Alle Bluesklänge

  • Ersteller haiiiner
  • Erstellt am
Hallo Cudo,

danke für Dein Statement zum Niveau - das tut mal gut.

Ich plädiere dafür, das die, die meinen ausgelernt zu haben, sich künftig enthalten, während die, die sich gern weiterentwickeln möchten, dafür aber um so mehr Fragen hier im Forum stellen!

Deine weiterführenden Links sind - wie immer - sehr interessant! Kannst Du nicht Dein gesamtes Wissen schön didaktisch aufbereitet in ein Buch schreiben? :)

Falls Du das tun solltest, bestelle ich hiermit das erste Exemplar verbindlich vor!

Gruuuß,
Heiner
 
Hallo Heiner

Sorry - aber ich kann damit gar nichts anfangen. :nix:

Blues systematisch darzustellen funktioniert nicht - dann ist es kein Blues mehr.
Bei der Improvisation geht es mehr um Feeling und um Ausdruck.

lg,NOMORE

Dies als Antwort auf die Frage oben - ich hab' da dieselbe Meinung wie NOMORE.

Ich bin durchaus der Meinung, dass man in einem Stück schon toll drüber reden kann, warum das so klingt, wie es das tut. Ich bin auch der Meinung, dass die hier vorgestellte Übung eine tolle Arbeitsgrundlage für Tage oder gar Wochen darstellen kann, man kann viele Prinzipien mal aus vielen Blickwinkeln "behören".

Ich bin aber eben nicht der Meinung, dass alles, was sich irgendwie auf die Bluestonleiter (bzw. Mollpentatonik mit Blue Notes) beruft und sich der 12-Takte-Bluesform bedient, Blues ist. Insofern ist es mir auch nicht möglich, aus den schematisch sauber darsgestellten Intervallen eine Diskussion über deren Bluesigkeit zu führen. Dazu brauche ich Melodieverläufe mit Rhythmik, vor-und-nach-dem-Beat-spielen, Vierteltöne (!) zwischen Dur- und Mollterz, etc. etc. Folgerung meinerseits: das Ding ist kein Blues, sondern eine Musiktheorie-/Harmonielehre-Übung.

Das heißt NICHT, dass ich sowas nicht für nötig und sinnvoll usw. halte - aber eben auch nicht für Blues.

Und wie ich es immer mache in solchen Fällen: ich bin jetzt auch still und lasse Euch in Ruhe weiterreden... ;)
 
Nu sind wir uns doch noch einig geworden... :)
 
- ich hab' da dieselbe Meinung wie NOMORE.

NOMORE's Meinung: Blues systematisch darzustellen funktioniert nicht - dann ist es kein Blues mehr.


Gut, das nehme ich zur Kenntnis. Wenn man also etwas systematisch darstellt, verliert es seine Identität. - Hab' ich jetzt auch noch nicht so gewußt. :gruebel:



Ich bin aber eben nicht der Meinung, dass alles, was sich irgendwie auf die Bluestonleiter (bzw. Mollpentatonik mit Blue Notes) beruft und sich der 12-Takte-Bluesform bedient, Blues ist.
Also was jetzt? Ich spiele ein 12-taktiges Bluesschema und dannn ist das kein Blues? Aha, da scheint noch was im Busch zu sein.:gruebel:

Insofern ist es mir auch nicht möglich, aus den schematisch sauber darsgestellten Intervallen eine Diskussion über deren Bluesigkeit zu führen.
Ahh, es ging um die "Bluesigkeit".
Schau mal, ich bin ein Typ der redet wirklich sehr gerne Dialekt (Mundart), aber wirklich Dialekt von ganz drinnen. Neulich kaufte ich mir ein Buch. Jawohl, der Trend geht mitlerweilen zum Zweitbuch und so kaufte ich mir ein Buch über MEINEN Dialekt. Hmmm, kann der Autor des Buches wirklich meinen Dialekt quatschen? Naja, hin und her, das Buch war für mich der Hit und ich lernte trotz bestehender fundierter Grundkenntnisse Neues. Na ist das nicht toll?
Aber beim Blues scheint das ja anders zu sein.

