Brahms' Wiegenlied für Jazzchor

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guuud'n Tach,

ich versuche mich gerade in Jazzharmoniesierung und möchte zu diesem Zweck einen gar lieblichen Chorsatz von Brahms' Wiegenlied schreiben. Zunächst würde ich gern wissen, was Ihr von den Harmonien haltet, bevor ich weitermache. Sollte man die noch ändern?

Hier: lecker Hörprobe.

Darüberhinaus möchte ich mal anmerken, daß dieses Board grottenschlecht funktioniert. Dies war mind. mein 5. Versuch, diesen Beitrag zu erstellen - mit Dateien hochladen etc.
 
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Der G7b9b13 tut (mir) ein bisschen weh ..., da Clash mit dem g in der Melodie ...

Abgesehen davon hat das ganze mit, in Deinen Worten, "Jazzharmonisierung" nicht viel zu tun.
Einfach die (fast - üblichen) Harmonien mit den erstbesten Verdächtigen an Tensions anzufüllen, reicht nicht aus, um ein wirklich jazzmäßiges Feeling zu erzeugen. Jazz-Harmonie bedeutet auch, auf anderen harmonischen Wegen von Eckpunkt zu Eckpunkt zu gelangen, als es der traditionellen Hörgewohnheit entspricht.
Und - vor allem: Als Jazz-Arrangement wird es nur glaubhaft, wenn auch der Rhythmus jazzig arrangiert ist.

LG - Thomas
 
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Darüberhinaus möchte ich mal anmerken, daß dieses Board grottenschlecht funktioniert. Dies war mind. mein 5. Versuch, diesen Beitrag zu erstellen - mit Dateien hochladen etc.

Ich habe mal kurz gecheckt... es scheint alles normal, und es liegen zZt auch keine gehäuften Störungsmeldungen vor. Ich tippe daher eher auf ein lokales Problem mit deinem Rechner oder deinem Web-Zugang.
 
Jazz-Harmonie bedeutet auch, auf anderen harmonischen Wegen von Eckpunkt zu Eckpunkt zu gelangen, als es der traditionellen Hörgewohnheit entspricht.
Mod-Anmerkung: Beitrag gelöscht. Wir wollen hier respektvoll miteinander umgehen. /klaus111
 
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Wenn Dir das mehr hilft, dann gerne.

LG
Thomas
 
Ich biete weiter unten mal eine Alternativvariante an, zum Zwecke der Erklärung, wie ich denke, dass man herangehen sollte. Meine Harmonisierung kann man gerne und natürlich in der Luft zerreißen (sie ist innerhalb von vielleicht 5 Minuten auf die Welt gekommen ...). Also:

1. Ich denke, dass auch eine "Jazz-Harmonisierung" die "Zugbedingungen" oder "Strebebedingungen" einhalten muss: Akkordverbindungen "streben" wohin - mehr (aufzulösende Akkorde) oder weniger (Schlussbildungen). Manche Leute katalogisieren sowas netterweise (die Vollkadenz ist demnach "der Schluss schlechthin"), aber spätestens seit dem Tristanakkord kann man sehr der Ansicht sein, dass Strebewirkungen was Relatives sind - seither kann ein Dominantseptakkord als vollgültige Auflösung empfunden werden. Soviel als (ziemlich unqualifizierte) Theorieäußerung.
Die Praxis dazu ist, dass man sich seine "Strebungen" überlegen muss. Wenn man nun einen Brahms neu "jazz-artig" harmonisiert, dann ist das in sich so viel "neue Idee", dass man ruhig relativ gewöhnliche Harmoniefolgen verwenden kann.

Da widerspreche ich nun einerseits womöglich @turko, der sagt "Jazz-Harmonie bedeutet auch, auf anderen harmonischen Wegen von Eckpunkt zu Eckpunkt zu gelangen". Dazu können wir gern diskutieren. Wo ich aber (hoffentlich) mit turko einer Meinung bin, ist hier: "Jazz-Harmonie bedeutet auch, auf anderen harmonischen Wegen von Eckpunkt zu Eckpunkt zu gelangen". In erster Näherung macht es keinen Sinn, die Brahms'schen "Eckpunkte" zu demolieren.

