Autotune vs. Realität

  • Ersteller Abendspaziergang
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Ich frage mich da, wer erwartet dass denn?
Ich kenne keinen Musikhörer der das erwartet.
Vermutlich sind die meisten von uns von der Zielgruppe solcher Musik einfach zu weit weg.
Wahrscheinlich ist die hochglanzpolierte, perfektionierte Musikproduktion das Pendant zum gephotoshoppten Werbe-/Mode-Foto, das ja auch bei weiten Teilen der werberelevanten Zielgruppen die Erwartung geweckt hat, alles jenseits der Perfektion sei ein krankthafter Makel und gehöre ausgemerzt.
Dazu passt ja der allgemeine Selbstoptimierungswahn der letzten Jahre als gesellschaftliches Phänomen.

Angeblich ist dieses Empfinden ja rückläufig, und es gibt so langsam wieder einen Trend zur Natürlichkeit.
Aber vielleicht ist das auch nur eine Blase, ein Paradigmenwechsel, den die (linksliberalen) Medien, die ich konsumiere, herbeischreien wollen... warten wir mal ab.
 
Ich lese jetzt schon eine ganze Weile hier mit … aber jetzt muß ich mich doch mal auch selbst zu Wort melden:

Ich verstehe eigentlich gar nicht, worüber genau hier diskutiert wird. Es gibt seit geraumer Zeit ein Werkzeug, das es ermöglicht, Gesang zu perfektionieren. Daß dieses Werkzeug dann auch genutzt wird, sollte einen nicht überraschen. Man nutzt ja auch ein Badewasser-Thermometer, obwohl man ja nur seine Zehe ins Wasser stecken müßte ...

Und warum wird es benützt ?
Weil einem Großteil der Hörer - ganz UNBEWUSST ! - ein perfekter Gesang lieber ist, als ein nicht perfekter.

Natürlich gibt es auch Exzesse.
Aber die "normale" Nutzung von Werkzeugen wie Autotune muß mMn weder bagatellisiert noch dämonisiert werden, sondern einfach akzeptiert.
Zudem spart sie im Produktionsprozeß auch eine Menge Zeit (und Nerven), insbesondere bei Sängern, die es halt einfach nicht so hinkriegen, wie es sein sollte … und das sind heute bedeutend mehr, als in früheren Zeiten. Da war die qualitative Schwelle, ein Tonstudio überhaupt betreten zu dürfen, deutlich höher ...

Thomas
 
Ich verstehe eigentlich gar nicht, worüber genau hier diskutiert wird.

Eigentlich ging es mal lediglich um diesen Vergleich auf YT, dessen fehlende Aussagekraft sehr schnell aufgedeckt wurde. Damit war es erstmal erledigt.

Aber dann geriet dieser Thread kürzlich auf die Startseite des MB und wurde wiederbelebt. Da werden dann die Kommentare oft etwas pauschaler, weil man sich als Quereinsteiger eher am Titel orientiert als am Threadverlauf.

Trotzdem habe ich nicht den Eindruck, als würde es hier ein sehr starke Fraktion geben, die Pitch Correction grundsätzlich verteufelt.
 
Trotzdem habe ich nicht den Eindruck, als würde es hier ein sehr starke Fraktion geben, die Pitch Correction grundsätzlich verteufelt.

OK, zugegeben ... der Begriff "dämonisiert" war übertrieben.

Was bleibt (für MICH jedenfalls), ist die Frage, warum nicht auch ein Thread zur grundsätzlichen Verwendung von Mikrophonen existiert. Denn diese verfälschen ja auch die Limits, die einem Sänger ganz natürlich gesetzt sind.

Aber ich will hier gar keine Extradiskussion lostreten !
Am besten alles von mir Geschriebene ignorieren.

LG
Thomas
 
Was bleibt (für MICH jedenfalls), ist die Frage, warum nicht auch ein Thread zur grundsätzlichen Verwendung von Mikrophonen existiert.

Gibt es bestimmt. Vielleicht nicht als Thread, aber bestimmt als Kommentar. Gleiches gilt ja auch für Shredder-Soli auf der E-Gitarre. Bei einigen würde ein cleanes Signal allerlei Peinliches offenbaren.

Was Autotune angeht: Ich habe nur eine CD, auf der es verwendet wird: Und zwar genau die namensstiftende von Cher. Vielleicht noch eine weitere von C. Aguilera. Die meisten anderen stammen aus der Prä-Correction-Ära.

Nicht aus Überzeugung: Mir es schlichtweg egal, ob die Stimme korrigiert wurde, solange ich den Song mag. Ich habe aber grundsätzlich nicht den Eindruck, dass seit PC mehr Einheiten verkauft werden.
 
Ich habe aber grundsätzlich nicht den Eindruck, dass seit PC mehr Einheiten verkauft werden.

Das vielleicht nicht.
Aber ein "nicht perfekter" Gesang schafft es eben heutzutage größtenteils schon gar nicht mehr in die Veröffentlichung.
 
Aber ein "nicht perfekter" Gesang schafft es eben heutzutage größtenteils schon gar nicht mehr in die Veröffentlichung.

