Bevor ich auf die beiträge eingehe (widerspruch wäre mir auch recht), möchte ich das thema zu ende bringen.
Es wäre vieles zu definieren, was ist "dissonant", physikalisch, physiologisch, oder beides? Was ist "harmonie", was "harmonik", was ist "klassik", was "neue musik"? Definitionen haben immer etwas "definitives", und in kurzform lässt sich die wirklichkeit nicht fassen, nach der "weltformel" wird man noch lange suchen müssen.
Ist dissonanz für den einen willkommener reiz, für den anderen ärgerlicher missklang? Unser "aufnahme- und verarbeitungssystem" ist vernetzt mit tieferen schichten, und jede information, die wir aufnehmen, ist emotional gefärbt. Ich habe erlebt, dass bei den ersten sanften klängen eines streichquartetts sich mienen beinahe zum ekel verzogen und sich bei einem tagesschlager sofort aufhellten. Wer länger in zwangsgemeinschaften lebt, macht solche erfahrungen: als ich nach langem lazarettaufenthalt mich in Dresden "erholen" durfte, gab es täglich freikarten fürs "Farretee" (ich schreibe es so, wie es gesprochen wurde), nur wenn das varieté staatstheater oder staatsoper (es war noch die "alte" Semperoper mit ihrem einmaligen ensemble) oder gar Frauenkirche hieß, war ich der einzige, dankbare aspirant, denn es gab da unüberwindliche schranken. Anmutungsqualitäten nennt man die empfindungen, die einen ohne eigenes zutun beschleichen, für die man zwar alle möglichen ausreden erfindet, die man aber schwerlich begründen kann. Was den einen erfreut oder anrührt, stößt den anderen ab, warum, hängt von vielen faktoren ab. "Es gefällt mir, oder es gefällt mir nicht", ist die übliche verbale äußerung, womit auch eine wertung verbunden ist. "Es klingt ja ganz schön, was du da spielst, aber ich kann es nicht beurteilen", wer hätte das nicht schon gehört? Mancher lässt sich von großen namen blenden oder weiß erst morgen, ob ihm ein konzert gefallen habe, wenn er nämlich die kritik gelesen hat.
Das volk liebt seine großen geister? Aber nein, es fürchtet sich vor ihnen; was sie produzieren, könnte "zu schwer" sein, mühe machen, und warum, wenn es leichtere, vergnüglichere, gefälligere kost gibt. Ich hoffe, die rundfunkredakteure, die sich ihr arbeitsgebiet in "U" und "E" aufteilten, waren sich der tragweite nicht bewusst, denn nun war alles als "E"=ernst abgestempelt, was zwar auch vergnüglich und heiter, aber von gehobener qualität war.
Dass besonders maler erst nach ihrem tode bekannt und berühmt werden, hängt mit dem nun steigenden marktwert ihrer werke zusammen. Was händler billig erworben haben, wollen sie nun teuer weiterverkaufen, und so geht es von auktion zu auktion mit am ende schwindelerregenden preisen.
Das schlusskapitel wird sich dem thema wieder nähern mit materialien, verarbeitungstechniken und dergl.