Jetzt machen wir doch mal einen Versuch.
Ich habe eine kleine Adaption über Miles Davis's (der ist doch von Euch hoffentlich als Blueser akzeptiert) WALKIN' geschrieben. Hier sind die Noten.
Sorry, wenn ich hier Blues in Notenschrift präsentiere, schließlich gehört sich das nicht. Blues ist ja REINES Feeling. Also Sorry deswegen.
Nun, ich denke Ihr könnt ja mit Noten etc.. Also, deswegen habe ich nun mal extra keine Changes drüber geschrieben.
Mir geht es nun dabei hauptsächlich um die von mir schon oben erwähnte Reharmonisation von Bluenotes. Klar, das macht Ihr (der Zauberer und NOMORE) IMMER aus dem Bauch heraus. Ähmm, wirklich? Ich weiß eben nicht ob Ihr das auch wirklich aus dem Bauch heraus macht. Wie findet Ihr die Reharmonisation?
Könntet Ihr die Akkorde benennen?

CIAO
CUDO
 
Ich wollte hier ja nix mehr sagen, "muss" ich aber doch:
@CUDO II: Ich finde, Du vergreifst Dich hier deutlich im Ton und stellst weniger musiktheoretisch gebildete bzw. interessierte User hier als Dir unterlegene und irgendwie minderwertige Wesen dar. Kann und mag ich so nicht auf mir sitzen lassen, will ich aber auch nicht öffentlich hier ausbreiten.

Daher: haiiiner, NOMORE und CUDO II haben eine längere PM von mir, in der ich wahrscheinlich letztmalig versuche, meine Argumentation darzulegen.

Diese Botschaft hier "muss" ich ja quasi absetzen, damit es nachher nicht heißt: Erst große Töne spucken und dann feige verduften.

Jetzt bin ich hier aber wirklich still.
 
Hallo Zauberer,

eigentlich analysierst Du den Robert Johnson-Style recht gut, finde ich - und beweist Dir selbst damit, dass man das kann und zwar mit interessanten Ergebnissen. Aber man kann es natürlich auch lassen! ;)

Der Blues soll tot sein? Also für mich nicht. Du kannst das so definieren, indem Du das Genre auf die alten Legenden beschränkst, und alle neueren Künstler, die den Blues mehr oder weniger fortgeschrieben haben dem Jazz zurechnest - aber macht das Sinn? :gruebel:

Sind die Stücke von Robert Cray kein Blues? Was ist mit Tab Benoit? :p Ich rechne "Evenin'" von Dave Brubeck aber so was von zum Blues... - was man aber nicht zwingend muss.

Um so eine Diskussion zu führen, muss man aber ganz sicher analytisch werden: :eek:

Nach welchen Kriterien ist etwas Blues? Welche Stilmittel, Techniken und Ausrdrucksformen sind stilprägend? Wenn Du bei der Begriffsbestimmung nah an den "Alten" bleiben möchtest, mußt Du eben deren Stilmittel - seien es Microbends, die Art und Weise des Singens, Anschlagens, Textens etc. zu Kriterien erheben. :gruebel:

Ich fänd's cool, wenn Du mal Deine Begriffsbestimmung hier formulieren würdest, denn ich denke, es gäbe nicht wenige, deren Intuitionen Du damit treffen würdest - und vor allem könnte man dann tatsächlich einen Gewinn aus diesen Zankereien hier ziehen und die Diskussion noch in eine spannende und fruchtbare Richtung lenken! :great:

Gute Grüße
Heiner
 
NOMORE's Meinung: Blues systematisch darzustellen funktioniert nicht - dann ist es kein Blues mehr.


Gut, das nehme ich zur Kenntnis. Wenn man also etwas systematisch darstellt, verliert es seine Identität. - Hab' ich jetzt auch noch nicht so gewußt. :gruebel:

Siehst du - man lernt nie aus im Leben ;)

Bei Blues trifft das auch, meiner Meinung nach, zu - Blues läßt sich auch schwer begreifen/beschreiben - man muß ihn erst leben. Dazu muß man ihn aber nicht "zerpflücken" - sondern es zählt das GANZE.

lg,NOMORE
 
Moin Leute! :gutenmorgen:

Wenn wir als Kleinkinder sprechen lernen, gibt es ja die Kinder, die früh anfangen, Laute und Silben auszustoßen und sie allmählich über Wochen an Worte , Zwei-Wort-Sätze etc. anzupassen. Daneben gibt es die Kinder, die kaum brabbeln und rumprobieren, statt dessen aber auf einmal in ganzen Sätzen zu sprechen beginnen (meist später als die erste Gruppe). Das sind die sogenannten mimetischen (nachahmenden) und analytischen Lerner.