Daher finde ich den G7 im T.4 nicht gut: Hier ist ein erster Tonika-Ruhepunkt, den man nicht ohne Not aufgibt. (Dass er dann nicht zu einer Tonika oder Verwandten auflöst, ist eher wieder positiv, weil ein Ruhepunkt im Takt 5 noch mehr gegen die Melodie wär').
EDIT: Was ich hier schreibe, ist falsch. Brahms hat hier V(/I), nicht I. NUn ja. So ist das, wenn man nur aus dem Gedächtnis schreibt. Ich lass es stehen, weil's als Diskussionsbeitrag legitim ist ...
Auch halte ich es für falsch, dem extremen Ruhepunkt in T.8 partout seine Tonika wegzunehmen.
Und, ganz am Anfang, im T.1 sofort die Zuhörer zu schockieren ist m.E. auch eine "Eckpunkt-Wegnahme".

Die zweite Hälfte finde ich dann aber gut!

2. Wie turko noch schreibt: "Als Jazz-Arrangement wird es nur glaubhaft, wenn auch der Rhythmus jazzig arrangiert ist." - was nicht heißt, dass man das nun unbedingt auf lateinamerikanische Rhythmen umbiegen muss ... Zum Beispiel reicht hier sicher eine typische Slow-Waltz-Begleitung aufm Piano, und ein Besen am Schlagzeug macht dann das Feeling perfekt (denke ich mir - ich kenn mich da überhaupt nicht aus).

3. Hier ist meine Variante ... die hoffentlich die Eckpunkte einigermaßen intakt lässt:

20150221a-p.WiegenliedAlt.png

(Schreckliche) Sound-Version:


H.M.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich biete weiter unten mal eine Alternativvariante an
vielen Dank! So konkret stelle ich mir eine für alle nützliche Diskussion vor.

In erster Näherung macht es keinen Sinn, die Brahms'schen "Eckpunkte" zu demolieren.
jaaa, das dachte ich eigentlich auch zunächst...

Daher finde ich den G7 im T.4 nicht gut: Hier ist ein erster Tonika-Ruhepunkt, den man nicht ohne Not aufgibt.
hmhmmm, ja ich wollte den Spannungsbogen verlängern...

Auch halte ich es für falsch, dem extremen Ruhepunkt in T.8 partout seine Tonika wegzunehmen.
s.o.

Und, ganz am Anfang, im T.1 sofort die Zuhörer zu schockieren ist m.E. auch eine "Eckpunkt-Wegnahme".
Das ist richtig. "Eigentlich" gehört da natürlich C-Dur hin. Ich will mal meinen Gedanken erläutern - wie gesagt, arbeite ich mich da erst ein. Die Idee war, dem Melodieton eine höhere Position im Akkord zu verleihen. Also Septim, statt Quinte. Nach meiner Wahrnehmung ist das ein häufiges Merkmal in Jazzstücken. Oft frage ich mich eben: wie sind die denn jetzt auf die Akkorde gekommen, wo die Melodie völlig an den Dreiklangstönen vorbeigeht? Das ist also meine zentrale Frage hier: wie finde ich gute Harmonien, die eben nicht einfach nur Dissonanzen zu den herkömmlichen hinzuaddieren?


Als Jazz-Arrangement wird es nur glaubhaft, wenn auch der Rhythmus jazzig arrangiert ist.
ist mir zu allgemein. Siehe z.B.: "you take my breath away" von Queen oder "let the words" von Take Six. Sehr jazzige Chorsätze fast ohne Rhythmus. Mir geht es zunächst nur um das Finden der Harmonien. Ich will mich eben auch nicht der Jazzpolizei beugen und die Stücke mit unpassendem Rhythmus verhunzen - siehe z.B. verswingte Weihnachtslieder. Ein Wiegenlied ist nunmal ein Wiegenlied.

3. Hier ist meine Variante ... die hoffentlich die Eckpunkte einigermaßen intakt lässt:
vielen Dank. Das muß ich mir erstmal ansehen und spielen. Schön, daß Du den kleinen Schleifer vor Schluß mit reingenommen hast. Diese winzigen Verzierungen sind doch erstaunlich wesentlich für das Lied.
 
Zuletzt bearbeitet:
... jetzt hab ich mir Deine Version und meine leider so oft angehört, dass ich sie beide akzeptiere - und beide für ziemlich willkürlich halte, weil (auch?) ich nicht in Jazz-Idiomen trainiert bin. SOviel einmal zur Qualität meines Produktes ...

