was ich eigentlich wissen wollte, ob bei den hörern dissonanter Klassik Hörgenuss aufkommt
Eindeutig, ja! Klangliche schönheit ist nicht dreiklang-gebunden. Der "dissonante", kleine septakkord kommt vor 1600 kaum vor, dann wagte man den verminderten septakkord, in Bachs "Matthäuspassion" und Mozarts "Zauberflöte" ein "fürchterlicher akkord!", bei Liszt und Wagner ist er allgegenwärtig. Große septe und none sind aus jazz, swing, pop- und rockmusik nicht wegzudenken, allerdings sind all diese dissonanzen auf das Dur-und-moll-system bezogen. Aber gehen wir einen schritt weiter, um neuland zu gewinnen, Débussy hielt es mit der ganztonleiter und ihren übermäßigen dreiklängen, Schönberg und seine schule operiert mit 12-ton-reihen, Bartok entdeckt wieder balkanische rhythmen und freie, nicht funktionale tonalität, die kirchentonarten werden neu entdeckt, bi-tonalität als klanglicher reiz gewürdigt.
Natürlich spielen hörgewohnheiten und erwartungshaltungen eine große rolle, und wenn schon klassik allgemein (musik als kunstform), unser board beweist es, eine minderheitenangelegenheit ist, ist es progressive und avantgardistische umso mehr.
Vielleicht ist ein blick zur bildenden kunst angebracht, die "moderne" hat sich von der tradition gelöst, hat zur primitivität zurückgefunden (wie die populäre musik auch), experimentiert mit abstraktion (auch das findet in der musik statt), findet neue ästhetische bezüge. Nicht alle experimente sind lebensfähig, aber irgendwie, irgendwo entsteht eine brücke in die zukunft, keimen und wachsen neue ideen, neue anschauungen, neue klänge.
Für neue moden ist die mehrheit immer anfällig, neue musik - - - - doch lieber nicht!
Das in kürze, es bedürfte der klangbeispiele und unterweisung, um konkret zu werden, aber wenn ich und andere etwas beitragen können, vorurteile abzubauen und neugier zu wecken, tun wir es gern.