DerZauberer
Registrierter Benutzer
DISCLAIMER: Dieser Text dient der Freude und Unterhaltung. Er ist nicht ganz ernst zu nehmen. Es muss ihn keiner lesen. Es soll sich keiner aufregen.
VORWORT
Gleich vorab: Hier findet ihr ein paar zusammengefasste Meinungen meinerseits, ohne riesige Beweise und Herleitungen. Wer mag, kann nach den Begriffen im Forum und im Netz suchen, es gibt viel zum Teil sehr viel Stoff dazu... einige Themen sind den Forumusern viele, viele eigene Threads wert. Wer nun sagen mag "das ist aber alles Schwachfug, was der Kerl hier schreibt", der soll das tun, ich werde nebendran mit Popcorn sitzen und laut lachen.
Was ich hier schreibe, ist meiner Meinung nach die Wahrheit. Ich freue mich auf Gegenbeweise - mit Fokus auf Beweise, Behauptungen habe ich schon genug.
("Aber du bringst doch auch nur Behauptungen, das ist nicht fair, wenn du jetzt im Gegenzug Beweise willst!" Richtig, seit wann ist das Leben fair? Ist jetzt nicht so ganz ernst gemeint mit den Beweisen... aber was mich schon nervt, sind die vielen Diskussionen in dieser Richtung:
(A) "seit ich XYZ gemacht habe, klingt das Instrument wundertoll und supergeil"
(B) "Cool, hast Du mal Aufnahmen, vielleicht sogar vorher/nachher?"
(A) "Nee, aber toll isses, viel differenzierte und transparenter..."
(C) "Naja, nett, aber eigentlich kann das nicht viel ausmachen, weil ..."
(A) "Ihr seid ja alle doof, mit euch rede ich nicht mehr!")
Also hau' ich jetzt auch einfach mal ein paar Statements raus, die auf meinen Erfahrungen, viel Ausprobieren und bisschen Lesen/Lernen beruhen. Darf jeder gern ignorieren. Ab und an kann ich nicht mehr an mich halten und hau' einen etwas umfangreicheren Text raus, so bin ich nun mal (siehe meine anderen Workshops und Grundsatz-Artikel). In der Blog-Sprache ist dies ein klassischer "Rant" - ich schreibe mir das von der Seele und verfasse so eine Art Grundatz-Pamphlet, es muss einfach raus.
Erschwerte Bedingungen: Wie schreibe ich das auf einem US-Keyboard und vermeide dabei die Umlaute und das Esszett? Hm.
Ach, und bevor einer fragt: Nein, ich glaube auch nicht an Globuli und Homoeopathie (hier konnte ich das 'oe' gleich mal nicht vermeiden). An den Weihnachtsmann, den Osterhasen und einen Gott auch nicht. Ich gehe aber mit offenen Ohren und Augen durchs Leben und bin ein durchaus zufriedener Mensch, der gut drauf ist und durchaus Freunde hat. Aber eben auch Querdenker und Skeptiker, nicht Nachahmer und Leicht-Glauber. Damit ihr mich in die richtige Schublade steckt, gell?
WARUM FUNKTIONIEREN DIESE VOODOO DINGE?
Wir haben ja als Gitarristen auch alle viel Freude dran, sogar die Helden machen mit und befeuern die Mythen. Die spielen ja auch die Original-Strats und Teles und die Sonderanfertigungen und die seltsamen Pickups und Custom Kabel und handverdrahtete Amps, die schwimmen auch auf der Welle mit. Wie soll man als Hobby-Gitarrero da auskommen?
DIE VOODOO THEMEN
Die Liste hier kommt aus meinem Kopf, ich habe bestimmt Sachen vergessen. Die zugrunde liegende Skala habe ich mir selbst soeben ausgedacht, sie reicht von 1 (da ist schon was dran, wird aber durch Voodoo auf die Spitze getrieben) bis 10 (purer Voodoo-Glaube, kann nix bringen). Die Bewertung erfolgte aus dem Bauch heraus. Viel Freude beim Kritisieren und Kommentieren. Im Zweifelsfall ganz oben den Disclaimer nochmal lesen.
1) RICHTUNGSGEBUNDENE KABEL - Voodoo-Faktor 10
Sind kompletter Schwachsinn. Dem Strom ist es egal, wie rum die Stecker sind und wie er sich durchs Kabel bewegen soll. Und wenn einer sagt "probiert es aus", dann sagt einfach laut und deutlich "Nein, weil das einfach Unsinn ist". Es kann nichts passieren. Kauft Euch gescheite Kabel mit gescheiten Steckern, und gut is'. Das gilt im Gitarren-Bereich IMMER - Gitarrenkabel, Patchkabel, Amp-Stromkabel, Effekt-Loop, Boxenkabel. Immer.
