Coverband vs. Tribute Band

  • Ersteller dr_rollo
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... ich sage dazu seit einiger zeit folgendes: "wir erziehen unser publikum selbst"
was ich damit ausdrücken möchte ist, dass die bandszene selbst daran schuld ist, wenn irgendwann nur noch cd-sound akzeptiert wird.
früher war es nicht möglich - bzw mit zu hohem finanziellen aufwand verbunden - zusätzlich 30 spuren vom band mitlaufen zu lassen, damit man den cd-klang auf die bühne bringt.
die zuhörer waren es gewohnt und ebenso gespannt darauf, songs mal anders zu hören.
inzwischen nutzt jeder die ausrede: das publikum will es so und akzeptiert nichts anderes, um immer stumpfsinniger musik zu machen
tja und "ausrede" sag ich an dieser stelle deshalb, weil die meisten menschen eher nicht die fähigkeit besitzen, um überhaupt musikalisch ansprechend zu spielen, wenn es nicht einer strengen vorgabe folgt.
macht ja nichts - eigentlich
darf ruhig etwas besonderes sein, wenn man das kann
 
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@Jens: Du siehst das zu schwarz. Ich glaube nicht, dass in letzter Zeit das Publikum nachgelassen hat, nur weil die Musiker nich originalgetreu rüberkommen. Das Publikum erwartet Unterhaltung, und macht das nicht daran fest, ob die Musik 1:1 kommt. Ich denke schon, dass sie gegenüber früher anspruchsvoller geworden sind. Sound muss passen, fuer das Auge muss es auch was sein, und da gehört Licht-, Video-Show, aber vor allem Musiker, die ein Publikum animieren, und nicht stocksteif auf der Bühne stehen. Letzteres ist fast vorprogrammiert, wenn man so fährt, wie Martman - Sorry, dass ich das immer wieder betonen muss, aber das ist das, was man mir jahrelang vorgeworfen hat. Je freier ich spielen kann, umso lockerer komme ich rueber, und dass ist das, was dem Publikum gefällt, nicht der perfekt klingende aber buehnentote Haufen da oben.
Stumpfsinnig ist genau der richtige Ausdruck, wie Roon schon so schoen beschrieben hat. Wer's will, ok - ich nicht, weder als Besucher, noch als aktiver Musiker.
 
inzwischen nutzt jeder die ausrede: das publikum will es so und akzeptiert nichts anderes, um immer stumpfsinniger musik zu machen
tja und "ausrede" sag ich an dieser stelle deshalb, weil die meisten menschen eher nicht die fähigkeit besitzen, um überhaupt musikalisch ansprechend zu spielen, wenn es nicht einer strengen vorgabe folgt.
Du sprichst mir aus der Seele... Daher bin ich auch heilfroh, dass ich mir noch ein kleines musikalisches Refugium erhalten habe, wo wir einmal im Jahr (zumindest) eine richtig schöne Unplugged-Covershow hinlegen - mehr öffentliche Probe als Gig, aber stets vor vollem Haus ;)

@Jens: Du siehst das zu schwarz. Ich glaube nicht, dass in letzter Zeit das Publikum nachgelassen hat, nur weil die Musiker nich originalgetreu rüberkommen.
Nun ja... Ich hatte das ja bewusst etwas überspitzt, und weiß schon, dass man mit guter Livemusik immer noch Leute begeistern kann und es Spaß macht. Aber die Tendenzen gibt es leider, und es wachsen immer mehr Leute nach, die einfach mit "live" als Prädikat nicht mehr viel anfangen können. Die dann nach einem guten Gig durchaus zufrieden sind - aber eben nicht "weil", sondern "obwohl" es live mal anders geklungen hat als vom Platte...
 
Meiner Meinung nach würdigen Kunden und Veranstalter die "Gesamtgeilheit" einer Band.
Dies kann in Form einer Orginalgetreuen Wiedergabe geschehen - muss es aber nicht. Wenn eine Band musikalisch, optisch und mit Ihrer Show überzeugt, wird das ein tolles Projekt. Gerade Eric Clapton und Groenemeyer bieten sich an, das Orginal gesanglich deutlich zu übertreffen. Von daher kann ich die von Martmann aufgestellten Regeln nicht nachvollziehen. Wobei es sicher Bands gibt, die eine gewisse Erwartungshaltung an die Show wecken (z.B. Rammstein).
 
