Saiten der Dämpfer gerade abgehoben ist.
Die Mechanik der Wahl wäre wohl z.B. eine Renner-Mechanik (wobei die wohl auch nochmal ein paar Taler extra kosten würde...) mit Sensoren für den Hammer beim Auftreffen und einem weiteren für den Dämpfer je Taste - letzterer idealerweise auch noch "analog", soll heißen nicht nur ein/aus, sondern abgestuft (so ähnlich, wie das ja global mit Halbpedal auch schon gemacht wird).

Das Problem wird sein, dass das eine komplette Neuentwicklung wäre, wohingegen man in der Kompaktbauweise fertige Midi-Tastaturen z.B. von Fatar und Co. zukaufen kann. Bzw. die Hersteller, die ihre eigenen Tastaturen bauen, können natürlich die gleichen Tastaturen für High-End-Homepianos wie für die Stage-Serien verwenden. Insoweit schon ein nicht zu vernachlässigender Kostenfaktor, weil wahrscheinlich die wenigsten Kunden bereit sind, für das letzte Quäntchen Spielgefühl gegenüber einer Kompakt-HM nochmal hunderte Euro extra auszugeben. Und die, die das evtl. wollen (oder überhaupt den Unterschied bemerken) werden wohl, wenn sie die Wahl haben, auf absehbare Zeit noch lieber einen echten Flügel spielen, wenn es drauf ankommt...
 
Die Fühler für die Saitenresonanz - das wird schwierig, wenn da keine Saiten sind. Saitenresonanz würde man wohl doch eher rein rechnerisch lösen - dafür muss man nur wissen, bei welchen Saiten der Dämpfer gerade abgehoben ist.
ja genau darum ging es mir (worum auch sonst-wäre recht unlogisch zu sagen "statt saiten fühler" um dann anhand von schwingenden saiten die resonanzen zu erfühlen nicht wahr :-D )
 
Ach so... dann haben wir aneinander vorbeigeredet. Wobei man ja die Dämpfer-Sensoren ohnehin braucht, nicht nur für die Saitenresonanz. Der Ton soll ja irgendwann auch wieder aufhören ;)

Ich dachte, du wolltest zusätzlich zu der Dämpfer-Sensorik noch irgendwo andere Sensoren anbringen für die Resonanz...
 
..ich hatte leider noch nicht weiter gedacht...
auf die schnelle nur bemerkt (bzw das gefühl) , dass es auf alle fälle für bestimmte klavier dinge wichtig wäre, dass man zusätzlich zu den anschlägen noch ein paar andere parameter ausliest, die bisher über programmierung gelöst werden oder eben leider (außer in ausgecheckten monster pc-simulationen) gar nicht berücksichtigt werden (können).

eigentlich müsste man sich statt viele worte zu machen echt mal hinsetzen und das dingens bauen
denn
technisch ist nach meinem aktuellen gefühl alles schon vorhanden.
 
...und wir lernen: ich hätte genauer gucken sollen :D
aber danke! wirklich
denn
ich war inzwischen zu dem schluss gekommen: dümmer als ich sind die hersteller mit sicherheit nicht also muss es einen wirklich wichtigen grund geben
warum
zb roland für nahezu 20.000€ einen digitalflügel verkauft, der die gleiche tastatur wie mein rd 700 hat
immerhin
weiß ich nun, dass es geht..interessant wäre es natürlich das ding aus der nähe zu betrachten :)
 
Die Casio Digitalpianos sind schwer zu finden, aber das Freiburger Musikzentrum Haas macht möglich, was manch anderes, auch größeres Geschaft nicht kann: Ich habe dort vor ein paar Tagen ein Ap 250 und ein AP 450 antesten können und mit den danebenstehenden Yamahas und Kawais verglichen. Das AP 250 für knapp € 1000,-, das AP 450 für knapp 1200,- Es standen rundherum Instrumente zwischen € 700,- und über € 4000,- :)


Nun bin ich ja als leidenschaftlicher Akusitikpianist leider nicht so der Fachmann in Sachen Digitalpiano, aber hier jetzt mal meine Meinung:

Die beiden Casios müssen sich nicht verstecken vor den Konkurrenten. Die Tastatur ist in Ordnung, der Klang ist OK. Im Mittenbereich war mir der Klang etwas zu näselnd, leicht küchenradiomäßig (das fiel mir aber schon bei dem Casio-Flügel-Vergleichsvideo auf.) Beim 250er war das noch etwas stärker als beim 450er. Aber man kann die Instrumente gut spielen: Wenn ein Schüler von mir so eines hätte, wäre das kein Problem, man kann darauf üben, spielen, Ausdruck funktioniert nuancenreich etc.

Was mich etwas hat stutzen lassen, ist diese "Ivory Touch" Tastatur mit gemaserter Oberflächentextur. Diese Maserung wird offenbar schon beim Herstellungsprozeß der Tasten mit hineingestanzt oder gegossen oder so. Ich fand sie etwas zu grob. Die AIR-Technik mit räumlicher Klangabstrahlung war jetzt nicht so, daß ich das große WOW-Erlebnis hatte. Sie ist mMn ein bißchen Voodo. Die räumliche Klangabstrahlung war da, mir wäre aber lieber gewesen, wenn der Klang insgesamt etwas mehr meinen Vorstellungen entsprochen hätte, als daß er räumlich abstrahlt. Beim AP 450 kann man übrigens den Deckel hochklappen, beim AP 250 nicht. Die technischen Eigenschaften entsprechen im Wesentlichen dem Stand der Zeit, Halbpedal, Saitenresonanz (hat glaube ich nur das AP 450, das AP 250 hat wohl "nur" Dämpferresonanz, was auch immer das ist.) u.a.

Andere Sounds gibts natürlich auch: Rhodes, DX7, Wurly, Hammond, Cembalo, Streicher, das Übliche halt in üblicher Qualität.

Kaufen würde ich mir keins von beiden, ABER: Ich würde mir auch keins von den Konkurrenzprodukten kaufen, die dort standen. :gruebel: Und da waren auch Yamahas für über 2000,- dabei. Keins hat mich wirklich vom Hocker gehauen, außer einem, das war das Yamaha NU1 Hybrid Piano. Da habe ich kurz gezweifelt, ob nicht vielleicht doch Saiten drin sind. Aber nur kurz, ehrlich ... :D

Jedes der anderen Digitalpianos hatte für mein Empfinden auch seine Stärken und Schwächen.

Deshalb mein Fazit: Die Casios sind nicht schlechter oder besser als die anderen DPs, nur eben anders. Am Ende entscheidet der persönliche Geschmack. Sie fügen sich in ihrer Preisklasse in die Reihe der Konkurrenten ganz gut ein, soweit ich das als Akustischer beurteilen kann.

Mein persönliches Fazit für mich selbst: Ich habe nach längerer Zeit wieder mal Digitalpianos (besser: Homepianos) getestet. Ich würde mir keins kaufen. Mein akustisches Klavier ist nun wahrlich nix besonderes und außerdem schon ziemlich runtergespielt, aber es schlägt die angetesteten Intrumente um Längen. Den häufig angesprochenen Doppelblindtest (akustisch vs. digital) würde ich mir zutrauen. :) Höchstens dieses Yamaha Hybrid-Dingens könnte mich da aus der Bahn werfen.

Wenn ich € 1000,- oder mehr für nicht-akustische und nicht-elektromagnetische Tasten ausgeben müßte, würde ich eher eine gute Tastatur für mein GEM rpx kaufen als ein Homepiano.

Viele Grüße,
McCoy
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei einem Test der AiR Modelle, insbesondere AP-450, empfehle ich in jedem Fall den "Lid Simluator" und die 3 möglichen Stellungen des Gehäusedeckels auszuprobieren. Die Klangveränderungen sind recht stark. Man kann den Klang dadurch sehr gut auf den eigenen Geschmack abstimmen, besser als jeder EQ. Wenn man nur die Grundeinstellung testet bleibt man weit unter den Möglichkeiten die die Instrumente bieten.

@McCoy: Hast Du die "Lid Simulator" Funktion ausprobiert? Falls ja, was hältst Du davon?
 
@McCoy: Hast Du die "Lid Simulator" Funktion ausprobiert? Falls ja, was hältst Du davon?
Ja klar habe ich das gemacht, daß ist ja wohl eine wesentliche Eigenschaft der AIR. Meine Ansicht darüber habe ich versucht, durch diesen Absatz auszudrücken:
Die AIR-Technik mit räumlicher Klangabstrahlung war jetzt nicht so, daß ich das große WOW-Erlebnis hatte. Sie ist mMn ein bißchen Voodo. Die räumliche Klangabstrahlung war da, mir wäre aber lieber gewesen, wenn der Klang insgesamt etwas mehr meinen Vorstellungen entsprochen hätte, als daß er räumlich abstrahlt. Beim AP 450 kann man übrigens den Deckel hochklappen, beim AP 250 nicht.

Viele Grüße,
McCoy
 

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