2) HANDGEWICKELTE PICKUPS - Voodoo-Faktor 5
"Scatterwound" scheint ja fast sowas zu sein wie ein offizielles Siegel - da war Handbarbeit dabei, das muss gut sein. Klar, ein handgewickelter Pickup kann super sein, auf den Punkt, perfekt zur Gitarre passend etc usw pp... nur doof, wenn das Zufall ist und nicht reproduzierbar. Ist da nicht vielleicht ein maschinengewickelter Pickup insofern sogar besser, weil ich immer genau das bekomme, was ich bestelle? Weil jedes Teil einfach genau so ist wie das Teil davor und danach? Also: Gut gemachte Pickups machen Freude, es gibt auch gute handgemachte. Es gibt sogar maschinell gewickelte, wo ein "Scatter"faktor eingebaut ist - die sind dann jeder einzeln quasi wie handgewickelt, aber auch alle gleich. Zudem wird der Einfluss von Pickups auf den Sound gerne viel zu doll bewertet, so riesige Unterschiede gibt es oft gar nicht. Also - sucht weiter nach dem Traumsound, aber bitte mit den Ohren und nicht mit dem Geldbeutel.
3) EINSPIELEN VON GITARREN - Voodoo-Faktor 8
Je mehr Zeit ich mit einer Gitarre verbringe und auf dieser spiele, umso besser klingt sie. Es gibt Menschen, die reden von einem Einspiel-Faktor, die Schwingungen beeinflussen das Holz, eine gut eingespielte Akustik-Gitarre wird offener und transparenter und besser, bei E-Gitarren gibt's das auch. Nein, gibt es nicht. Was aber passiert: Mit der Zeit lernt man sein Instrument besser kennen, stellt sich drauf ein, wird besser. In der Folge klingt das Teil einfach besser! Dazu kommt noch der Effekt, dass man auch den Sound kennen und lieben lernt - was vor 3 Wochen noch ungewohnt war, klingt heute wie erwartet und damit gut. Also: Spielt eure Instrumente, spielt viel und oft, habt Spass daran, spielt euch drauf ein. Aber "Einspielen" im Sinne von "nach X wochen ist sie eingespielt und klingt besser" gibt es nicht. Na gut, der Zeitfaktor spielt eine Rolle - Holz kann nachtrocknen, sich verziehen, die Komponenten altern... das hat aber mit Alterung zu tun, nicht mit Einspielen.
4) TONDKONDENSATOREN - Voodo-Faktor 9
Tone Caps mit gleichen Werten bringen gleich eingebaut denselben Effekt auf den Sound. Egal, ob es 3-Cent-Chinaware oder 50-Euro-NOS sind. Aua, das tut weh. Es gibt im "The Fret Files" Podcast in den Folgen 7 und 8 eine sehr nette Diskussion dazu, inklusive gebauter und gemessener "Lie Detector" Box. Klar, wenn die Werte der Kondensatoren aufgrund Toleranz oder Alterung irgendwie unterschiedlich sind, dann ist auch der Effekt ein anderer. Bei gleichen Werten aber nicht. Geht nicht. Aber klar - in eine Vintage Tele kommen auch Vintage Tone Caps, da bin ich dabei... der historischen Korrektheit wegen, da muss alles richtig gemacht werden. Dem Sound ist es aber egal, der ist mit China-Billig-Ware genau so.
5) NITROLACK - Voodoo-Faktor 7
Nitrolack sieht geil aus, er altert toll und harmonisch, er relict sich von allein. Er ist schwer zu verarbeiten, ist zickig und teuer. Man findet ihn auf alten Instrumenten, und auf neuen teuren. Muss super sein. Und: Die Schicht ist minimal, das Holz kann atmen, der Ton ist freier. NEIN. Dieser Effekt wird gerne gebracht, aber wirklich nachweisen kann ihn keiner. Oder wie ist das mit den ganzen runtergerockten Klampfen, wo nicht nur Lack sondern z.T. ganze Ecken fehlen?