Diese beiden Gruppen (es gibt auch Mischformen) kann man auch später im Leben immer wieder unterscheiden, nicht zuletzt hier unter uns! He, he, he...

Ich find es nun ziemlich ermüdend, dass die ersteren immer wieder den zweiteren predigen, es zähle das Ganze und umgekehrt. Es sind unterschiedliche Wege, zu einem tieferen Verständnis einer Sache zu gelangen.

Aber: ab einer bestimmten Komplexität einer Sache tut auch der Mimetiker gut daran, seine ihm ja ebenfalls angeborene Analysefähigkeit zu bemühen. Es gibt massenhaft Rhythmen und Harmonien, die der durchschnittliche Musiker nur durch Nachahmung nicht erfassen und verstehen wird, es sei denn er heißt Bobby McFerrin.

Insofern - selbstverständlich "zählt das Ganze" beim Blues genau wie bei allen anderen Musikrichtungen. Aber auch Du vergibst Dir nichts, Nomore, wenn Du mal etwas analysierst , sondern wirst mit Sicherheit etwas dabei lernen.

"Den Blues muss man leben" - ist eine Floskel - denn was soll sie heißen: dass man sich Leid zufügen soll, um zu einem authentischeren, leidgeprüfteren, leidenschaftlicheren künstlerischen Ausdruck zu kommen?

Sicherlich käme das der Intensität der Musik (und bestimmt nicht nur dem Blues) zugute - sofern man dabei arbeitsfähig bleibt - aber wer von uns ist dazu bereit? :p

Schön fett zuhause im gemütlichen Wohnzimmer über teures online bestelltes Equipment spielen und Sachen sagen wie: "Den Blues muss man leben." - das gildet nicht!
 
Blues läßt sich auch schwer begreifen/beschreiben
Ich finde, er lässt sich ganz einfach beschreiben: I7, IV7, V7 - fertig. :)

Aber du vermischt jetzt Theorie und Praxis. Es ist wirklich schwierig zu beschreiben, wie man die verfügbaren Töne so umsetzt, dass auch der Zuhörer den Blues bekommt, aber um das geht es hier ja gar nicht.

Vielmehr soll es wohl dazu einladen, bewusst mit Tönen zu experimentieren, die nicht zur Standard-Bluesskala gehören.

Wie man mit dem erweiterten Vokabular dann einen überzeugenden Blues spielt, kann hier nicht beschrieben werden, dass muss man eben selbst herausfinden. Theorie und Praxis eben, hier geht es um die Theorie.

Mag sein, dass das hier nicht im richtigen Subforum ist, aber: mir is des Blunzn. ;)
 
Schön fett zuhause im gemütlichen Wohnzimmer über teures online bestelltes Equipment spielen und Sachen sagen wie: "Den Blues muss man leben." - das gildet nicht!

Komm mein Freund - reiß dich ein bisschen am Riemen - du mußt hier nicht persönlich werden. OK :rolleyes:

lg,NOMORE

Ps.: Ich bin raus ! ;)
 
Hey, Nomore - das war in keinster Weise persönlich kränkend gemeint!!!

Vielmehr meinte ich uns alle hier damit - wir bürgerlichen Musiker in den westlichen Industriegesellschaften... :rolleyes:

Und ich bin froh, dass ich den Blues nicht leben muss, mir den Strom für meine Amps leisten und mir die Gitarren nicht auf den westfälischen Baumwollfeldern zusammensparen muss! Deshalb sage ich auch nicht: Ey, Alter, den Blues muss man leben!

grien grien

Gruuuß,
Heiner
 
Ich probier's mal mit ein paar Ansätzen - wird jetzt aber kein ausgefeilter Aufsatz mit immer wohl gewählten Worten und 100% klaren Definitionen (dafür fehlt die Zeit). Aber vielleicht hilft's ja zum Verständnis.

