Alternierende Dreiklänge ohne gemeinsame Töne

  • Ersteller Hagenwil
  • Erstellt am
Hagenwil, du hast wohl recht: Es heißt p o l y t o n a l. Wohl auch, wenn ein Akkord nur bitonal ist...

Alfred Baresel - Jazz-Harmonielehre von 1953/1963 (Hat mich mal 24,80 DM gekostet...), Anlage III, unterster Absatz ("Elfer-Akkord"):
Zitat:
"...Für Begleitzwecke ist es also besser, den Elfer-Akkord eine Oktave tiefer zu legen und so aufzuteilen, daß die linke Hand c e g und die rechte (im Diskant) bdf erhält. Dadurch erhält man eine andere moderne Wirkung, nämlich die polytonale (links C-Dur, rechts B-Dur im Zusammenklang), eine klangliche Verbindung, die vom heutigen hörer leicht aufgenommen und als Reizwirkung durchaus gewürdigt wird."

Ich habe da aber noch was im Hinterkopf mit b i t o n a l, das werde ich irgendwann auch noch finden, ich meine, das war im Zusammenhang mit einem Debussy-Beispiel...

Ich werd´s noch finden, wenn ich mich nicht irre...
 
Hallo PVaults,

ein bitonaler Akkord kann natürlich auch polytonal genannt werden. Beinhaltet ein Akkord allerdings 3 verschiedene Akkordstrukturen, was äußerst selten vorkommt, kann er natürlich nur noch polytonal genannt werden.

Deine Aussage in einem zweifach verminderten Septakkord seien alle 12 + 12 Tonarten enthalten kann ich so nicht nachvollziehen. Besonderheit dieser Akkordstruktur ist gewiss sein symmetrischer Aufbau und seine zweifache Tritonushaltigkeit. Innerhalb der gleichschwebenden Temperatur kann er sich somit vierfach verschieden durch authentischen Sekundschritt auflösen. Dabei hat natürlich jedes Mal ein anderer Ton Leittonfunktion, was wiederum durch korrekte Notation des o7 im Allgemeinen sichtbar gemacht wird.
Da es in der gleichschwebend temperierten Stimmung maximal 3 verschiedene zweifach verminderte Septakkorde gibt, können insgesamt 3x4=12 Tonarten erreicht werden. Dasselbe noch einmal in Molltonart macht zusammen 24 Tonarten in die sich die 3 verschiedenen o7 Akkorde auflösen können.
Mit Polytonalität hat das aber nichts zu tun. Habe ich in Deiner Aussage etwas übersehen, falsch verstanden oder muss man zwischen den Zeilen lesen?

Bitonale/polytonale Akkorde können am besten als solche gehört werden wenn 2 übereinander gelagerte Dreiklänge sich prinzipiell im Tonmaterial unterscheiden. Wenn allerdings, wie in unserem Fall, die Septime des unteren Dreiklangs beide Triaden verlinkt, ist eine separate Wahrnehmung der Grundtöne unwahrscheinlich, da Dominanten, im Gegensatz zu anderen Akkordstrukturen, eine sehr ausgeprägte, „dominierende“, Obertonstruktur haben.

In unserem Beispiel Db/G7 vereinnahmt G7 sozusagen den Db-Dreiklang. Db = T#11, F = M3 und Ab = Tb9 von G7. Bei Eb/G7 wäre Eb = Tb13, G = 1 und Bb = T#9 von G7.
Zuunterst liegende Molltriaden hingegen stabilisieren in dieser Hinsicht den Grundton der oberen Triade da ihre Obertonstruktur weniger stark wirkt. Db/G- wäre somit ein „echter“ bitonaler Akkord.
Weiterhin ist die Distanz der Grundtöne für die Eigenständigkeit beider Triaden von Bedeutung. Zwischen beiden Triaden sich bildende M7 und b9 Dissonanzen, normalerweise als Avoids gemieden, fördern dabei die Eigenständigkeit und sind somit erwünscht.
Terzaufbau in diatonischen oder anderen Tonvorräten ohne Avoids kommt natürlich nicht in Frage. Bei Dominanten gilt diese Restriktion natürlich ebenso - mit einbezogen sind dort auch alle alterierten Tensions.

Um zum Topic zurückzukommen, über G7 die beiden Dreiklänge Db und Eb alternierend durch die verschiedenen Umkehrungen wandern zu lassen käme einem Ausschnitt einer tonalen Mixtur gleich. Ähnliches kann übrigens auch mit den beiden in MM7 nebeneinander liegenden Molldreiklängen gemacht werden.


CIAO
CUDO
 
Hallo PVaults,

ein bitonaler Akkord kann natürlich auch polytonal genannt werden. Beinhaltet ein Akkord allerdings 3 verschiedene Akkordstrukturen, was äußerst selten vorkommt, kann er natürlich nur noch polytonal genannt werden.

Das ist klar. "Bi" heißt ja "zwei" und "poly" "viele"...

Deine Aussage in einem zweifach verminderten Septakkord seien alle 12 + 12 Tonarten enthalten kann ich so nicht nachvollziehen. Besonderheit dieser Akkordstruktur ist gewiss sein symmetrischer Aufbau und seine zweifache Tritonushaltigkeit. Innerhalb der gleichschwebenden Temperatur kann er sich somit vierfach verschieden durch authentischen Sekundschritt auflösen. Dabei hat natürlich jedes Mal ein anderer Ton Leittonfunktion, was wiederum durch korrekte Notation des o7 im Allgemeinen sichtbar gemacht wird.
Da es in der gleichschwebend temperierten Stimmung maximal 3 verschiedene zweifach verminderte Septakkorde gibt, können insgesamt 3x4=12 Tonarten erreicht werden. Dasselbe noch einmal in Molltonart macht zusammen 24 Tonarten in die sich die 3 verschiedenen o7 Akkorde auflösen können.
Sic! Ich meinte auch 12 Dur und 12 Moll...

