Ich spiele seit ein paar Monaten und bisserl über dreißig Jahren. Neben zig Gitarren habe ich auch zig Amps probiert und will hier jetzt meine Meinung dazu abgeben:
Grundlage vorab: Der Sound kommt zu einem gewissen Teil aus der Dynamik - der Abfolge leiser und lauter Passagen. Hierauf haben fast (neben Gitarre und Limiter-, Compressor-, Expander-, Sustainer- etc. -Pedalen) nur mehr Endstufe und Lautsprecher maßgeblichen Einfluss. Aus den technischen Feinheiten ergibt sich, dass Röhren da einen riesen Vorteil haben, da sie kurz auch mal viel lauter sein können als ihre Wattzahl eigentlich erlaubt. Aber auch Modeller schaffen das schon sehr, sehr gut.
1.) Modelling Amps sind was tolles, aber!
Erstens sind sie idR. erschwinglich. Zweitens können sie idR. leise. Drittens sind sie irre flexibel. Viertens sind sie nicht so abhängig vom Speaker... Aber sie sind meistens auch etwas umständlicher zu bedienen, bringen nie (nichtmal Kemper imho) DIE Sounds und haben sehr oft "Probleme" digitaler Natur wie abrupt endende Effekte beim Kanalswechsel etc.
Ich verwende gerne Modelling (z.B. Vox Stomplab + Class-D Endstufe+ kleine Breitbandbox, den Line6 Spider II oder Amplitube am PC) zum üben oder zwischendurch, wenn ich was ausprobieren will.
Dazu kommt, dass derzeit Modeller schon recht bald wieder "veraltet" sind - was mich nicht stört, aber ich sehe bei Freunden regelmäßig viel Geld fließen für immer bessere Emulationen von genau ein oder zwei bestimmten Röhrenmodellen...
2.) Röhrenamps klingen besser, aber!
Röhrenamps, klingen besser, primär, weil sie lauter werden, auch wenn ihnen eigentlich die Puste wegbleiben sollte, statt zu clippen und das Signal einfach abzuschneiden wie alte Transen.
Aber auch bei Röhrenamps gibt es genug erschreckend schlecht klingende Geräte, besonders anfällige Kandidaten, etc. Sie sind auch recht empfindlich auf die Lautsprecher. Und die Unterschiede zwischen den Geräten, selbst innerhalb einer Serie kann enorm sein.
Bestimmte Sounds kommen aus bestimmten Geräten. Marshall wird immer Marshall bleiben, Fender immer Fender, alte Voxe ebenso.
Ich habe drei Röhrenamps, die verschiedener kaum sein könnten: Eng Gigmaster, Peavey Classic 30 und Marshall DSL40. Letzteren erst ein paar Tage, aber ich weiss wieder, was ich lange vermisst habe.
Also auch hier gibts nicht den einen.
3.) Transisorverstärker klingen topfig, aber!
Aber hallo. Nein. Billige, kleine 6,5" Combos wohl vielleicht, aber je nach dem, welche Pedale davor sind, kann auch ein "kleiner" (1x12 oder 2x10) Transencombo brauchbar sein. Ich war jahrelang mit 2x10" "Clean" Combos mit 80-150W Class A/B Transistorendstufen und einem Pedalboard unterwegs. Leider gibts solche Combos heute nur mehr selten und seit meine leider nicht iederzubeschaffenden Pedale geklaut wurden, bin ich auch wieder bei Röhren und Modelling gelandet.
Hier übernehmen dann die Pedale den Sound, gute analoge Pedale, sind aber Mangelware und entsprechend teuer.
Vielleicht eine Alternative wäre auch ein "alter" Modeller, der dann auch noch mehr Effekte im Clean Kanal bietet. Auf Willhaben steht ein Line6 Tubetone mit 2x10" um € 60,- Dessen Modelling ist wohl schon reichlich überholt, aber er könnte mit Pedalen eine super Transistorendstufen Chassis Kombination bieten. Fehlen dann nur noch die Pedals... Ich hatte Chorus, Reverb und Valve-Distortion von Digitech und dazu einen Equalizer/Booster vor den Transen und damit alles abgedeckt.
"Große" Transistor-Lösungen sind aber nix für zu Hause. Teilweise werden 200w Transistor-Tops mit 4x12 Box verschenkt. Das hat aber auch gute Gründe...
Die beiden Empfehlungen DSL40 und Blueguitar sind sicherleich beide sehr richtig, aber ich denke fast, dass beide für Dich eine Nummer zu teuer sein werden.
Daher meine Empfehlung: bleib noch bei Deinem Spider und spar Dir nen Tausender zusammen. Bis dahin jede Woche einmal in den Laden und probier dort DSL und Amp1 gegeneinander aus. Am besten DSL100 Head und Amp1 an der selben Box, wenn möglich.
Der "V" Speaker im DSL40 Combo war für mich immer ein Grund dagegen. Meinen habe ich mit NeoCreamback drin und großem Pedal dazu vor der Inzahlungsgabe gerettet (hab einfach nen 20er draufgelegt und ihn privat mitgenommen). Jetzt spielt er ohne int. Lautsprecher auf zwei 4x8" Blackstar Boxen. Richtig fantastisch. Es ist toll vieviel Headroom der Classic-Kanal bietet, wie sehr beide seiner Gainstufen an den 2203 erinnern. Wirklich super gelungen. Da geht so ziemlich alles zwischen 1960 (Beatles, Hendrix, Led Zeppelin, Pink Floyd, etc.) und 1985 (AC/DC, Judas Priest, Saxon, Guns'n'Roses,...) und das wird über die 90er bis zum Sound eines heissen JCM900 im zweiten Kanal fortgesetzt (Etwa bis SkidRow, Metallica, Sepultura,...). Für "amerikanische" Sounds und massives noch mehr Gain brauchts dann aber Pedale, da bin ich selbst noch am Suche, oder Stöpsle den Engl mit Bosster oder den Line6 an^^.
Den Amp1 habe ich erst einmal selber probiert, da hatte ich aber wohl nicht genug Zeit. In den zwei Stunden, bin ich nicht ganz warm damit geworden, hatte auch keine meiner eigenen Gitarren dabei.
Irgendwie blieb mir der Beigeschmack von Transistorvorstufe, auch wenn es weder wirklich ganz stimmt, noch herauszuhören war - war aber bei den H&Ks nicht anders.
Die Empfehlung zur Barefaced Box würde ich auf jeden Fall ernst nehmen. Mir sind sie auch noch zu teuer und ich muss drauf sparen, aber so wie es scheint, sind das "eierlegende Wollmilchsäue" (Klein, leicht und klanglich 2 Nummern größer als baulich).
Viel Spass und Erfolg weiterhin - das ist es schließlich worauf's ankommt!