Der Blues soll tot sein? Also für mich nicht. Du kannst das so definieren, indem Du das Genre auf die alten Legenden beschränkst, und alle neueren Künstler, die den Blues mehr oder weniger fortgeschrieben haben dem Jazz zurechnest - aber macht das Sinn? :gruebel:

In meiner Gedankenwelt - und ich kann nicht oft genug betonen, dass ich hier meine Meinung schreibe, ohne Anspruch auf die Gesamtwahrheit zu erheben - ist die "Blues Tradition" deutlich "weit weg" bzw. parallel zur "Jazz Tradition". Klar gibt es auch hier "crossovers", natürlich spielen "Blue Notes" usw. in beiden Musikrichtungen eine große Rolle. Dennoch kann man Blues verstehen, ohne vom Jazz eine Ahnung zu haben - genau so wie umgekehrt. Und wir sind uns sicher einig: Jazz ist musikalisch komplexer, schwieriger, "hochwertiger" - Blues irgendwie "uriger", persönlicher, primitiver.

Sind die Stücke von Robert Cray kein Blues? Was ist mit Tab Benoit? :p Ich rechne "Evenin'" von Dave Brubeck aber so was von zum Blues... - was man aber nicht zwingend muss.
Für mich ist der Blues insofern "tot", als dass meiner Ansicht nach alles gesagt ist. Das heißt nicht, dass es nicht auch heute noch wirklich tolle neue Aufnahmen und Künstler gibt, zum Teil mit "modernem" Anspruch, zum Teil eben auch mit "traditionellem". Bahnbrechend finde ich z.B. die White Stripes mit ihren Neuinterpretationen diverser Son House Stücke, auch die brachiale Gewalt von Stevie Rays Gitarrenspiel beeindruckt mich nach wie vor, lustig sind auch sehr traditionell gemachte Folk/Blues/Roots/etc.-Crossovers wie dieses http://www.amazon.de/Started-Nothin...=sr_1_1?ie=UTF8&s=music&qid=1253692313&sr=8-1 oder African/American-Crossovers wie jenes http://www.amazon.de/Mississippi-Ma...=sr_1_1?ie=UTF8&s=music&qid=1253692530&sr=1-1 - aber wirklich "neu" ist das alles nicht. Interessant JA, absolut spaßbringend JA, tolle Musik JA, aber eben eigentlich nur aufgewärmter Eintopf. Schmecken tut der in diesem Fall natürlich super, auch Omas aufgewärmte Hühnersuppe schmeckt ja immer besser als die frisch gekochte.

In den Jook Joints in Mississippi und auf den Straßen von Chicago sowie in den U-Bahn-Eingägnen in New York findet man nach wie vor ein paar alte Gesellen, die den alten Blues spielen, genau so natürlich auch neuere Künstler, die die Tradition fortsetzen. Das Publikum sind aber hauptsächlich Weiße auf der Suche nach den "Roots", die Fortsetzung der "Black Music" findet sich nach Blues / Rhythm&Blues / Soul heute definitiv einerseits in der R&B-Schiene, andererseits im Rap/Hip-Hop - und nicht im Jazz. Anders: Blues war immer "Mainstream", Pop-Musik, für die Massen - Jazz mit dem, was nach dem Swing kam, eher für ein kleines, feines, Spezialistenpublikum.

Natürlich honoriert der Jazz auch den Blues, macht immer wieder Anleihen dort, nutzt die Strukturen und Traditionen und harmonischen Kennzeichen, hat aber doch einen ganz anderen Anspruch. Es gibt so schöne Blues-Definitionen a la "The Blues ain't nothin' but a good man feelin' bad" oder "Blues is all about male and female", etc. - für mich gemein haben diese Sprüche alle, dass es beim Blues um eine Geschichte geht, die zu erzählen ist, die kann lustig oder traurig sein, aber es ist eine Geschichte. Blues wird für mich fast immer von den Vocals (!) getrieben, die diese Geschichte erzählen, die Instrumente sind in meiner Sicht der Dinge erstmal zweitrangig.

