Mal eine kurze Anmerkung zum Begriff "Urheberrechts-Kommunismus": In libertären bzw. zumindest anarcho-kapitalistischen Kreisen (also unter Leuten, für die Privateigentum und dessen Verteidigung unabdingbare Rechte sind, die einen total freien Markt fordern, Steuern als Diebstahl ansehen, unser aktuelles System in Deutschland schon teils als Sozialismus bezeichnen usw.) ist "Geistiges Eigentum" auch mindestens umstritten bzw. wird teils rigoros abgelehnt, weil es kein legitimes Eigentum sei
Wobei dir das ja offenbar zugegebnermaßen selbst bewusst bist, da du auch von "künstlichem" Urheberrecht sprichst. Müssen wir jetzt nicht groß drauf rumreiten, darum geht es in diesem Thread nicht unbedingt.
Aber nochmal zur Wertschätzung von Musik: Ich persönlich sehe auch in gewisser Weise Probleme durch die technologischen Entwicklungen. Aber das hat jetzt weniger was mit der Frage nach legal oder illegal zu tun. Ich hab es glaube ich in dem Zusammenhang erzählt und es mag etwas albern klingen, aber: In den Zeiten, wo man sich noch Kassetten überspielt oder CDs gebrannt hat, hat man zwar auch nichts dafür bezahlt, da war es dennoch etwas besonderes, diese zu bekommen. Weil man musste jemanden kennen, der die CD hat. Ich hab mir damals die Cover eingescannt, auf Fotopapier ausgedruckt, die CD ins Regal gestellt und fast so behutsam behandelt wie eine Originale. Ich hab auch damals mal welche zum Geburtstag geschenkt bekommen und mich drüber gefreut. Noch extremer sind die Geschichten (die ich selbst nicht miterlebt habe) aus den 80er Tape Trading Zeiten. Wo man sich dann Musik von irgendwelchen angesagten Underground-Metal-Bands aus den USA hat zuschicken lassen, man lange drauf gewartet hat, und das wirklich ganz neu war und man diese Band vorher nirgendswo gehört hatte und auch keine Chance hatte, die irgendwo zu hören. Heute dagegen habe ich den totalen Zugriff zu jeder Zeit. Und das hat zunächst mal nichts damit zu tun, ob das nun legal oder illegal ist - bezahlen zu müssen ist nur
ein "Hindernis" einfach an Musik zu kommen, war aber eben auch früher nicht die einzige. Durch Webradios kann man heute auch Underground-Metal-Bands einfach so kostenlos auf der ganzen Welt hören. Es gibt Youtube, Myspace, Amazon-Hörproben, Napster-Flatrates, Instant-Musik-Kauf direkt auf den MP3-Player,... Irgendwie geht da schon die Faszination etwas verloren, auch die Wertschätzung, weil man alles mal eben hören kann. Als ich mir das letzte Opeth-Album gekauft habe, da habe ich bewusst nirgendswo vorher reingehört, um doch noch diesen Moment "Ich gehe in einen Laden, kaufe eine CD, gehe stolz nach Hause, und höre sie abends in Ruhe, zum ersten Mal" zu erhalten
Ist natürlich eine sehr persönliche Sache. Zumal ich andersherum auch sehr davon profitiert habe, dass man sich vorher soviel anhören kann, weil ich sonst so einige Musik gar nicht entdeckt hätte bzw. gar nicht so tief in Musik eingetaucht wäre.
Es hatte ja schon jemand angesprochen, dass wir eigentlich schon eine schleichende Kulturflatrate haben, in Form von GEMA-Pauschal-Abgaben und Werbefinanzierung. Und unter diesem Umständen kann ich ehrlich gesagt auch etwas nachvollziehen, dass sich da so eine "Kostenloskultur" entwickelt hat bzw. ich den meisten Menschen nicht so wirklich vorwerfen kann, dass sie im Bereich Musik nicht dieses von UranusEXP geforderten moralische Empfinden haben. Gerade mit aktueller Chartmusik wird man ja im Grunde kostenlose zugeballert. Man hört die Songs im Radio, im Fernsehen, und kann sie sich beim mtvmusic.com auch gezielt zu jedem Zeitpunkt anhören. Und in anderen Ländern auch auf Youtube. Und ich dürfte sie legal vom Radio mitschneiden, und mir von meinem Mitbewohner kopieren. Aber sobald ich "rapidshare songtitel" bei google eingebe und etwas rumklicke ist es verboten und ich schade den Künstlern? Das ist schwer zu vermitteln.
