Moin,
Kommen wir zur Studio-Runde ... also zumindest einem verkürzten Workflow, der in der uns vorgegebenen Zeit funktionieren kann. Wie immer - the sky is the limit - könnte man das alles noch deutlich auf die Spitze treiben. Wobei "Spitze treiben" meine Interpretation wäre, der typische Studio Techniker würde sagen - "is normal"
...
- Wir haben die Drums mit minimalistischen 12 Tracks aufgenommen. Preamps & EQ`s von der SSL, Drum Bus Comp. vom Bus Comp. der SSL.
- Gitarren Ryth. 3 Spuren hingefetzt aus dem AXE FX um verschiedene Frequenzen abzudecken (3 sehr unterschiedliche Gitarrensounds) - verschiedene Gainstufen und Frequenzgänge - auch eine ziemlich cleane Gitarre dabei um den "plank" hinzubekommen.
- Bass klassisch über DI in den 1073er BAE Preamp + EQ und Comp 1176 Bluey
- Sologitarre AXE FX eine Spur und Comp: 1176
- Stimme Lewitt 1040er / Einstellung genau die Mitte des FET / TUBE Drehschalter - in der DAW dann EQ SSL 4000er und durch den 1176 Bluey - Reverb vom Eventide H90
Ganz wichtig! Wir reden hier in der eigentlichen Session von ca. 1h Recording (waren ja auch nur 2 Strophen) und 45 min Mixing.
Daher haben wir folgendes NICHT gemacht, was bei einer späteren Verwendung für ein Band-Album Teil des Prozesses gewesen wäre.
- Eine ausgefeilte Produktion verlangt ein detailierteres Mic System auf Drums,
- Reale Gitarrenverstärker werden mikrofoniert, Overdubs werden ausgearbeitet und genau auf die Frequenzen ausgemessen und eingespielt.
- Mixing wird dann nach dem Cutting in der DAW komplett auf der SSL Origin gemacht und nicht "in the (Computer) Box" !
- Automationen werden in den jeweiligen Spuren gefahren.
- Backing vocals kommen dazu.
- Stems und fertige Gruppen werden dann im SSL Fusion und SSL Bus+ noch mal analog bearbeitet und in die DAW zurück recorded.
Zu allen weiteren Details der Technik wird
@gitarrenaxl die Information liefern. Ich werde hier erst mal versuchen zu beschreiben, wie ich als "Live-Spieler" die Aufnahmesession wahrgenommen habe und auf was ich mich einlassen musste ...
In der Regel halte ich Songideen mit der Sprachnotiz des iPhone fest.
Auch zuhause nehme ich immer mal was auf und bearbeite es rudimentär in Garageband und Luna. Mein Wissen um die Funktionsweisen einzelner Komponenten (EQ, Kompressor ...) ist rudimentär. Mein Gehör ist auf das Gesamtpaket ausgerichtet - ob da ne Snare zu laut, ne Tom zu fett, ne ... kann ich nur mit viel, viel Konzentration "(hör)-filtern". So schiebe ich eher in Trial & Error an den Reglern. Man kann also nicht von "organisiertem Mix" reden, sondern im Prinzip nur von Zufall.
Während Corona haben wir halt nicht Live/Proberaum spielen können, es gab aber eine Songidee zu verarbeiten. Folgerichtig sind Einzelspuren bei mir auf dem Rechner gelandet und ich "musste" versuchen was draus zu machen. Wenn ich mich recht erinnere, gab es vom Drumset 8 Spuren - also schon mal deutlich weniger als in der Studio Session. Keine Git/Voc-Overdubs ... usw. In letzter Konsequenz ein immer noch deutlich "unfertiger Song" - legt man Studio Maßstäbe an.
Und genau darum geht es letztendlich, wenn man den Schritt vom Homerecording - was unbestritten wahnsinnig aufgeholt hat in den letzten Jahren - zu professionellem Studio macht. Mehr Details, mehr erfasste Information, mehr Optionen mit dem Material zu spielen! Allerdings auch weniger Erfolgsaussichten für den Hobbyisten es erfolgreich zu tun.
