Kenshi
Registrierter Benutzer
Hey Leute,
Ich hoffe ich mache hier kein Doppelthema auf.
Es gab vor einiger Zeit ja schonmal die Diskussion über den didaktischen Sinn und Unsinn von Bildern im Gesangsunterricht mit denen man gewisse Prozesse beim singen veranschaulichen will.
("Sing durch ein Loch in der Schädeldecke" oder auch "Stell dir vor du bist eine Tanne und atmest durch deine Zweige".)
Zugegeben, ich habe lange Zeit am Sinn dieser Bilder gezweifelt weil sie mir nicht wirklich geholfen haben und ich auch bei meinen Schülern nicht das Gefühl hatte, dass sie von sowas profitieren. Meine Anweisungen sind lange Zeit eher "mechanischer" Natur gewesen, obwohl ich dabei nie Estill'sche Detailversessenheit an den Tag gelegt habe.
Ich hatte bei Bildern immer das Gefühl, dass man irgendwann den Schüler damit überfrachtet, wenn man für jedes Detail ein Bild nutzt und habe eher versucht mit auditivem Feedback zu arbeiten.
Im letzten Jahr hatte sich dann aber doch immer wieder der (sparsame) Einsatz von Bildern in meinen Unterricht geschlichen, vor allem zum Anpassen der Stimmmasse in der Höhe.
Nun habe ich vor einer Weile (ursprünglich mehr aus persönlichem Interesse) eine Ausbildung zum Hypnosetherapeuten gemacht, was meine Sicht auf "Bildhaften Gesangsunterricht" dann doch etwas gewandelt hat.
Ein Teil der Ausbildung beschäftigte sich mit ideomotorischen Effekten. Die werden in Hypnose zum Beispiel benutzt um jemandem zu suggerieren, an seinem Arm hinge ein Ballon, wodurch sich der Arm in Trance scheinbar ohne das Zutun des Hypnotisanden zu heben beginnt. Vorraussetzung dafür ist allerdings, dass der Hypnotisand voll im Erleben ist und auch eine emotionale Verbindung zur Situation hat (z.b. durch Aussuchen des Ballons, Lieblingsfarbe, Kindheitserinnerung).
http://de.wikipedia.org/wiki/Carpenter-Effekt
http://de.wikipedia.org/wiki/Ideomotorisches_Gesetz
http://de.wikipedia.org/wiki/Ideo-Realgesetz
Als ich das gehört hatte, ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen!
Es ist ja schon länger klar, dass in der Stimme unwillkürliche, durch Emotionen gesteuerte Effekte ablaufen:
http://www.zeit.de/zeit-wissen/2013/05/stimme-charakter-launen-krankheiten
Doch der konkrete Zusammenhang zwischen Emotionen, Ideomotorik und Bildern im Gesangsunterricht ist mir in dieser Form erst seit kurzem klar. Ich hatte mich bislang immer gefragt warum auch vermeintlich unemotionale Bilder so oft funktionieren.
Meine Gedanken dazu:
Singen geht (häufig) mit einem Zustand veränderter (fokussierter) Aufmerksamkeit und Wahrnehmung einher und ist damit einer Trance nicht unähnlich. Außerdem ist singen eine der wenigen Tätigkeiten die einen Großteil des Gehirns und vor allem beide Gehirnhälften aktiviert. Deswegen wirkt singen auf viele Menschen auch entspannend oder gar therapeutisch.
Häufig tritt dabei etwas ein, was man in der Psychologie als "Flow" bezeichnet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie)
Jedoch ist dieser Zustand im Unterricht nicht immer gegeben, sei es durch (selbst gemachten) Leistungsdruck, Stress oder einfach weil jemand einen schlechten Tag hat. Hypnotiseure bezeichnen sowas als Set und Setting die gemeinsam den sogenannten "Rapport" zwischen Therapeuten und Hypnotisanden ergeben. Und wenn der gute Rapport fehlt, taugen auch die beste Situation und das beste Bild nichts.
Meiner Erfahrung nach scheint jedoch genau dieser Geisteszustand (Guter Rapport, Flow, fokussierte Aufmerksamkeit) für die Wirksamkeit von "Bildhaftem Unterricht" ausschlaggebend zu sein, da das Bild (ähnlich einer hypnotischen Suggestion) nur dann aufgenommen und vor allem gelernt wird, wenn der Schüler entsprechend emotional involviert ist. Dann funktionieren selbst vermeintlich "unemotionale" Bilder.
(Interessant ist übrigens auch, dass ein aufgenommenes und gelerntes Bild nicht jedes mal erneut hervorgekramt werden muss, sondern ins Muskelgedächtnis überzugehen scheint.)
Jetzt ist es ja so, dass das denken und kommunizieren in Bildern anscheinend einen Zugang zu Stimmfunktionen bieten die dem willentlichen Zugriff - zumindest für den Laien - verborgen sind.
Meine Frage deshalb:
Ist es überhaupt sinnvoll auf Bilder zu verzichten wie es viele moderne Systeme vorschlagen? Berauben wir uns damit nicht einer Facette der Stimmbildung?
Und außerdem:
Wie stellt ihr, in euerer Rolle als Lehrer oder auch als Schüler, sicher, dass ihr einen guten Rapport in der Stunde habt? Achtet ihr da überhaupt drauf?