Zu den eingangs formulierten Fragen meine ganz persönliche Meinung:

Was unterscheidet eine Tribute Band von einer Coverband?

Die Tribute Band spielt (fast) ausschliesslich Songs des Originals.

Was erwartest DU als Besucher einer Tribute Band im Gegensatz zu einer universelleren Coverband?

Kann ich so nicht recht beantworten, ich besuche keine Konzerte von Cover Bands. Wenn ich mal solche erlebe, dann bei Festivitäten diverser Art, wo die Band nicht der eigentliche Grund des Besuches ist. Eine Erwartung bringe ich daher nicht mit, bin eher froh, wenn nicht die schlimmsten Befürchtungen eintreten.

Als Besucher einer Tribute Band, erwarte ich in erster Linie, dass der Sound stimmt. Es sollte eine gewisse, hinreichende Nähe zum Original sein. Eine 100%-ige Übereinstimmung - sofern man sowas überhaupt erreichen kann - ist für mich uninteresant. Die Equipmentfrage stellt sich mir somit überhaupt nicht. Ich bin schon an der Show des Originals absolut nicht interessiert, daher logischer Weise noch weniger an der Nachahmung derselben durch die Tribute Band. Im Gegenteil, wird noch versucht, Aussehen und ganz persönliche Showelemente bestimmter Künstler zu imitieren, erregt das eher mein Mitleid.

Und was wir schon angefangen hatten zu diskutieren: Wieviel Interpretationsfreiraum würdet Ihr akzeptieren (was ja im Grunde auch schon ein wenig in die Equipmentfrage fällt?

Letztes Jahr war ich bei einem Konzert von Ray Wilson, dessen Ankündigung die Worte "Genesis" und "Tribute" beinhaltete. Bis auf zwei Eigenkompositionen waren es dann auch ausschliesslich Genesis-Songs (überwiegend der post-Gabriel Aera). Die Besetzung war 2x Akustik Gitarre, Piano und zwei Geigen. Soviel zur Equipmentfrage. Nach anfänglicher Skepsis muss ich sagen, das Konzert war spannend wie selten, bei jedem Song war ich gespannt, wie der nun umgesetzt wird. Tolles Konzert, begeistertes Publikum (mich inklusive).
 
Wenn man als Tributeband damit wirbt, eine Band exakt zu kopieren, kommt man mit "hätte, würde, könnte" nicht weiter.
Das stimmt. Allerdings ist meines Erachtens die Bandbreite von Tribute-Bands breiter als eine exakte Kopie. Manche Tribute-Bands werben auch damit, "den Spaß" oder "die Energie" der Originalformation in unvergleichlicher Weise auf die Bühne zu bringen. Den fundamentalen Unterschied zu anderen Coverbands sehe ich darin, dass eine Tribute-Band ein Spezialgebiet hat und das gesamte kreative Potential in dieses Spezialgebiet fließen lässt. Das kann sich in einer exakten Eins-zu-eins-Kopie äußern, muss es aber nicht.

Woran ich mich bei deinen Ausführungen - die freilich aus eigener Erfahrung gespeist sind und definitiv nicht von jemandem stammen, der erst seit gestern in einer Band spielt - allerdings immer wieder stoße, ist ein Anspruch, der meines Erachtens nur auf eine Zielgruppe achtet: die Musikerpolizei. Da kommt es in der Tat auf das originalgetreue Arrangement an, und da wird dann auch mal die Show negativ abgekanzelt, wenn der Sound nicht mit Gerät X, sondern mit einer Alternative erzeugt wird. Das ist jedoch meiner Erfahrung nach eine Minderheit, die nur äußerst selten zum zahlenden Publikum gehört (von der Feierlaune ganz zu schweigen) und noch sehr viel seltener Konzerte veranstaltet.
 
