Moin allerseits,
schuldi, aber die Gleichung "mehr Schwingung des Holzes = weniger Sustain" ist zwar oft wahr, aber doch nicht so einfach.
Bei einer akustischen stimme ich o.g. Aussage zu, aber bei einer Brettgitarre kommen doch ganz andere Faktoren ins Spiel?
Die Schwingungen des Holzes wirken sich ja auch auf Klang & Attack aus, und nicht nur auf das Sustain. Zudem haben wir Menschen ja ein begrenztes Hörvermögen was Frequenzen angeht, also hören wir 'Sustain' in bestimmten, hohen Frequenzbereichen viel leiser & kürzer, als das genau gleiche Sustain in tieferen Frequenzen. Da ist wohl mehr die Dichte eines Holzes am Werk, als das eigentliche Schwingungsverhalten, oder das Gewicht (in Stratomaten-Kreisen ja sowas wie der 'heilige Gral').
Kennt noch jemand die 70er Strats - harter Ash-Korpus, schwer, wenig spürbare Eigenschwingung des Instruments? Das Ergebnis ist ein sehr 'harter', 'metallischer' und 'kalter' Klang, aus dem sich 'gefühlt' ein schnelles Attack ergibt (das liegt aber in Wirklichkeit am Klang!) - gut für Funk, gut für High Gain. das Sustain ist gut, aber frequenzmäßig eher hoch angesetzt.
Die Gitarre habe ich lange verkauft, denn sie war hervorragend für effekt-beladenes Spiel, aber Clean einfach zu 'steril'.
Ich habe hier eine extrem leichte CS Strat aus Erle, bei der du das Gefühl hast, sie bricht gleich auseinander vor Eigenschwingung, mit genau gegenteiligen Klangeigenschaften. Sie klingt sehr 'weich', 'organisch' und 'warm', matscht aber hoffnungslos bei zu viel Gain - gut für Legato-Lines à la Eric Johnson & Blues. Das Sustain der Gitarre liegt in viel tieferen Frequenzen. Und weil der Klang so 'weich' und 'voll' ist, und weil die Gitarre so stark schwingt, sagen viele, die sie spielen: "Boah, hat die ein gutes Sustain!" - stimmt aber in Wirklichkeit gar nicht, ist nicht länger als bei der 70er Strat, klingt nur anders (und fühlt sich anders an!
). Diese Gitarre habe ich lange gespielt, aber nu steht sie in der Ecke.
Für mich liegt das Optimum in der perfekten Hals/Korpus Kombination: Ein sehr dichter Maple/Rosewood-Hals gepaart mit einem sauber schwingenden Body (zufällig aus Erle) & einer guten Kopplung der Teile (wird ja auch immer gern vergessen zu erwähnen...) gibt mir das beste Spielgefühl: Fühlt sich gut an, gibt eine ausgewogenen Grundsound, gute - weil harmonische - Obertöne ohne Dead Spots, und einen 'sauberen Abgang' mit gutem Sustain. Für jemand anderen mag eine andere Kombination besser sein, es kommt halt immer drauf an...
Jimmypage, ein 'gutes' Schwingungsverhalten einer Brettgitarre macht sich, entgegen vieler Aussagen die sich eher auf akustische beziehen und mit ihrem Schwingungs-/Sustaintheorien ankommmen, in erster Linie in einem ausgewogenen Sound bemerkbar, bei dem die übertragenen Frequenzen 'angenehm' zusammenkommen. Das Sustain ist nur ein Faktor von vielen. Leichte Hölzer 'attacken' i.d.R. schneller, können aber auch zum Muffeln neigen, weil ihre Eigenschwingungen auf den Obertönen der Gitarre liegen, und diesen somit Energie entziehen. W.Kraushaar hat dazu einen sehr interessanten Artikel geschrieben:
http://www.justchords.de/reality/walterkraushaar/tonholz.html
Und anbei noch eine Studie für alle, die meinen der Klang einer E-Gitarre liegt nicht im Holz. Man sieht dort ganz gut, wie sich eine Gitarre beim spielen verformt (und damit auch der Klang
):
http://www.unibw.de/lrt4/forschung/...lichungen_fleischer/deadspots_pic/deadspots_d
Eigentlich will ich ja nur sagen: Sehr viele Faktoren am Werk, für einen guten Sound. Und wie immer alles Geschmackssache...
EDIT: Und bei entsprechender Lautstärke hat man sowieso soviel Sustain, wie man will...egal was für eine Gitarre oder Amp, aber der Klang selbst bleibt wie er ist...
Bis bald,
Slinky Top