Ich hoffe ich mache hier kein Doppelthema auf.
Es gab vor einiger Zeit ja schonmal die Diskussion über den didaktischen Sinn und Unsinn von Bildern im Gesangsunterricht mit denen man gewisse Prozesse beim singen veranschaulichen will.
("Sing durch ein Loch in der Schädeldecke" oder auch "Stell dir vor du bist eine Tanne und atmest durch deine Zweige".)
Zugegeben, ich habe lange Zeit am Sinn dieser Bilder gezweifelt weil sie mir nicht wirklich geholfen haben und ich auch bei meinen Schülern nicht das Gefühl hatte, dass sie von sowas profitieren. Meine Anweisungen sind lange Zeit eher "mechanischer" Natur gewesen, obwohl ich dabei nie Estill'sche Detailversessenheit an den Tag gelegt habe.
Ich hatte bei Bildern immer das Gefühl, dass man irgendwann den Schüler damit überfrachtet, wenn man für jedes Detail ein Bild nutzt und habe eher versucht mit auditivem Feedback zu arbeiten.
Im letzten Jahr hatte sich dann aber doch immer wieder der (sparsame) Einsatz von Bildern in meinen Unterricht geschlichen, vor allem zum Anpassen der Stimmmasse in der Höhe.
Nun habe ich vor einer Weile (ursprünglich mehr aus persönlichem Interesse) eine Ausbildung zum Hypnosetherapeuten gemacht, was meine Sicht auf "Bildhaften Gesangsunterricht" dann doch etwas gewandelt hat.
Ein Teil der Ausbildung beschäftigte sich mit ideomotorischen Effekten. Die werden in Hypnose zum Beispiel benutzt um jemandem zu suggerieren, an seinem Arm hinge ein Ballon, wodurch sich der Arm in Trance scheinbar ohne das Zutun des Hypnotisanden zu heben beginnt. Vorraussetzung dafür ist allerdings, dass der Hypnotisand voll im Erleben ist und auch eine emotionale Verbindung zur Situation hat (z.b. durch Aussuchen des Ballons, Lieblingsfarbe, Kindheitserinnerung).
http://de.wikipedia.org/wiki/Carpenter-Effekt
http://de.wikipedia.org/wiki/Ideomotorisches_Gesetz
http://de.wikipedia.org/wiki/Ideo-Realgesetz
Als ich das gehört hatte, ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen!
Es ist ja schon länger klar, dass in der Stimme unwillkürliche, durch Emotionen gesteuerte Effekte ablaufen:
http://www.zeit.de/zeit-wissen/2013/05/stimme-charakter-launen-krankheiten
Doch der konkrete Zusammenhang zwischen Emotionen, Ideomotorik und Bildern im Gesangsunterricht ist mir in dieser Form erst seit kurzem klar. Ich hatte mich bislang immer gefragt warum auch vermeintlich unemotionale Bilder so oft funktionieren.
Meine Gedanken dazu:
Singen geht (häufig) mit einem Zustand veränderter (fokussierter) Aufmerksamkeit und Wahrnehmung einher und ist damit einer Trance nicht unähnlich. Außerdem ist singen eine der wenigen Tätigkeiten die einen Großteil des Gehirns und vor allem beide Gehirnhälften aktiviert. Deswegen wirkt singen auf viele Menschen auch entspannend oder gar therapeutisch.
Häufig tritt dabei etwas ein, was man in der Psychologie als "Flow" bezeichnet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Flow_(Psychologie)
Jedoch ist dieser Zustand im Unterricht nicht immer gegeben, sei es durch (selbst gemachten) Leistungsdruck, Stress oder einfach weil jemand einen schlechten Tag hat. Hypnotiseure bezeichnen sowas als Set und Setting die gemeinsam den sogenannten "Rapport" zwischen Therapeuten und Hypnotisanden ergeben. Und wenn der gute Rapport fehlt, taugen auch die beste Situation und das beste Bild nichts.
Meiner Erfahrung nach scheint jedoch genau dieser Geisteszustand (Guter Rapport, Flow, fokussierte Aufmerksamkeit) für die Wirksamkeit von "Bildhaftem Unterricht" ausschlaggebend zu sein, da das Bild (ähnlich einer hypnotischen Suggestion) nur dann aufgenommen und vor allem gelernt wird, wenn der Schüler entsprechend emotional involviert ist. Dann funktionieren selbst vermeintlich "unemotionale" Bilder.
(Interessant ist übrigens auch, dass ein aufgenommenes und gelerntes Bild nicht jedes mal erneut hervorgekramt werden muss, sondern ins Muskelgedächtnis überzugehen scheint.)
Jetzt ist es ja so, dass das denken und kommunizieren in Bildern anscheinend einen Zugang zu Stimmfunktionen bieten die dem willentlichen Zugriff - zumindest für den Laien - verborgen sind.
Meine Frage deshalb:
Ist es überhaupt sinnvoll auf Bilder zu verzichten wie es viele moderne Systeme vorschlagen? Berauben wir uns damit nicht einer Facette der Stimmbildung?
Und außerdem:
Wie stellt ihr, in euerer Rolle als Lehrer oder auch als Schüler, sicher, dass ihr einen guten Rapport in der Stunde habt? Achtet ihr da überhaupt drauf?
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