Mit Polytonalität hat das aber nichts zu tun. Habe ich in Deiner Aussage etwas übersehen, falsch verstanden oder muss man zwischen den Zeilen lesen?

Nun ja, wenn ein Akkord wie dieser in 24 Tonarten gleichzeitig vorkommt, spricht man sicher nach klassischer Auffassung nicht von einem Bi- bzw. Polytonalen Akkord.
Aber welcher Akkord besitzt denn noch diese Eigenschaft? Der übermäßige Akkord, sicher... - aber eben sonst keiner.

Bitonale/polytonale Akkorde können am besten als solche gehört werden wenn 2 übereinander gelagerte Dreiklänge sich prinzipiell im Tonmaterial unterscheiden. Wenn allerdings, wie in unserem Fall, die Septime des unteren Dreiklangs beide Triaden verlinkt, ist eine separate Wahrnehmung der Grundtöne unwahrscheinlich, da Dominanten, im Gegensatz zu anderen Akkordstrukturen, eine sehr ausgeprägte, „dominierende“, Obertonstruktur haben.

Naja, in der Regel ist es doch so, daß Bi- bzw. Polytonale Akkorde aus einem Sept-Akkord und einem Dur, seltener einem Moll-Akkord aufgebaut wird. Das ist beim Verminderten Akkord natürlich nicht der Fall, aber streng genommen müßte man genau diesen Akkord dazunehmen. Dann könnte man Hagenwils Ansicht teilen und müßte die erste Gruppe dann pauschal als Upper-Structures bezeichnen. Da hätten aber die Klassiker zu Recht was dagegen, denn diese Akkorde gab es schon, bevor die Amerikaner überhaupt wußten, was Musik ist...

Drum kann man den verminderten Akkord meiner Ansicht nach sehr wohl zu den Polytonalen Akkorden rechnen.

In unserem Beispiel Db/G7 vereinnahmt G7 sozusagen den Db-Dreiklang. Db = T#11, F = M3 und Ab = Tb9 von G7. Bei Eb/G7 wäre Eb = Tb13, G = 1 und Bb = T#9 von G7.
Zuunterst liegende Molltriaden hingegen stabilisieren in dieser Hinsicht den Grundton der oberen Triade da ihre Obertonstruktur weniger stark wirkt. Db/G- wäre somit ein „echter“ bitonaler Akkord.
Weiterhin ist die Distanz der Grundtöne für die Eigenständigkeit beider Triaden von Bedeutung. Zwischen beiden Triaden sich bildende M7 und b9 Dissonanzen, normalerweise als Avoids gemieden, fördern dabei die Eigenständigkeit und sind somit erwünscht.
Terzaufbau in diatonischen oder anderen Tonvorräten ohne Avoids kommt natürlich nicht in Frage. Bei Dominanten gilt diese Restriktion natürlich ebenso - mit einbezogen sind dort auch alle alterierten Tensions.

Um zum Topic zurückzukommen, über G7 die beiden Dreiklänge Db und Eb alternierend durch die verschiedenen Umkehrungen wandern zu lassen käme einem Ausschnitt einer tonalen Mixtur gleich. Ähnliches kann übrigens auch mit den beiden in MM7 nebeneinander liegenden Molldreiklängen gemacht werden.
Tonale Mixtur ist das Stichwort. Hast du schön beschrieben, wie diese Art von Akkorden funktioniert. Eigentlich baut man zwei Akkorde zusammen, das ist das ganze Geheimnis, mehr nicht. In der Praxis bedeutet das aber viel Übung, will man nicht bei den Standard-Akkorden hängenbleiben.
 
Nun ja, wenn ein Akkord wie dieser in 24 Tonarten gleichzeitig vorkommt, spricht man sicher nach klassischer Auffassung nicht von einem Bi- bzw. Polytonalen Akkord..

Zunächst sind es drei verschiedene o7 Akkorde die 24 Tonarten "abdecken".
Dann wird auch im Jazz ein o7 Akkord nicht als polytonaler Akkord bezeichnet.


Aber welcher Akkord besitzt denn noch diese Eigenschaft? Der übermäßige Akkord, sicher... - aber eben sonst keiner...

Schau mal folgendes MA7/#11 Voicing an:

MA7
#11
M3
1

Diese Akkordstruktur kann sich bei wechselnden Grundtönen in verschiedene Zielakkorde auflösen.
Aber das nur neben bei. Ist ja absolut OT.





Naja, in der Regel ist es doch so, daß Bi- bzw. Polytonale Akkorde aus einem Sept-Akkord und einem Dur, seltener einem Moll-Akkord aufgebaut wird....
Gerade bei Septakkorden tritt oben erwähnte Problematik auf.

Das ist beim Verminderten Akkord natürlich nicht der Fall, aber streng genommen müßte man genau diesen Akkord dazunehmen.....

Das verstehe ich nicht. Meinst Du den o7 Akkord als untere Struktur eines polytonalen Akkordes?
Drum kann man den verminderten Akkord meiner Ansicht nach sehr wohl zu den Polytonalen Akkorden rechnen. .....

Als alleinstehender Akkord bestimmt nicht.
 
Der verminderte Septakkord, °7 oder dim7, kann mit allen Tensions inklusive (9/11/b13/b15), als ein bi-tonaler Akkord definiert werden. Er besteht aus zwei ineinander verschachtelten verminderten Septakkord.

