Dass der Zusammenhang zwischen Resonanzüberhöhung und Resonanzfrequenz ist bei jedem Pickup-Typ unterschiedlich ist, hängt nicht nur vom
Gleichstromwiderstand und von der externen ohmschen Belastung ab. Eine ganz wichtige Rolle spielt die Dämpfung durch die Wirbelströme in den Kernen und im Metallgehäuse.
Deshalb ist die Modellierung als Tiefpass 2. Ordnung zu ungenau. Die ist lediglich brauchbar für Telecaster-Bridge- und Stratocaster-Typen (echte Fender mit Alnico-Stabmagneten, keine Fernost-Imitationen mit Ferrit-Balkenmagnet unten drunter). Für nahezu alle anderen braucht man einen Tiefpass 3. Ordnung. Damit kommt man wesentlich besser hin. Bei der Ermittlung der Kurven nützt deshalb eine Computersimulation wenig, man muss bei realen Pickups den Frequenzgang physikalisch durchmessen. Das mache ich seit 1981 mit meinem "Pickup-Analyzer". Es zeigt sich damit: Der Abfall oberhalb der Resonanzfrequenz ist deutlich steiler als 12 dB/Oktave, er nähert sich allmählich 18 dB/Oktave.
Generell kann man bei hohen Resonanzfrequenzen eine höhere Überhöhung zulassen als bei niedrigeren. Deshalb ist in meinen C-Switches außer den reinen
Kondensatoren noch etwas mehr drin, um die Überhöhung zu den niedrigeren Resonanzfrequenzen hin abzuschwächen. Darum haben sie auch drei Anschlussdrähte statt zwei.
In der Praxis ist es nützlich, wenn man außer der Resonanzfrequenz auch die Überhöhung variieren kann. In einer Stratocaster geht das sehr gut mit dem dritten Poti. Den üblicherweise angeschlossenen Kondensator braucht man dann nicht mehr unbedingt, es reicht ein Widerstand, z. B. 22 kOhm.
Zu den Resonanzfrequenz-Angaben von Seymour Duncan: Das sind reine Leerlaufwerte, ohne externe kapazitive Belastung, also allein mit der Wicklungskapazität. In der Praxis ziemlich nutzlos!
Ansonsten: Um die klanglichen Eigenschaften von Pickups zu beschreiben, reicht die Angabe von Resonanzfrequenz und Überhöhung nicht aus. Eine ganz wichtige weitere Größe ist die Grundlautstärke. Für sinnvolle Vergleiche muss man die bei einer niedrigen Frequenz weit unterhalb der Resonanzfrequenz messen. Das ist technisch nicht ganz einfach. Mit einer schwingenden Saite ist das nicht vernünftig zu schaffen. Ich mache das mit einer exzentrisch rotierenden Stahlachse. Die Ergebnisse sind beeindruckend: Die stärksten Pickups geben rund zehnmal so viel Spannung ab wie die schwächsten. Damit treiben sie die üblichen Röhren-Eingangsstufen mit ECC83 schon durchaus in die Übersteuerung, während bei schwachen der Sound hier noch clean bleibt. Zwischen diesen Extremen gibt es noch alle möglichen Abstufungen. Dies erklärt ebenfalls einen großen Teil der klanglichen Unterschiede.
Helmuth Lemme
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