Zu Deiner einen Frage: "wie finde ich gute Harmonien, die eben nicht einfach nur Dissonanzen zu den herkömmlichen hinzuaddieren."
Ich meine, dass ein Verfahren dafür Stimmführung, und hier inbesondere der Randstimmen, ist: Man erfindet die berühmte "neue Basslinie", dabei schon Harmonien skizzierend. Und dann kann man die anderen Stimmen ergänzen, idealerweise mit genügend Wissen über vorhandene Muster und ihre - ich nenn's einmal - "Brachialität", wie weit sie also wegführen vom Erwarteten.
Im Zweifelsfall macht man das wohl eher vorsichtig = durch kleine Eingriffe, wie Ergänzung von 7, manchmal 13 bzw. 6, im Regelfall mit Durchgangsnoten - so entsteht z.B. ohne viel theoretisches Beiwerk oft eine "selbstverständliche" Tritonus-Substution.

Im Regelfall hab ich bei den - wenigen - Chorsätzen, die ich bisher geschrieben habe, im Nachgang eher wieder "Richtung Melodie" zurückkorrigiert, also Dissonanzen herausgenommen, vor allem aus folgenden Grund:
"Jazz für Chor" schreibt man entweder für einen "jazz-affinen" Chor oder gar einen Jazzchor - dann muss man es (a) ordentlich lernen, und das dauert; und (b) schreibt man auch dann m.E. in für diesen Chor typischen Idiomen - ein Gospelchor wird sich woanders "hineinlehnen" als ein "Avantgarde-Wettbewerbs-Jazz-Chor" (keine Ahnung, wie ich das richtig nennen soll - ich hoff, es ist klar, an was ich denke).
Oder man schreibt was "jazziges" für "seinen Chor" (meinen lokalen Kirchenchor). Dann ist Zurückhaltung aus vielerlei Gründen geboten - Fähigkeiten von Chor und Chorleiter, Bereitschaft des Publikums, Einbettung in ein Programm, das auch ganz andere Stile enthält, Verfügbarkeit und Fähigkeit von Instrumentalisten, ...

H.M.
 
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Hallo ihr Brahms-Schänder !

Für mich hören sich beide Einspielungen furchtbar an, mit einem Sound, der mich an die Keyboards vor Jahrzehnten erinnert.
Abgesehen vom Sound und der Spielweise finde ich, man sollte den alten Brahms nicht im Grabe rotieren lassen.

Es gibt doch genug Melodien / Standards, die sich von Haus aus besser eignen, mit jazzigen / jazzigeren Harmonien
versehen zu werden.
 
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Hallo ihr Brahms-Schänder !

Für mich hören sich beide Einspielungen furchtbar an, mit einem Sound, der mich an die Keyboards vor Jahrzehnten erinnert.

Dann lies halt nur die Noten - ich häng das MP3 eh nur für Leute an, die nicht fließend still mehrstimmige Noten lesen können ...

Hallo ihr Brahms-Schänder !
Abgesehen vom Sound und der Spielweise finde ich, man sollte den alten Brahms nicht im Grabe rotieren lassen.

Es gibt doch genug Melodien / Standards, die sich von Haus aus besser eignen, mit jazzigen / jazzigeren Harmonien
versehen zu werden.

Oh - wieso sollte man heute nicht tun, was man die letzten paar Jahrhunderte getan hat? - siehe z.B. http://www.kaiser-ulrich.de/publikationen/buecher/arrangieren ...
Und warten drauf, bis man so gut ist wie die paar Größen aus dem "Kanon der Klassik" ... dafür haben wir (Un)Könner nicht ganz die Zeit, und außerdem lernt man's halt nur, wenn man umeinanderprobiert ... Ich finde grade diesen alten Schlager gar nicht so schlecht dafür. Brahms selber hat gesagt, dass man Stimmführung lernen soll - also versuchen wir's halt an diesem Stück.
 
Für mich hören sich beide Einspielungen furchtbar an
Sei dir gegönnt, mach einfach einen besseren Vorschlag.

mit einem Sound, der mich an die Keyboards vor Jahrzehnten erinnert.
darum geht's doch gar nicht.

Abgesehen vom Sound und der Spielweise finde ich, man sollte den alten Brahms nicht im Grabe rotieren lassen.
Quark! Wie schon geschrieben wurde, haben die Musikanten aller Jahrhunderte ihre Vorgänger bearbeitet. Viele Bach-Choräle waren ehemals alte modale Melodien, die er kurzerhand nach Dur/Moll umgebogen hat...