Beispiel C°7:

1.....-3.....b5.....b7
C.....Eb.....Gb.....Bbb
= C°7

...D......F......Ab.....Cb = D°7
...9.....11.....b13.....b15

Die resultierende Akkordskala aus den beiden verminderten Akkorden wäre dann die Ganztonhalbtonskala.
 
HarmonyII_059_AlternatingTriads_102.jpg



Ein einfaches theoretisches Beispiel:

AlternatingTriads_chiffreC-D.jpg
 
Der verminderte Septakkord, °7 oder dim7, kann mit allen Tensions inklusive (9/11/b13/b15), als ein bi-tonaler Akkord definiert werden. Er besteht aus zwei ineinander verschachtelten verminderten Septakkord.

Beispiel C°7:

1.....-3.....b5.....b7
C.....Eb.....Gb.....Bbb
= C°7

...D......F......Ab.....Cb = D°7
...9.....11.....b13.....b15

Die resultierende Akkordskala aus den beiden verminderten Akkorden wäre dann die Ganztonhalbtonskala.

100 Punkte und Volltreffer...
Kann man auch Gegendrehen mit Db und HTGT...
 
Der verminderte Septakkord, °7 oder dim7, kann mit allen Tensions inklusive (9/11/b13/b15), als ein bi-tonaler Akkord definiert werden. Er besteht aus zwei ineinander verschachtelten verminderten Septakkord.

Beispiel C°7:

1.....-3.....b5.....b7
C.....Eb.....Gb.....Bbb
= C°7

...D......F......Ab.....Cb = D°7
...9.....11.....b13.....b15

Die resultierende Akkordskala aus den beiden verminderten Akkorden wäre dann die Ganztonhalbtonskala.

Hallo Hagenwil,

Tensions sind nur deshalb Tensions, weil sie einen Bezug zu einer darunterliegenden Akkordstruktur haben. Sie bilden mit dieser EIN Akkordgebilde und keine zwei. Bei einem bitonalen Akkord sollte der Grundton beider Klänge gleichwohl für das Ohr realisierbar sein.
Der o7 Akkord im Umfeld der GT-HT mit ihrem Low-High Prinzip bindet die High's sehr stark. Ich höre das Ganze (z.B. Co7/9/11/b13/MA7) als EINE Akkordstruktur. Dom7 und o7 sind durch ihre Tritonushaltigkeit einfach zu dominant und binden so die über ihnen liegende Triade.

Danke für die Beispiele.Ein Muss für jeden Jazzpianisten! Natürlich auch arpeggiert in allen Variationen zu spielen.
 
100 Punkte und Volltreffer...
Kann man auch Gegendrehen mit Db und HTGT...
Nein, wir haben es hier mit Polytonalität zu tun weil man 3 Akkorde hört ;)

Versucht mal folgendes auf dem Klavier (im 3/4 Takt spielen), damit es deutlicher wird:
1/4: 1, b3 (also C und Eb)
2/4: b5, b7, 9 (also Gb, Bbb, D)
3/4: 11, b13, b15 (also, F, Ab, Cb)

Gespielt wird es so: Die Töne im 1/4 werden gespielt und gehalten(!!), dann kommen die im 2/4 dazu und werden ebenfalls gehalten, und dann kommen die im 3/4 hinzu! Man sollte bei jedem hinzukommen der Viertel einen separaten Akkord hören können, der sich mit der davor liegenden Klangwolke verbindet. Am ende hat man eine Klangwolke aus allen Tönen der 3 Vierteln.
Hören tut man im 1/4 einen Cm ohne 5, im 2/4 ein D-Dur in 2. Umkehrung (also Terz im Bass) und im 3/4 ein verminderten Dreiklang (bzw. ein Fo7 ohne verminderter Septime). Gleichzeitig hört man aber den D-Dur gleichzeitig vermischt mit Cm (=Bitonal) und den Fo7 vermischt mir Cm + D-Dur (=Polytonal). Darin liegt der eigentliche Reiz, das man z.B. "gleichzeitig" (das ist so zu vertehen: Je nach dem auf was man sich mehr konzentriert)) ein Co7/9 hört, aber auch ein Cm und D-Dur separat.
Das witzige ist, das wenn man Co7/9 spielt, auch da schon eine Mischung von Cm + D-Dur hört ohne das man das 1/4 und 2/4 nacheinander spielen müsste! - Zumindestens höre ich das so, wenn ein Co7/9 ertönt ... naja ...

Ja, bei Co7/9 höre ich (Betonung liegt auf ich und ist nicht so zu verstehen das es alle so hören müssen! Okay? Dieser Hinweis, nur damit es nicht wider im Streit endet, Leute.) zwei Grundtöne/Akkorde/whatever (Cm + D-Dur) was z.B. bei einem Maj7-Akkord ja bekanntlich nicht geht (deshalb ist ein Maj7 nicht bi- und nicht polytonal, auch wenn es manche meinen, weil sie nur theoretisch rangehen und nicht mit dem Ohren :rolleyes:). Für mich (wider Betonnung auf mich, und nicht als verbindlich für alle zu verstehen) ist deshalb ein Xo7/9/11/b13/b15 ein polytonaler Akkord, der aber auch bitonal gehört (verhört? ... keine Ahnung) werden kann.

Naja, nichts für ungut, bin schon wider weck und lass euch mal weiter diskutieren. Wollte hier eigentlich nicht stören, konnte mich aber mit meiner Beobachtung nicht wirklich zurückhalten.