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Es ist viel einfacher, vier oder fünf Leute zusammenzubekommen, die z.B. Rock-Classics spielen, weil jedes Bandmitglied sich am Programm beteiligen kann - soweit nicht zu unterschiedliche Geschmäcker aufeinander stoßen. So konnte ich z.B ein paar THE WHO-Stücke beitragen und unser Sänger ein paar Bowies.
Er spielt meine Stücke mit - ich seine. Klappt und macht Spaß.
Bei einer Tribute-Band musst Du vier oder fünf Leute finden, die alle die selbe Band covern wollen; soll heißen: Alle den gleichen Musikgeschmack haben. Ist mir leider noch nie untergekommen.
 
Interessante Eingangsfrage....

..zunächst einmal ist schon irgendwie witzig, das zumindest ich -wohl unbewusst- eine "Wertigkeit" im Kopf verankert habe:
(von "hoch" nach "nicht so hoch" ;))
Band mit mit eigenen Stücken -> Tribute Band -> Cover Band

Da rangiert die Tribute Band schon über der "gewöhnlichen" Coverband. Aber warum? Wahrscheinlich liegt es an der Attitüde der Musiker. (Wieder unbewusst) würde ich der Tribute Band unterstellen, dass diese Leute ein Stück weit mehr "ihr eigenes Ding machen" als die Coverband. (das ist natürlich grobes Schubladendenken, aber so sind wir ja nun mal...).

Aber letztlich wäre für mich das der entscheidende Punkt, der die "Glaubwürdigkeit" einer Tribute-Band ausmacht: Sind da so Verrückte auf der Bühne, die auch den Geist der Band dort auf der Bühne entsprechend feiern?
Ob das mit dem original Equipment statt findet, interessiert dann IMO wirklich nur die Musiker Polizei. Ein schönes Beispiel für einen Tribute Musiker, der IMO wirklich sehenswert ist, ist Randy Hansen mit seiner Hendrix Show.
Es ist oft wirklich eine Grandwanderung, wenn eine Kiss-Tribute Band voll geschminkt auf die Bühne geht und dann aber auch nur "voll geschminkt" ausschaut. Randy Hansen kaufe ich aber ab, dass er sogar privat noch in Hippi Klamotten rumläuft.

Kurz gesagt: Wenn es gut gespielt und vor allem mit Herz gemacht ist, dann ist das IMO wichtiger, als Details wie Bühnenoutfit und original Instrumente. Es gbt aber jedoch eben auch viele "Projekte", wo Profis mit dem wesentlichen Ziel an den Start gehen (auch eben rein erwerbsorientiert) möglichst exakte Repliken der Vorbilder-Shows produzieren. Das ist IMO dann ganz "nett", aber jeder weiß auch wer der große Bruder von "ganz nett" ist...:redface:
 
Ähm... wie kommst du zu der Wertung:
Band mit mit eigenen Stücken -> Tribute Band -> Cover Band
Welche Parameter legst Du da zugrunde?

Was Randy Hansen angeht, kann ich dir folgen. Der ist authentisch und lebt das sicher auch im Privaten.
Bei KISS ist das was völlig anderes, weil die ja selbst nur auf der Bühne geschmickt waren.
 
Ähm... wie kommst du zu der Wertung:
Welche Parameter legst Du da zugrunde?

Was Randy Hansen angeht, kann ich dir folgen. Der ist authentisch und lebt das sicher auch im Privaten.
Bei KISS ist das was völlig anderes, weil die ja selbst nur auf der Bühne geschmickt waren.