Es gibt doch genug Melodien / Standards
Das Problem ist meist, daß die schon Jazzharmonien haben. Nochmal meine Frage: wie kommt man drauf? Anscheinend ist das nicht einfach, wie man an diesem bisher sehr fruchtlosen Thread merkt ;-)
Fertige Jazzstücke bearbeiten ist nicht so schwer, aber die Harmonien zu finden. Auch alle mir bekannten Jazzharmonielehren gehen immer davon aus, daß die Stücke schon fertig sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
... Jazzharmonien .... Nochmal meine Frage: wie kommt man drauf? Anscheinend ist das nicht einfach, wie man an diesem bisher sehr fruchtlosen Thread merkt ;-) ...

Naja, ich bemüh mich ja, da etwas Schwung reinzukriegen. Also erklär ich jetzt, wie man's richtig macht - ha!
(ich denke, dass Du einiges davon schon weißt und kannst - aber bevor wir da jetzt ewig hin- und herdiskutieren, wo diese Grenze ist, schreib ich einfach alles "ab ovo" auf).
Ich fürchte ein wenig (oder ein wenig mehr), aus Deinen bisherigen missgestimmten Kommentaren, dass Dir das zu "unkonkret" ist ... dazu sag ich weiter unten was (wenn's so ist):

a) Zuerst muss man folgendes können: Sich ans Klavier setzen und einen Gershwin-Song, ein Gospel, ein "modernes" (70er-Jahre) Kirchenlied ("Gib Herr unsres Lebens, dass wir nicht vergebens ..."), eventuell ein Schubertlied oder gern auch diesen Brahms hier, auf jeden Fall ein Mozartsonatenthema, einen alten Choral und Kinderlieder "ganz normal" mit Standard-"Jazz"harmonien (so aus den 1930er-Jahren - nenne wir's einmal "frühe Gershwin-Schule") begleiten.
"Ganz normal" heißt hier, dass man ohne zu denken eine Kadenz mit Tritonus-Substitution reinspielt; dass man 7, 7maj und 13-Akkorde "anbringt"; dass man eine häufig chromatisch laufende Bassstimme dazuspielt. Dabei geht's nicht um irgendwelche Großartigkeit und auch nicht darum, es immer "korrekt" zu machen, sondern darum, dieses absolute Grundrepetoire im kleinen Finger und im inneren Gehör zu haben.
(Die Analogie in der Klassik sind Albertibass und 08/15-Choral-Begleitung: Um überhaupt einen klassischen Satz hinzubringen, muss man diese zwei Dinge spielenderweise so automatisch beherrschen, dass einem dabei schon wieder nur langweilig ist. Auch hier darf man gern einige Satzfehler machen und manchmal eine "komische Kurve" bei einem Harmonieübergang produzieren, weil man z.B. einen DD nicht richtig "auf-der-löst", weil die Melodie anders weitergeht, als man sich gewünscht hätte. Das macht nichts, wenn man nur hört, dass es so nicht richtig ok war ...).

Wenn man dieses Harmonie-Spielen nicht kann, dann wird's nichts werden (sag ich; da kann man anderer Meinung sein - aber das ist meine Meinung). Warum? Weil Musik, am Ende des Tages, das ist, was man hört - und zwar "leider" auf mehreren Zeitmaßstäben, darunter mindestens:

1. Direkte Folge von Akkorden - die "logischen Auflösungen", die "Trugschluss-Muster", die "Standard-Kadenzen", ...
2. Phrasen-Folge - "Liedform" - Sequenzmuster mit 4...8 Takten Spannweite, T-D-Wechsel in dieser Größenordnung
3. Noch größere Muster - "Sonatenhauptsatzform", Menuett-Trio-Konstruktion, "verse-chorus"

Und nur beim Nahezu-in-Echtzeit-Spielen kriegt man alle diese Muster zugleich auf die Reihe. Meine Behauptung ist, kurz gesagt: Damit jemand das halbwegs gut auf Papier "arrangierend/komponierend" erfinden kann, muss er's/sie's auch spielend können. Das erstere ist schwerer als das zweitere.