Also bitte. Und: Wusstet ihr, das auch ganz alte Fender-Gitarren mit verschiedensten "Plastik"grundierungen versehen waren, bevor dann der tolle Nitro-Lack draufkam? Wir reden hier schon von den 50er und 60er Jahren (Fullerplast = Polyester = Plastik = schlechter Ton?). Oder auch: "There’s no tone difference between lacquer, polyurethane, polyester, stain, house paint, car paint, fingerpaint..." (im Netz gefunden, passt hier sehr gut". Und die "Dicke" spielt erst eine Rolle, wenn es einfach viel viel viel zu viele Schichten sind. Aber, unbenommen: Nitrolack sieht toll aus und macht Freude. Vielleicht spielt man auf so einer toll aussehenden Gitarre wirklich besser.
6) TRUE BYPASS - Voodoo-Faktor 8
Pedale mit Buffer klauen Sound, Treble, was auch immer. NEIN. Schlechte Pedale machen das, das hat nix mit dem armen Buffer zu tun. Im Gegenteil - viele Pedale mit True Bypass entsprechen ausgeschaltet einem ganz ganz ganz langen Kabel, das ist doof. Das klaut Sound. Der Grund des Rufs nach True Bypass waren schlechte Pedale, die auch ausgeschaltet nicht soundneutral sind (das Dunlop CryBaby Wah ist das klassische Beispiel). Halbwegs gut konstruierte moderne Pedale mit Buffer tragen zum konstanten Sound bei. Sie klauen nix. Im Gegenteil. Wer mehr will, suche nach dem "case against true bypass", netter kurzer Artikel von Pete Cornish.
7) VINTAGE - Voodoo-Faktor 6
"Alte Gitarren sind geil" - NEIN, so kann man das nicht stehen lassen.
"Es gibt geile alte Gitarren" - JA, das geht.
Alt ist nicht automatisch besser. Qualitativ sind durchschnittliche moderne Instrumente deutlich besser als durchschnittliche alte Instrumente. Methoden sind besser, Fertigung optimiert, Technik ausgereift... es gibt sehr viel, ohne dass man riesige Summen Geld ausgeben muss. Also von daher ist "alt" nicht unbedingt besser. Ich muss aber anerkennen - es gibt tolle alte Instrumente. Die klingen, da passt alles, UND man hat den History-Faktor, das ist alles authentisch und ... hach, es prickelt einfach und passt. Neuen Instrumenten fehlt da vielleicht die "Seele" (passt ja zum Voodoo). Siehe oben "Einspielen" - dank Voodo-Vintage-Feeling spielt man vielleicht sogar wirklich besser, weil man sich besser vorkommt. Aber nicht, weil das Instrument der totale Oberhammer ist.
8) FAT STRINGS FOR FAT TONE - Voodo-Faktor 8
Gut, Stevie Ray Vaughan spielte sie. Malcolm Young auch. Paar andere auch. Die 12er oder 13er E-Strings und die heftigen anderen Saiten dabei. Dagegen die Legionen an Gitarren-Helden, die mit fettem Ton auf 08er oder sogar 07er Equipment unterwegs sind - Billy Gibbons, Tony Iommi, Brian May (um ein paar zu nennen). Also - die Welt is bunt und granatenstark (kein Artikel von DerZauberer ohne dieses Filmzitat...), jeder wie er am besten kann. Einen Zusammenhang gibt es auf der E-Gitarre nicht, viele Wege bringen einen ans Ziel.
9) ES GEHT IMMER BESSER - Voodoo-Faktor 4
Wir modden, verbessern, veraendern. Setup, Pickups, Schrauben, Saitenhalter, Bridges, Tremolos. Sogar Lack (siehe #5 oben). Kabel, Potis, Kondensatoren. Die ewige Suche nach dem ultimativen Tone. Warum sind die Hersteller auch so doof, nicht-perfekte Gitarren auf den Markt zu werden? Vielleicht sollten wir uns mal fragen: Warum geben wir nicht die X-tausend Euros aus, die eine "perfekte" Gitarre kostet? Klar, gute Komponenten helfen. Aber schaut mal bei den Akustik-Gitarren vorbei: Wer betreibt hier viel Tuning? Seht ihr - so viel geht da auch gar nicht. Die A-Gitarre "ist wie sie ist", da kann man neben Nut/Bridge und Saiten auf die Schnelle gar nicht viel machen. Die wurde so designed und auf den Markt gebracht, weil sie jemand als gut zu einem gewissen Preis befunden hat. Bei den E-Gitarren ist es auch so. Klar, man kann viel "verbessern" - aber die absolute Weisheit gibt es hier auch nicht. Teurer und exlusiver ist nicht immer besser, wir glauben das nur.
