Alles hat seine Zeit. Manche Dinge sind von einander abhängig, bedingen sich, manches entwickelt sich quasi losgelöst.
Bezogen auf Deine private Situation (Vier Wände, Familie) hast Du ein Privileg, dass es Dir erlaubt, analog mit klassischem Verstärker Musik machen zu können.
Das Material habe ich dazu auch, jedoch führte mein Beruf und damit verbunden sehr viele Umzüge in Mietobjekte dazu, dass für mich das analoge - Kopfhörer-lose - Spielen eher in den Hintergrund gerückt ist.
Angefangen hat es bei mir laut ohne große Rücksichtnahme. Pubertäre Eigensinnigkeit.
Phase 1 - In der Pubertät (ab 1992): 20 Watt Transistorverstärker, 2 Kanäle.
Der Overdrive klang nicht gut, schon gar nicht nach Metal. Also ein Pedal gekauft. Ibanez Metalcharger.
Das reichte nicht. Ein WahWah musste her. Dunlop CryBaby. Das reichte auch nicht. Wo sind Chorus, Flanger, Hall, Delay?
Metalcharger weg, Korg G3 Multieffekt ran.
Dann ergab sich durch Zufall der Ankauf eines 100 Watt Vollröhrentopteils amerikanischer Herkunft samt selbstgebauter 1x12 Box.
Es wurde noch lauter. Das war mir bumms im Elternhaus.
Phase 2 - ziv. Studienphase (ab März 1999): Das Leben in einem Studentenzimmer forderte Einsicht- und Rücksichtnahme. Line 6´ POD erweckte meine Neugierde. Update auf 2.0 inkl. Floorboard. Start des rücksichtsvollen Spiels via Kopfhörer. Diese Phase ging nahtlos über in die Berufsphase.
Phase 3 - Berufsphase (Lehrgänge, Studium an einer militärischen Universität, Umzüge durch Versetzungen; ab Oktober 2000 bis heute).
Line 6 blieb ein treuer Begleiter. Zwei Auftritte erfolgten in der Phase. Bei der Lehrgangsabschlussfeier der Offizierschule ging die "Bohne" direkt in die PA. bei der Feier der Beförderung mit der Vorraussetzung bestandenes Vordiplom auf dem Lenzenkaser III (Reiteralpe) schloss ich einfach ein Logitech 2.1 Set an den Kopfhörerausgang.
Gegen Studienende stand ein Umzug an, vorher gab ich aber noch die Bohne ab und kaufte mir das Line 6 POD XT Live.
Im neuen Mietverhältnis war lautes Spiel auch nicht opportun, so dass das Spiel über Kopfhörer weiterhin der modus operandi war.
Dann kam wieder eine Versetzung. Weg von den Alpen an eine Stadt an der Donau.
"Die Jungs aus dem Reihenhaus" von Blumentopf beschreibt die neue Wohnsituation. Im Keller waren zwei beheizbare Räume. Einen davon nutzten wir als Arbeitszimmer, in dem ich meine Bibliothek einrichten konnte, aber vor allen Dingen auch mal ohne Kopfhörer Gitarrespielen konnte, ohne dass sich jemand mokierte. Das Vollröhrentopteil konnte wieder aus dem Flightcase genommen werden, ich investierte sogar in eine 4x12 Box (Hughes & Kettner Statesman). Das XT Live war schon vor dem Umzug vom POD HD 500 abgelöst worden. Das klang allerdings im Effectsloop vom Top nicht ganz so dolle. Cooler war da doch, sich von Line 6/Bogner einen Verstärker zu kaufen, der via L6 Verbindung perfekt mit dem HD 500 harmoniert. Ich kaufte einen DT50 212 Kombo. Und wenn ich ganz wirr war, schloss ich noch die 4x12 an und genoss einen 1 1/2 Stack. Der HD 500 wurde abgelöst vom HD 500 X.