Wie im zweiten Satz geschrieben entspringt das nicht unbedingt streng "rationalen" Gründen. Zudem ist eine Tribute Band - wie Bully51 ausgeführt hat- insofern schon besonders, als dass sich dort Musiker finden müssen, die gemeinsam "ihre" Musik spielen. (Was natürlich auch nicht heißt, dass das bei einer Coverband nicht der Fall sein könnte/sollte).
Dann ist da noch die Hörerausrichtung. Eine Coverband kann und wird ihr Programm so gestalten, dass es größtmögliche Akzeptanz findet. Das ist bei einer Tribute Band etwas schwieriger, weil das Repertoir einfach eingeschränkt ist. Das macht die Aufgabe einer Tribute Band IMO "schwieriger". Noch mals schwieriger ist es dann mit Eigenkompositionen ein Publikum zu begeistern.
..wie gesagt sind das keine scharfen Kriterien, aber wenn ich aus drei Eintrittsfreikarten eine auswählen sollte und es ständejeweils eine mir unbekannte Band mit Eigenkompositionen, eine Tribute- und eine Coverband zur Wahl, würde ich in der beschriebenen Reihenfolge wählen.

Randy Hansen ist schon irgendwie cool, aber natürlich auch ziemlich "schräg". So richtig "gesund" finde ich es dann auch nicht, die eigene Persönlichkeit dem Vorbild so völlig unterzuordnen. Aber ich denke einfach mal, dass der gute Randy da schon auch irgendwann wieder Randy ist.
 
Ich gebe Dir durchaus recht, dass es sicherlich am schwierigsten ist, mit Eigenkompositionen ein Publikum zu begeistern, genauso wie es eine Herausforderung für eine Tribute Band ist, den Erwartung des Publikums an das Original ansatzweise gerecht zu werden. Eine Coverband hat dafür alle Freiheiten der Welt, bekannte Songs nach ihren Vorstellungen zu interpretieren. Wobei mir das persönlich am meisten Spaß bringt, weil ich mich damit kaum irgendwelchen Zwängen unterwerfen muss, mal abgesehen von dem Covermusiker als Dientleister, der seine Songauswahl gewissermaßen schon nach den Wünschen des Publikums ausrichten muss, wobei aber auch hier ausreichend Freiheiten in der Interpretation bestehen.
Was die musikalische Anforderung angeht, spielt es erst einmal keine Rolle, welche Form von Musik man macht. Es gibt genauso herausragende Covermusiker wie unfähige Eigenbrödler.
 
Zumal es eine Gesetzmäßigkeit bei Tributebands gibt:

Je mehr die Band mit Authentizität auf Replica-Niveau wirbt, während das Original schon technisch anspruchsvoll ist, desto mehr a) Hardcorefans mit massenhaft Hintergrundwissen und b) auf deren Gebiet spezialisierte Mupo wird sie anlocken. Die wollen dann alle sehen, ob die Band ihre Authentizitätsversprechen auch hält. Erstere erkennt man daran, daß sie teilweise Fanshirts oder dergleichen Devotionalien tragen, aber mit der Musik nicht mitgehen, sondern darüber diskutieren, letztere an der starren Haltung, dem ernsten, konzentrierten Blick und den verschränkten Armen. Dann hat die Band das Problem, daß sie ihr Versprechen wahr werden lassen und diese beiden Zielgruppen zufriedenstellen muß.

Wenn eine Band ankündigt: "Wir spielen die Ramones nach", dann wirst du beiderlei nicht im Publikum antreffen.

Wenn eine Band ankündigt, die 1979er Wembley-Konzerte von ABBA bis ins kleinste Detail zu replizieren, dann wird sich das zunächst mal in ABBA-Fankreisen rumsprechen. Wembley gibt's auf DVD, ist also gemeinhin bekannt, also wird's die ganz Harten geben, die die Scheibe schon dutzende Male gesehen haben (darunter mehrmals unmittelbar vor ihrem Konzertbesuch) und den Auftritt der Tributeband genüßlich zerlegen und analysieren, einfach weil sie es können.

Schlimmstenfalls erwähnt das noch jemand in unserem Nachbarforum™ (auf sequencer.de), von wo auch ein paar Spezis als Mupo anrücken (heimlich, weil in dem Forum kaum einer öffentlich zugeben dürfte, ABBA zu hören) und das Tasten- und Elektronikgebiet genauer inspizieren. Aus dem Nachbarforum, weil es im ABBA-Fandom im Gegensatz zum Jarre-Fandom keine Synth-Spezis gibt, die die Flöhe husten hören, solche Leute also von extern herangeholt werden müssen. Auch aus diesem Grunde gibt es keine Jarre-Tributebands mehr, weil das Niveau verdammt schwer zu erreichen ist.