10) CRYO-Tuning - Voodo-Faktor 9
Siehe "Einspielen" (#3), nur noch weniger verwurzelt im Realen.
11) FETTE KABEL - Voodo-Faktor 6
Es gibt Menschen, die haben Patchkabel von 8-10mm Durchmesser. All jenen rate ich - schraubt mal ein biliges Effektpeadal auf und schaut die Kabel an. Oder: schaut mal ins E-Fach Eurer Gitarre und die Kabel da. Oder die Pickup-Windungen. Wir reden hier nicht von Starkstrom, sondern vom Gegenteil. Ganz ganz wenig. Da reicht theoretisch auch ein ganz ganz winziges Kabel. Gut, gerade das Kabel zum Amp oder von Gitarre zum Effektboard sollte kein ganz schlechtes sein - mechanisch gut, knick- und zugfest, drauftretbar, und gut geschirmt. JA, bei langen Kabeln gibt es Unterschiede, gute Kabel geben die Kapazitaet (mist, wieder ein ae gebraucht) an. NEIN, auch diese Kabel brauchen keine Starkstrom-Durchmesser. Kauft Euch gute Kabel, das lohnt sich. Kauft Euch keine Voodoo-Kabel mit Preisen von 50 EUR oder mehr.
12) ECHTES VOODOO - Voodoo-Faktor 10
Um Mitternacht in einer Vollmondnacht an einer Kreuzung im Mississippi Delta Gitarre spielen, bis der Teufel mit dem Deal kommt. Die Gitarre segnen lassen. Die Saiten nach Feng Shui stimmen. Hilft vielleicht, dass man sich fokussiert, bringt aber rein gar nix. Und der Teufel kommt nicht mal.
13) SONST SO - Voodo-Faktor variabel
Es gibt bestimmt noch mehr Punkte, aber die fallen mir gerade nicht ein. Die Liste darf gerne erweitert werden.
IST EIN LEBEN OHNE VOODOO MACHBAR (UND - SINNVOLL)?
Machbar, aber macht wahrscheinlich nicht viel Freude. Irgendeinen "Anker" brauchen wir doch alle, irgendwas Besonderes, das uns / unser Instrument / unseren Sound / unsere Musik ausmacht. Also: machen! Letztlich gibt es nur eine Messlatte: Etwas ist gut, wenn es funktioniert - und wenn es nur funktioniert, weil wir dran glauben, so funktioniert es eben doch. Auch, wenn's nicht nachweisbar ist und nur ganz individuell in winzigsten Nuancen von einem selbst bemerkbar ist - wenn es doch funktioniert, warum nicht?
Meine Bitte ist nur: Macht euch selbst einen Eindruck, glaubt nicht, was irgendwer in irgendwelchen Foren behauptet. Hinterfragt kritisch, wenn einer supertolle Dinge vorstellt - allein die Frage, warum in 70 Jahren E-Gitarrenbau das nicht zum Standard geworden ist, wenn es denn wirklich so toll ist, ist schon mal ein Start. Und lebt auch damit, dass es Zweifler und Skeptiker gibt, Unverbesserliche sogar, die sagen "Thema X kann nicht so sein". Vielleicht haben sie manchmal sogar Recht.
Bei aller Skepsis gilt aber im Gegenzug klarerweise auch: Es ist richtig, was funktioniert. Die letzte Instanz zum eigenen Sound ist man selbst, da kann man tun und lassen was man will. Man sollte aber meiner Meinung nach tunlichst vermeiden, die eigene Einstellung zur Messlatte zu machen, die man anderen vorgibt. Vor allem, wenn es um Voodoo-Themen geht. Daher habe ich hier ganz bewusst mal "andersrum" aufgeschrieben, was alles nicht funktioniert. Wie gesagt, meiner Meinung nach.
Viel Freude mit Euren Voodoo-Instrumenten! Ich gehe jetzt wieder an meine National Reso-Phonic Style O (teuer gekauft, weil nah am Vintage-Original aus den 20er/30er Jahren und von meinem Vorbild Son House gespielt) und verfolge die Idee des Coodercaster-Nachbaus (mit Teisco Gold Foil und Supro Lap Steel Pickup). Mit Nitrolack. Ganz ohne Voodoo. Klar.
VORWORT
Gleich vorab: Hier findet ihr ein paar zusammengefasste Meinungen meinerseits, ohne riesige Beweise und Herleitungen. Wer mag, kann nach den Begriffen im Forum und im Netz suchen, es gibt viel zum Teil sehr viel Stoff dazu... einige Themen sind den Forumusern viele, viele eigene Threads wert. Wer nun sagen mag "das ist aber alles Schwachfug, was der Kerl hier schreibt", der soll das tun, ich werde nebendran mit Popcorn sitzen und laut lachen.
Was ich hier schreibe, ist meiner Meinung nach die Wahrheit. Ich freue mich auf Gegenbeweise - mit Fokus auf Beweise, Behauptungen habe ich schon genug.
("Aber du bringst doch auch nur Behauptungen, das ist nicht fair, wenn du jetzt im Gegenzug Beweise willst!" Richtig, seit wann ist das Leben fair? Ist jetzt nicht so ganz ernst gemeint mit den Beweisen... aber was mich schon nervt, sind die vielen Diskussionen in dieser Richtung:
(A) "seit ich XYZ gemacht habe, klingt das Instrument wundertoll und supergeil"
(B) "Cool, hast Du mal Aufnahmen, vielleicht sogar vorher/nachher?"
(A) "Nee, aber toll isses, viel differenzierte und transparenter..."
(C) "Naja, nett, aber eigentlich kann das nicht viel ausmachen, weil ..."
(A) "Ihr seid ja alle doof, mit euch rede ich nicht mehr!")
Also hau' ich jetzt auch einfach mal ein paar Statements raus, die auf meinen Erfahrungen, viel Ausprobieren und bisschen Lesen/Lernen beruhen. Darf jeder gern ignorieren. Ab und an kann ich nicht mehr an mich halten und hau' einen etwas umfangreicheren Text raus, so bin ich nun mal (siehe meine anderen Workshops und Grundsatz-Artikel). In der Blog-Sprache ist dies ein klassischer "Rant" - ich schreibe mir das von der Seele und verfasse so eine Art Grundatz-Pamphlet, es muss einfach raus.
Erschwerte Bedingungen: Wie schreibe ich das auf einem US-Keyboard und vermeide dabei die Umlaute und das Esszett? Hm.
Ach, und bevor einer fragt: Nein, ich glaube auch nicht an Globuli und Homoeopathie (hier konnte ich das 'oe' gleich mal nicht vermeiden). An den Weihnachtsmann, den Osterhasen und einen Gott auch nicht. Ich gehe aber mit offenen Ohren und Augen durchs Leben und bin ein durchaus zufriedener Mensch, der gut drauf ist und durchaus Freunde hat. Aber eben auch Querdenker und Skeptiker, nicht Nachahmer und Leicht-Glauber. Damit ihr mich in die richtige Schublade steckt, gell?
WARUM FUNKTIONIEREN DIESE VOODOO DINGE?
- Weil wir es wollen.
- Wir feilen immer am Sound.
- Wir befolgen Tipps, wie er besser wird.
- Wenn es viele tun, muss doch irgendwie was dran sein.
- Wir achten ganz ganz genau auf den Sound, wir wollen, dass er besser wird.
- Wir probieren was aus, die Ohren sind gespitzt, ob es wirklich auch besser wird.
- Wir wollen, dass der Sound besser wird, also wird er auch besser, weil er besser werden "muss".
- Das Hirn ist Schuld.
- Noch schlimmer wird es bei: Das hat Geld gekostet und soll was bringen, also muss es auch was bringen.
- Das Hirn ist noch mehr Schuld.
Wir haben ja als Gitarristen auch alle viel Freude dran, sogar die Helden machen mit und befeuern die Mythen. Die spielen ja auch die Original-Strats und Teles und die Sonderanfertigungen und die seltsamen Pickups und Custom Kabel und handverdrahtete Amps, die schwimmen auch auf der Welle mit. Wie soll man als Hobby-Gitarrero da auskommen?
DIE VOODOO THEMEN
Die Liste hier kommt aus meinem Kopf, ich habe bestimmt Sachen vergessen. Die zugrunde liegende Skala habe ich mir selbst soeben ausgedacht, sie reicht von 1 (da ist schon was dran, wird aber durch Voodoo auf die Spitze getrieben) bis 10 (purer Voodoo-Glaube, kann nix bringen). Die Bewertung erfolgte aus dem Bauch heraus. Viel Freude beim Kritisieren und Kommentieren. Im Zweifelsfall ganz oben den Disclaimer nochmal lesen.