Ich denke gerade hier im Musiker-Forum herrscht ja generell eher die Meinung, dass die Künstler ja durchaus das Recht auf Entlohnung hat, aber man es nicht unbedingt einsieht, "Zwischenhändler" und sonstige Leute zu bezahlen, deren Leistung man eigentlich gar nicht in Anspruch nehmen will. Ich hab mir sowas letztens auch noch gedacht, als ich mir eine CD gekauft habe. Naja, an sich bin ich eh so einer, der noch zwischen neuen und alten Tonträgern schwankt. Also irgendwie will ich doch gern was in der Hand haben, andererseits hab ich die CD dann doch gerippt und die CD bleibt meistens im Regal... Da hab ich mir dann doch gedacht: Warum gib ich jetzt eigentlich Saturn eine Menge Geld, und ich hab keine Ahnung, was die Musiker in dem Momenta davon hat. Ich könnte mich auch um den Vertrieb selbst kümmern (eben über die illegalen Wege im Internet), und dem Musiker 5 per PayPal überweisen. Wäre für mich billiger und der Musiker hat wohl auch mehr von. Bezüglich Promotion etc. die auch Geld kostet und das Label übernimmt: Hab ich in dem Fall nix von gemerkt. Ich bin auf die besagte Band nur durch ein Review hier im Musiker Board aufmerksam geworden und hatte vorher noch nie etwas von gehört (owbohl ich sogar "Fachzeitschriften" lese). Also klassische Mund-zu-Mund-Propaganda.
Nun wird dann oft eingeworfen, dass man ja nicht auf Spenden aufbauen kann bzw. das wohl auch dieser Wertschätzung und dem "jeder soll für seine Arbeit bezahlt werden, wenn ich davon profitiere" widerspricht. Im Bereich der Software gibt es aber ähnliche Vertriebsstrukturen die sich "Shareware" nenne. Ein hier im Forum bekanntes Beispiel dafür ist wohl Reaper. Cockos lebt nicht von Spenden, sondern wirklich vom verkauf von Lizenzen; wer keine Lizenz hat und das Programm länger als 30 Tage nutzt, der handelt genauso illegal wie jemand, der ein gecracktes Cubase verwendet. Im Gegensatz zu Steinberg ist Cockos aber so realistisch, dass sie einsehen, dass man die illegale Nutzung eh nicht verhindern kann und so gesehen darauf angewiesen ist, dass die Leute "freiwillig" bezahlen. Und anstatt nun dennoch einen aussichtlosen Kampf gegen die Raubkopierer zu führen, dabei die ehrlichen Kunden unnötig mit Dongles, aufwändigen Regsitrierungsverfahren etc. zu nerven, setzen sie einfach auf Kundenfreundlichkeit. Und sie geben im Grunde kein Geld für den vertrieb und für die Werbung aus. Das übernimmt das Netz. Die programmieren einfach. Was dazu führt, dass man die Software entsprechend günstig verkaufen kann.
Nun ist die Frage, ob man das so auf Musik übertragen kann. Wahrscheinlich nicht direkt. Und ich muss zugeben, dass David_MiS einen Aspekt genannt hat, den ich bisher gar nicht so bedacht habe. Viele meinen ja, dass eben die Plattenfirmen die Musik zu sehr kommerziallisieren und sich die Künstler verbiegen. Eine Befreiung davon würde also heißen, dass die Musiker wirklich freier ihrer Kunst nachgehen können, und das entsprechend positive Auswirkungen auf die Musik habe. David dagegen sagt nun, dass es auch durchaus umgekehrt sein kann: Der Musiker kann sich gar nicht komplett seiner Kunst widmen, wenn er sich auch noch um Vertrieb, Werbung usw. kümmern muss. Da ist was dran. Wobei die Frage ist, inwiefern man sich heutztage überhaupt darum kümmern muss.