Finger-Plektron-Saite-Bundstäbchen-Brücke-Tonabnehmer-Elektronik-Kabel-Effektgeräte-Preamp-Effektgeräte-Endstufe-Speaker-Boxengehäuse-Mikrofon
Das alles sind die, sagen wir mal, klangformenende Stellschrauben, die ich als den von mir kontrollierten Bestandteil meines Instruments ansehe. Was dem Violinisten sein Bogen und seine Geige, ist für mich diese lange Kette, und wenn ich Musik spiele, spiele ich die gesamte Kette, jeden einzelnen Teil, und eben nicht einfach nur "Gitarre".
Da sind jetzt die Länge des Gurtes, die Stimmstabilität, die Lackierung und alle kosmetischen Stellschrauben, noch gar nicht mit drin, mit denen ich mir das Leben leichter mache, oder meine modischen Vorstellungen verwirkliche.
Und jede einzelne Stufe lässt sich vieltausendfach variieren. Plektron mit runder Spitze, Plektron mit scharfer Spitze, dünnes Plektron, dickes Plektron, Plektron mit abgerundeten Kanten, mit scharfen Kanten, großes Plektron, kleines Plektron. Jede einzelne Option alleine dabei verändert den Klang und bekommt dadurch die Möglichkeit, musikalisches Ausdrucksmittel oder zumindest Ressource des musikalischen Ausdrucks zu werden. Das ist also untrennbar mit dem "Musik machen" verbunden. Denn wenn wir "Musik machen" nur in dem einfachen erzeugen von Tönen verstehen wollen, dann können wir auch alle anfangen, nur noch reine Sinustöne von uns zu geben. Und da habe ich noch garnicht von dem Effektgerät mit Delay-Ducking, parametrischem EQ, FX-Routing und sonstwas angefangen.
Aber, das schöne an der Gitarre ist ja, dass es mit den technischen Ressourcen garnicht zu Ende ist, was die Flexibilität und Modifizierbarkeit angeht. Ich habe auf meinem Griffbrett den selben Ton bis zu 9 mal greif- oder spielbar (bspw. das e auf jeder Saite einmal und dreimal als tapped harmonic, noch ein paar mehr als pinched harmonic). Jeder klingt anders, obwohl es immer der selbe Ton ist. Jeder kann in einen anderen klanglichen Kontext treten einfach schon aufgrund seiner Lage auf dem Griffbrett. Und dann kommt die Stärke des Anschlags, dann kommt der Druck des Greiffingers, dann kommt das Vibrato: aufwärts, abwärts, seitwärts, kreisförmig (For The Love Of God!), mit Trem-Arm, mit Handballen auf Trem, mit Hand an der Kopfplatte. Dann kommen Bendings, Tappings, Hammer Ons, Pull Offs, Dive-Bombs, Squeals, ich glaube, es wird klar, was ich damit sagen will.
Mit anderen Worten: Rückwärts gehend, vom Mikrofon an der Box bis hin zum gespielten Klang hat die Gitarre einfach so viele Möglichkeiten, dass es schier unvorstellbar ist. Und gemessen an dieser Unendlichkeit an Variation, sind Gitarristen eigentlich noch viel zu unverzwatzelt.