Da hat besagte Tributeband dann einen Punkt erreicht, wo die gewählte Musik für Tribute nicht mehr reicht, auch nicht authentisch (oder nur ähnlich) nachgearbeitete Kostüme. Die Pflicht ist, die regulären ABBA-Fans umzuhauen, und das ist schon schwierig genug bei der Vorankündigung. Die Kür ist, die analysierenden Hardcorefans zu überzeugen. Die andere Kür ist, die Mupo zufriedenzustellen.

Bowie war ein Stichwort. Bowie hat auch so seinen Schwierigkeitsgrad. Bowie-Tribute bedeutet nicht nur, daß du ein paar Musiker hast, die nur Bowie-Songs spielen. Bowie-Tribute fängt mit einem der schwierigsten Parts gleich an: Finde einen Sänger, der wie Bowie singt. Viel Spaß - eher findest du einen, der wie Noddy Holder oder wie Sting singt. Ein paar Punkte weiter unten auf der Liste stehen dann Make-up und Kostüme. Wer immer letztere schneidert, wird sich wünschen, statt dessen für eine ABBA- oder Alice-Cooper-Tributeband arbeiten zu dürfen.

Man sollte Tribute also nicht unterschätzen.


Martman
 
Was in diesem Thread meines Erachtens noch mehr herausgestellt werden sollte, ist der Einfluß der Zielgruppe des Originals und somit auch der Tributeband. Sprich, was für ein Publikum erwartet einen, wenn man was für einen Musiker oder was für eine Band kopiert? Und was erwartet das Publikum?

Natürlich gibt es viele Beispiele, wo Tributebands auf ein eher anspruchsarmes bis -loses Publikum treffen, das eigentlich nur abfeiern, abrocken will und weder Nerds noch pedantische Hardcorefans noch Musikerpolizei enthält. Was erwarten Westernhagen-Fans von einer Westernhagen-Tributeband wie Pfefferminz? Oder von einer Status-Quo-Tributeband wie Quo?


Ein Extrem in die andere Richtung wären Rush. Das ist mir vor einiger Zeit beim Herumlesen über den Weg gelaufen: Eine Rush-Tributeband hätte nicht nur eine schwierige Aufgabenstellung, nämlich Rush zu kopieren, sondern dann auch noch ein extrem schwieriges Publikum.

Sehen wir uns mal die Situation an: Rush spielen hochgradig verkopften Art Rock. Im Gegensatz zu Pink Floyd haben sie daher nicht mal Airplay, außer mit ein wenig Glück auf mehr oder weniger spezialisierten Internetsendern, jedenfalls nicht im UKW-Radio. Somit sind sie der breiten Masse nicht zugänglich, die breite Masse kennt Rush nicht, die breite Masse kann mit Rush nichts anfangen – musikalisch schon mal erst recht nicht. Folglich haben Rush keine "Casual Listeners", sondern nur Hardcore-Fans. Regelrechte Nerds, die für Rush leben. Und weil die so schön verkopft-frickeliges Zeug spielen, sprechen sie ganz besonders Musiker an.

Konsequenz: Ein Rush-Publikum besteht aus Musikerpolizei. Weil das aber alles Fans sind, gehen sie trotzdem ab – auf ihre Art: Sie spielen Luftinstrumente. Aber nicht nur so ungefähr, denn sie sind a) vielfach tatsächlich Musiker und kennen b) jedes Stück von Rush bis zur letzten Note in- und auswendig. Man achte mal darauf: Bei Rush-Konzerten gibt es immer mehrere Dutzend Luftdrummer, die die Studioversionen der Rush-Songs bis zum letzten Tom- oder Splash-Schlag exakt im Timing nachspielen – Rush sind nicht Rock & Roll, da muß man davon ausgehen, daß jeder kleinste Ton komponiert und arrangiert ist. Und wenn der Trommler auf der Bühne gegenüber der Studioversion auch nur einen solchen Schlag ausläßt: Minuspunkte.