Im Rahmen des Live Jam hatten wir ja bereits die Struktur geklärt (Auftakt pro Strophe, dann 12 Takte Bluesschema mit 3 Breaks und Takt 12 bleibt auf der 1)
Die iPhone Spur und der Jam-Mix ist euch von weiter oben ja bekannt, hier noch mal am Stück. Und der Qualitätssprung Live Jam Studio zu iPhone (bei ca. 1:30) hat schon eine gewisse Dramatik. Wenn man immer nur iPhone und Co. hört, könnte man "fast zufrieden" sein. Hört man die Live Jam Studio Spur, ist man mit iPhone hingegen nicht mehr zufrieden.
View: https://youtu.be/tKlIg65PuwM
Am Studiotag haben wir begonnen per Click ne Drumbasis zu legen. Um den Feel drin zu lassen, haben Bass und Stimme mitgespielt, damit die Orientierung leichter wird. Dazu war ich, um Übersprechen zu verhindern, in der Gesangskabine - zwar mit Ausblick auf die Jungs, aber ohne direkten Kontakt. Hier musste ich mir zum ersten mal klar werden, dass ich jetzt nicht "Musik mache", sondern "Musik aufnehme" und sich dies doch deutlich anders anfühlt, als in der Probe, beim Jam oder auf dem Konzert. Hallo Wach !!!
Auf die Drum Spur kam dann recht unspektakulär der Bass per DI. Da auch ihm der Song Spaß gemacht hat, konnte "Tiger" in kürzester Zeit liefern
... Also zurück in die Gesangskabine und die Vocals drauf gelegt. Ob ihr es 3 Versuche oder 3 Optionen nennen wollt ... überlasse ich euch. Alex hat aber in der Zeit jeweils die Balance zwischen Röhre und FET am Lewitt LCT1040 verändert - und sich zum Schluss für den 50/50 Mix entschieden. Für eine "größere Produktion" würden wohl beide Spuren getrennt aufgenommen um noch flexibler zu bleiben - bzw. um auch für sich deutlich ändernde Vocals im Song vorbereitet zu sein. Hier war klar, dass die Stimme recht konstant bleiben wird. Mehr zum Lewitt LCT1040 im ganz frischen Review!!!
LEWITT LCT1040
Alles klar, Daumen hoch von Alex und ab zur nächsten Station. Ich hätte ja gerne die "Biege" in den Aufnahmeraum gemacht und mich zu meinem Arbeitspferd zu begeben, durfte aber nur die Gitarre in den Kontrollraum holen. Da wir uns vom klassischen Sound des Songs etwas verabschieden wollten (er sollte ca. 50 Jahre "frischer" werden und heute wird Blues doch gerne mit mehr Zerre gespielt als zur Zeit von Bo Diddley's Original
) und wir doch schon recht weit in der einen Stunde, in der es passieren sollte, drin waren, haben wir die Soundsuche am Amp übersprungen und AXE FX Presets genommen, deren Sounds Alex kannte und die er als geeignet eingestuft hat. Verschiedene Gain Settings und quer durch die PU's der Strat. Keinen der 3 Sounds hätte ich als Stand-Alone gewählt, aber in der Kombi sind sie genau so aggressiv und modern geworden, wie wir uns vorgenommen haben. Alex
Das AXE FX ist also praktisch !!! Aber ich war wieder weit weg vom "Musik machen" - im Control Room, mit Amp aus dem Monitor sowie Click und Musik vom Band. Und noch ne (fast) neue Erkenntnis! Click kannst du bei mir ausschalten - wenn ich den Beat nicht fühle, oder ihm durch optische Signale - Drummerbewegung oder in diesem Fall Klatschen von Alex - folgen kann, werde ich ihn verlassen.
Ist der Click "musikalisch" (Drumspur oder Basslinie in Time - fällt es mir hingegen leicht, drei Spuren, in leidlich identischer Time, aufeinander zu legen. Mit Click pur, wäre ich wohl noch in Tirol
.