Es kam dann wieder ein Umzug, wieder ein Reihenhaus. Auch hier konnte ich - wegen der Architektur mit etwas reduzierterer Lautstärke als zuvor - laut "mucken".
Es folgte wieder ein Umzug, weil die Distanz zwischen Reihenhaus und Dienstort zuviel Zeit beanspruchte durch eine nicht sehr leistungsfähige Verkehrsanbindung.
Neues Mietobjekt Mehrparteienhaus. Aufgrund von rund 40 m² Wohnflächenreduktion im Vergleich zum Reihenhaus, aber der Möglichkeit bei den im gleichen Landkreis wohnenden Schwiegereltern einen Raum im Keller nutzen zu können, wanderten die Bibliothek und die "großen Aggregate" dorthin aus. Ich könnte dort, wenn ich denn wollte, laut spielen.
Der POD HD 500 X wurde Ende 2018 abgelöst vom Helix.
Von der Klangqualität und der Möglichkeit kreativ aus dem Fundus schnell den eigenen Standardton zu definieren, bin ich nach wie vor begeistert. @OliverT kann ein Lied davon singen.
Wenn man Ideen konservieren will, habe ich den für mich perfekten Stereoklang.
Aber ich habe trotz der Situation auch wieder gefallen gefunden am Spielen über Verstärker und Box, statt nur über Kopfhörer.
Schuld war Thomas Blug mit seinem Amp 1. Ich habe mittlerweile die Mercury und die Iridium Edition, wobei mir die Iridium Edition wegen des Features Noise Gate aus, wenn man den internen Hall aktiviert, mehr gefällt. Ich kaufte mir dazu auch die hausinterne 2x12 Box (TwinCab). Der Platz in der Wohnung reichte aus um sie bei Nichtbenutzung getarnt unterm Überzug verschwinden zu lassen. Wäre mir Barefaced mit ihren Reformer 112 Cabs schon früher unter die Augen und Ohren gekommen, hätte ich mir ggf. nicht die 2x12 gekauft. Nun habe ich noch zusätzlich eine sehr leistungsfähige 1x12er (wegen des Neo 250 Copperback Speakers). Alle zwei Amp 1 verschwinden mit der 1x12er unauffällig in einer Holzbox im Wohnzimmer.
Ich habe schon gefallen am puristischen Spiel mit dem Amp 1 ohne weitere Peripherie. Er ist leicht, hochmobil, kleinformatig und kann mit der BluBox (IR-Box) auch praktischerweise mit Kopfhörer betrieben werden.
Aber manchmal fehlen mir ein paar Effekte. Natürlich kann ich mittels 4-K-M den Amp 1 mit dem Helix verbinden, aber a) kostet das immer Zeit, b) ist das ganze für meine Auswärtstätigkeit zu gewichtig und voluminös.
Insofern freue ich mich, wenn Thomas Blug nächstes Jahr mit dem Amp X etwas auf den Markt schmeißen wird, was für mich optimal ist: nämlich klassisches Verstärkerverhalten über ein normales Cab, aber auch Effekte inkl. WahWah gleich in der handlichen Bauform.
Das ganze aber genauso knorke für den Kopfhörerbetrieb. Damit kann ich das Ding unter der Woche in der Unterkunft an meinem neuen Dienstort betreiben. Vor allen Dingen erwarte ich weniger Gewicht und Volumen als beim Helix.
Den Helix über FRFR "normal" klingen zu lassen, war und ist keine Option.
In unserer Wohnung kann ich die Amp 1 zwar nur moderat aufdrehen, aber es ist vom Gefühl was anderes als über Kopfhörer.
Letzten Endes mag ich beide Welten. Reifer vom Verhalten und der Wohnsituation geschuldet, kann ich jedoch auch mit Kopfhörerbetrieb gut leben.
Boutique brauche ich bei Amps nicht, letztlich ist es diese Miniaturisierung mit der Nanotube, die mir sehr viel Freude am "Analogen" lieferte.