1) RICHTUNGSGEBUNDENE KABEL - Voodoo-Faktor 10
Sind kompletter Schwachsinn. Dem Strom ist es egal, wie rum die Stecker sind und wie er sich durchs Kabel bewegen soll. Und wenn einer sagt "probiert es aus", dann sagt einfach laut und deutlich "Nein, weil das einfach Unsinn ist". Es kann nichts passieren. Kauft Euch gescheite Kabel mit gescheiten Steckern, und gut is'. Das gilt im Gitarren-Bereich IMMER - Gitarrenkabel, Patchkabel, Amp-Stromkabel, Effekt-Loop, Boxenkabel. Immer.
2) HANDGEWICKELTE PICKUPS - Voodoo-Faktor 5
"Scatterwound" scheint ja fast sowas zu sein wie ein offizielles Siegel - da war Handbarbeit dabei, das muss gut sein. Klar, ein handgewickelter Pickup kann super sein, auf den Punkt, perfekt zur Gitarre passend etc usw pp... nur doof, wenn das Zufall ist und nicht reproduzierbar. Ist da nicht vielleicht ein maschinengewickelter Pickup insofern sogar besser, weil ich immer genau das bekomme, was ich bestelle? Weil jedes Teil einfach genau so ist wie das Teil davor und danach? Also: Gut gemachte Pickups machen Freude, es gibt auch gute handgemachte. Es gibt sogar maschinell gewickelte, wo ein "Scatter"faktor eingebaut ist - die sind dann jeder einzeln quasi wie handgewickelt, aber auch alle gleich. Zudem wird der Einfluss von Pickups auf den Sound gerne viel zu doll bewertet, so riesige Unterschiede gibt es oft gar nicht. Also - sucht weiter nach dem Traumsound, aber bitte mit den Ohren und nicht mit dem Geldbeutel.
3) EINSPIELEN VON GITARREN - Voodoo-Faktor 8
Je mehr Zeit ich mit einer Gitarre verbringe und auf dieser spiele, umso besser klingt sie. Es gibt Menschen, die reden von einem Einspiel-Faktor, die Schwingungen beeinflussen das Holz, eine gut eingespielte Akustik-Gitarre wird offener und transparenter und besser, bei E-Gitarren gibt's das auch. Nein, gibt es nicht. Was aber passiert: Mit der Zeit lernt man sein Instrument besser kennen, stellt sich drauf ein, wird besser. In der Folge klingt das Teil einfach besser! Dazu kommt noch der Effekt, dass man auch den Sound kennen und lieben lernt - was vor 3 Wochen noch ungewohnt war, klingt heute wie erwartet und damit gut. Also: Spielt eure Instrumente, spielt viel und oft, habt Spass daran, spielt euch drauf ein. Aber "Einspielen" im Sinne von "nach X wochen ist sie eingespielt und klingt besser" gibt es nicht. Na gut, der Zeitfaktor spielt eine Rolle - Holz kann nachtrocknen, sich verziehen, die Komponenten altern... das hat aber mit Alterung zu tun, nicht mit Einspielen.
4) TONDKONDENSATOREN - Voodo-Faktor 9
Tone Caps mit gleichen Werten bringen gleich eingebaut denselben Effekt auf den Sound. Egal, ob es 3-Cent-Chinaware oder 50-Euro-NOS sind. Aua, das tut weh. Es gibt im "The Fret Files" Podcast in den Folgen 7 und 8 eine sehr nette Diskussion dazu, inklusive gebauter und gemessener "Lie Detector" Box. Klar, wenn die Werte der Kondensatoren aufgrund Toleranz oder Alterung irgendwie unterschiedlich sind, dann ist auch der Effekt ein anderer. Bei gleichen Werten aber nicht. Geht nicht. Aber klar - in eine Vintage Tele kommen auch Vintage Tone Caps, da bin ich dabei... der historischen Korrektheit wegen, da muss alles richtig gemacht werden. Dem Sound ist es aber egal, der ist mit China-Billig-Ware genau so.
5) NITROLACK - Voodoo-Faktor 7
Nitrolack sieht geil aus, er altert toll und harmonisch, er relict sich von allein. Er ist schwer zu verarbeiten, ist zickig und teuer. Man findet ihn auf alten Instrumenten, und auf neuen teuren. Muss super sein. Und: Die Schicht ist minimal, das Holz kann atmen, der Ton ist freier. NEIN. Dieser Effekt wird gerne gebracht, aber wirklich nachweisen kann ihn keiner. Oder wie ist das mit den ganzen runtergerockten Klampfen, wo nicht nur Lack sondern z.T. ganze Ecken fehlen?