Als letzten Schritt hat Alex dann noch Fills auf den Track gespielt. Hier konnte ich mich ein wenig an ihm - den wenig Blueser - Rächen
. Wie so oft, hat auch er versucht der Stimme hinterher zu laufen (Melodie des Solo) und landet dann automatisch an den "falschen" Stellen (in/über dem Gesang). Die "Ausrufe- und Fragezeichen in den Gesangspausen - also fast ein Dialog - sind Kunst.
So haben wir also die selbst gesetzte Vorgabe von einer Stunde leicht überzogen. Nach einer Runde "Ohren" abkühlen und Sauerstoff (mit einem geringen Anteil Nikotin) tanken, ging es an den groben Mix. Und tatsächlich, nach 60 Minuten dauernden 45 Minuten - Ätsch - hatte Marco einen bereits gut hörbaren Mix fertig. Prägnante Instrumente, gute Lautstärkenverhältnisse und ne Platzierung im Stereobild.
Ausrufezeichen !!! Typisch im Studio ist ein Verhältnis 1 Teil aufnehmen zu 5 Teilen bearbeiten.
Nach meiner Abreise haben die Jungs auch durchaus noch weiter im Projekt gearbeitet, denn in jedem einzelnen Aufnahme-Track kann man "Housekeeping" betreiben und Störgeräusche sowie unnötige Teile entfernen. Auch kann man neben der Bearbeitungsbasis mit EQ und Kompressor durchaus schauen, was man noch in der Werkzeugkiste hat.
Bin nochmal mit dem Fusion und dem Bus+ drübergerumpelt
Wie gesagt ... mit dem was ihr hört, sind wir immer noch ne ganze Ecke entfernt von dem was gehen könnte! Was die Jungs als "Minimum" mit Bands, die zu Aufnahmen vorbei kommen tun, wurde bei weitem auf meinem Kurztrip nicht ausgeschöpft.
Mein Fazit !!!
Mit dem
Woodway Studio und der Crew rund um
@gitarrenaxl gibt es für Profis eine gute Adresse mehr. Was
mir aber noch viel, viel wichtiger erscheint! Sie haben ebenso Bock auf die Arbeit mit "the rest of us"! Sie helfen uns Newbee's sich in die Arbeit im Studio rein zu denken, es wird viel geklönt und viel gelacht.
Grade das Material von uns "Homerecordler'n und Proberaum/Live Musiker" können sie auf das "Next-Level" heben - einen Sprung, den ich/ihr nicht für möglich halten werdet. Damit sind sie das perfekte Ziel für einen gemeinsamen Bandausflug -
und genau dies werden wir im Frühjahr machen!
Aus dem Aufenthalt mitnehmen wollen wir dabei folgendes:
- die gemeinsame zusammenhängende Zeit als Band ...
- gute Aufnahmen eines Teiles unseres Materials, um bei "Veranstaltern" durch die Qualität das "Nü" vorne zu liegen ...
- weil wir irgendwann beim Hören der Aufnahmen in Erinnerungen schwelgen können! Was hatten wir doch für eine geile Zeit zusammen als Band - von "Null" in 2017 ... zu ... "im Radio gespielt worden" in 2021 ... zu ... "im Studio eigene Songs aufgenommen".
P.S. Tirol hat zusätzlich den Vorteil, dass es in der Nebensaison große "Bettenkapazitäten" gibt. Ein nettes Appartement für den Aufenthalt und reichlich Freizeitangebot für die Familie, falls sie denn mit will.
Sitzt ihr an der Stelle im gleichen Boot?
Ja, ihr musstet jetzt lange durchhalten - hier also endlich der Soundfile zur unserer Stunde Aufnahme/Stunde Mix Session im Woodway Studio - Tirol ...
Es gibt noch 2 weitere Mixe (und es gibt sie als
WAV - Hier der zum mp3 passende) ... Wie die klingen und wie sie sich unterscheiden und was Alex und seine Jungs aus der technischen Sicht (und vielleicht auch zum Besuch selbst - vielleicht darf ich ja gar nicht wieder kommen ... oder muss mich von ihrem Drummer fern halten
) anzumerken haben, wird Alex in einem eigenen Post hinterlegen.
Servus !!!
Martin