Wenn diese Geschichte und die Art, wie sie rübergebracht wird, mich bewegt, dann freut mich das. Nimm z.B. B.B. King - textlich oft simpelste Anekdötchen, spärlicher Tonumfang auf der Gitarre, aber als Gesamtkunstwerk Blues pur natürlich. Auch Robert Cray bringt das rüber, allerdings machen mich seine Stücke halt weniger an. Blues läuft immer Gefahr, mit langen Gitarrensolo-Orgien totgenudelt zu werden, so dass der Solist im Vordergrund steht und nicht die Geschichte (oder meinetwegen der Gesang).

Sind die Stücke von Robert Cray kein Blues? Was ist mit Tab Benoit? :p Ich rechne "Evenin'" von Dave Brubeck aber so was von zum Blues... - was man aber nicht zwingend muss.

Um so eine Diskussion zu führen, muss man aber ganz sicher analytisch werden: :eek:
Robert Cray ist sicherlich Blues, Tab Benoit kenne ich (noch) zu wenig, um eine Aussage zu treffen. Brubeck als Künstler ist für mich glasklar Jazz - klar gibt's da Ausflüge in den Blues, aber die Wurzeln sind woanders. Andersrum würden bei einem Konzert der Black Keys wahrscheinlich sämtliche Jazzpolizisten fluchtartig und mit blutenden Ohren den Saal verlassen, während der Blueser sich über diese Blues-Rock-Brutalität durchaus freuen kann.

Also: Beim Blues geht es bei mir nicht um das "Stück", sondern um das "Gesamtkunstwerk" inkl. Art und Weise der Präsentation. Vielleicht auch ein Grund, warum es kistenweise Real Books mit Jazz Standards gibt, aber eigentlich nur ein paar Handvoll "Blues Standards"...

Nach welchen Kriterien ist etwas Blues? Welche Stilmittel, Techniken und Ausrdrucksformen sind stilprägend? Wenn Du bei der Begriffsbestimmung nah an den "Alten" bleiben möchtest, mußt Du eben deren Stilmittel - seien es Microbends, die Art und Weise des Singens, Anschlagens, Textens etc. zu Kriterien erheben. :gruebel:

Ich fänd's cool, wenn Du mal Deine Begriffsbestimmung hier formulieren würdest, denn ich denke, es gäbe nicht wenige, deren Intuitionen Du damit treffen würdest - und vor allem könnte man dann tatsächlich einen Gewinn aus diesen Zankereien hier ziehen und die Diskussion noch in eine spannende und fruchtbare Richtung lenken! :great:

Ich hab's ja oben ein wenig probiert. Dazu muss ich aber auch sagen, dass ein 100%-Festnageln nie geht. In meiner Musiksammlung gibt's z.B. tausende Songs im Genre "Rock", die Unterteilung auf "Classic Rock", "Stoner Rock", "Folk Rock" usw. spare ich mir bewusst, zu viele Unterschubladen machen es kompliziert.

Wie fließend die Übergänge sind, merkt man vor allem an der "Folk"-Front. Der Künstler Leadbelly (Huddie Ledbetter) beispielsweise "steckt" sowohl in der Folk-Tradition (z.B. Pick a Bale of Cotton, Goodnight Irene, etc.) als auch ganz fest im Blues. Bob Dylan, der alte Folkie, macht seine letzten paar Alben eigentlich nur noch ziemlichen Rootsy Blues.

Vielleicht auch so: Blues ist nur dann authentisch, wenn die "Seele" des Künstlers im Stück bzw. in der jeweiligen Bearbeitung steckt. Man spielt nicht den "Walkin' Blues" von Robert Johnson, man spielt seine Interpretation/Version des Walkin' Blues. Das ist dann verdammt individuell....

Zusammengefasst: Blues braucht einen Künstler, der eine Geschichte erzählt und der das Stück "trägt". Dazu gehört eine Melodie, die die klanglichen und rhythmischen Traditionen (syncopations!) der Field Hollers / Work Songs jenseits der Pentatonik bzw. Bluestonleiter mit einbezieht. Klassiker sind hier Bends, Slides, etc. (vor allem auch in den Vocals). Blues ist damit immer persönlich / individuell, nicht 1:1 nachspielbar und reproduzierbar, oftmals sogar nicht vom selben Künstler - jede Performance ist leicht anders. Dazu gehört auch, welche "Tradition" der Künstler mitbringt bzw. verkörpert. Jeder kann einen 12-Takte-Blues in E spielen und singen, die Frage ist nur, wie "echt" das eben rüberkommt. Blues ist emotional, will bewegen, Gefühle wirdergeben bzw. erzeugen.