Wie lernt man das? Woran weiß man, dass man's kann? Daran:

* Ich habe am Donnerstag in der Chorprobe Noten eines neuen Stückes aufs Klavier gelegt bekommen (ohne Klavierbegleitung) und die nette Bitte: "Du kannst uns doch dabei begleiten!" Natürlich kann ich das. Ich spiele nicht, was dasteht (kein "alles-vom-Blatt-spielen"), sondern eben eine Begleitung, die "im wesentlichen" passt (=ich spiele die Melodie vom Blatt - wobei ich da ja Töne weglassen kann, weil's der Chor eh singt - und dazu die "richtig vorausschauenden" 08/15-Harmonien, mit "viel Vergnügen und wenig Ratio").
* Und gestern hab ich einen Gottesdienst zur Hälfte begleitet, mit lauter Liedern, die ich nicht kannte - der Organist hat mich während des Glockenläutens(!) eingeladen, einmal auf seiner Orgel zu probieren. Na dann, auf geht's - die Gemeinde kann die Lieder eh, also kann ich mich ruhig einmal verspielen; und ab der zweiten Strophe kann ich Harmonie-Experimente machen (gehen sich hier zwei chromatische Durchgangsnoten aus? Mist - schräg angekommen ... na, dann halt wieder mit der Tonika weiter ...).

b) Was man natürlich eh dauernd tut, ist sich Musik anzuhören. Da findet man dann ewig viele Muster, die man kennt - Peterson und Armstrong und Michael Jackson und Queen verwenden viele Standardmuster, die man beim Autofahren als "kenn ich schon" mithören kann. Dann kommen aber häufig Muster, die sind "zu schwierig": "Wie ist er da hin gekommen, dass er dann so weitermachen konnte?" Ich weiß, dass ich an mehreren Jobim-Stücken bis heute verzweifle ... Und dann gibt's die dazwischen: Kann ich noch nicht, könnt ich aber können ... "muss man ja nur dann so anders weitermachen".

c) Und beim Selberspielen findet man auch - versehentlich: weil man falsch spielt; oder durch Herumgesuche - Muster, die man sich merken möchte. 95% davon vergess ich leider wieder - ich nehm mir schon immer vor, endlich immer diese Herumspielereien aufzunehmen (Handy), um die eine Wendung mir dann zu notieren ...

d) Und mit all diesem Zeugs im Rucksack legt man los. Ich mache es leider noch immer zu häufig am Rechner - mittlerweile glaube ich, dass die Fotos der Komponisten und Arrangeure, wie sie da am Klavier sitzen, einen guten Grund haben: Dort probiert und spielt man anders - z.B. teils "skizzenhafter" - als wenn man sich immer den "vollen Apparat" anhört. Aber hier gibt's sicher beliebig viele und persönlich verschieden effektive Arbeitsweisen ...

Das war's.

Wieso bist Du nun nicht zufrieden (unterstell ich einmal ... und wenn nicht Du, dann sicher sonstwer)?

Das Problem ist (für mich): Diesen Prozess zu zeigen und zu erklären ist fast nicht möglich, ohne es zu tun. Nehmen wir meinen Versuch oben, der nicht gut ist. Wie würde ich von dort weitergehen? Ich würde mich ans Klavier setzen und ein paar Varianten an Stellen schnell(!) ausprobieren, die mir "irgendwie nicht passen". Da würd ich gar nicht viel diskutieren, wieso und warum, sondern einfach schauen, ob eine andere Idee sich besser "reinflanschen" lässt. Manchmal führt das dazu, dass man einen ganzen "Eckpunkt" / "Zielharmonie" verwirft, weil man eben glaubt, anders zum Ziel zu kommen ("es besser ist" - aber das klingt so "argumentierbar", so "nach einer Regel besser"; "zum Ziel kommen" ist was "Flexibleres"). Und dabei überlegt man sich auf mehreren Zeitebenen - siehe oben -, was das für Konsequenzen hat (z.B. kann eine ganz kleine Änderung an einer einzigen Harmonie in einer Phrase eine Mega-Änderung später nach sich ziehen, weil man nach einem Sequenzmuster diese Phrase wiederholt, aber ausgerechnet an dieser Stelle der Sequenz "interessant abzweigt" - was nach der Änderung nicht mehr geht - und deshalb ändert man dann doch nicht ...).

Was wir hier aber tun (Du, ich, viele andere), ist, immer wieder, Endergebnisse zu zeigen: "Mein Versuch ...", "mein Vorschlag ...". Aber diese Endergebnisse zeigen genau nicht, wie man dazu gekommen ist, also Dein "wie kommt man drauf?" Oben steht nun endlich - bin ich nicht großartig? - (a), b), c), d)), wie man drauf kommt. Aber eben grauenhaft generell - ich bin halt doch nicht großartig.