Wenn Rush-Fans mit Rush selber so hart ins Gericht gehen, und das tun sie, dann tun sie das mit einer Tributeband erst recht. Der Rush-Geek läßt nur die Replica durchgehen. Und der Rush-Geek wird vom Publikum einer Rush-Tributeband 100% der Leute ausmachen. Wie gesagt, keine "Casual Listeners", die breite Masse kann mit Rush nichts anfangen, also bleiben diese Typen übrig. Typen, weil sich nur Männer für Rush interessieren und weibliche Wesen im Publikum zwangsweise von ihren Freunden mitgeschleppt wurden als Gegenleistung dafür, sie zum Norah-Jones-Konzert zu begleiten. Die stehen dann da und sehen der Band desinteressiert bis gelangweilt zu, die ihr Freund unverständlicherweise so toll findet.

Wenn man nun mit einer Rush-Tributeband auf der Bühne steht und sogar ein Publikum hat, dann sollte man besser verdammt gut und vom Original praktisch nicht zu unterscheiden sein. Denn falls man das nicht ist – aus dem Publikum könnte man jederzeit mehrere Dutzend Tributebands zusammenrekrutieren, die das hier und jetzt besser könnten. Wenn einer von euch die exakten Figuren von Rush nicht hinbekommt, könnt ihr binnen Sekunden einen besseren Ersatzmann aus der ersten Reihe auf die Bühne ziehen. Ihr könnt aber kein Publikum beeindrucken oder auch nur gut unterhalten, das das, was ihr macht, besser könnte. Die Chancen stehen gut, daß ihr im Publikum sogar einen besseren Geddy Lee findet als euren – bis hin zum Gesang.

Überflüssig zu erwähnen, daß Rush nicht Mystery Science Theater 3000 sind (auch wenn sich die Zielgruppen streckenweise überschneiden) und die Fans nicht zum Konzert gehen, um es verreißen zu können.

Ebenso überflüssig zu erwähnen, daß Rush-Fans Wert auf Originalequipment legen. Da legt sich der Drummer einer Tributeband auch schon mal eine exakte, vollständige 1:1-Kopie von Neil Pearts Schlagzeug zu – für 42.000 kanadische Dollar.

Generell kann man – leider – sagen: Je aufwendiger das Original ist, desto anspruchsvoller sind die Fans, und desto höher ist der Anteil der Anspruchsvollen im Publikum gerade einer Tributeband. Für eine Tributeband steigt der Aufwand also exponential an, denn um so größer ist ihre Verpflichtung, das Original exakt zu kopieren, ebenso wie der Detailgrad, zu dem sie diese Kopie umsetzen müssen.


Noch einmal umgekehrt: Bei einer Grateful-Dead-Tributeband würden auch hartgesottene Fans nicht erwarten, daß sie konkrete Dead-Aufnahmen Note für Note exakt nachspielt oder gar originale Bühnenbauten nachbildet.* Im Gegenteil, wer das von einem Dead-Tribute erwartet, hört die falsche Band. Die Dead waren immer eine Jam-Band. Es sollte grundlegend nach den Dead klingen, ja, aber wo die Dead improvisiert und gejammt haben, sollte, nein, muß sich auch eine Tributeband die Freiheit nehmen. Da setzt sich keiner hin und transkribiert Jerry-Garcia-Soli bis ins Detail. Da setzt man sich eher hin und lernt, wie Jerry Garcia zu improvisieren.

Auch die Grateful Dead sind obskur genug, daß es herzlich wenig Gelegenheitspublikum geben dürfte. Ich meine, welcher normale Kieler-Woche- oder Maschseefest-Besucher würde wohl auf die Idee kommen, sich einfach mal spontan eine Grateful-Dead-Tributeband anzuhören (oder die Dead selber, gäbe es sie denn noch)? Um so pflegeleichter ist aber der gewaltig hohe Fan-Anteil im Publikum, der die Dead gut kennt und somit den Vergleich zur Tributeband ziehen kann.