Mag sein, keine Ahnung. Das legt natürlich die Mutmaßung nahe, dass man es sich dann von vornherein auch hätte sparen können.

Ein ungünstiger Nebeneffekt ist allerdings die Live-Performance. Ich meine nicht die Konzert-Tourneen, da kommt es ja ebenfalls zum Einsatz. Ich meine eher spontane Unplugged-Einlagen bei Talkshows oder Radio-Interviews. Da hört/liest man dann schnell mal den Kommentar "Live ist der / die aber nicht so gut". Eine ähnliche Situation war ja auch Aufhänger dieses Threads.

Diesbezüglich darf man das durchaus kritisch sehen. Das Publikum gewöhnt sich, wie du ja selbst sagst, "unbewusst" an diese Perfektion und hält es für den Standard, was widerum den Künstler unter Druck setzt und unflexibler macht.

In diesem Zusammenhang erinnere mich noch an ein paar Folgen der Castingshow "Popstars", wo die PC praktisch durchgehend aktiv war, auch beim A Capella-Vorsingen und beim Sprechen. Das klang vielleicht albern.
 
Da gebe ich Dir in allem recht.
 
Naja, einfach für Streicher
Mag sein, keine Ahnung. Das legt natürlich die Mutmaßung nahe, dass man es sich dann von vornherein auch hätte sparen können.

Ein ungünstiger Nebeneffekt ist allerdings die Live-Performance. Ich meine nicht die Konzert-Tourneen, da kommt es ja ebenfalls zum Einsatz. Ich meine eher spontane Unplugged-Einlagen bei Talkshows oder Radio-Interviews. Da hört/liest man dann schnell mal den Kommentar "Live ist der / die aber nicht so gut". Eine ähnliche Situation war ja auch Aufhänger dieses Threads.

Diesbezüglich darf man das durchaus kritisch sehen. Das Publikum gewöhnt sich, wie du ja selbst sagst, "unbewusst" an diese Perfektion und hält es für den Standard, was widerum den Künstler unter Druck setzt und unflexibler macht.

In diesem Zusammenhang erinnere mich noch an ein paar Folgen der Castingshow "Popstars", wo die PC praktisch durchgehend aktiv war, auch beim A Capella-Vorsingen und beim Sprechen. Das klang vielleicht albern.

Danke!

(...genau das kommt dabei raus und genau deshalb würde ich immer erst einmal an meiner Performance arbeiten.)

Gruß
SlapBummPop
 
Zuletzt bearbeitet:
The Carpenters, Live in Japan, Close to you, & other classics


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Einfach Hammer!
 
Ich mag die Carpenters auch, aber wollen wir jetzt wirklich Beweismaterial dafür sammeln, dass es auch ohne PC eine gute Intonation möglich ist?
 
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ausgesprochener Nicht-Stimmungsexperte
Das bin ich sicher noch mehr als du. Mein Punkt war, dass der Wesentliche Unterschied zwischen reiner und „unreiner“ Stimmung nicht in der Frequenz des Kammertons besteht :)
 
Wenn man sich über Autotune aufregen will, dann vielleicht auch über Mesa Rectifier, damit klingen alle Gitarren nach Braten... stimmt auch nicht. Wenn man es hört, aber es den Gesang einfach nur plättet, reizt es mich auch nicht mehr. Im Rap wird viel kopiert, aber da zeigen die Vorreiter ja den kreativen Einsatz als Effekt. Das hat zwar mit Singen nicht so viel zu tun, aber mit Musikmachen. Und das ist immer gut.
 
Mein Punkt war, dass der Wesentliche Unterschied zwischen reiner und „unreiner“ Stimmung nicht in der Frequenz des Kammertons besteht :)

Ja, klar. Da bin ich ganz bei Dir !

Thomas
 
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Ich mag die Carpenters auch, aber wollen wir jetzt wirklich Beweismaterial dafür sammeln, dass es auch ohne PC eine gute Intonation möglich ist?
Nein, vielleicht sollten wir aber verstärkt wieder mal darauf hinweisen!
Werden solche "Tools" zum "Standard", sehe ich persönlich keinen Grund mehr in ein Konzert o.ä. zu gehen.
(dann höre ich mir, wenn überhaupt, dass mal kurz auf Youtube o.ä. an und das wars. (kaufen werde ich solche Musik schon mal gar nicht!))
Dies ist meine Meinung zu dem Thema.

Gruß
SlapBummPop
 
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Musik wird mit Instrumenten gemacht selbst die Stimme (der Körper) ist ein Instrument. Instrument bedeutet übersetzt Werkzeug, Hilfsmittel. Hier eine Grenze zu ziehen ist immer willkürlich. Musik ohne Hilfsmittel könnte man gerade noch mal die Stimme, Klatschen, ... durchgehen lassen, aber alles andere verwendet Werkzeuge, Hilfsmittel, Instrumente. Eine, wenn nicht die beschreibede Eigenschaft von Menschen ist es Werkzeuge für definierte Zwecke, (er-) finden und verwenden zu können. Das macht uns aus, wir erkennen eine Herausforderung ( es wird viel zu falsch gesungen) stellen uns dieser (ok, die werden im Leben das nicht mehr lernen, was kann ich tun) und lösen das Problem (was die nicht können kann ev. der Computer live oder danach berechnen).