Also bitte. Und: Wusstet ihr, das auch ganz alte Fender-Gitarren mit verschiedensten "Plastik"grundierungen versehen waren, bevor dann der tolle Nitro-Lack draufkam? Wir reden hier schon von den 50er und 60er Jahren (Fullerplast = Polyester = Plastik = schlechter Ton?). Oder auch: "There’s no tone difference between lacquer, polyurethane, polyester, stain, house paint, car paint, fingerpaint..." (im Netz gefunden, passt hier sehr gut". Und die "Dicke" spielt erst eine Rolle, wenn es einfach viel viel viel zu viele Schichten sind. Aber, unbenommen: Nitrolack sieht toll aus und macht Freude. Vielleicht spielt man auf so einer toll aussehenden Gitarre wirklich besser.
6) TRUE BYPASS - Voodoo-Faktor 8
Pedale mit Buffer klauen Sound, Treble, was auch immer. NEIN. Schlechte Pedale machen das, das hat nix mit dem armen Buffer zu tun. Im Gegenteil - viele Pedale mit True Bypass entsprechen ausgeschaltet einem ganz ganz ganz langen Kabel, das ist doof. Das klaut Sound. Der Grund des Rufs nach True Bypass waren schlechte Pedale, die auch ausgeschaltet nicht soundneutral sind (das Dunlop CryBaby Wah ist das klassische Beispiel). Halbwegs gut konstruierte moderne Pedale mit Buffer tragen zum konstanten Sound bei. Sie klauen nix. Im Gegenteil. Wer mehr will, suche nach dem "case against true bypass", netter kurzer Artikel von Pete Cornish.
7) VINTAGE - Voodoo-Faktor 6
"Alte Gitarren sind geil" - NEIN, so kann man das nicht stehen lassen.
"Es gibt geile alte Gitarren" - JA, das geht.
Alt ist nicht automatisch besser. Qualitativ sind durchschnittliche moderne Instrumente deutlich besser als durchschnittliche alte Instrumente. Methoden sind besser, Fertigung optimiert, Technik ausgereift... es gibt sehr viel, ohne dass man riesige Summen Geld ausgeben muss. Also von daher ist "alt" nicht unbedingt besser. Ich muss aber anerkennen - es gibt tolle alte Instrumente. Die klingen, da passt alles, UND man hat den History-Faktor, das ist alles authentisch und ... hach, es prickelt einfach und passt. Neuen Instrumenten fehlt da vielleicht die "Seele" (passt ja zum Voodoo). Siehe oben "Einspielen" - dank Voodo-Vintage-Feeling spielt man vielleicht sogar wirklich besser, weil man sich besser vorkommt. Aber nicht, weil das Instrument der totale Oberhammer ist.
8) FAT STRINGS FOR FAT TONE - Voodo-Faktor 8
Gut, Stevie Ray Vaughan spielte sie. Malcolm Young auch. Paar andere auch. Die 12er oder 13er E-Strings und die heftigen anderen Saiten dabei. Dagegen die Legionen an Gitarren-Helden, die mit fettem Ton auf 08er oder sogar 07er Equipment unterwegs sind - Billy Gibbons, Tony Iommi, Brian May (um ein paar zu nennen). Also - die Welt is bunt und granatenstark (kein Artikel von DerZauberer ohne dieses Filmzitat...), jeder wie er am besten kann. Einen Zusammenhang gibt es auf der E-Gitarre nicht, viele Wege bringen einen ans Ziel.
9) ES GEHT IMMER BESSER - Voodoo-Faktor 4
Wir modden, verbessern, veraendern. Setup, Pickups, Schrauben, Saitenhalter, Bridges, Tremolos. Sogar Lack (siehe #5 oben). Kabel, Potis, Kondensatoren. Die ewige Suche nach dem ultimativen Tone. Warum sind die Hersteller auch so doof, nicht-perfekte Gitarren auf den Markt zu werden? Vielleicht sollten wir uns mal fragen: Warum geben wir nicht die X-tausend Euros aus, die eine "perfekte" Gitarre kostet? Klar, gute Komponenten helfen. Aber schaut mal bei den Akustik-Gitarren vorbei: Wer betreibt hier viel Tuning? Seht ihr - so viel geht da auch gar nicht. Die A-Gitarre "ist wie sie ist", da kann man neben Nut/Bridge und Saiten auf die Schnelle gar nicht viel machen. Die wurde so designed und auf den Markt gebracht, weil sie jemand als gut zu einem gewissen Preis befunden hat. Bei den E-Gitarren ist es auch so. Klar, man kann viel "verbessern" - aber die absolute Weisheit gibt es hier auch nicht. Teurer und exlusiver ist nicht immer besser, wir glauben das nur.