Die Späthippies, die noch die Hauptzielgruppe der Dead sein dürften, machen auch die Equipmentauswahl und das exakte Bühnenbild nicht zum KO-Kriterium, solange es gut genug nach den Dead klingt. Bei einer Jamband hört man auch soundmäßig nicht so genau hin, ob das jetzt exakt repliziert ist – wie soll das auch gehen, wenn die Band denselben Song nie zu auch nur 20% zweimal gleich spielt. Und für einen so gefühlt chaotischen Haufen wie ein Dead-Tribute interessiert sich auch die Mupo nicht; die mäkelt dann lieber an der Police-Tributeband rum, die gerade "Walking On The Moon" einen Ganzton tiefer gespielt hat, weil deren Sänger nicht ganz so hoch kommt wie der junge Sting, und außerdem das Gitarrendelay einen Tick zu langsam gedreht hat.

*Die Wall of Sound ist so abgedreht, daß keiner erwartet, daß eine Tributeband die auffährt, nicht mal als Attrappe. Wenn sie da wäre, und sei es wie gesagt als Attrappe (die immer noch teurer wäre als eine der typischen Marshallwand-Attrappen, aber nicht als Attrappe, sondern aus echten Marshalls), dann würde das Anerkennung finden, aber ein Dead-Tribute-Auftritt steht und fällt sicherlich nicht mit einer funktionsfähigen Wall of Sound – abgesehen davon, daß kaum eine Tributeband je auf eine Bühne kommt, die auch nur breit genug für dieses Monster wäre, geschweige denn vom VA die Erlaubnis bekäme, Tage vorher mit dem Aufbau anzufangen und erst Tage später das Ding wieder demontiert zu haben. Die Dead, die mehrere Exemplare hatten, weil der Auf- und Abbau so lange dauerte, haben sie selber auch nur zwei Jahre lang eingesetzt.


Martman
 
Gerhard Eichberger


Also, die Band RUSH war mir bis gerade eben nicht bekannt. Ich habe jetzt danach gesucht und mir dieses Video angeschaut:
http://www.youtube.com/watch?v=iPuOGaoDeIE

Das scheint mir keine schwierige Nummer zu sein - es gibt sicher etliche Bands, die dieses Lied spielen könnten.

Ob die Band im Radio gespielt wird/wurde, weiß ich nicht; jedenfalls habe ich Anfang der 80er (als ich noch Radio hörte) im Radio Vieles gehört, das diesem Lied ähnelt - also im Grunde nichts Besonderes (wenn ich's mal so sagen darf). Ich weiß allerdings nicht, ob ich da gerade ein gutes oder schlechtes Beispiel dieser Band erwischt habe. Allerdings fand ich auf Anhieb gleich mehrere RUSH-Tribute-Bands, beispielsweise:
http://www.youtube.com/watch?v=6RcULxjm-nQ7
(Dort schreiben die Leute in den Kommentaren, daß das wie RUSH klingt.)

Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, daß die Fans derart kritisch wären - selber habe ich das noch nie erlebt, beispielsweise auch nicht bei dieser Tribute-Band hier:
http://www.thedoors.at/
http://www.youtube.com/watch?v=_vqgebAUKnk

Aber allgemein muß man die Frage stellen, inwieweit es den Fans wichtig ist, daß eine Tribute-Band das Original wirklich originalgetreu kopiert. Ich kenne Band, die das tun, so z. B. die Band THUNDER BALLS:
http://www.thunderballs.at/
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=rojw1Ulbui0

Allerdings kenne ich auch eine Band, die das genau NICHT macht und eben damit Erfolg hat, nämlich THE FOOLS ON THE HILLS:
http://www.foolsonthehill.at/
http://www.youtube.com/watch?v=UWDz_x_23ss&feature=player_embedded


Gerhard
 
Gerhard du hast kein musikalisches Verständnis, du kannst so etwas gar nicht beurteilen.
Ich bin großer Fan von "brothers in arms" eine der besten Dire Straits Tributes in Deutschland. Andreas Leisner hat genau die selbe Stimme wie Mark Knopfler, dazu kommen die Originalsounds, sowie spielt er zumindest die gleiche Gitarre und den selben Amp oder zumindest ein sehr ähnliches Modell.
Sound ist genau wie das Original. Wenn ich eine Tribute Band sehe, möchte ich das die so nah wie möglich am Original ist. Muss da nur z.b. Stahlzeit nennen. Zwar nicht meine Mucke, aber was die auf die Beine stellen, alle Hüte ab.
 