Nvidia hat gerade AI-Software zum live-recording (unterdrücken von Nebengeräuschen) für Stimme herausgebracht, das ist nur ein kleiner Schritt dies (danach) auch für die Tonhöhe (...) zu erweitern. Das ist ein Riesenschritt, hier wird Pitch-Correction (fast) nicht mehr erkennbar sein (selbst im Livebetrieb). Geleierte, vernudelte (Tonhöhe) Interpretationen werden von einer (natürlich) intonierten Version nicht mehr zu unterscheiden sein. Ich meine der Voice-Synthesizer (sing was immer du willst so hoch wie du willst, so perfekt wie du willst) steht kurz bevor. Gerade deshalb wird es einen "Drang" hin zu "natürlich-live-ohne-irgendwas" geben.

Bei Filmen/Serien ist erlaubt was möglich, gibt aber immer noch Theater, es gibt Foto (Bearbeitung, Composing, ...) dennoch werden immer noch Bilder gemalt, es gibt 3D Drucker und es wird immer noch bildgehauert. Der Musik (dem Gesang) darf man das ruhig auch zugestehen. Ein Trend (Mode) kommt oft sehr schnell, vergeht aber auch wieder schnell (die Instrumente bleiben).

Der Markt produziert für den Bedarf, Werbung kreiert Bedarf, da ist die Musik keine Ausnahme.
 
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Werden solche "Tools" zum "Standard", sehe ich persönlich keinen Grund mehr in ein Konzert o.ä. zu gehen.
Ohne es wirklich genau zu wissen, gehe ich davon aus, dass es bei Livekonzerten von Musik, bei der nicht die glatte Perfektion sowie die 1:1 Reproduktion des Sounds der Studioaufnahme im Vordergrund steht, also Rock, Jazz, Blues, Folk, Metal etc. eher nicht zum Standard gehört (und wenn dann - hoffentlich - nur unterstützend im Hintergrund), weil das Publikum hier doch eher das raue, mutmaßlich "echte" schätzt und fordert.

Ist bei Liveshows von Hochglanz-Pop/R'n'B-Acts nicht ohnehin 3/4-Playback Standard? Das sind dann ja zumeist hochgradig durchchoreografierte Shows, bei denen nicht die LIVE-Musik, sondern die GESAMT-Show im Vordergrund steht - und wenn man die ganze Zeit über die Bühne tanzt, kann man dabei ja nun wirklich keine hochwertigen Gesangsleistungen mehr produzieren.

Ich denke also, es gibt noch genug Konzerte zu denen du auch weiterhin guten Gewissens gehen kannst.

Wobei: selbst in meiner alten Hobby-Coverband hatte ich für Harmoniegesang auf ein TC Helicon VLT zurückgegriffen, weil meine Mitmusiker alle gesanglich eher mäßig begabt waren - und im Hintergrund lief dann auch immer der Hardtune-Effekt (wie es bei TC heißt) für leichte Korrekturen mit. Wir waren allerdings auch keine künstlerisch integere Band, sondern als Coverband musikalische Dienstleister ;)...
 
Solche Tools sind bereits Standard - allerdings hauptsächlich bei kommerziellen Popproduktionen. Hier im Sängersub-Forum des MB dadgegen eher die Ausnahme.
Nach 23 Jahren Antares Autotune könnte man es so nennen... :D
Dass es im Sängersub kein grosses Thema ist, liegt in der Natur der Sache (die Stimme selbst ist Mittelpunkt) - aber Melodyne ist hier im Recording Bereich fest etabliert.

Wie bereits angemerkt wurde, wäre es besser sich bei Intonationskorrektur auf Melodyne zu beziehen und Autotune als klangformendes Werkzeug zu betrachten (derzeit sein Hauptzweck).

Der Bug wurde hier schnell zum feature weil (klassische) Vocoder-Technik einen hohen Aufwand erfordert und dazu noch eine Menge Einstellungen braucht, bis sie wirklich 'gut auf der Stimme sitzt'.
Bei Autotune entsteht das Ergebnis praktisch direkt (durch eine Midi-Notenfolge) und es würde selbst mit einer gesprochenen Phrase funktionieren. Da muss nichts intoniert werden.

In gemässigter Form eingesetzt erzeugt Autotune ein deutliches, charakteristisches Obertonspektrum, das heute ein gleichberechtigtes (Produktions) Stilmittel ist, vergleichbar mit Eq-Einsatz oder Chorstimmen.
 
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Dass es im Sängersub kein grosses Thema ist, liegt in der Natur der Sache (die Stimme selbst ist Mittelpunkt)

Eher, weil die Sänger hier im Fachbereich nur rudimentät selbst recorden - die recordenden SängerInnen tummeln sich mehr im Hörproben-Sub. Wie verbreitet dort PC ist, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht.
 

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