Machts Gut
voice7

EDIT:
Tensions sind nur deshalb Tensions, weil sie einen Bezug zu einer darunterliegenden Akkordstruktur haben. Sie bilden mit dieser EIN Akkordgebilde und keine zwei.
Das ist aber nicht ganz richtig Cudo. Gerade ein diatonischer Akkord/sagen wir mal ein Cmaj7 mit 9/11/13 wird von mir (unterschwellig) bitonal empfunden, wenn auch nicht so prägnant wie ein "echter bi- oder polytonaler Akkord. Bin ich hier die Ausnahme? Also für mich können Tensions ganz klar auch zu Polytonalität führen und nur weil eine Theorie das gegenteil behauptet (Theorie hinkt eh immer hinterher, egal in welchen Bereich), folge ich dennoch meinen Ohren!

Ein Cmaj7 hingegen wird von mir als ein Akkord wahrgenommen - soll heißen das ich da nicht ein C-Dur und D-Moll "gleichzeitig" höre.


Bei einem bitonalen Akkord sollte der Grundton beider Klänge gleichwohl für das Ohr realisierbar sein.
Exakt!

Ich höre das Ganze (z.B. Co7/9/11/b13/MA7) als EINE Akkordstruktur.
Ernsthaft?! Wie kommt es das ich einen Xo7/9/11/b13/b15 aber Polytonal höre?

Gruß
 
V
  • Gelöscht von Gast 23432
  • Grund: Doppelpost
Danke für die Beispiele.Ein Muss für jeden Jazzpianisten! Natürlich auch arpeggiert in allen Variationen zu spielen.

Da hat Voice sogar noch die Steigerung:
Versucht mal folgendes auf dem Klavier (im 3/4 Takt spielen), damit es deutlicher wird:
1/4: 1, b3 (also C und Eb)
2/4: b5, b7, 9 (also Gb, Bbb, D)
3/4: 11, b13, b15 (also, F, Ab, Cb)

Damit hat man die Möglichkeit, alle Dur- und Mollakkorde gleichzeitig zu hören!
Einzigartig, nicht? :D

Das ist aber nicht ganz richtig Cudo. Gerade ein diatonischer Akkord/sagen wir mal ein Cmaj7 mit 9/11/13 wird von mir (unterschwellig) bitonal empfunden, wenn auch nicht so prägnant wie ein "echter bi- oder polytonaler Akkord. Bin ich hier die Ausnahme?
Nein, ich höre das auch so. Übrigens wohl Günther Sch. auch... - Der rechnet mit der I+II-Technik...

Also für mich können Tensions ganz klar auch zu Polytonalität führen und nur weil eine Theorie das gegenteil behauptet (Theorie hinkt eh immer hinterher, egal in welchen Bereich), folge ich dennoch meinen Ohren!
Finde ich auch. Das kommt nur auf die Stimmführungstechnik an...

Ein Cmaj7 hingegen wird von mir als ein Akkord wahrgenommen - soll heißen das ich da nicht ein C-Dur und D-Moll "gleichzeitig" höre.
Also... jetzt mal im Ernst: Ein echter Jazzer spielt so diesen Akkord nie - NIE - NIEEEE!
Den spielt man so:
T+SP oder I + II (Dur)... - #11 heißt der, von mir aus auch "lydisch", der Tiefpunkt des tonalen Schwerpunktes, eine subdominantische Skala auf der Tonika - egal, wie ihr ihn nennt, doch nur so wird ein maj7-Akkord (heute) gespielt.

Das Ding, was du da als Beispiel anführst, wird so nie gespielt, weil sich Terz und Undezime reiben, weil sich ein b9-Abstand von der Terz aus ergibt. Den gibt´s so einfach nicht, weil er superscheiße klingt. Check it out...!

Ein Beispiel für ein Bitonales Voicing für Tonika und Subdominante:
j7-1-3-5 - 6-9-#11-13
(von links nach rechts, vier Töne für jede Hand, mittlere Lage beim Klavier - am besten, man spielt ihn gebrochen...)
Die große Septime als tiefster Ton verschleiert den Grundton, direkt daran angeknüpft ist ein stinknormaler Dur-Akkord, in der rechten Hand liegt ein Dur-Akkord auf der Doppeldominante, wobei hier der Melodieton gedoppelt ist, der somit ebenfalls die Grundtonart verschleiert... (***hust***)...

Wenn wir also schon mal über bitonale Akkorde und Jazz reden... ;)
 
Da hat Voice sogar noch die Steigerung: (...)
Damit hat man die Möglichkeit, alle Dur- und Mollakkorde gleichzeitig zu hören!
Einzigartig, nicht? :D
Ist das jetzt ironisch gemeint? Ernsthaft, ich höre das so wie beschrieben - kann ja nichts dafür das meine Ohren so sind wie sie sind :)
EDIT: Argh, natürlich nicht ironisch gemeint. Kann zu so später stunde nicht mehr richtig lesen :D BTW: Danke für die Blumen, ich dachte meine Ohren wären mal wider die Ausnahme :D

Also... jetzt mal im Ernst: Ein echter Jazzer spielt so diesen Akkord nie - NIE - NIEEEE!
Den spielt man so: (...)
Ups, soory ich meine nicht D-Moll sondern E-Moll :redface: Wenn ich einen Cmaj7b6/xyz gemeint hätte, hätte ich das auch so geschrieben.
Ich wollte damit nur sagen das ich ein Cmaj7/9/11/13 unterschwellig als Bitonal empfinde, aber ein Cmaj7 nicht. Bei einen Cmaj7 höre ich keine zwei sondern nur einen Akkord und zwar die Töne C-E-G-B als ganzes und nicht als C-Dur (C-E-G) + E-Moll (E-G-B).