Gerhard, bist du taub? Das würde zumindest einiges erklären. So ungefähr ab Sekunde 1 (genau hab ichs nicht rausgehört) erklingt in diesem Lied ein ziemlich geiles Gitarrenriff, wo selbst ich als Nicht-Gitarrist sagen kann dass das nicht so leicht sein kann. Fass du erstmal ein Instrument an...
Nur weil Rush und Lil Rush herrlich sind:
 
Gerhard hat nicht mal musikalisches Verständnis deswegen kann er das nicht beurteilen. Das ist sein Problem. Er würde wahrscheinlich schon an Alle meine Entschen verzweifeln.
Geiles Set hat der Kollege auf jedenfall ! Solange ich es nicht selber schleppen müsste nähm ich es. Rush sagt mir sogar was und ich bin wesentlich jünger wie unser Pflegefall.
 
Zitat v. Gerhard Eichberger: Das scheint mir keine schwierige Nummer zu sein - es gibt sicher etliche Bands, die dieses Lied spielen könnten.

So einfach wie es sich anhören mag ist es aber nicht. Und die etlichen Bands haben es sich auch erarbeitet.

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Eine Tribute-Band sollte für mich auch eine starke Ähnlichkeit mit dem Original haben. Ich kenne nur eine Sängerin persönlich, aber dat hört sich nicht nur an wie das Original, das sieht auch alles so aus:)
Die beschäftigen sich umfänglicher damit; steckt ja im Wort drin: Widmung/Verbundenheit, besondere Wertschätzung usw...und das geht dann in der Performance weiter als Coverband.
 
Wenn ich eine Tribute Band sehe, möchte ich das die so nah wie möglich am Original ist.
Verständlich. Aber "so nah wie möglich" kann vieles sein:
  • so nah wie mit gegebenen Mitteln möglich (wobei jede Band zunächst mit anderen Mitteln antritt)
  • so nah wie mit vertretbarem Aufwand möglich (wobei das auch wieder für jede Band unterschiedlich ist, was für ein Aufwand für sie jeweils noch vertretbar ist)
  • so nah wie technisch möglich, egal, wie groß der dafür notwendige Aufwand ist (bis hin zu vollständigem Originalequipment, Roadie-Armee, um das alles auf- und abzubauen, und Technikerstab, um die empfindlichen alten Gerätschaften zuverlässig am Laufen zu halten - ohne Techcrew würde ich jedenfalls nicht touren wollen mit den Synthmodellen, auf denen "Money For Nothing" eingespielt wurde)
Klar gibt es Tributebands, die 1:1 die gleichen Instrumente, die gleichen Amps, die gleichen Tretminen etc. auf die Bühne bringen wie ihre Originale. Aber in dem Augenblick, wo Synthesizer im Spiel sind und Musik von vor 1990 gespielt werden soll, steigt der Aufwand ins Unermeßliche.


Martman
 
"So nah wie möglich" bedeutet bei 99,9% aller Fans:
Stimme des Sängers/der Sängerin
Aussehen/Show der Person/en im Rampenlicht
Klang der Restband
Aussehen der Restband

Und Originalequipment ist in den allermeisten Fällen für einen authentischen KLANG weder notwendig noch hinreichend.


Das Aussehen des Equipments steht da meistens weit jenseits der Aufmerksamkeitsschwelle und das Innenleben des Equipments trägt für 99,99% der Zuschauer in etwa gleichem Maße zum Authentizitätsgefühl bei wie der Brauton der Schnürsenkel des Bassisten ("Was für eine jämmerliche billige Kopie - John Deacon hat NIEMALS Schnürsenkel in Kastanie getragen!")
 
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