Wenn das grundsätzliche Argument ist, dass das eigene Hobby Spaß machen soll und dass für mich eine persönliche "No-Go-Grenze" gibt, so dass bestimmte Dinge, Ziele, Umgangs- oder Verhaltensweisen anderer mir meinen Spaß an der Band so weit reduzieren, dass die Nachteile überwiegen, dann gibt es für mich erstmal keinen ersichtlichen Grund, warum es einen Unterschied macht, ob mein persönliches No-Go politisch oder anders motiviert ist.
Wenn die Band beispielsweise beschließt, künftig nur noch eine Musikrichtung zu fahren, die mir nichts bringt oder ein No-Go darstellt, dann gehe ich doch auch. Dann gibt es höchstens einen Unterschied, mit wieviel Schmerzen oder Trauer ich gehe oder wie konsequent und schnell das geschieht.
Wenn die Band oder eine Person in der Band einen Umgang mit Drogen pflegt, den ich aus irgendwelchen Gründen unerträglich finde, dann würde ich auch gehen.
Die Grenze wäre für mich klar eine persönlich begründete: Ein Umstand trägt dazu bei, dass das Bleiben mehr Unlust als Lust bewirkt.
Interessant finde ich, wie hier auch schon angeklungen ist, den Umstand, dass es offenbar nicht die Band als solche sondern eine Person in der Band ist, die sich nahe an der persönlichen No-Go-Grenze bewegt oder auf sie zu oder schon darüber hinaus geht. Hier sind für mich Gespräche Mittel der Wahl.
Zum einen, um herauszufinden, wie die anderen Bandmitglieder dazu stehen. Möglicherweise tragen sie sich mit ähnlichen Konflikten, möglicherweise öffnet so ein Gespräch ganz neue Dimensionen (auch dessen, worüber es wert ist, zu sprechen) und damit neue Möglichkeiten. Vielleicht führt es auch dazu, zu erkennen, dass es tatsächlich "nur" um die Konsequenz meines Gehens oder Bleibens geht, die ich persönlich entweder eingehe oder auch nicht, weil die Band das Verhalten des einen Mitglieds als völlig in Ordnung empfindet. Auch das würde für mich einen Unterschied ausmachen, es würde den Ausstieg einfacher machen und ich bräuchte mich später nicht mit Gedanken oder besser gesagt Spekulationen herumzuschlagen, Dinge unversucht gelassen zu haben, die vielleicht einen Ausstieg vermeidbar gemacht hätten.
Ein anderes Moment des Gesprächs könnte sein, dass Person X die Wirkung seines/ihres Verhaltens auf mich gar nicht bewußt ist, ja er/sie generell eigentlich gar nicht darüber nachgedacht hat, was er oder sie überhaupt tut - das könnte beispielsweise beim Drogenumgang so sein.
Ob hier alles schon ausgelotet ist, kann nur der threadersteller für sich entscheiden.
Spekulativ betrachtet, gäbe es einige Momente, die eher dem "Politischen" zugeordnet werden könnten, zumindest bei einem gewissen Politikverständnis. Ist dies zum Beispiel nach dem Freund-Feind-Schema geordnet, habe ich es nicht nur mit einer Person zu tun, die es mir persönlich verleidet, in einer Band zu sein, sondern die zum Feindeslager und dementsprechend bekämpft gehört. Ginge ich, hätte ich in seinem solchen Verständnis einen Kampf verloren bzw. ihn gar nicht aufgenommen. In einem quasi territorialen Macht-Schema würde ich der Person dadurch, dass ich die Band verlasse, Raum zugestehen und ihr die Band überlassen. Im Grunde wäre dieser Konflikt dann nicht einer von persönlichen Grenzen sondern einer, der auf dem Gebiet des Kampfes stattfindet, wo es um Gewinnen und Verlieren, um Raum überlassen oder einnehmen, um Zustimmung oder Ablehnung etc. ginge.
Spekulativ gesehen könnte dies auch mit Erfahrungen (auch unabhängig von der politischen Ebene, aber nicht selten mit dieser zusammenhängend) zu tun haben, die generell als Niederlage, als Gehen-Müssen, als Verlust-Erfahrungen empfunden und als solche erlebt werden. Damit kann verbunden sein, dass es sich nicht nur um einen konkreten Konflikt handelt, der in der Regel relativ leicht entschieden werden kann oder könnte (Bringt es mir mehr, in der Band zu bleiben als zu gehen? Wie würde ich handeln und wie mich entscheiden, wenn es beispielsweise um einen musikalischen Richtungswechsel ginge?), sondern um einen Konflikt, der insofern als symbolisch wahrgenommen wird, insofern er in einer Reihe von Konflikten steht, die für mich persönlich als sehr dramatisch eingestuft werden und die ich in gewisser Weise als einen Teil meiner Identität begreife. "Schon wieder XYZ", ist häufig der Gedanke, der sich dann einstellt; eine Dramatik, welche über das Konkrete hinausgeht und viel in die Situation hineinpackt und es gleichzeitig (oder als Folge davon) unübersichtlich und schwer macht, eine der Folgen. Wäre die Band so etwas wie "Heimat" oder eine mir sehr wichtige und nahe Gruppe von Menschen, die einen großen Teil meines Lebens und meiner Emotionen ausmachen, wäre recht ersichtlich, dass dort viele Dinge reinspielen, die eine Entscheidung erschweren könnten.
In gewisser Weise hilft die Frage, wie ich handeln würde, wenn es sich um einen anderen Konflikt handelte, der weniger belastet ist, weiter, weil sie erstens zur Folge hätte, feststellbar zu machen, dass dort mehr drin liegt als ich gerade in den Blick bekomme, und dass ich zweitens eine Orientierung erlangen könnte, wie ich handeln könnte, wäre diese Belastung nicht da. Zum dritten ermöglicht sie, sozusagen hinter sich zu gehen, um zu schauen, was denn dieses Mehr ist, das gerade diesen Konflikt so schwer für mich macht.
x-Riff