Hallo zusammen,
bin gerade eben neu in dieses Forum "gestolpert" und will die Chance gleich mal nutzen, meinen ersten 2 cent einzuwerfen
Von ein paar Monaten habe ich mich, auf der Suche nach einer neuen Klassikgutarre, für eine Höfner HM87 entschieden.
Hier ein kleines Review zu dieser, um es vorweg zu nehmen, wunderbaren Gitarre.
Material/Verarbeitung:
Die HM87 wurde aus Nussbaum (Boden, Zargen), Fichte (Decke), Erle(?) (Hals), Eiche (Bindings, Halssperrung) und Palisander (Steg, Griffbrett) handwerklich einwandfrei zusammengebaut. Dabei sind alle Korpushölzer massiv, es gibt keine Laminate.
Laut Hersteller werden die Instrumente der HM Serie in Deutschland von den erfahrendsten Baumeistern in Handarbeit hergestellt. Angesichts der gebotenen Qualität scheint mir das plausibel. Die Hölzer stammen dabei aus Europa, die Decke ist aus deutscher Fichte gefertigt.
Einzig die Lackierung weißt bei (sehr) genauem Hinsehen einige "imperfections" auf. Ist aber nichts, was man auf den ersten, zweiten oder dritten Blick sieht. Viel mehr gibt es bei genauem Hinsehen unter starkem Licht ein paar winzige "Krater", die aber außer bei Lichtbrechung nicht in Erscheinung treten. Die matte Decke ist dafür perfekt lackiert.
Alles ist sehr sauber und mit Liebe zusammengebaut. Auch Details wie die Echtholzrosette oder die Holzschichtung der Kopfplatte (Erle, Nussbaum, Fichte, Nussbaum), die die Ausschnitte der Kopfplatte in eine schöne Bänderung einfasst, sind wirklich mit Liebe gemacht. Die dreifach durchbrochene Kopfplatte ist sowieso eine Wucht!
Beim Griffbrett liegt m.E.n. auch ganze Arbeit vor, alle Bundstäbchen sind sauber eingesetzt, nichts steht hoch. Auch die Krümmung des Halses zeigt ein sauberes "S", was wirkungsvoll dem lästigen Schnarren entgegenwirkt.
Auch sonst ist alles auf hohem Niveau: Sattel und Stegeinlage sind aus Knochen, die Knöpfe der Wirbel aus Nussbaum, die Bünde aus Neusilber, etc.
Interessant sind Details wie der assymetrische Hals, der quasi nach unten hin dünner wird. Beim Spielen merkt man vorallem, dass beim lässigen "Gitarre auf dem rechten Oberschenkel"-Spiel eine organischere Bewegung der Greifhand passiert. Weiß nicht, ob man das nun braucht, aber es fühlt sich gut an!
Insgesamt gibt es an der HM87 nichts zu meckern, wo das Auge hinblickt sieht es Qualität und Handwerkskunst.
Design:
Gut, eine Gitarre sollte man nicht nach dem Desing bewerten, trotzdem kurz dazu ein paar Worte. Die Kombination Nussbaum/Fichte ist dezent und edel zugleich und vorallem eines: irgendwie anders. Meine könnte etwas schöner gemasert sein, aber so wichtig war mir das dann doch nicht. Insgesamt wirkt die Gitarre sehr stimmig und eigenständig.
Auch hier haben sich die Gitarrenbauer von Höfner viel Mühe gegeben, so sind die Bindings mehrschichtig und zur Kopfplatte habe ich ja oben schon geschrieben.
Die bereits erwähnte matte Decke bringt die relativ feinjährige Fichte sehr gut zur Geltung.
Insgesamt sind auch die Hölzer nach optischen Gesichtspunkten gut zusammengestellt, da alle Hölzer eine gleichmäßige, dezente Maserung haben.
Einziger Designschnitzer: die (insgesamt hochwertigen) Mechaniken mit Lyra stören in meinen Augen die ansonsten so klare Linie. Hab meine auf Rubner mit schwarzen Wellen und Palisanderknöpfen umgerüstet. Perfekt!!
Fazit: die HM87 ist eine Augenweide, ein echter Blickfang. Das graubraune Walnussholz wirkt total edel aber viel nüchterner und geradliniger als z.B. Lorbeer oder Ovangokol. Die Mechaniken bieten optisch Raum für Verbesserung. Interessanterweise verbaut Höfner am Sondermodell HM120 eben genau diese Rubner Mechaniken...
Klang/Bespielbarkeit:
Nun zum wichtigsten! Der Klang! Und damit zum subjektivsten, was man über eine Gitarre sagen kann. Die HM87 klingt neu recht dünn (darum hätte ich sie beinahe nicht gekauft), gewinnt aber mit zunehmender Entwicklung der Fichtedecke an Tiefe und Volumen. Dennoch ist der Klang so geradlinig wie das Design, das Temperament und klangliche (Bass)Macht einer typischen Spanierin sucht man hier vergebens. Dafür zeichnet die HM87 sehr fein und klar, war der Spieler von ihn verlangt. Dabei klingt sie, auch wenn sich der Gedanke vielleicht aufdrängt, keinesfalls analytisch oder gar kalt. Die HM87 hat viel Seele und "Schmelz", baut dabei aber auf ein eher samtiges, gelassenes Grundtimbre. Man könnte sagen, dass sie einfach "deutsch" klingt. Bei z.B. Hanika ist mir ähnliches aufgefallen.
Etwas störend empfinde ich den enormen Sustain, der schon einige Dämpfarbeit verlangt. Leider (noch) nicht so meine Stärke. Wobei viel Sustain an sich erstmal kein negatives Merkmal ist
. Dabei sprüht die HM87 nur so von Obertönen, was einen komplexen und angenehm verwobenen Klang mit sich bringt.
Die oft zitierten Probleme mit ungleichmäßiger Lautstärke zwischen verschiedenen Lagen konnte ich bisher nicht feststellen. Trotz Originalsaiten.
Eine feine Sache ist der bereits erwähnte assymetrische Hals. Bei klassischer Haltung merkt man davon zwar nichts. Aber bei typischer "Steelstring" Haltung komme ich mit dem Daumen irgendwie geschmeidiger vorwärts.
Ein Punkt für sich sind die Bundstäbchen. Die sind ziemlich hoch, was nach viel Gefühl beim Greifen verlangt. Ich neige z.B. schnell dazu, die Saiten mit zu viel Kraft zu drücken und dann leidet die Intonation. Flachere Bundstäbchen wären mit persönlich deutlich lieber gewesen. Außerdem könnte die Saitenlage einen Tick niedriger sein, leider liefert die Stegeinlage nicht mehr viel "Luft" (max. 1mm).
Herausragendes Merkmal ist in meinen Augen die Formbarkeit des Klangs. Schon leichte Änderungen des Anstellwinkels (horizontal) der Finger bringen Änderungen der Klangfarbe. Der Wechsel von Tirando zu Apoyando erst recht und Änderungen der Zupfposition sowieso. So hat der Spieler viele Möglichkeiten, aktiv auf den Klang einzuwirken und kann dabei auf ein riesiges Spektrum möglicher Intonationen zurückgreifen. So kann die HM87 säuseln die ein warmer Sommerwind, schnurren wie ein Katze oder sich energisch durchsetzen. Wobei Ihr die erste Richtung grundsätzlich besser liegt...
Wunderbar klingen auch Flageoletts, die ebenfalls vom Sustain profitieren und viel Ausdruck haben.
Fazit: ein wunderbares Instrument. Nicht unbedingt was für Anfänger, da sie (zumindest mir) keine Fehler verzeiht und den Spieler zu sauberer Technik zwingt. Der Klang ist über jeden Zweifel erhaben und in Sachen Ansprache, Klangfarbe und Formbarkeit einfach nur gut. Wer allerdings den fetten, explosiven Klang spanischer Gitarren sucht, wird mit der HM87 nicht glücklich.
Overall Fazit: wie schon gesagt, ein wunderbares Instrument. Ich spiele die HM87 täglich und es ist immer ein Freude. Man bekommt sehr, sehr viel Gitarre für sein Geld und wem das eigenständige Desing und der feinsinnige Klang gefällt, der wird lange Freude an der HM87 haben. Gebaut ist sie jedenfalls für die Ewigkeit.
Leider gibt es noch einen Haken, und das ist der Hersteller bzw. dessen Service. Detaillierte Angaben zu den Instrumenten bekommt man wenn überhaupt nur auf Anfrage. Die Kataloge geben praktisch nichts preis. Nur Werbesprüche. EMails werden oft garnicht bzw. nur nach mehreren Anfragen beantwortet. Auch am Telefon habe ich bisher keine allzu guten Erfahrungen gemacht sondern hatte immer das Gefühl, dass ich grad störe.
Ich weiß nicht, ob andere Marken das besser im Griff haben. Aber ich würde mir wünschen, dass Höfner sich in seiner Kommunikation stärker an seinem Kunden ausrichtet. Der Hersteller schafft sehr gute Instrumente, scheint aber nicht besonders gern darüber sprechen. Das ist schade.
So, ist doch etwas länger geworden. Aber ich hoffe, dass mein Beitrag ein wenig mehr Licht in das Dickicht bringt, welches diese wunderbaren Gitarren umgibt.
Grüße
Matthias
p.s. In ein paar Tagen bekomme ich noch eine HZ27 (Palisander/Zeder massiv) von Höfner. Werd auch dazu gern was schreiben, falls es von Interesse ist (gern auch etwas kürzer...)