EDIT: Moment, wie meinst du das, dass ein Maj7-Akkord nur so heute gespielt wird?! Ist den ein Cmaj7 in Grundlage (C-E-G-B) und seinen Umkehrungen nicht mehr üblich und wird nur noch Bitonal (I+II) gespielt!? Das wäre mir neu.
Nur damit kein Missverständnis aufkommt: ich meine nur den Cmaj7 und nicht den Cmaj7/9/11/13 (was eine I+II gleichkommt). Wenn ich Cmaj7 schreibe dann meine ich immer einen Vierklang. Ich bin da immer sehr genau und geben in Diskussionen immer alle Tensions an, damit keine Missverständnisse aufkommen.

Gruß
 
Ist das jetzt ironisch gemeint? Ernsthaft, ich höre das so wie beschrieben - kann ja nichts dafür das meine Ohren so sind wie sie sind :)
EDIT: Argh, natürlich nicht ironisch gemeint. Kann zu so später stunde nicht mehr richtig lesen :D BTW: Danke für die Blumen, ich dachte meine Ohren wären mal wider die Ausnahme :D

Das war ein Späßle, mein Lieber, ein Späßle... - irgendwie Ernst und Spaß gleichzeitig, so wie mancher Akkord auch mehrdeutig ist...

Das kann man aber durchaus so hören wie du. Oder eben ganz anders, es kommt nur darauf an, W A S du hören W I L L S T.

Wenn alle 12 Töne gleichzeitig vorkommen, was kannst du dann heraushören?
Alles. Eben!

GTHPETWG-Tonleitern klingen allgemein gräßlich, finde ich. Sie dienen meist nur der mentalen Selbstbefriedigung, es ist nicht ohne Grund, daß die meisten Klassiker solche Tonleitern gemieden haben.
Als Effekt sind sie durchaus mal okay, man darf sie aber nicht überbewerten...

Hast den Akkord von mir mal ausprobiert? ;)
 
Hallo PVaults, hallo Voice7,

obgleich Ihr Eure Meinung ja schon mehrmals Kund tatet, hier noch ein Punkt zum Thema, den es zu bedenken gilt.
Polytonale Akkorde im unitonalen Umfeld können oft verschieden gehört und so auch analysiert werden. Dies betrifft hauptsächlich Voicings die in der unteren Struktur tritonushaltig sind. Die gleichen Voicings in einem polytonalen Umfeld entwickeln dort ihre polytonale Wirkung wesentlich stärker.
Wenn ich einen Gb/C (z.B. in Stravinskys Petrushka) im unitonalen Umfeld an Stelle einer Dominante setze, wird seine Wirkung nicht die gleiche sein als wenn dieser Akkord in einer Gb - C Polytonalität vorkommt in der über längere Zeit gleichzeitig in beiden Tonalitäten gespielt wird.

Natürlich haben Stravinsky, Mahler oder Ravel polytonale Akkorde dieser zweideutigen Art oft rein ihres Klanges wegen eingesetzt und nicht um eine systematischen Struktur zu erzielen.

Auf jeden Fall sind diese Akkorde zu unterscheiden von den rein Polytonalen.

Man kann c, eb, gb, a, d, f, ab, b als Co7 mit entsprechenden Tensions hören. Der Akkord enthält keine avoids! Duke Ellingtons 5-stimmiger Saxophonsatz basiert auf der Verteilung: untere Struktur 3 Lows und obere 2 Highs oder umgekehrt. Das hat absolut nichts mit Polychords zu tun.
 
Wenn alle 12 Töne gleichzeitig vorkommen, was kannst du dann heraushören?
Alles. Eben!
Du hast recht. Man kann da eben viel hören und das gezielt steuern. Und das schöne ist, das man es mit der Dynamik und der Aufteilung auf verschiedenen Instrumenten bewusst steuern kann, also das was man will mehr hervorheben :) Denkbar wäre das 1/4 weniger zu betonen und das 2/4 dafür mehr, um es herausstechen zu lassen. Ich versuche mir gerade vorzustellen wie das mit Streichern und Bläsern klingen würde - hab aber nicht die mittel und auch keine Ahnung von Orchestrierung. Vielleicht hat ja Hagenwil Lust sich daran zu versuchen? Das 1/4 und 3/4 würde ich mir so im f-bereich vorstellen und das 2/4 im ff oder fff und die stimmen irgendwie Sinnvoll auf die Streichern und Blässer aufgeteilt :D

BTW: Mir fällt aber gerade auf das ich ein Plagiat im Beitrag #29 begangen habe, weil du "verminderte Septakkord == polytonaler Akkord" schon bereits im Beitrag #20 geschrieben hast. Es war keine Absicht von mir bereits gesagtes zu wiederholen und als erste (=meine) Beobachtung hinzustellen. Das ist mir aber erst jetzt durch die Tensions die Hagenwil zum dim hinzugefügt hat bewusst geworden, das ihr beiden das gleiche meintet und meinen Beitrag vorweggenommen habt. Hagenwil hat also durch deinen unscheinbaren Beitrag genau durchschaut worauf du eigentlich hinaus wolltest!! :) Daher habt ihr eigentlich im Beitrag #20 und #25 schon das gesagt was ich im Beitrag #29 "plagiiert" habe. Naja, ich hoffe ich konnte aber dennoch mit meine Beitrag das ganze ein wenig "griffiger" aus "meiner" Sicht für den einen oder anderen darstellen, der eigentlich nicht so recht weiß worüber ihr da debattiert (ich muss sagen das ich euch stellenweise auch nicht so recht folgen kann ;).
Ich muss zugeben PVaults, das es oft schwer ist dich zu verstehen, mein Lieber ;)

GTHPETWG-Tonleitern klingen allgemein gräßlich, finde ich.
GTHPETWG-Tonleitern? Den ausdruck habe ich noch nie gehört. Wofür stehen die Buchstaben?