Und Du wirst lachen, oder nicht: Ich hör mir Stücke von mir selber an, die ich vor 1 oder 2 oder 4 Jahren arrangiert oder komponiert habe - und ich weiß nicht mehr, wie ich drauf gekommen bin (als reiner Hobby-Arrangeur, der viel zu wenig Zeit neben Beruf und Familie dafür hat, habe ich keine "ansteigende Erkenntniskurve" - ich werde nicht "immer besser", sondern im Urlaub etwas besser, dann wieder schlechter, dann reiß ich mich zusammen und spiele(!) mehr - es wird etwas besser, dann wieder nicht ...).
Daraus schließe ich, dass man ein ganzes Bündel an Fähigkeiten zugleich braucht (eben Konkretes aus a)...d) oben), damit man (zumindest) seinen eigenen Ansprüchen entsprechend was produziert.

Jetzt hör ich auf und lass mich von Dir und anderen zerreißen ...

... wir können aber versuchen, uns auch gegenseitig Teilstücke dieses "Findens" erklären - ist halt aufwendig, und ab nächster Woche hab ich eher weniger Zeit, leider.

H.M.
 
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Jetzt hör ich auf und lass mich von Dir und anderen zerreißen ...
ach wo ;-)
Ich fand's sehr interessant. Mit dem freien Spielen bin ich schlicht noch nicht soweit. Aber das ändert sich in Zukunft. Seit einigen Monaten lerne ich Liedbegleitung. Dann werde ich mich wohl auch in Deine Richtung entwickeln, aber das dauert vermutlich noch...
Ich dachte bei meiner sicher kopflastigen Anfrage daran, daß ich so ein Vorgehen für klassischen Satz eigentlich ganz gut erklären kann. Ich kann schon beschreiben, was ich da gemacht habe und warum. Einiges allerdings kommt auch tatsächlich aus der Praxis - z.B. wie eine gute Stimme klingt. Das kenne ich einfach vom Chorsingen und so fallen mir die Stimmen dann zu. Da habe ich bei manchem Studenten schon gestaunt, wie man derart unsangliche Stimmen schreiben kann...
 
Brahms macht ja ein Tonika-Pedal durchs ganze Stück und erzielt dadurch genau den Einschlafeffekt (nicht negativ gemeint!!) den das Lied ja eigentlich haben soll.
Das Stück üppig mit Harmonien zu bestücken ist bestimmt gewagt und vielleicht auch nicht im Sinne des Erfinders.

Trotzdem ein Versuch -->
Guten Abend Gut' Nacht
 
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Danke Cudo, für die sehr schöne Einspielung!

Ich habe als Nicht-Jazzer auch mal etwas versucht. Und zwar habe ich mich um folgende jazztypische Charakteristiken bemüht:

- durchweg Vierklänge
- möglichst viel Quintfälle und "Jazzkadenzen"
- walking Bass
- Saxophon

Beim walking Bass habe ich nicht so viel Übung. Ich hoffe, die MIDI-Aufnahme klingt dennoch etwas nach Jazz.

https://soundcloud.com/musicprobe/wiegenlied-jazzig

Viele Grüße
Klaus

P.S.: Ein Akkord korrigiert (Übertragungsfehler) und Timing des Sax etwas geglättet.
 
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Gekonnt und sehr amüsant, Thomas! :claphands: Dachte zuerst auch an eine Dixieland-Version, doch das wäre noch mehr Neuland für mich gewesen. Ich fürchte aber, das Kind wird bei Deiner Version nicht einschlafen ...

Wäre die Frage, wer das Lied jetzt ordentlich, unordentlich oder außerordentlich verhunzt hat? :gruebel:

Viele Grüße
Klaus
 
Gekonnt und sehr amüsant, Thomas!

Dankeschön !

Ich fürchte aber, das Kind wird bei Deiner Version nicht einschlafen ...

Das kommt darauf an, wie das Kind so veranlagt ist ... z. B. ich selbst bin in meiner frühesten Kindheit durchaus unmittelbar neben einer spielenden Blasmusikkapelle eingeschlafen ... aber im Allgemeinen ist es wohl eine Frage des Sicherheitsabstandes zur Band ... :)

Wäre die Frage, wer das Lied jetzt ordentlich, unordentlich oder außerordentlich verhunzt hat? :gruebel:

Das zu beurteilen, überlassen wir am besten nachfolgenden Generationen (von Postern ...), oder ? :)

LG - Thomas
 
B
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