Meiner bescheidenen Ansicht nach, kauft man immer auf Verdacht.
Ich nicht
.
Klar, du hast recht, alles kann man über noch nicht bessenes Equipment im Vorfeld nicht wissen und ich habe da auch schon die eine oder andere Überaschung im positiven wie im negativen Sinne erlebt - das hat vor allem damit zu tun, daß man die bloßen technischen Features viel leichter vergleichen kann als die Konsequenzen, die sich daraus für die eigene Nutzung und Arbeitsweise ergeben.
Aber nach einer gewissen Anzahl an Keys kann ich das, glaube ich ganz gut im Vorfeld einschätzen. Allerdings muß man sich zwingen, den ersten GAS-Schub abklingen zu lassen und das für und wieder ganz kühl abwägen.
Früher, d.h. mit dem ersten selbstverdienten Kohle habe ich erstmal alles beschafft, was mich irgendwie interessiert hat und halbwegs bezahlbar war. Da steckte auch der Antrieb dahinter, mal möglichst jede Syntheseform (die diversen ROM-Sampler, VA, Wavetables, FM, Additive, mal was echt-analoges, Sampler & eigene Samples, sogar ein Casio VZ1 mit seiner Phase Distortion war drunter) dagehabt und ausprobiert zu haben. Das war vom musikalischen Effekt her extrem unnötig und teuer, hat aber einen gewissen Erfahrungshorizont angehäuft, der mir heute Kaufentscheidungen (meist Entscheidungen GEGEN den Kauf von irgendwas) leichter macht.
Bis auf eine Anzahl an digitalen Vintage Synths (aber das gilt nicht, die sind ausschließlich für die Sammelleidenschaft) habe ich mir so in den letzten 4 Jahren lediglich einen Nordwave und einen Stage zugelegt, jeweils mit ziemlich klarem Kopf und langer Bedenkzeit.
Ich kann allen nur empfehlen, Synthesizer nicht als Instant-Tiefkühlkost für Klänge anzusehen und bei nichtgefallen oder langweiligwerden der Presets über die unfähigen Hersteller zu lamentieren, die es mal wieder nicht geschafft haben, die eigenen (vermeintlichen?) Erwartungen an Featureset und dauerhafter Sound-befriedigung zu 100 Prozent abzudecken. Klar, daß man so jede Saison einen neuen, "noch besseren" Soundboliden braucht.
Wer das vom Marketing implementierte Preset-Soundset mal links liegen läßt und sich ein wenig mit dem Eingemachten beschäftigt, wird
a) feststellen, daß man mit einfachen Mitteln individuelles und schmackhaftes Zubereiten kann - und nicht auf den Inhalt des interenen ROM-Tiefkühlregals angewiesen ist
b) merken, daß es weitgehend egal ist, ob man auf einem Herd von Roland, Korg, Yamaha oder sonst wem kocht.
c) künftige Kaufentscheidungen wesentlich leichter treffen können. Da er in der Lage ist, Soundparameter zu beurteilen, wanna-haves von Essentielliem zu trennen und zudem bereits ein Gefühl für die eigene Arbeitsweise in sich trägt, fällt es leicht, den Kandidaten anhand einer Anzahl überprüfbarer Fakten einzuordnen.
Der Rest ist eh' nicht kalkulierbar, da muß man ggf. auch mal Lehrgeld bezahlen. Und vor allem: sich drauf einlassen. Nicht das Gerät muß sich perfekt an mich anpassen (das kann es sowieso nicht), sonden ich muß schauen, wie ich mit dem Vorhandenen klar komme. Gut Musik machen kann man mit allem, was aktuell auf dem Markt ist, richtige Nieten gibt es wirklich nicht - mal abgesehen von NoName-Schrott wie die bekannten Billig-Digitalpianos.
Genausowenig gibt es die im Threadtitel angedeutete "beste Workstation". Die vom Threadstarter angeführten argumente Pro Fantom G mögen aus seiner (momentenen?) Sicht durchaus stimmen - alleine: stichhaltige Argumente lassen sich ebenso für die Kandidaten von Korg und Yamaha finden, eben je nach Blickwinkel.
.......................................................
Stichwort D-50:
Ein schöner, charaktervoller Synth, der (wie so vieles, das älter als 15 Jahre ist) zwischen berechtigter Veteranenehre und vom Hörensagen getriebener Verklärung hin- und her eiert. Ich mag ihn und seine richtungsweisenden Presets und den kräftigen Grundsound sehr gerne, sogar vom Äußeren und der Tastatur bin ich mehr als angetan.
Aber der Gute hat auch ein paar Schattenseiten, die eher selten genannt werden. Klanglich mag ich ihn wirklich, aber es ist kein Synth, der sich sonderlich gut spielt. Schuld ist das wackelige Timing und der insgesamt recht undynamische, orgelmäßige Charakter, der nicht zuletzt dadurch bedingt ist, daß die PCM-Waves nicht zu filtern sind. Soll heißen: im Spektrum vieler Sounds ändert sich durch die Anschlagdynamik nicht sonderlich viel, und andere Modulationsmöglichkeiten sind auch Mangelware.
Im Direktvergleich mit einem DX7 (klar, klanglich eine ganz andere Baustelle, aber bei mir stehen die beiden sp praktisch direkt übereinander, zusammen mit dem dritten ewigen Klassiker, der M1) fällt das besonders krass auf, da der DX so knallig und präzise ist und die FM über die Velocity extreme Änderungen im Klang erlaubt.