Hast den Akkord von mir mal ausprobiert? ;)
Hab ich, und es so gelegt (die Zahlen hinter den Tönen stehen für die Lage): LH: B1, C2, E2, G2; RH: A2, D3, F#3, A3. Klingt sehr gut und ist eben eine lydischer Modus der sehr schwebend und traumhaft klingt bzw. G-Dur (pfui ^^ ...) wäre die Tonika :)

Gruß
 
GTHPETWG-Tonleitern? Den ausdruck habe ich noch nie gehört. Wofür stehen die Buchstaben?

Ganz-Ton-Hattrick-Polyphoner-Extra-Terrestrial-Wagnertuba-Griff, oder kurz, beim Naturhorn in F wird bis zum 24. Naturton überblasen
 
GTHPETWG-Tonleitern? Den ausdruck habe ich noch nie gehört. Wofür stehen die Buchstaben?

Hagenwil hat´s schon wunderbar ausgeführt:
Ganz-Ton-Hattrick-Polyphoner-Extra-Terrestrial-Wagnertuba-Griff, oder kurz, beim Naturhorn in F wird bis zum 24. Naturton überblasen
Eigentlich sind es nur 23 Illuminati-Töne. Ergänzen kann man noch, daß diese Skala besonders gerne bei festlichen Anlässen wie die Pfingstweihe geblasen wird. Unter die Tischdecke darf man deshalb bei solchen Festen nicht schauen, berichten darf man erst gar nicht darüber, besonders was Akrobatik und Batik betrifft...

Nein - im Ernst, lieber Voice, dieser Ausdruck ist ein Platzhalter für GTHT oder HTGT oder sonstige unseelige Tonleitern mit noch krankeren Namen und musikfernen Theorien...

Ich muss zugeben PVaults, das es oft schwer ist dich zu verstehen, mein Lieber
So geht es mir meist auch. Schau, in dieser irren Welt kann man irgendwann nichts mehr richtig ernst nehmen. Der Strauch über dem Teich hat eine Million Menschen auf dem Gewissen und wird immer noch hoffiert, so ein anderer Irrer wird bei uns als Kanzlerkandidat aufgestellt werden und hat eine Schweinerei nach der anderen fabriziert, guckst du nach Frankreich - lach! - Italien - Schenkelklopf - Olmert, der ist noch besser und was weiß ich. Ein halbe Milliarde haben sie gerade erst weggeschmissen, die hätten sie lieber uns ausgezahlt, das hätte mal wirklich die Wirtschaft angekurbelt... - und dann noch diese Irren da vom CERN und sonstigen Monsterlabs, da kannst du irgendwann nicht mehr irgendetwas im Leben ernst nehmen. Vor allem, weil uns diese Leute etwas über das Leben erzählen wollen - "Macht das mal so oder so, dann wird´s besser (das bedeutet: Arbeit macht frei - nämlich denjenigen, der die Kohle einsteckt...) - wie heißt es so schön: Hinter jedem großen Kapital steckt ein großes Verbrechen...

Zorn und Hass hilft da nicht, denn diese Wesen ergötzen sich noch daran und der Reigen der Dummen geht weiter. Also nehme ich sie alle WICHTig - im eigentlichen Sinne des Wortes. Über einen Wicht hingegen kann ich lachen, so macht das Leben wieder Spaß!

Nur die Musik kann man erst nehmen, wenn es denn ernste Musik ist und nicht diese allenthalben vorherrschende akustische Umweltverschmutzung, und Harmonielehre kann man auch nur soweit ernst nehmen, wie sie in der Praxis taugt. Vielleicht bringt der ein oder andere gute Gedanke hierzu ein kleines musikalisches Erlebnis, das wäre mir auch recht.

Vielleicht verstehst du mich jetzt besser - man muß halt die ein oder andere Zeile zwischen der Leere lesen... - doch genug davon!

Hab ich, und es so gelegt (die Zahlen hinter den Tönen stehen für die Lage): LH: B1, C2, E2, G2; RH: A2, D3, F#3, A3. Klingt sehr gut und ist eben eine lydischer Modus der sehr schwebend und traumhaft klingt bzw. G-Dur (pfui ^^ ...) wäre die Tonika :)
Jazzkurs Teil II: Du hast recht, wenn du G als Tonika für diesen Akkord nennst - jetzt darfst du dich aber festhalten:
Du darfst (und sollst!) diesen Akkord auch AN STELLE EINER TONIKA einsetzen. Auch wenn C-Dur die Tonika ist, darfst du ihn da spielen. Dieser Akkord gehört wegen seiner großen Septime zum Tonikatypus, und dazu zählen T und S-Akkorde.

Und das Witzige dabei ist, daß bei Improvisationen über der Tonika trotz dieses Akkordes oft eine gemischte Tonleiter rauskommt, die sowohl 11 als auch #11 enthält.
Ich meine, wenn Leute spielen, die SPIELEN und nicht Kreuze und Be´s zählen...

Probiere es mal aus, ist wirklich nett...

Polytonale Akkorde im unitonalen Umfeld können oft verschieden gehört und so auch analysiert werden. Dies betrifft hauptsächlich Voicings die in der unteren Struktur tritonushaltig sind. Die gleichen Voicings in einem polytonalen Umfeld entwickeln dort ihre polytonale Wirkung wesentlich stärker.