10) CRYO-Tuning - Voodo-Faktor 9
Siehe "Einspielen" (#3), nur noch weniger verwurzelt im Realen.
11) FETTE KABEL - Voodo-Faktor 6
Es gibt Menschen, die haben Patchkabel von 8-10mm Durchmesser. All jenen rate ich - schraubt mal ein biliges Effektpeadal auf und schaut die Kabel an. Oder: schaut mal ins E-Fach Eurer Gitarre und die Kabel da. Oder die Pickup-Windungen. Wir reden hier nicht von Starkstrom, sondern vom Gegenteil. Ganz ganz wenig. Da reicht theoretisch auch ein ganz ganz winziges Kabel. Gut, gerade das Kabel zum Amp oder von Gitarre zum Effektboard sollte kein ganz schlechtes sein - mechanisch gut, knick- und zugfest, drauftretbar, und gut geschirmt. JA, bei langen Kabeln gibt es Unterschiede, gute Kabel geben die Kapazitaet (mist, wieder ein ae gebraucht) an. NEIN, auch diese Kabel brauchen keine Starkstrom-Durchmesser. Kauft Euch gute Kabel, das lohnt sich. Kauft Euch keine Voodoo-Kabel mit Preisen von 50 EUR oder mehr.
12) ECHTES VOODOO - Voodoo-Faktor 10
Um Mitternacht in einer Vollmondnacht an einer Kreuzung im Mississippi Delta Gitarre spielen, bis der Teufel mit dem Deal kommt. Die Gitarre segnen lassen. Die Saiten nach Feng Shui stimmen. Hilft vielleicht, dass man sich fokussiert, bringt aber rein gar nix. Und der Teufel kommt nicht mal.
13) SONST SO - Voodo-Faktor variabel
Es gibt bestimmt noch mehr Punkte, aber die fallen mir gerade nicht ein. Die Liste darf gerne erweitert werden.
IST EIN LEBEN OHNE VOODOO MACHBAR (UND - SINNVOLL)?
Machbar, aber macht wahrscheinlich nicht viel Freude. Irgendeinen "Anker" brauchen wir doch alle, irgendwas Besonderes, das uns / unser Instrument / unseren Sound / unsere Musik ausmacht. Also: machen! Letztlich gibt es nur eine Messlatte: Etwas ist gut, wenn es funktioniert - und wenn es nur funktioniert, weil wir dran glauben, so funktioniert es eben doch. Auch, wenn's nicht nachweisbar ist und nur ganz individuell in winzigsten Nuancen von einem selbst bemerkbar ist - wenn es doch funktioniert, warum nicht?
Meine Bitte ist nur: Macht euch selbst einen Eindruck, glaubt nicht, was irgendwer in irgendwelchen Foren behauptet. Hinterfragt kritisch, wenn einer supertolle Dinge vorstellt - allein die Frage, warum in 70 Jahren E-Gitarrenbau das nicht zum Standard geworden ist, wenn es denn wirklich so toll ist, ist schon mal ein Start. Und lebt auch damit, dass es Zweifler und Skeptiker gibt, Unverbesserliche sogar, die sagen "Thema X kann nicht so sein". Vielleicht haben sie manchmal sogar Recht.
Bei aller Skepsis gilt aber im Gegenzug klarerweise auch: Es ist richtig, was funktioniert. Die letzte Instanz zum eigenen Sound ist man selbst, da kann man tun und lassen was man will. Man sollte aber meiner Meinung nach tunlichst vermeiden, die eigene Einstellung zur Messlatte zu machen, die man anderen vorgibt. Vor allem, wenn es um Voodoo-Themen geht. Daher habe ich hier ganz bewusst mal "andersrum" aufgeschrieben, was alles nicht funktioniert. Wie gesagt, meiner Meinung nach.
Viel Freude mit Euren Voodoo-Instrumenten! Ich gehe jetzt wieder an meine National Reso-Phonic Style O (teuer gekauft, weil nah am Vintage-Original aus den 20er/30er Jahren und von meinem Vorbild Son House gespielt) und verfolge die Idee des Coodercaster-Nachbaus (mit Teisco Gold Foil und Supro Lap Steel Pickup). Mit Nitrolack. Ganz ohne Voodoo. Klar.
- Eigenschaft