Uff. Lange um den heißen Brei herumgeredet und doch noch immer nicht den Löffel in der Hand und nicht mit dem Essen begonnen. In meiner Welt ist eben das "Gesamtkunstwerk" samt Künstler entscheidend für die Kategorisierung, ich schaffe es nicht, glasklare Kategorien zu finden. Geht vielleicht auch aus folgendem Grund nicht: Blues muss (mich) in meinem "Blues-Bauch" bewegen - und das kann ich nicht an irgendwelchen Gesetzmäßigkeiten festmachen.
 
und das kann ich nicht an irgendwelchen Gesetzmäßigkeiten festmachen.
Du tust es aber doch und wenn du an die Theorie nicht glaubst, dann machst du es eben gefühlsmäßig aus dem Bauch heraus.

Aber dennoch hältst du dich an diese Regeln die erfüllt sein müssen, damit das was du spielst nicht nur von dir, sondern auch von anderen als Blues erkannt wird. ;)
 
Hallo haiiiner,

ich finde es so schade, dass Deine Sachlichkeit so sehr untergeht in diesen wirklich für keinen nutzenden Parolen und Statements was denn nun Blues wirklich sei. Wem nutzt so etwas?

Nur nochmal zum Sagen - ich wollte genauso wenig wie Du hier irgend jemand verärgern. Wenn dieser Eindruck entstand, so entschuldige ich mich hierfür. Ich bin eben Pragmatiker und habe eine tiefe Abneigung gegen Oberflächlichkeit und Unsachliches.

Der Thread wurde von Dir Haiiiner eröffnet mit einer Thematik die hier von den meisten nicht wirklich verstanden wird. Das geht aus den Beiträgen hervor. Wenn jemandem sich der Kern der Sache verschließt, so soll er bitte Sachliches dazu fragen. Hier polemisch gefärbte Zitate und Floskeln reinzuwerfen ist nicht angebracht, da es die fachliche Diskussion stört.

Also weiter geht's ... im Kontext.

Haiiiner, wenn man mal dieses Big-Band Arrangement näher betrachtet, wird schnell klar wie wichtig die von Dir angeschnittene Thematik ist. Da ich selbst schon viel für große Besetzungen geschrieben habe, bin ich mir bewußt, dass es sehr wertvoll ist zu wissen wie man Chords eine Bluesfärbung verleiht.

Ellington z.B. entwickelte eine Technik die verblüffend einfach und doch sehr effektiv war.

Alle 3 Hauptstufen sind im Blues von Septakkorden besetzt, wovon die der I und IV Stufe dabei keine Dominantfunktion haben.
Dukes Voicings-Technik bestand nun darin, dem jeweiligen Septakkord eine HT-GT Chordscale zugrunde zulegen. Da es insgesamt nur 3 wirklich verschiedene HT-GTs gibt, hatte er somit den gesamten Tonraum abgedeckt.
Nehmen wir mal C7 als Tonika in einem C BLues. Die zugehörige HT-GT Chordscale wäre c db d# e f# g a bb. In ihr sind alle Bluenotes enthalten. Also d# f# und bb.
Bekannterweise setzt sich eine HT-GT aus 2 ineinander verschachtelten o7 Chords zusammen. Im Falle der C HT-GT Chordscale wären das die Akkorde Co7 und C#o7.
Das Überaschende dabei ist nun, dass C#o7 die untere Struktur des Voicings repräsentiert und Co7 die Obere. Probier's aus!
Nimm einfach 2 oder 3 beliebige Töne von C#o7 und lege darüber 2 oder 3 verschiedene Töne von Co7. Natürlich legtst Du unter das Ganze ein C in den Bass. Es wird immer nach C7 klingen und wird immer einen Blues Charakter haben.
Mit den Chords auf der IV und V Stufen kann man dann ähnlich verfahren. Gut dabei ist auch dass es keine Avoids gibt.
Montgomery nimmt hier gerne nur die obere Struktur, was natürlich auch möglich ist.

CIAO
CUDO
 

Ps.: Ich bin raus ! ;)


Dito - hab' eingesehen, dass mein minderqualifizierter Nachahmer-Ansatz hier nicht gewollt ist... v:D

Edit: und ich bleib' dabei - hier geht's meinetwegen um Harmonielehre, Arrangieren, Kompositionslehre, Jazz, whatever... aber NICHT um Blues. Soviel Nachtreten sei mir gestattet, denn mit tiefbeeindruckter Hochachtung Eurer musiktheoretischen Kenntnisse - ich kenne mich, was das Themenfeld "Blues" angeht, wirklich recht gut aus.
 
@CUDO: Astreines Stück http://www.youtube.com/watch?v=sLQS57idP9M - und für mich fraglos Blues...

Zur Ellington-Methode:

Also wir haben ein C im Bass, befinden uns im Tonikabereich.

Ich spiele dazu 3 beliebige Töne von C#°7, bspw:

c# e bb - ein Cmj7/b9 :eek: soweit -

jetzt spiele ich darüber 3 Töne von C°7, bspw:

d# f# a - wäre nun der Klang Cmj7/b9/#9/b5/13 :eek: :eek:

Ist das gemeint?

Ich glaube , ich habe es nicht wirklich verstanden - meint das, Ellington baut auf der HT-GT-Skala ein System von Skalen und Akkorden auf analog dem System der Modi von C-Dur? :confused:

Gruuuß,
Heiner
 
@ Zauberer: ich finde es sehr anerkennenswert, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, so einen langen Beitrag zu schreiben und auch Deine Liebe zum Delta Blues ist mir sehr sympathisch!

Dennoch glaube ich, dass Du Dich noch nicht richtig warm geschrieben hast. Die Aspekte, die Du nennst, gelten auch für viele andere Liedformen: es geht um den Ausdruck individueller Gefühle, das Erzählen einer Geschichte etc. - das ist doch bei Chansons genauso!

Dann historische Verweise, die auf die Cotton fields zeigen usf. - alles richtig, nur: wie wird gesungen? Wie angeschlagen? Rhythmiken? Klänge? Wie wird gebendet? Wie wird phrasiert? Was wird nur im BLues so gemacht und in keiner anderen Musik? Mach jetzt nicht schlapp! ;)

Gruuuß,
Heiner
 
Zur Ellington-Methode:

Also wir haben ein C im Bass, befinden uns im Tonikabereich.

Ich spiele dazu 3 beliebige Töne von C#°7, bspw:

c# e bb - ein Cmj7/b9 :eek: soweit -
Da hat sich schon ein kleiner Fehler eingeschlichen.

c# e bb auf den Grundton C bezogen muss als C7/b9 deklariert werden und nicht Cmj7/b9. Dass dabei das c# natürlich enharmonisch in db umbenannt werden muss ist nebensächlich.

jetzt spiele ich darüber 3 Töne von C°7, bspw:

d# f# a - wäre nun der Klang Cmj7/b9/#9/b5/13 :eek: :eek:
Ist das gemeint?

Ja. Der Name des Klanges wäre in Akkordsymbolschrift sehr aufwändig (aufwendig?) darzustellen, denn dadurch dass Tension 13 (= a) präsent ist, kann man nicht einfach alt. (=Symbol für alteriert) hinschreiben.
Der Name Deines Akkordes wäre also C7/b9/#9/#11/13.


Ich habe hier im Forum in diesem Zusammenhang schon des öfteren die Kumoi Pentatonik in's Spiel gebracht. Es hat noch nie jemand darauf reagiert. Es ist aber unbestritten, dass diese Art von hemitonischer Pentatonik im Blues eine sehr große Rolle spielt.
C Kumoi wäre: c d eb g a
Diese Tonleiter gibt mit dem Ton a eine sehr bluestypische Farbe her, die man durch anhemitonische Pentatonik nicht ereicht.
Der Ton a wird nämlich sehr häufig als Auftakt zum c gebraucht. Die Töne a c eb dieser Tonleiter ergeben einen Diminished. Du weißt worauf ich hinaus will?


CIAO
CUDO
 

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