Cudo, du hast völlig recht. Gleichzeitig hast du da einen Kernpunkt angesprochen, der allen Anfängern der Harmonielehre immer wieder völlig verwirrt, nämlich die Tatsache, daß ein und derselbe Akkord unterschiedliche Bezeichnungen, Funktionen, Aufgaben haben kann. Nämlich je nach Tonumfeld. Und das macht es auch irre schwer, sich genau festlegen zu können. Manchmal geht es nicht eindeutig. Wenn mehrere Tonalitäten gleichzeitig vorherrschen wird es noch unübersichtlicher.

Was meinst du, ist der Akkord, den ich gezeigt habe, ein polytonaler oder schlichtweg ein Upper-Structure-chord? (Für mich ist er immer noch BITONAL!)
 
Und das Witzige dabei ist, daß bei Improvisationen über der Tonika trotz dieses Akkordes oft eine gemischte Tonleiter rauskommt, die sowohl 11 als auch #11 enthält.

Tschuldigung, wenn ich mich kurz einmische :)

Daß man die #11 über die Tonika - also quasi Lydisch - spielen kann, wäre nicht neu für mich.
Aber wieso sowohl 11 als auch #11?:confused:

Die 11 klingt doch sowieso allgemein gräßlich (eben avoid-note).
Chromatische Verbindungstöne zähle ich nicht mit.

Oder habe ich irgendwas falsch verstanden?:rolleyes:
 
Tschuldigung, wenn ich mich kurz einmische :)

Daß man die #11 über die Tonika - also quasi Lydisch - spielen kann, wäre nicht neu für mich.
Aber wieso sowohl 11 als auch #11?:confused:

Die 11 klingt doch sowieso allgemein gräßlich (eben avoid-note).
Chromatische Verbindungstöne zähle ich nicht mit.

Oder habe ich irgendwas falsch verstanden?:rolleyes:

Wenn das alles so klar wäre mit den Skalen... - nein, Voice7 hat grundsätzlich schon recht mit seiner Feststellung, daß G bei diesem Akkord als Tonika empfunden werden kann - es geht darum, das ganze zu Abstrahieren...

Den Begriff "Avoid Notes" kann man mittlerweile getrost entsorgen, das wurde so streng nie in der Praxis gesehen, und heute hat sich das - glaube ich - völlig erledigt. Sicher trifft der Begriff und natürlich auch seine Gesetze für Dixiland und andere einfache Formen von Jazz (? Dixiland ist doch kein Jazz...?!?) zu, doch diesen Jazz kann man auch über einfache Funktionstheorie und die Optionstöne erklären.

Ganz oft ergibt sich aus den davorliegenden oder nachfolgenden Harmonien eine Vermischung von Skalen. Es werden also Harmoniefremde Töne mit eingebaut, und das betrifft eben auch die 4 respektive 11. Rhythmus und Betonung spielen da eine wichtige Rolle mit.

Man teste selbst mit folgender Kadenz:
Cj7 (wie im Beispiel) => Abj7/9 => G7alt.
(T - sP bzw. DDsubst. - D)

Die Skalen sind bekannt: C lydisch, Ab lydisch, G alt

Wer jetzt etwas damit herumspielt, wird feststellen, daß sich ein Thema sehr wohl schon über dem Cj7/9/#11/13-Akkord mit dem Ton F spielen läßt, so z.B. (A) - G - F - Eb - D - C, als Vorbereitung für den nächsten Akkord sozusagen. Ein chromatischer Verbindungston gibt es da nicht. Melodielinie schlägt Avoid-Tone sozusagen, die Stimmführung an sich kann ganze Harmonielehrewelten zum Einsturz bringen...

Anderer Fall: Der (maj7)#11-Akkord ist kein #11er, sondern ein Sus mit b5... - (und das ist diesmal auch kein Scherz!) - da hast du den nicht vermiedenen Avoid-Tone und die geliebte #11 in Gestalt eine B5, auch hierüber kannst du eine lydische Tonleiter spielen, allerdings benötigst du die (nun) leiterfremde 11. Ich sehe allerdings die 11 dann als 4.

Nur mal so aus der Praxis...
 
Rein theoretisch seh ich das in etwa so, und ich versuche das mal intelell zu umschreiben, obwohl der Komponist oder Improvisator kaum so denkt während der Arbeit wie ich das im Folgenden beschreibe.



Tension und Resolution - Spannung, Entspannung oder Intensivierung

Tensions (Töne mit Spannung) sind Töne mit harmonischer Spannung (harmonic tensions), oder Töne in melodischer Spannungsabfolge (melodic tension) . Die als Tensions empfundenen Töne einer vertikalen Akkordstruktur verlangen im generellen Fall eine Spannungs-Veränderung bei Weiterschreitung zum nächsten Akkord. Natürlich ist eine Weiterschreitung notwendig, um überhaupt Spannung und Entspannung zu erzeugen. Ein einzelner Akkord der gehalten oder repetiert wird, hat meistens nur eine statische Ausstrahlung, die dann aber mit anderen musikalischen Phänomenen belebt werden kann, z.B mit dynamischem Rhythmus, Akzentuierung, Gewichtungen, Hervorhebungen, Artikulationen etc..

Harmonische Spannungen können je nach Struktur und Weite verschieden wirken. Bei engen bis mittelweiten Voicings (Stimmlagen) kann nur dann eine Spannung vorhanden sein, wenn eine zweite Note sich in unmitelbarer Nachbarschaft befindet. In jedem spezifischen Fall einer Stimmlage sind andere Spannungen am wirken, und die Möglichkeiten wie man ein Akkord setzen kann sind schier unerschöpflich.

Um einen spezifischen Fall von Spannung sprachlich zu erläutern, bedarft es einer akuraten Beschreibung, am besten mit beigefügten Notenmaterial.

Bei sehr weiten bis extrem weiten Stimmlagen nehmen Spannungen zwischen zwei oder mehreren Tonen ganz andere Spannungsverhältnisse an als im engen Satz. Zum Beispiel wenn ein achtstimmiges Voicing auf siebeneinhalb Oktaven verteilt ist, das ist von den tiefsten Tönen des Kontrafagott bis zu den obersten Tönen des Piccolo, dann treten natürlich ganz andere Spannungen auf als in einem engen oder mittelweiten Satz, aber auch im engen Satz, wie er meistens grundlegenden Harmonielehrbüchern steht, gibt es eine unermessliche Anzahl Möglichkeiten verschiedene Spannungen und Entspannungen zu setzen.

Das was als Tensions bezeichnet wird in der Akkordtheory des Jazz, ist eine sprachliche Konvention die der Klassifizierung der Akkordtöne dient, und hat nicht direkt mit Tensions im Sinne von Modulation, Progression, oder mit dem Akt der Improvisation zu tun. Diese Art der Akkordchiffrierung sagt auch noch nichts aus über die Spannungsfelder welche diese Akkordtöne erzeugen wenn sie gesetzt sind - Je nach dem was für Akkordfolgen gesetzt sind, können eigentlich alle Akkordtöne intensive Spannung bewirken.

Spannung und Entspannung ist ein unerschöpfliches Gebiet. Diese Spannungsfelder aus der Sicht des eigenen Instrument mit limitiertem Umfang zu interpretieren ist eine Sache - Der volle Umfang eines Orchesters bietet aber ein um ein vielfaches mehr an Möglichkeiten. Spannungen wie sie in grundsätzlichen Harmonielehren beschrieben werden, treten in der Praxis kaum in Erscheinung.


Das Gegenteil von Tension (Spannung), oder besser deren Weiterführung, heissen Resolutions (Auflösungen), also Spannungsfelder welche eine Veränderung einer momentanen Spannungslage fordern. Eine weitere Veränderung wäre eine Intensivierung, hierbei wird die Spannung weiter erhöht.

Die im Jazz gebräuchlichen "shorthands" (Kurzbezeichnungen) wie z.B. Dmaj7, Em7(b7), A7alt, Fm6 etc., sind zwar genaue Anweisungen was für ein Akkordtyp gespielt werden muss, sagen aber nichts aus über das zu spielende Voicing. Natürlich gibt es Konventionen, das heisst ein Jazzpianist weiss was er zu spielen hat je nach Situation. Natürlich kann eine einzelne Note welche in der Akkordtheory des Jazz als Tension bezeichnete wird, keine Spannung erzeugen.

Akkordskalen: Die resultierende Skala (chord-scale), also das Total aller Töne einer momentan wirkenden harmonischen Struktur, spielt eigentlich gar keine Rolle beim komponieren oder improvisieren, ausser man fiddelt die Tonskala rauf und runter. Ansonsten sich Akkordskalen nur das Tonreservoir aller addierten Akkordnoten welche als erste Auswahl zur Bildung einer Melodie herangezogen werden können. Aber auch hier, der Instrumentalist übt natürlich diese Skalen auf senem Instrument, so das er sich gewandt und frei in ihnen bewegen kann, quasi ohne sich durch Fingersaätze zu kümmen sich auf die Kreation der Melodie, oder auf das Solos konzentrieren kann.


Beispiel:

Tensions mit ungewöhnlichen Spannungen in weiter Stimmlage. Diese Modulation progressiert innerhalb 29 Takte durch 29 verschiedene Harmonien. Der erste Akkord ist ein D°7(11/b13/b15)no9th, und alle folgenden haben auch D als Tonika. Es handelt sich um ein harmonisches Konzept eines ersten Aktes einses Balletts, und ist natürlich so nicht orchestriert oder instrumentiert, sonder nur ein Layout:


AnEveningWithoutAngels-1.jpg



AnEveningWithoutAngels-2.jpg
 
Beispiel:

Tensions mit ungewöhnlichen Spannungen in weiter Stimmlage. Diese Modulation progressiert innerhalb 29 Takte durch 29 verschiedene Harmonien. Der erste Akkord ist ein D°7(11/b13/b15)no9th, und alle folgenden haben auch D als Tonika. Es handelt sich um ein harmonisches Konzept eines ersten Aktes einses Balletts, und ist natürlich so nicht orchestriert oder instrumentiert, sonder nur ein Layout:

Gratuliere zum 100. Beitrag - ein guter Beitrag, wie ich finde. Feierlich, festlich, der Anlaß paßt. Dein Beispiel zeigt, daß alle Harmonielehre nur ein Näherungsversuch ist, die Realität zu beschreiben, auch wenn die Notenschlüssel fehlen.

Allerdings zeigt das Beispiel noch etwas anderes: Man muß sehr wohl zwischen einfacher Popmusik und ernsthafter Musik unterscheiden, das zeigen schon die harmonischen Konzepte. Im Prinzip kann man für Popmusik die gleiche Harmonielehre anwenden wie für Schlager, Volksmusik und sonstige seichte Musik. Die Kadenzierung unterscheidet sich erheblich, ebenso der Hörerkreis - doch das ist wieder ein ganz anderes Thema...
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben