Eindrücke eines Nicht-Pianisten
Moin moin Leute,
dann will ich auch mal meine ganz subjektiven Eindrücke von unserem Werksbesuch bei Steinway am 20.11. wiedergeben. Subjektiv, weil ich als fachfremder Besucher mit dabei war, der nicht mal Klavier spielen kann.
Entschuldigt also bitte, wenn ich nicht allzu sehr ins Detail gehe, sondern eher einen allgemeinen Bericht abliefere. Dennoch war das ein sehr interessanter Rundgang, denn wahrscheinlich kann sich niemand dem Charme eines so komplexen und hochwertigen Instruments, wie einem Konzertflügel entziehen.
Bei typischem Hamburger Schmuddelwetter trafen alle angemeldeten Besucher bis 9:30 Uhr bei der Steinway Fabrik ein. Nach einer kurzen Einweisung in der Cafeteria, bei der uns mitgeteilt wurde, dass das fotografieren in den Fabrikationshallen leider nicht gestattet ist, führte uns Jörg Helmke (Sales Manager für Europa) durch selbige. Zuvor machten wir jedoch einen kurzen Abstecher zu den auswärtigen Lagerhallen, in denen sich die unbearbeiteten Gussplatten und das Holz befand. Jörg erzählte uns dabei einige interessante Dinge über die Geschichte der Firma Steinway, während er einige Fakten über die Firmenphilosophie einstreute. Um dem selbstgesteckten Ziel („build the best piano possible“) gerecht zu werden, nimmt man beispielsweise lange Lagerzeiten in Kauf und verwendet das Holz erst, nachdem es zwei Jahre an der frischen Luft und ein Jahr in einer Trockenkammer gelegen hat.
Da es draußen nicht gerade angenehm war und zudem gerade zu regnen anfing, gingen wir recht zügig in die eigentliche Fabrik. Dort konnten wir live mitansehen, wie ein so genannter Rim gebogen wurde. Beinahe zwanzig Schichten verschiedener Hölzer wurden dabei mithilfe von heißem Leim und einer Maschine (deren Patent übrigens auch schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel hat) in die Flügel-typische Form gebracht.
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rim_biegen.jpg
Den genauen chronologischen Ablauf des Tages, habe ich leider nicht mehr im Kopf, aber ich gehe einfach mal auf ein paar weitere Punkte ein, die mir im Gedächtnis geblieben sind...
Wie schon beim Rim-Biegeprozess, kamen wir in den Räumlichkeiten, in denen die Resonanzböden gefertigt werden, genau in dem Moment an, als die Verleimung eines solchen anstand. Zuvor hatten die Mitarbeiter mit geschultem Auge die Sitka-Fichtenbretter ausgewählt, die einen optimalen Klang versprachen. Verläuft die Maserung nicht gerade oder eng genug, oder finden sich noch so kleine Astlöcher im Holz, wird dieses aussortiert. Steinway erreicht dabei eine Ausschussquote von sage und schreibe 80%! Holzreste werden übrigens noch auf dem Fabrikgelände verfeuert und sorgen so für die Heizung des Gebäudes.
Weniger verschwenderisch werden hingegen die Furniere gehandhabt, die in der „Crown Juwels“ Serie Verwendung finden. Dabei handelt es sich um besonders exklusive Flügel und Klaviere, die anstelle des einheitlichen Schwarz über „bunte“ Lackierungen verfügen. Dadurch kommen die edlen Furnierhölzer noch besser zur Geltung. Laut Jörg Helmke gehen die meisten dieser Instrumente (die immerhin 10% des gesamten Produktionsvolumens ausmachen) nach Asien. Ob einem die extravagante Optik gefällt sei mal dahingestellt – eindrucksvoll ist ein solches Instrument allemal.
Jörg führte uns immer weiter durch das Gebäude, sodass wir nahezu jeden Arbeitsschritt der Flügelproduktion sehen konnten (nur in die finale Endkontrolle haben wir es nicht geschafft). Unter anderem sahen wir einen Flügel, auf den gerade die Saiten aufgezogen wurden. Auch das Feintuning einer Klaviatur durften wir mitansehen. Gerade diesen Teil fand ich sehr spannend, da dieses Bauteil aus ca. 7500 Einzelteilen besteht, die alle aufeinander abgestimmt werden müssen. Die Instrumente mit denen ich sonst so zu tun habe (E-Gitarren), kamen mir im Vergleich dazu geradezu primitiv vor.
Später kamen wir dann in den Bereich, in dem der Lack auf Hochglanz poliert wird. Neu war für mich in diesem Zusammenhang, dass das berühmte goldene Steinway Logo quasi aus dem Lack heraus geschliffen werden muss und nicht einfach nachträglich aufgebracht wird. Für eingefleischte Pianisten ist das wahrscheinlich klar, aber ich fand es interessant.
Zum Schluss gelangten wir zum so genannten Auswahlsaal. Dort war gerade ein norwegischer Pianist zu Gange (kann sich irgendjemand noch an den Namen erinnern?), der einen Flügel ausprobierte. Wir durften ihm ein paar Minuten lang zuhören und auch wenn er sich am anderen Ende des Raumes befunden hat, war es sehr imposant zu hören, was fähige Hände aus einem solchen Instrument herausholen können. Die Dynamik, die so ein Flügel erzeugen kann, ist erstaunlich-
Nachdem er mit uns noch ein paar nette Worte gewechselt hat, durften dann auch die Klavierspieler unter uns noch ein wenig in die Tasten greifen.
Anschließend opferte Jörg noch seine Mittagspause, um uns bei Kaffee und Keksen ein paar Fragen zu beantworten, ehe er uns für eine Instrumentenauswahl verlassen musste.
Insgesamt war es höchst interessant, die Entstehung der Steinway-Flügel „live“ mitzuerleben. Jörg machte seine Sache als Guide sehr gut und versuchte stets, uns zu demonstrieren, welcher Aufwand betrieben wird, um das perfekte Instrument zu erschaffen. Dabei merkte man ihm zwar an, dass er in erster Linie Verkäufer ist (und das ist an dieser Stelle auch gar kein Vorwurf
), doch fällt es schwer, daran zu zweifeln, dass in Hamburg Flügel von höchster Qualität gefertigt werden, wenn man diese Fabrik mal von innen gesehen hat.
Den Abschluss meines Tages bei Steinway bildete der Besuch des sogenannten „Steinway Haus“ auf der anderen Straßenseite. Dort befanden sich ein paar Dutzend Flügel und Klaviere, die darauf warteten, von den Board-User getestet zu werden. Dort durfte man dann auch Fotos machen: